Anfang April 2025 ist der zweite Studiengang Zahnmedizin mit 48 Studierenden an der privaten Medizinischen Hochschule Brandenburg (MHB) feierlich immatrikuliert worden. Kurz zuvor wurde die vom Land Brandenburg unterstützte Hochschule allerdings mit den Kürzungsplänen der neuen Landesregierung aus SPD und BSW im Haushalt des Landes konfrontiert. Danach soll die MHB künftig 1,6 Millionen Euro weniger pro Jahr bekommen – was gerade für die vom Wissenschaftsrat geforderte Stärkung der Forschung fatal werde, so die Hochschule.
Seit 2020 unterstützt das Land Brandenburg die Medizinische Hochschule Brandenburg (MHB), die in kommunal-gemeinnützigerTrägerschaft steht, mit fünf Millionen Euro für die Forschung sowie 1,6 Millionen Euro für die Fakultät für Gesundheitswissenschaften (FGW). „Nun sieht sich die MHB mit alarmierenden Nachrichten konfrontiert: Die jährlichen Mittel sollen von 6,6 Millionen auf fünf Millionen Euro gekürzt werden. Politikerinnen und Politiker, Landesärztekammer und Studierendenvertretung warnen vor einem fatalen Einschnitt in die Ausbildung junger Mediziner, dem Verlust wertvoller Forschungskapazitäten und letztendlich vor einer Schwächung der medizinischen Versorgung für die Menschen in Brandenburg“, so die MHB in ihrer Pressemeldung dazu.
Zahnmedizin mit zweiter Studiengruppe im Aufbau
Die Zahnmedizin ist gerade im Aufbau, mit Prof. Gerhard Schmalz, Professor für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie und Leiter der Hochschulambulanz, ist der erste Professor zum Gründungsprofessor Prof. em. Hans-Günter Schaller hinzugekommen. Die Hochschulambulanz wurde jetzt aufgebaut, 2026 soll das neue Klinikgebäude in einem alten E-Werk bezugsfertig sein. Der erste Studienjahrgang Zahnmedizin wurde im April 2024 feierlich immatrikuliert, auch Ministerpräsident Dietmar Woidke war dabei. Der Modellstudiengang wird auch von der Zahnärztekammer Brandenburg unterstützt. Auch für Zahnmedizinische Fachangestellte soll es ab 15. August 2025 Ausbildungsplätze geben.
Deutliche Warnung aus der Region
Man erhalte angesichts der Kürzungspläne viel Unterstützung aus dem Land, so die MHB in ihrer Meldung. So zeige sich der Landrat Ostprignitz-Ruppin, Ralf Reinhardt, tief besorgt über die Pläne des Landes: „Sollte das Land Brandenburg bei diesen Plänen bleiben, gefährdet dies die wissenschafts- und forschungsbasierte Ausbildung von Medizinern an der MHB für das Land Brandenburg existenziell.“ Er betont, dass die geplanten fünf Millionen Euro Landeszuschuss nicht ausreichen, um die vom Wissenschaftsrat geforderte Stärkung der wissenschaftlichen Forschungsleistung als Basis medizinischer Ausbildung dauerhaft zu gewährleisten. Angesichts steigender Kosten in der Forschung sei ein Bedarf von 8 Millionen Euro jährlich beim Land angemeldet worden.
Land gibt viel mehr für neue Medizin-Uni in Cottbus aus
Reinhardt vergleicht dies mit den erheblichen Investitionen in die Medizinerausbildung in Cottbus (hier wird im Rahmen der Strukturförderung Lausitz eine ganz neue Universität für Medizin aufgebaut, Anm. d. Red.) stellt fest: „Die geforderten jährlich acht Millionen Euro entsprechen gerade einmal 8 Prozent davon. Diese werden benötigt, um mit der MHB die bisher erste und einzige erfolgreiche Medizinerausbildung im Land Brandenburg zu sichern.“ Er unterstreicht den Erfolg der MHB bei der Ausbildung von Ärzten für das gesamte Land und den eingetretenen „Klebeeffekt“, der belege, dass die Absolventen im ländlichen Raum bleiben.
Das Erreichte nicht aufs Spiel setzen
Reinhardt weist laut MHB zudem darauf hin, dass die MHB keine gewinnorientierte Einrichtung, sondern in kommunal-gemeinnütziger Trägerschaft sei und es um eine praxisnahe Medizinerausbildung für Brandenburg gehe. „Das Erreichte darf nicht aufs Spiel gesetzt werde, das muss auch der neuen Regierung klar sein, ebenso wie die wirtschaftliche Bedeutung der MHB für unsere Region. Das Land hat die Pflicht einer ausgleichenden Funktion und soll auch auf annähernd gleiche Lebensbedingungen hinwirken. Viele Regionen dieses Landes befinden sich aus unterschiedlichsten Gründen im Strukturwandel, dieser findet nicht nur (in der Lausitz) im Süden statt.“
Neuruppin steht hinter seiner Hochschule
Auch der Bürgermeister der Fontanestadt Neuruppin, Nico Ruhle, habe sich in einem offenen Brief entschieden zur geplanten Mittelkürzung gemeldet, so die MHB. Er erinnert an die Entwicklung der Studierendenzahlen an der MHB und betont die wichtige Rolle der Hochschule bei der Ausbildung von Ärzten und Psychologen für Brandenburg. „Für die Zuschüsse, die in den Vorjahren der MHB eine universitäre Ausbildung von jungen Medizinerinnen und Medizinern für das Land Brandenburg erst ermöglicht haben, danken wir dem Land sehr.“ Er verweist darauf, dass im Landtagswahlkampf 2024 parteiübergreifend die gute Arbeit der MHB anerkannt und eine weitere Förderung zugesichert wurde.
Ruhle warnt vor den Konsequenzen der geplanten Kürzungen: „Soweit darf es nicht kommen! Denn jeder zusätzliche Euro, der die MHB erreicht, wird gut investiertes Geld sein – Geld, insbesondere für die Forschung, und letztlich Geld für die künftige medizinische Versorgung in unserem Land. Ich bitte die Landesregierung und alle Abgeordneten daher nicht nur um eine Verhinderung der in Aussicht gestellten Kürzungen, sondern vielmehr um eine deutliche Erhöhung der bisherigen Zuschüsse – jetzt, künftig, dauerhaft.“
Landtagspräsidentin warnt vor Schwächung des Erfolgsmodells
Landtagspräsidentin Prof. Dr. Ulrike Liedtke zitierte in ihrer Rede zur Immatrikulationsfeier am 4. April 2025 in Neuruppin Ministerpräsident Dietmar Woidke, der die Bedeutung einer guten Gesundheitsversorgung im ganzen Land betont und die MHB als „ein anderes Brandenburger Erfolgsmodell“ bezeichnet hatte, das weiterhin unterstützt werden solle. Liedtke fragt kritisch: „Wie passt das zu Ankündigungen aus dem Finanzministerium, bei den Mitteln für die Hochschule zu sparen?“
Sie versichert, dass die Haushaltsberatungen noch Veränderungen bringen könnten und betont: „An der MHB-Förderung zu kürzen, käme einer schmerzhaften Schwächung des Erfolgsmodells gleich. Das darf nicht passieren.“ Sie würdigt die kommunalen und gemeinnützigen Träger der MHB und stellt fest: „Das ist kein unsicheres Privatunternehmen, sondern eine exzellente Universität auf sicherem Fundament.“ Unterstützung kommt auch von Landtagsabgeordneten, man hofft auf Änderungen im parlamentarischen Verfahren. Die erste Lesung fand am 10. April 2025 statt. Der Haushalt soll bis Ende Juni 2025 als Doppeletat 2025/2026 verabschiedet werden.
Ärztekammer sieht „kurzsichtige“ Entscheidung
Die Landesärztekammer Brandenburg (LÄKB) hat die geplante Mittelkürzung ebenfalls scharf kritisiert. Kammerpräsident Dipl.-Med. Frank-Ullrich Schulz warnte vor erheblichen negativen Auswirkungen auf die medizinische Ausbildung und die Gesundheitsversorgung. „Die Medizinische Hochschule Brandenburg spielt seit Jahren eine entscheidende und erfolgreiche Rolle in der Ausbildung junger Medizinerinnen und Mediziner in Brandenburg.“ Er betont, dass eine Reduzierung der Mittel nicht nur die Qualität der Lehre, sondern auch den Betrieb der Hochschule gefährden würde. Angesichts der großen Herausforderungen in der medizinischen Versorgung Brandenburgs sei eine solche Kürzung „kurzsichtig und kann nicht im Interesse einer nachhaltigen Sicherstellung der Gesundheitsversorgung sein.“
Brandenburgische Studierendenvertretung ist alarmiert
Der Zusammenschluss der Brandenburgischen Studierendenschaften BRANDSTUVE, die Vertretung für rund 50.000 Studierende im Land, wendet sich laut MHB ebenfalls entschieden gegen die geplanten Kürzungen. Betont wird die Bedeutung der MHB für die medizinische Versorgung in einem Bundesland, das im Bundesvergleich Schlusslicht bei der Versorgung mit Ärztinnen und Ärzten ist. Trotz aller anfänglichen Skepsis zum Trotz habe die MHB eine zuverlässige und erfolgreiche Ausbildung für Mediziner nach Brandenburg gebracht.
BRANDSTUVE kritisiert insbesondere die Überlegung einiger Koalitionäre, die Kürzungen durch höhere Studiengebühren zu kompensieren. „Das Land selbst hat für die nächste Dekade versäumt, eine adäquate ärztliche medizinische Versorgung sicherzustellen. Dieses Problem adressieren an erster Stelle und unter erheblicher eigener finanzieller Eigenverantwortung unsere Kommilitoninnen und Kommilitonen der MHB, von denen bereits heute über 150 Absolventinnen und Absolventen in den Kliniken des Landes Brandenburg arbeiten und so einen direkten Teil zur Versorgung der Bevölkerung beitragen.“
Die Studierendenorganisation verweist auf die positive Bewertung der MHB durch den Wissenschaftsrat und zitiert dessen Gutachten, das die erhebliche Bedeutung der Landesmittel für die Weiterentwicklung der Hochschule betont. BRANDSTUVE erinnert an frühere Aussagen von Ministerpräsident Dietmar Woidke und Britta Kornmesser, die eine Stärkung der finanziellen Unterstützung der MHB versprochen hatten. Die Studierenden appellieren an die Landesregierung, die Kürzungen zu verhindern und stattdessen die Förderung der MHB zu erhöhen.
MHB-Präsident hofft auf Kurskorrektur
MHB-Präsident Prof. Hans-Uwe Simon zeigt sich ermutigt durch die breite Unterstützung: „Die Reaktionen aus vielen unterschiedlichen Bereichen der Politik, Medien und Wissenschaft zeigen uns, dass wir mit unseren bereits erzielten Verbesserungen bei der Gesundheitsversorgung für die Menschen in Brandenburg wahrgenommen werden. Wir sind zuversichtlich, dass wir auch dank dieser breiten Unterstützung die Landesregierung noch zu einer Änderung der ursprünglichen Haushaltsplanungen bewegen können."