Fast alle selbstständigen Zahnärztinnen und Zahnärzte in Deutschland arbeiten mit einer „Kassenzulassung“, da sie nur dann Patienten zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung behandeln dürfen. Diese Zulassung zur vertragszahnärztlichen Versorgung verlangt aber auch, die damit verbundenen Pflichten einzuhalten. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG) hat die Entziehung der Zulassung eines Vertragszahnarzts bestätigt. Ihm war unter anderem vorgeworfen worden, andere Zahnärzte als angebliche Partner einer Berufsausübungsgesellschaft (BAG) geführt zu haben, die in Wirklichkeit angestellt waren (Az.: L 7 KA 4/20, Entscheidung vom 21. September 2022)
Nach Paragraf 95 (6) Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) ist die vertragszahnärztliche Zulassung zu entziehen, wenn der Vertragszahnarzt seine vertragszahnärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Eine solche gröbliche Verletzung liegt unter anderem vor, wenn angestellte Zahnärzte als Partner einer Berufsausübungsgemeinschaft (früher: Gemeinschaftspraxis) geführt werden.
Eigenes wirtschaftliches Risiko tragen
Ob bei einem angeblichen Partner in Wirklichkeit eine abhängige Beschäftigung (so genannte Scheinselbstständigkeit) vorliegt, ist in einer Gesamtschau aller Umstände zu bewerten. Wesentliche Kriterien sind: Der Betreffende muss ein eigenes wirtschaftliches Risiko tragen und eben nicht ein Festgehalt erhalten – es nützt nichts, wenn dieses als „feste monatliche Ausschüttung“ oder Ähnliches bezeichnet wird. Ebenso muss er nach einer gewissen Zeit am immateriellen Wert der gemeinsamen Praxis beteiligt werden. Weiter darf er keinen Weisungen unterliegen, wann und wie er seine zahnärztlichen Leistungen erbringt.
Das LSG hat noch eine weitere Anforderung formuliert: Der Vertragszahnarzt muss dem Zulassungsausschuss alle Verträge und sonstigen Vereinbarungen vorlegen und diese müssen den Anforderungen des Vertragszahnarztrechts entsprechen. Hierzu müsse der Vertragszahnarzt fachkundigen juristischen Rat einholen.
Drastische Folgen der Scheinselbstständigkeit
Die Folgen einer Scheinselbstständigkeit sind drastisch: Die von Scheinselbstständigen erbrachten GKV-Leistungen werden nicht bezahlt, den Beteiligten droht ein Disziplinarverfahren und dem Initiator kann die Zulassung entzogen werden. Deshalb ist bei Gründung einer Berufsausübungsgemeinschaft dringend zu empfehlen, bei der Vertragsgestaltung spezialisierten fachkundigen Rat einzuholen und keineswegs einfach einen Mustervertrag zu verwenden. Ebenso sollten bestehende Verträge regelmäßig überprüft werden.
Dr. Wieland Schinnenburg, Zahnarzt und Rechtsanwalt, Hamburg
Dr. Wieland Schinnenburg studierte Zahnmedizin und Jura und war bis Ende 2017 als Zahnarzt in eigener Praxis in Schleswig-Holstein tätig. Parallel arbeitete er als Rechtsanwalt und Mediator in Hamburg und ist in diesem Bereich weiter aktiv.
Schinnenburg ist FDP-Mitglied und war unter anderem Vizepräsident der Hamburgischen Bürgerschaft. Nach der Bundestagswahl 2017 war er für eine Legislaturperiode bis Oktober 2021 Mitglied des Deutschen Bundestags und in dieser Zeit Mitglied des Gesundheits- und des Rechtsausschusses und Drogenpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion.