0,00 €
Zum Warenkorb
  • Quintessence Publishing Deutschland
Filter
69 Aufrufe

WHO, EFP und PBOHE fordern dringende Maßnahmen zur Mundgesundheit – gemeinsame Sitzung auf der EuroPerio11 in Wien

Die Wirkung der EFP und der EuroPerio reicht inzwischen weit über Europa hinaus in alle Welt – auch als Partner der WHO. Flaggenparade zur Erlöffnung der EuroPerio11 in Wien im Mai 2025.

(c) Marschall/Quintessence News

Es kommt nicht alle Tage vor, dass die Weltgesundheitsorganisation WHO an einem internationalen Fachkongress mitwirkt. Schon gar nicht bei einer zahnärztlichen Fortbildungsveranstaltung – zumal die Mundgesundheit aus medizinischer Sicht über lange Zeit nicht als gleichberechtigt anerkannt war im Kanon der großen medizinischen Fächer.

Wenn nun die Europerio, die alle drei Jahre stattfindende, weltweit größte Fachveranstaltung der Parodontologie, Gastgeberin dieses einmaligen Anlasses sein durfte, ist das Ehre und Anerkennung zugleich. In der Tat gibt es keine Zweifel an der fachlichen Kompetenz der mit mehr 10.000 Fachbesuchern größten dentalen Fachveranstaltung in Europa und weltweit führende parodontologischen Ereignis. Auch dass sich die Parodontologie seit längerem mit fachübergreifenden Themen beschäftigt und regelmäßig neue Erkenntnisse über den Zusammenhang von Parodontopathien und Allgemeinerkrankungen vorstellt, hat einen großen Anteil an dieser Anerkennung und somit dürfe diese Kooperation wahrlich kein Zufall sein.

Seit 2021 adressiert die WHO die Mundgesundheit

Im Mittelpunkt dieses hochkarätigen Symposiums stand die Diskussion um die Mundgesundheit. Im Jahr 2021 hat die WHO die Mundgesundheit in die NCD-Agenda, den Kreis der nicht übertragbaren Krankheiten, eingebunden und damit den gleichen Stellenwert wie der Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Krebs und Atemwegserkrankungen zuerkannt. Es war ein großer Schritt voran, die Mundgesundheit nicht mehr als isoliertes Randproblem zu betrachten, sondern als wesentlicher Bestandteil der Allgemeingesundheit und des Wohlbefindens.

In die Gesundheitsversorgung einbeziehen

Und dieser Schritt hat erhebliche Auswirkungen, denn damit wird die Mundgesundheit nicht länger aus dem öffentlichen Gesundheitswesen ausgeklammert und ist ab sofort in die Planung, Finanzierung und Bereitstellung der Gesundheitsversorgung einbezogen. Dieses Vorhaben auch in der Realität umzusetzen war eines der zentralen Anliegen dieses Symposiums. Jeder, der so seine Erfahrungen mit dem öffentlichen Gesundheitswesen hat, weiß, wovon hier die Rede ist.

Somit bestand ein direkter Bezug des aktuellen Symposiums auf die allererste WHO-Tagung zur globalen Mundgesundheit im Jahr 2024, bei der erstmals die WHO-Ziele für Mundgesundheit bis 2030 festgelegt wurden. Dementsprechend aussagekräftig ist die Erklärung von Bangkok: „Keine Gesundheit ohne Mundgesundheit“. Damit besteht eine weltweite Verpflichtung, die Mundgesundheit in die Primärversorgung und die allgemeine Gesundheitsversorgung einzubinden.

Verschiedene Ansätze für eine einheitliche Strategie

Aktuell gibt es verschiedene Ansätze für eine einheitliche Strategie zur Verbesserung der Mundgesundheit. Eines der Positionspapiere mit dem Titel „for a better oral health“ wurde vor gut einem Jahr vorgestellt, um an die politischen Entscheidungsträger zu appellieren, dass die Mundgesundheit und der dafür nötige Aufwand in der Öffentlichkeit besser wahrgenommen wird und mehr dafür getan wird. 
Am Wiener WHO-Europerio-Symposium beteiligte sich die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die „Platform for Better Oral Health in Europe“ (PBOHE), der Plattform für bessere Mundgesundheit in Europa, wie auch die Gastgeberin EFP/EuroPerio selbst als aktive Partnerin. Ziel dieser Veranstaltung war, sich eingehend mit den dringenden globalen Entwicklungen der Mundgesundheit von qualifizierter Seite her zu befassen. Dabei wurde erstmals ein breites Fachpublikum einbezogen, aus dem sehr viele praxisnahe Gedanken in die Diskussion eingeflossen sind.

Den aktuellen Schub nutzen

Dabei macht es durchaus Sinn, den aktuellen Schub zu nutzen, um klare und übereinstimmende Ziele zu formulieren, die den politischen Gremien zur Hand gereicht werden können. Auch dass es verschiedene Ansätze gibt, die eingehend diskutiert und wissenschaftlich untersucht werden, ist sicherlich nicht von Nachteil, denn diese intensive Beratung trägt dazu bei, ein tragfähiges und gut durchdachtes Konsenspapier zu erstellen. 

Dem Expertenteam um Prof. Iain Chapple aus Birmingham als Leiter der Sitzung standen mit Dr. Dympna Kavanagh, Chief Dental Officer in Irland und Ansprechpartnerin der EU, Dr. Benoit Varenne, Oral Health Programme Officer bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO), sowie den Professoren George Tsakos und Habib Benzian, beides weltweit anerkannte Fachleute, ein hochkarätiges Expertenteam zur Seite.

Konzept der EFP „Better oral health for all“ im Fokus

Anhand aktueller Zahlen wurde im Rahmen der Veranstaltung auf den gesellschaftlichen und volkswirtschaftlichen Schäden einer mangelhaften, und vor allem ungleichen Mundgesundheit hingewiesen. Anhand der vorliegenden Positionspapiere ging es in die Details. Vorgestellt wurde dabei der strategische „Plan 2030“ der European Federation of Periodontology (EFP) mit dem Titel „Better oral health for all“ an. Dieser baut auf dem bisherigen Engagement der EFP auf und verfolgt das Ziel, die parodontale Gesundheit als integralen Bestandteil der globalen Gesundheitsversorgung zu etablieren und steht auf mehreren Säulen.

Im Vordergrund steht die wissenschaftliche Exzellenz. Die EFP strebt an, evidenzbasierte klinische Leitlinien weiterzuentwickeln und internationale Forschungskooperationen zu fördern. Ein besonderes Anliegen der EFP ist die verbesserte parodontale Bildung. Durch innovative und zugängliche Bildungsprogramme sowie erweiterte postgraduale Ausbildungsmöglichkeiten soll die Qualität der parodontalen Ausbildung gesteigert werden. Die Politische Einflussnahme und öffentliche Sensibilisierung gehört ebenfalls zu den zentralen Anliegen. Die EFP plant, durch gezielte Advocacy-Strategien und öffentliche Gesundheitskampagnen das Bewusstsein für die Bedeutung der parodontalen Gesundheit zu erhöhen.

Plattform PBOHE in Europa als mögliches Modell

Eine besondere Rolle bei der Umsetzung der Ziele spielt die Platform for Better Oral Health in Europe (PBOHE). Hierbei handelt es sich um eine europäische Initiative, die sich für die Verbesserung der Mundgesundheit und der zahnmedizinischen Versorgung in Europa einsetzt. Dr. Dympna Kavanagh hatte diese bereits dem Europäischen Parlament vorgestellt und stand als herausragende Persönlichkeit im Bereich der öffentlichen Mundgesundheit in Europa und Irland auch in Wien Rede und Antwort. Sie ist derzeit Präsidentin der Platform for Better Oral Health in Europe (PBOHE), Vorsitzende des Council of European Chief Dental Officers (CECDO) und Chief Dental Officer von Irland. In dieser Eigenschaft setzt sich Dr. Kavanagh dafür ein, die Mundgesundheit in die allgemeine Gesundheitspolitik der EU zu integrieren. Betont wird die Bedeutung der Mundgesundheit im Kontext nichtübertragbarer Krankheiten (NCDs). Besonderes Anliegen ist die Platzierung oraler Erkrankungen im Zentrum der EU-Bemühungen zur Bekämpfung von NCDs. Weiter steht die Aufnahme präventiver oraler Gesundheitsprodukte in die EU-Initiative für kritische Arzneimittel an und schließlich wird die Bereitstellung von EU-Fördermitteln für die Forschung im Bereich der Mundgesundheit gefordert.

WHO-Aktionsplan für Mundgesundheit

Dieser Ansatz steht im Einklang mit dem WHO-Aktionsplan für Mundgesundheit 2023 bis 2030. Der WHO-Aktionsplan für Mundgesundheit 2023 bis 2030 ist ein umfassendes Programm zur Verbesserung der weltweiten Mundgesundheit. Ziel ist es, Mundgesundheit als integralen Bestandteil der allgemeinen Gesundheitsversorgung zu etablieren und soziale Ungleichheiten zu reduzieren. Übergeordnetes Ziel ist es, 80 Prozent der Weltbevölkerung den Zugang zu essenzieller zahnmedizinischer Versorgung zu ermöglichen – und zwar durch die Integration der Mundgesundheit in die universelle Gesundheitsversorgung. Gleichzeitig soll die globale Krankheitslast oraler Erkrankungen um 10 Prozent gesenkt werden. Dies betrifft insbesondere Karies, Parodontitis, Zahnverlust und Krebs. In weiteren sechs strategischen Handlungsfeldern werden einzelne Schritte genauer definiert.

Marschplan für Europa

Mit dem aktuellen Strategiepapier: „Why Oral Health Matters“, also „Warum Mundgesundheit wichtig ist“, hat die Europäische Plattform für Mundgesundheit einen Marschplan für Europa entwickelt, der darauf abzielt, die Bedeutung der Mundgesundheit für die allgemeine Gesundheit und das Wohlbefinden hervorzuheben. Ursprünglich war diese Vorlag an die politischen Entscheidungsträger in der Europäischen Union gerichtet und betont die Notwendigkeit eines koordinierten Ansatzes zur Verbesserung der Mundgesundheit in Europa, die die Bedeutung der Mundgesundheit für das allgemeine Wohlbefinden und die Gesundheit unterstreichen. Vor allem die wirtschaftlichen Auswirkungen oraler Erkrankungen spielen in der Politik eine erhebliche Rolle: Karies ist die weltweit und in Europa am weitesten verbreitete nichtübertragbare Krankheit. Die Behandlungskosten für mundgesundheitsbezogene Erkrankungen werden allein in der EU auf etwa 100 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt

Geteilte Risikofaktoren

Übereinstimmend wurden erhebliche Defizite festgestellt, denn fast die Hälfte der Weltbevölkerung leidet an oralen Erkrankungen wie Karies, Parodontitis, Zahnverlust oder Mundkrebs. Dabei gelten die Verbindungen zu Allgemeinerkrankungen längst als gesichert, wenn auch sicherlich noch lange nicht abschließend erforscht. Orale Erkrankungen teilen Risikofaktoren mit anderen nichtübertragbaren Krankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs. Ein hoher Zuckerkonsum, Tabak- und Alkoholkonsum sowie schlechte Mundhygiene spielen hierbei eine erhebliche Rolle. Eine zentrale Forderung dieses Positionspapiers, der Integration der Mundgesundheit in die nationale Gesundheitsversorgung trifft in diesem Kreis ebenfalls auf offene Ohren.

Für den Erfolg mit einer Stimme sprechen

Auch wenn die in dieser Sitzung vorgestellten Forderungen dem Auditorium kaum neu gewesen sein durften, so überzeugte die Präsentation, bestand doch eine große Einigkeit über die Klarheit und eine hohe Übereinstimmung der Positionspapiere der verschiedenen Organisationen, die letztlich mit einer Stimme sprechen. Dass dies ein großer Vorteil auf dem Weg der Umsetzung der Ziele ist, liegt auf der Hand. Auch wenn uns die Erfahrung lehrt, dass Veränderungen auf politischer Ebene einen langen Atem verlangen, und noch so manches Hindernis aus dem Weg geräumt werden muss, so, als Fazit dieser Sitzung, sind wir im gemeinsamen Streben nach einer globalen Mundgesundheit auf dem richtigen Weg.

ZA Tobias Bauer, Singen

Quelle: Quintessence News Politik Zahnmedizin Interdisziplinär Parodontologie Prävention und Prophylaxe

Adblocker aktiv! Bitte nehmen Sie sich einen Moment ...

Unser System meldet, dass Sie eine aktive AdBlocker-Software verwenden, die verhindert dass alle Seiteninhalte geladen werden können.

Fair geht vor: Unsere Partner aus der Industrie tragen durch ihre Anzeigen einen maßgeblichen Teil zum Betreiben dieser Newsseite bei. Diese finden Sie in überschaubarer Anzahl auf der Startseite sowie den einzelnen Artikelseiten.

Bitte setzen Sie www.quintessence-publishing.com auf Ihre „AdBlocker Whitelist“ oder deaktivieren Ihre AdBlocker Software. Danke.

Weitere Nachrichten

  
23. Juni 2025

„Rasenmäherprinzip gibt es mit uns nicht“

Gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion Simone Borchardt (CDU) auf dem FVDZ-Sommerkongress in Binz – Podiumsdiskussion zur Bedarfszulassung
23. Juni 2025

Diabetische Folgeerkrankungen vermeiden

KZBV sieht DMP-Aktualisierung als wichtigen Schritt für verbesserte Patientenversorgung
23. Juni 2025

Kurz und knapp

Kurznachrichten und Informationen aus der (dentalen) Welt – Juni 2025
20. Juni 2025

Der Mundgesundheit endlich die ihr zustehende Bedeutung geben

Kritik am Vorentwurf der Politischen Erklärung des UN-Treffens zu nichtübertagbaren Erkrankungen im September 2025
20. Juni 2025

Bürokratieabbau: Marathon, nicht Sprint

Delegiertenversammlung der Landeszahnärztekammer Hessen – Wertschätzung für das Versorgungswerk
17. Juni 2025

Fast jeder zweite Deutsche hat eine Privatversicherung

Zusatzversicherungen immer beliebter – Private Krankenversicherung meldet weiter Wachstumskurs
16. Juni 2025

Nina Warken und die Jagd nach den rosa Elefanten

Erwartete 48 Milliarden Euro Defizit verlangen Lösungen – Dr. Uwe Axel Richter zur Lage der Gesetzlichen Krankenversicherung
16. Juni 2025

Sachsen-Anhalt setzt auf Quote und Stipendien gegen den Zahnarztmangel

Landzahnarztgesetz verabschiedet – Land finanziert zehn weitere Studienplätze in Ungarn