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Hat regelmäßige Prophylaxe Einfluss auf die Entstehung von Parodontitis?

Anwendung eines Pulverstrahlgeräts supragingival.

Die Erkrankungslast von Parodontalerkrankungen in Deutschland ist nach wie vor hoch. Bezüglich der Prophylaxe von parodontalen Erkrankungen ist weiterhin fraglich und auch Gegenstand öffentlicher Diskussionen, welchen Stellenwert eine verbesserte häusliche Mundhygiene und welchen die professionelle Zahnreinigung hat oder ob die Kombination von beiden sinnvoll und erforderlich ist. Neben der Diskussion dieser Fragestellung stellen die Autoren Dr. Steffen Rieger, Karolin Staudt und Prof. Dr. Johannes Einwag in ihrem Beitrag für die Parodontologie 1/20 auch einen möglichen Ablauf der professionellen Zahnreinigung in Verbindung mit der individuellen Instruktion des Patienten im Sinne einer parodontalen Primärprävention vor. Ein weiterer Punkt ihrer Ausführungen ist die nötige Abgrenzung zur unterstützenden Parodontitistherapie.

Die Zeitschrift „Parodontologie“ vermittelt dem interessierten Zahnarzt in Praxis und Klinik die neuesten Erkenntnisse, Entwicklungen und Tendenzen auf dem Gebiet der Parodontologie. Die hochwertige Ausstattung mit vielen, meist farbigen Abbildungen und der ausgeprägte Fortbildungscharakter sprechen für diese Fachzeitschrift. Mehr Infos zur Zeitschrift, zum Abo und zum Bestellen eines kostenlosen Probehefts finden Sie im Quintessenz-Shop.

Die Zahl der Menschen mit Parodontalerkran­kungen nimmt in Deutschland ab – dies ist ein erfreuliches Ergebnis der Fünften Deutschen Mundgesundheitsstudie (DMS V), die im Jahr 2016 veröffentlicht wurde1. Dennoch bleibt die Er­krankungslast von Parodontalerkrankungen in der Bevölkerung hoch. So leiden in der Altersgruppe der jüngeren Senioren (65- bis 74-jährige) zwei Drittel der Personen (65 Prozent) an einer parodontalen Erkrankung.

Parodontitis ist altersassoziiert. Aufgrund der demografischen Entwicklung und der Verlagerung chronischer Munderkrankungen in ein höheres Lebensalter ist zukünftig ein steigender Behandlungsbedarf zu erwarten1.

Parodontitis ist biofilminduziert. So lange Bakterien und Zähne in der Mundhöhle vorhanden sind, entwickeln sich Biofilme – folglich besteht ein lebenslanges Risiko für die Entwicklung einer Parodontitis. Es erscheint plausibel, dass dieses Risi­ko minimiert wird, wenn die Biofilme entfernt werden, bevor sie pathogen werden, und dass dies lebenslang erfolgen muss. Insbesondere die Qualität und Präzision der mechanischen Kontrolle des oralen Biofilms scheinen bei der Prävention von Entzündungen des Zahnhalteapparats entscheidend zu sein2. Dies hängt von den ma­nuellen Fertigkeiten, der Motivation und dem Bewusstsein für die Mundgesundheit der individuellen Person ab. Mit häuslichen Maßnahmen allein ist eine vollständige Belagsentfernung nur den wenigsten Personen möglich3. Das Risiko für die Entwicklung biofilminduzierter Erkrankungen bleibt bestehen – aus diesem Grund scheint professionelle Unterstützung erforderlich. Das legen auch die Ergebnisse der DMS V nahe: Präventive Maßnahmen wirken sich positiv auf parodontale Erkrankungen aus. Demnach sind „Menschen, die regelmäßig Präventionsangebote in der Zahnarztpraxis in Anspruch nehmen, seltener von Parodontitis betroffen. Bei diesen Patienten sind die Parodontalerkrankungen zugleich auch weniger schwer.“1 Ebenso wird auf die nötige Sorgfalt bei der häuslichen Biofilmkontrolle hingewiesen; so kommt insbesondere der Reinigung der Zahn­zwischenräume eine positive präventive Bedeutung zu.

Folglich erscheint es konsequent und ziel­führend, dass nahezu alle Zahnarztpraxen eine PZR als präventive zahnärztliche Leistung anbieten. Die PZR ist jedoch seit Jahren Gegenstand kontroverser Diskussionen und gehört aufgrund ihrer (vermeintlich) fehlenden Evidenz nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen4. Wie ist dieser Widerspruch zu begründen? Inwieweit lassen sich parodontale Erkrankungen tatsächlich durch Prophylaxe in Form von häuslicher Mundhygiene und professioneller Zahnreinigung vorbeugen?

Mundhygieneinstruktion vs. professionelle Zahnreinigung vs. unterstützende Parodontitistherapie

Zunächst erscheint es sinnvoll, die Begriffe MHI, PZR und UPT klar zu definieren. In der öffentlichen Diskussion werden diese häufig nicht sauber voneinander abgegrenzt und PZR wie ein Über­begriff verwendet. Dabei umfasst die PZR laut Leistungsbeschreibung in der GOZ grundsätzlich (nur) das Entfernen der supragingivalen/gingi­valen Beläge auf Zahn- und Wurzeloberflächen, das Reinigen der Zahnzwischenräume, das Ent­fernen des Biofilms, die Oberflächenpolitur sowie die Fluoridierung – nicht aber eine MHI!

Die MHI beinhaltet die Aufklärung des Patienten über die Zusammenhänge von bakteriellen Zahnbelägen mit Karies und Parodontitis, das Anfär­ben der Plaque, die Erhebung von Indizes zur Quantifizierung der Plaquemenge und des Ausmaßes der Gingivitis sowie die Erläuterung von Schwachstellen der häuslichen Mundhygiene und Demonstration von individuell geeigneten Mundhygienemaßnahmen und -hilfsmitteln für zu Hause.

Daraus folgt, dass eine MHI grundsätzlich für jeden Patienten – unabhängig von dessen Mundgesundheitszustand – empfehlenswert ist und die individuelle Mundhygiene effektiv und nachhaltig verbessert werden kann. Eine einmalige MHI führt nur im absoluten Ausnahmefall zu lebenslang effek­tiver häuslicher Mundhygiene5. Die MHI sollte je nach individuellem Putzerfolg und Risiko mehrfach pro Jahr professionell erfolgen.

Bei der PZR muss bereits differenziert werden. Bei der (relativ kleinen) Zielgruppe der parodontal gesunden jungen Erwachsenen ist die PZR offensichtlich verzichtbar, da eine Zahnreinigung zusätzlich zur MHI keinen zusätzlichen medizinischen Nutzen bewirkt6. Nicht verzichtbar ist die PZR allerdings bei Patienten mit erhöhtem Karies- und/oder Parodontitisrisiko, bei Schwächen im individuellen häuslichen Biofilmmanagement trotz MHI und zur Entfernung kosmetisch störender Zahnbeläge (zum Beispiel durch Kaffee, Tee, Rauchen).

Bei Patienten, die bereits an Parodontitis erkrankt sind, sind weiterführende Maßnahmen zu ergreifen. Hier reichen PZR und MHI allein nicht aus. Diese Patienten müssen zunächst syste­ma­tisch parodontal therapiert und anschließend mittels UPT kontinuierlich und in der Regel lebens­lang nachbetreut werden7–9. Schon die Begrifflich­keit macht deutlich, dass die UPT Teil der Therapie und nicht allein Prophylaxe ist. UPT und PZR sind somit klar voneinander abzugrenzen. Je nach individuellem Patientenrisiko sollte die UPT ein- bis viermal jährlich erfolgen. Sie beinhaltet die MHI und Motivation des Patienten, die professionelle mechanische Belagsentfernung, die Erhebung des aktuellen Entzündungs- und Mundhygienezustands, die Erhebung eines parodontalen Befunds (in Abhängigkeit von der Häufigkeit der UPT-Sitzungen: Erfassung der Sondierungstiefen [ST] mit Bleeding on Probing [BOP] je Sitzung; 1- bis 2-mal pro Jahr: Erfassung und Dokumentation eines kompletten Par­odontalstatus, je inklusive Vergleich zu Vorbe­funden) und, falls notwendig, die subgingivale Reinigung (wieder-)erkrankter und vertiefter Zahn­fleisch­taschen. Die UPT beinhaltet somit nicht nur PZR und MHI, sondern geht weit über sie hinaus.

Der Nutzen einer professionellen Unterstützung ist folglich im Einzelfall unterschiedlich! Er hängt zum einen ab von der Quantität und Qualität des individuellen häuslichen Biofilmmanagements, zum anderen von der interindividuell unterschiedlich ausgeprägten Reaktion des Organismus auf den mikrobiellen Angriff und bereits vorhandene Erkrankungen. Entscheidend ist also die individuelle Mundgesundheitssituation der Patienten, die der Zahnarzt richtig einschätzen und entsprechende Präventions- oder Therapieempfehlungen patientengerecht aussprechen sollte10. Daraus ergibt sich die unterschiedliche Intensität und Frequenz der professionellen Unterstützung.

Gibt es Evidenz dafür, dass regelmäßige Prophylaxe Parodontitis verhindert?

Es ist Evidenz vorhanden, dass sich durch gute Mundhygiene und regelmäßige prophylaktische Maßnahmen bei Patienten in Langzeitbetreuung stabile kariologische und parodontologische Verhältnisse erreichen lassen11,12.

Eine Verbesserung der Mundhygiene in der Bevölkerung scheint Langzeitbeobachtungen von Kohorten zufolge mit einer abnehmenden Prävalenz von Parodontitis zusammenzuhängen13,14. Demnach konnte in zwei Langzeitstudien aus Skandinavien über 30 Jahre (1973 bis 2003) eine Reduktion der Plaque- und Gingivitiswerte be­obachtet werden – gleichzeitig nahmen die Häufig­keit von Parodontitis sowie das Ausmaß des alveolären Knochenverlusts ab. Zudem nahm über diesen Zeitraum gemäß der sogenannten Jönköping-Studie die Anzahl der erhaltenen Molaren in allen Altersgruppen von 20 bis 80 Jahren zu13. Eine ähnliche Studie aus Oslo zeigte über den gleichen Zeitraum entsprechende Ergebnisse bei Personen im Alter von 35 Jahren14. Kressin et al. beobachteten in einer 26-jährigen Longitudinalstudie ein um 49 Prozent reduziertes Risiko des Zahnverlusts bei Patienten, die angaben, regelmäßig Zähne zu putzen, im Vergleich zu Patienten, die dies nicht taten15.

Dennoch ist eine Aussage über einen Langzeitnutzen der Prophylaxe kaum möglich. Auch wenn die genannten Langzeitstudien suggerieren, dass eine gute Mundhygiene mit stabilen oralen Verhältnissen korreliert, so fehlt der Vergleich zu einer Kontrollgruppe ohne prophylaktische Maßnahmen, um die Bedeutung von häuslicher wie professioneller Mundhygiene genau evaluieren zu können. Langzeitdaten mit einer vergleichenden Kontrollgruppe ohne prophylaktische Maßnahmen sind kaum vorhanden und der Umfang dieser Maßnahmen ist sehr unterschiedlich2.

Um den Effekt unterschiedlicher prophylaktischer Maßnahmen besser beurteilen zu können, beobachteten Hugoson et al. in einer randomi­sierten kontrollierten Studie 400 Patienten im Alter von 20 bis 27 Jahren mit Gingivitis beziehungsweise behandelter Parodontitis über drei Jahre6. Die Patienten wurden in vier Gruppen zu je 100 Personen aufgeteilt, wobei eine Gruppe als Kontrollgruppe ohne prophylaktische Maßnahmen und drei Gruppen als Testgruppen dienten. Vier verschiedene Prophylaxeprogramme bei den Testgruppen mit entweder reiner Instruktion oder zusätzlicher professioneller Zahnreinigung in kurzen (zweimonatigen) Abständen, individuelle Instruktion oder Gruppenprophylaxe in höheren Intervallen wurden anhand von parodontalen Surrogat­parametern wie Plaque und Zahnfleischblutung/Entzündung untereinander und mit der Kontrollgruppe verglichen. Alle Testgruppen in dieser Studie zeigten über drei Jahre bessere Ergebnisse bezüglich der Plaque- und Gingivitisparameter als die Kontrollgruppe. Am besten schnitt die Gruppe ab, die individuelle Instruktionen alle zwei Monate erhielt – eine ergänzend ausgeführte professionelle Zahnreinigung brachte keinen klinischen Benefit gegenüber der reinen Instruktion.

Um tatsächlich eine parodontal präventive Wirkung entsprechend dem durch Parodontitis bedingten Attachment- beziehungsweise Zahnverlust be­obachten zu können, wäre bei den gegebenen jungen Probanden ein noch längerer Beobachtungszeitraum wünschenswert, was aus ethischen und organisatorischen Gründen jedoch schwierig ist. Außerdem besteht das Problem, dass durch die alleinige Teilnahme an einer Untersuchung das Verhalten der Probanden beeinflusst wird (Hawthorne-Effekt). Es ist zu erwarten, dass die Anstrengungen und Compliance verstärkt werden und damit das Ergebnis gegenüber einer unbeobachteten Gruppe verbessert wird. Dazu kommt, dass die erzielbaren und messbaren Unterschiede jedoch umso kleiner werden, je besser sich die Ausgangssituation darstellt. Daraus folgt, dass es mit dem oben genannten Studiendesign von Hugoson et al. ausgesprochen schwierig ist, überhaupt einen Unter­schied zwischen den verschiedenen Prophylaxeprogrammen zu zeigen. Anders formuliert lässt das Fehlen eines signifikanten Unterschieds in der genannten Studie daher nicht den Schluss zu, dass intensivere Prophylaxemaßnahmen nicht doch einen positiven Effekt haben – auch mit Blick auf andere Patientenkollektive wie ältere Patienten.

Insofern ist es nicht verwunderlich, dass Studien zum Thema professionelle Zahnreinigung im Wesentlichen dann einen Nutzen zeigen, wenn bereits klinische Erkrankungszeichen vorhanden sind, während ein Nutzen beim klinisch parodontal Gesunden (aufgrund Fehlens anderer valider Möglichkeiten präklinischer Befunderhebung/Früh­diagnostik) nur schwer abgeleitet werden kann16.

Somit bleibt – bei parodontal gesunden Patienten – fraglich, welchen Nutzen die Zahnreinigung hat und welchen die Mundhygieneinstruktion oder ob eine Kombination erforderlich ist6,17. In einer aktuellen Übersichtsarbeit von Needleman et al. zeigt sich jedoch, dass eine reine PZR ohne MHI nur geringen Nutzen in Bezug auf die gin­givale Gesundheit hat und dass kürzere Recall­intervalle gegebenenfalls weniger jährlichen Attach­mentverlust bedeuten18.

Werden also ausschließlich Patienten ohne Par­odontitis beobachtet, ist der langfristige Nutzen der PZR zur Parodontititsprophylaxe nicht ganz eindeutig beziehungsweise übertrifft den Nutzen von reinen MHI gegebenenfalls nicht18. Nachgewiesen ist jedoch der positive Effekt regelmäßiger professioneller Prophylaxemaßnahmen bei Patienten mit Parodontitis im Sinne einer UPT8,19,20. Dies trifft für einen großen Anteil der Bevölkerung zu, da nach der DMS V 50 Prozent der Erwachsenen an einer Parodontitis erkrankt sind, in der Altersgruppe der jüngeren Senioren (65- bis 74-jährige) – wie bereits oben erwähnt – sogar 65 Prozent1.

Auch der Nutzen einer präventiven PZR (in Verbindung mit MHI!) scheint plausibel. Die Patienten werden regelmäßig betreut, unterwiesen und weisen weniger Plaque auf. Der Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein von supragingivaler Plaque und der Entstehung einer Gingivitis ist schon lange belegt21. Ebenso ist belegt, dass die Gingivitis ein Vorläufer der Parodontitis ist22. Außerdem konnte in einer Langzeituntersuchung über 26 Jahre nachgewiesen werden, dass die Überlebenswahrscheinlichkeit eines Zahns sinkt, je höher der Gingivaindex ist23. Insofern besteht neben der direkten (UPT) auch eine indirekte
Evidenz für die PZR.

Ein wissenschaftlich fundierter PZR-Ablauf muss aufgrund dieser Überlegungen auf jeden Fall eine ausführliche MHI beinhalten sowie pa­tientengerecht und risikoorientiert individualisiert werden. Im Folgenden wird der PZR-Workflow des Zahnmedizinischen Fortbildungszentrums (ZFZ) Stuttgart dargestellt.

Praktische Durchführung der professionellen Zahnreinigung und der Mundhygieneinstruktion

Die häufigsten Erkrankungen in der Mundhöhle – Karies, Gingivitis und Parodontitis – sind biofilm­induziert. Im Zentrum der professionellen Betreuung steht daher die Beseitigung des bakteriellen Biofilms und harter Ablagerungen.

Die Leistungsbeschreibung GOZ-Nr. 1040 „Professionelle Zahnreinigung“ der aktuell gültigen Gebührenordnung der Zahnärzte (GOZ, Stand Januar 2020) lautet: Die Leistung umfasst „das Entfernen der supra­gingivalen/gingivalen Beläge auf Zahn- und Wurzeloberflächen einschließlich Reinigung der Zahnzwischenräume, das Entfernen des Biofilms, die Oberflächenpolitur und geeignete Fluoridierungsmaßnahmen, je Zahn oder Implantat oder Brückenglied“.

Obwohl die Leistungsbeschreibung der PZR dies nicht beinhaltet, hat sich im Praxisalltag eine erweiterte Vorgehensweise bewährt: Als obligatorisch für eine individualisierte nachhaltige Biofilmkontrolle sehen wir in Übereinstimmung mit der oben beschriebenen Literatur die Notwendigkeit einer regelmäßigen zahnärztlichen Befundung, die Ermittlung der patientenspezifischen Risikofaktoren sowie eine kontinuierliche Motivation und Instruktion!

Es ist Aufgabe des gesamten zahnärztlichen Teams, dem Patienten verständlich zu machen, dass eine lebenslange Betreuung zum Erhalt der parodontalen Gesundheit erforderlich ist.

Der Ablauf einer professionellen Prophylaxeeinheit („Prophylaxestunde“) in unserer Praxis lässt sich in folgende Abschnitte gliedern:

  • Anamnese, zahnmedizinische Untersuchung, Erstellung von Indizes,
  • Motivation und Instruktion,
  • Entfernung harter und weicher Ablagerungen (supragingival/gingival),
  • Kontrolle und Fluoridierung,
  • Terminvergabe.

Abbildung 1 zeigt die in der Regel hierfür benötigte Grundausstattung.

Anamnese, zahnmedizinische Untersuchung, Erstellung von Indizes

Zunächst sollte der Patient grundsätzlich zu bestehenden Beschwerden oder allgemeinmedizinischen Veränderungen befragt werden.

Nachfolgend wird der aktuelle Mundhygienezustand und der Entzündungsgrad mithilfe von entsprechenden Indizes ermittelt. Hier haben sich der modifizierte Sulkus-Blutungs-Index24 und der Approximalraum-Plaque-Index25 bewährt. Bei Patienten, bei denen bisher keine Parodontitis diagnostiziert wurde, ist ein regelmäßiges Screening mithilfe des Parodontalen Screening-Index (PSI) unumgänglich, um frühzeitig ein gingivales oder parodontales Problem zu erkennen.

Anhand der erhobenen Befunde wird der Pa­tient im nächsten Schritt remotiviert und re­instruiert. Hier sollte auf ein Lob nicht verzichtet werden, um den Patienten nicht dauerhaft zu demotivieren.

Der Einsatz eines Plaquerevelators ist von Vorteil (Abb. 2)26. Dieser macht dem Patienten wie auch dem Prophylaxeteam den meist nicht sofort zu erkennenden Zahnbelag sichtbar und dient bei der folgenden professionellen Biofilmentfernung zur Qualitätssicherung. Der Einsatz von flüssigen Revelatoren hat sich bewährt, hier sollten zunächst die Lippen mit Vaseline isoliert werden. Der zusätz­liche Einsatz eines Lippenretraktors ist hilfreich.

Motivation und Instruktion

Die regelmäßige häusliche mechanische Entfernung des mikrobiellen Biofilms ist der entscheidende Faktor für eine nachhaltige Mundgesundheit. Laut der aktuellen S3-Leitlinie „Häusliches mechanisches Biofilmmanagement in der Prä­vention und Therapie der Gingivitis“ sollte dem Patienten, unabhängig vom verwendeten Zahnbürstentyp (Handzahnbürste – elektrische Zahnbürste), eine Bürstdauer von zweimal täglich zwei Minuten empfohlen werden27. Generell ist eine Bürste mit kleinem Kopf zu empfehlen, um auch schwer zugängliche Bereiche zu erreichen. Wichtiger als die Fokussierung auf eine Putztechnik ist allerdings die Etablierung einer Putzsystematik, um reproduzierbar möglichst viele Regionen der Mundhöhle zu erreichen.

Unverzichtbar ist der zusätzliche Einsatz von Hilfsmitteln zur Interdentalraumreinigung. Hier sollten aufgrund nachgewiesener besserer Wirk­sam­keit bevorzugt Zwischenraumbürsten verwendet werden (Abb. 3)27. Um einen möglichst effizienten Einsatz zu gewährleisten, ist eine regelmäßige Instruktion und Anpassung der entsprechenden Bürstengrößen unerlässlich.

Abb. 3 Anwendung unterschiedlicher Zwischenraumbürsten.
Abb. 3 Anwendung unterschiedlicher Zwischenraumbürsten.

Bereiche, die für Zwischenraumbürsten nicht zugänglich sind, sollten mit Zahnseide gereinigt werden. Im Vergleich zum Zähneputzen mit der Bürste allein hat der Einsatz von Zahnpasten keinen zusätzlichen Effekt bei der Gingivitisreduktion. Aus kariologischer Sicht ist der Einsatz von fluoridhaltigen Zahnpasten allerdings empfehlenswert. Bei freiliegenden Wurzeloberflächen und/oder Hypersensibilitäten sind Zahnpasten mit desensibilisierenden Inhaltsstoffen oder mit erhöhtem Fluoridgehalt (rezeptpflichtig) von Vorteil. Implantate sollten auf dieselbe Weise wie der natürliche Zahn vom Patienten gereinigt werden27.

Entfernung harter und weicher Ablagerungen (supragingival/gingival)

Die Kombination aus maschineller und manueller Instrumentation ist ein effizientes Vorgehen zur Entfernung mineralisierter Ablagerungen. Da die Leistungsbeschreibung der professionellen Zahnreinigung (1040 GOZ) ausschließlich die supragingivale/gingivale Entfernung von Be­lägen vorsieht, ist bei der Handinstrumentation der Einsatz von Scalern ausreichend (Abb. 4).

Bei der maschinellen Instrumentation kann – in Abhängigkeit von Art (Härte) und Menge der Ablagerungen – zwischen der Schall- und der Ultra­schalltechnologie (piezoelektrisch/magnetostriktiv) gewählt werden, wobei die Ultraschalltechnologie zu glatteren Oberflächen führt28,29. Im Anschluss werden alle Zwischenräume mit Zwischenraumbürsten oder Zahnseide gereinigt (Abb. 5). Zur Entfernung des Biofilms/nicht mineralisierter Beläge rückt die Pulverstrahltechnik immer mehr in den Fokus, da hiermit eine sehr effiziente und trotzdem gewebeschonende Entfernung der Beläge möglich ist.

Die Wahl des richtigen Pulvers ist von entscheidender Bedeutung: So kann mit den wenig abrasiven Glycin-, Trehalose- oder Erythritolpulvern eine besonders schonende Biofilmentfernung auf der gesamten erreichbaren Zahnoberfläche ohne kritischen Substanzverlust bis zu einer Sondiertiefe von etwa 5 mm mit den üblichen Handstücken erreicht werden (Abb. 6)30. Glycinpulver ist aktuell am besten untersucht, zu Erythritol- und Trehalosepulvern liegen derzeit kaum Publikationen vor. Eryhtritol wird als Glycinäquivalent mit ähnlichen Eigenschaften angesehen31. Möglicherweise entsteht nach dem Einsatz von Eryhtritolpulver eine Oberfläche, die die bislang übliche Abschlusspolitur mit einer Polierpaste überflüssig machen könnte32. Hochabrasive Pulver auf der Basis von Natriumbicarbonat, Aluminiumhydroxid oder Calciumcarbonat sollten hingegen ausschließ­lich supragingival auf intaktem Zahnschmelz eingesetzt werden33. In unserer Praxis kommen diese Materialien gar nicht mehr zum Einsatz.

Kontrolle und Fluoridierung

Neben der eingehenden Abschlusskontrolle gehört die Applikation eines fluoridhaltigen Präparats für einen nachhaltigen Kariesschutz und/oder zur Therapie von Überempfindlichkeiten zum Leistungsumfang der Position 1040. Bei uns kommt aufgrund der überlegenen Langzeitwirkung in der Regel ein Fluoridlack zum Einsatz.

Terminvergabe

Im Idealfall verlässt kein Patient ohne neuen (Prophy­laxe-)Termin die Praxis. Je nach Risiko empfiehlt sich ein Intervall von 6–12 Monaten, wobei bei Parodontitispatienten in der UPT das Intervall kürzer ist. Jeder PZR-Termin wird bei uns stets in Verbindung mit einer zahnärztlichen Unter­suchung/Kontrolle terminiert, auch um die Grundsätze der Delegation zu berücksich­tigen34,35.

Fazit für die Praxis

Die Datenlage zur Notwendigkeit einer prophy­laktischen Zahnreinigung und deren erforderlicher Häufigkeit ist nicht eindeutig18. Der Nutzen einer optimalen Mundhygiene ist jedoch unbestritten36,37. Sie wird jedoch ohne externe professionelle Hilfe nur von einem sehr kleinen Anteil der Bevölkerung erreicht; somit profitiert die Mehrzahl der Patienten von einem individualisierten Prophylaxeprogramm, das Faktoren wie die Quali­tät der Mundhygiene, individuelle Plaque­nischen und Schwachstellen, anamnestische Hintergründe wie familiäre Häufung und individuelle Risikofaktoren wie Rauchen, Diabetes etc. berücksichtigt. Die PZR sollte immer mit einer MHI gekoppelt werden18. Eine alleinige MHI erscheint trotz vorhandener Evidenz in vielen Fällen aus praktischer Sicht nicht ausreichend, falls beispielsweise bereits mineralisierte Auflagerungen oder Erkrankungen wie Gingivitis bestehen. Durch die PZR können so Mundhygienedefizite kompensiert und wieder die Voraussetzungen (Hygienefähigkeit!) für eine optimale häusliche Mundhygiene geschaffen werden.

Die regelmäßige Betreuung bietet weitere Vorteile, sofern sie auch ein regelmäßiges sorg­fältig durchgeführtes parodontales Screening unter Verwendung einer Parodontalsonde beinhaltet: Parodontale Erkrankungen werden früher erkannt und die Entwicklung schwerer Er­krankungsformen aufgrund rechtzeitiger Therapie vermieden. 
Falls bereits eine Parodontitis vorliegt, hat sich ein nach individuellem Risiko und Befund modifi­zier­tes Vorgehen in der UPT bewährt38 – Parodontitis­patienten sollten zeitlebens betreut werden10,20.Für die Praxis macht es Sinn, Patienten den Unterschied zwischen PZR, MHI und UPT dar­zustellen und individuell das optimale Maß­nahmenpaket zu schnüren.

Ein Beitrag von Dr. Steffen Rieger, Karolin Staudt und Prof. Dr. Johannes Einwag, alle Stuttgart

Literatur auf Anfrage über news@quintessenz.de

Quelle: Parodontologie 1/20 Parodontologie Prävention und Prophylaxe

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