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Urteil RA Alexander Bredereck: Kündigungsschutz wegen Schwangerschaft besteht auch rückwirkend

(c) matthewjohn5539/Shutterstock.com

Während der Schwangerschaft haben Arbeitnehmerinnen einen weitreichenden Kündigungsschutz. Dieser gilt auch in der Probezeit sowie im Kleinbetrieb. Von Ausnahmen abgesehen kann einer Schwangeren also nicht gekündigt werden. Wann aber beginnt dieser Kündigungsschutz genau? Das hat das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil vom 24. November 2022 entschieden.

Relevant ist die Frage, ab wann der besondere Kündigungsschutz gilt, vor allem bei einer Kündigung im ersten halben Jahr des Arbeitsverhältnisses. In dieser Zeit gilt nämlich das „allgemeine“ Kündigungsschutzgesetz noch nicht, und es kommt für die Wirksamkeit der Kündigung oft allein darauf an, ob eine Schwangerschaft zum Zeitpunkt der Kündigung bestanden hat, oder nicht.

Arbeitgeber spätestens nach 14 Tagen informieren

Grundsätzlich gilt:

  • Ist die Arbeitnehmerin zum Zeitpunkt der Kündigung schwanger und weiß der Arbeitgeber das, ist die Kündigung unwirksam.
  • Hat die Arbeitnehmerin zum Zeitpunkt der Kündigung keine Kenntnis von der Schwangerschaft, muss sie den Arbeitgeber spätestens 14 Tage nach der Kündigung informieren.
  • Versäumt sie diese Frist unverschuldet, muss sie ihren Arbeitgeber unverzüglich informieren, nachdem sie erfährt, dass sie schwanger ist.

Kündigungsschutz beginnt 280 Tage vor festgestelltem Geburtstermin

RA Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht
RA Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Wie aber lässt sich in solchen Fällen, wenn die Arbeitnehmerin erst nach ihrer Kündigung von ihrer Schwangerschaft erfährt, genau sagen, ob sie zum Zeitpunkt der Kündigung schwanger war? Das Bundesarbeitsgericht äußert sich dazu wie folgt: Ausgehend vom ärztlich festgestellten Geburtstermin liegt der Beginn der Schwangerschaft 280 Tage zurück; an dem Tag beginnt der Sonderkündigungsschutz wegen Schwangerschaft. Bei der Berechnung wird der Tag des Geburtstermins nicht mitgerechnet.

Zuvor hatte das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg den Beginn der Schwangerschaft auf 266 Tage vor dem Entbindungstermin gesetzt. Diese Berechnungsmethode hat das Bundesarbeitsgericht nun auf 280 Tage erweitert.

Informationspflicht erst nach ärztlich festgestellter Schwangerschaft

Liegt der Schwangerschaftsbeginn so gerechnet am Tag oder vor dem Zugang des Kündigungsschreibens, kommt es in Fällen, in denen die Arbeitnehmerin die genannte Zweiwochenfrist versäumt, darauf an, wann die Arbeitnehmerin Kenntnis von ihrer Schwangerschaft hatte. Hier gilt, dass ein frei verkäuflicher Schwangerschaftstest dafür nicht ausreicht. Die Schwangerschaft muss ärztlich festgestellt worden sein. Erst dann ist die Arbeitnehmerin verpflichtet, ihrem Arbeitgeber die Schwangerschaft unverzüglich mitzuteilen.

Ob es ausreicht, dass die Arbeitnehmerin die Schwangerschaft ihrem Anwalt mitteilt und dieser diese Information in einem anwaltlichen Schriftsatz unterbringt, wurde ebenfalls vom Bundesarbeitsgericht entschieden. Demnach hätte die Arbeitnehmerin ihren Arbeitgeber zwar unmittelbar informieren müssen, und ihr Anwalt hätte sie darüber auch in Kenntnis setzen müssen. Dass ihr Anwalt das nicht tat und den Arbeitgeber ebenfalls nicht direkt informierte, sondern die Schwangerschaft im Gerichtsverfahren mitteilte, konnte der Arbeitnehmerin aber nicht zugerechnet werden.

Es reicht demnach regelmäßig aus, wenn die Arbeitnehmerin ihren Anwalt unverzüglich über die Schwangerschaft in Kenntnis setzt. Ein Verschulden von Vertretern oder Boten wird ihr grundsätzlich nicht zugerechnet.

Keinen Zweifel an Kündigungsschutz aufkommen lassen

Praxistipps für Arbeitnehmerinnen: Teilen Sie Ihre Schwangerschaft dem Arbeitgeber unverzüglich, direkt und nachweisbar mit. An Ihrem Kündigungsschutz sollte so wenig Zweifel wie möglich aufkommen.

Achten Sie darauf, Ihrem Arbeitgeber nur gesicherte Informationen über Ihre Schwangerschaft mitzuteilen. Falls Sie ihm nur aufgrund eines einfachen Schwangerschaftstests sagen, Sie seien schwanger, und es stellt sich heraus, dass der Test fehlerhaft war, riskieren Sie eine Kündigung, falls Sie beim Arbeitgeber nicht länger als ein halbes Jahr beschäftigt sind und deshalb noch keinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz haben.

Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht, (Kanzlei Bredereck und Willkomm, www.fernsehanwalt.com), Berlin

Quelle: RA Alexander Bredereck Praxisführung Team Bunte Welt

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