Bei der Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH) handelt es sich um ein bevölkerungsrelevantes Phänomen mit steigender Prävalenz. Um diesem entgegenzuwirken, ist ein durchdachtes Präventions- und Therapiekonzept gefragt. Vorgestellt wurde ein solches in einem restlos ausgebuchten 3M Symposium, das am 28. September 2017 zum Auftakt der 24. Jahrestagung der DGKiZ in Leipzig stattfand. Die Grundlage für „Das Würzburger MIH-Konzept“ bildet ein neu entwickelter MIH-Treatment Need Index (MIH-TNI) [1].
Opaker Schmelz, posteruptiver Schmelzeinbruch, atypische Restaurationen oder ein fehlender 6-Jahres-Molar im ansonsten intakten Gebiss: Dies sind klare Anzeichen für MIH. Viele Faktoren rund um das Phänomen MIH sind jedoch bis heute unklar, so Chairman Dr. Hubertus van Waes. Er stellte zu Beginn zahlreiche Fragen, die es im Laufe des Symposiums zu beantworten galt.
Multifaktorielles Geschehen
Eine Frage bezog sich auf die unklare Ursache der systemisch bedingten Hypomineralisation. Verantwortlich sind laut Referent Prof. Dr. Norbert Krämer (Gießen) verschiedene Faktoren. Erste Studienergebnisse weisen darauf hin, dass ein Faktor die perinatale Bisphenol-A- bzw. Dioxin-Exposition sein könnte. Spekuliert wird zudem darüber, ob ein Vitamin-D-Defizit, bestimmte Krankheiten oder auch Nahrungszusätze etc. MIH verursachen können. In diesem Stadium der Ursachenfindung scheint es unmöglich, prophylaktische Maßnahmen im epidemiologischen Sinne zu empfehlen. Eine klassische Individualprophylaxe mit fluorid- und TCP-haltigen Produkten erscheint jedoch sinnvoll.
Treatment Need Index
Darüber informierte Dr. Richard Steffen (Zürich), der gemeinsam mit Prof. Dr. Katrin Bekes (Wien) den MIH-TNI vorstellte. Beide Referenten waren Teil der Arbeitsgruppe, die den Index sowie die entsprechenden Behandlungsempfehlungen erarbeitete. Eingeteilt wird in Index 0 – keine MIH – bis Index 4 – Substanzdefekt und Hypersensibilität. Index 1 steht für MIH ohne Hypersensibilität und ohne Substanzdefekt. Bei Index 2 liegt ein Substanzdefekt vor, bei Index 3 eine Hypersensibilität. Bei Substanzeffekten erfolgt zudem eine Untereinteilung nach Defektausdehnung (MIH-TNI 2 bzw. 4 a, b und c).
Behandlungsempfehlungen
Es folgte die Präsentation der Therapieempfehlungen[. Bei Patienten mit Hypersensibilität sollte erst eine Desensibilisierung mit arginin- oder fluorid- und TCP-haltigen Produkten erfolgen. Zudem ist generell die Fissurenversiegelung sinnvoll, sofern sich kein Substanzdefekt in der Fissur befindet. Für die provisorische Versorgung von Substanzdefekten eignen sich Glasionomer-Füllungsmaterialien bzw. Edelstahlkronen. Das bevorzugte Material für definitive Restaurationen ist Komposit. Dieses eignet sich nicht nur als Füllungsmaterial, sondern auch in Form laborgefertigter Onlays.
Interaktion
Aufgelockert wurden die Vorträge durch Übungen zu der Identifikation von MIH sowie der korrekten Einteilung anhand klinischer Fotos. Zum Abschluss folgte eine lebhafte Diskussion zwischen Referenten und Teilnehmern.