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KZBV und GKV-Spitzenverband beenden Verhandlungen im Bewertungsausschuss – KCH/PAR/KB-Punktwerte für die Bewertung zugrundegelegt

(c) Quintessenz: Strauß B, Püllen F, Eickholz P. Systematische Parodontitistherapie vom 72. bis zum 82. Lebensjahr. Parodontologie 2018;29:37–49

Zum 1. Juli 2021 tritt die neue PAR-Richtlinie in der Gesetzlichen Krankenversicherung in Kraft. Sie soll eine moderne systematische Behandlung von Parodontitis und anderer Parodontalerkrankungen abbilden. Jetzt sind auch die Leistungsbeschreibungen und die Bewertungen der Leistungen nach Bema abgestimmt.

Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) haben sich einvernehmlich auf die Bewertung der neuen Leistungen bei der systematischen Behandlung von Parodontitis und anderer Parodontalerkrankungen (PAR-Richtlinie) geeinigt. Das teilten beide Körperschaften am 6. Mai 2021 mit. Nun fehlt nur noch die Genehmigung durch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG).

Ebenfalls geeinigt hat man sich darauf, für besondere Patientengruppe in der Folge ein vereinfachtes Verfahren zu schaffen, um zum Beispiel für Pflegebedürftige einen leichteren Zugang zu PAR-Behandlungen und auf ihre besonderen Bedürfnisse angepasste Leistungen zu ermöglichen.

Ab 1. Juli 2021 wirksam

Neben der Bewertung wurden auch Leistungsbeschreibungen und Abrechnungsbestimmungen festgelegt, also die Gebührennummern des Bewertungsmaßstabs zahnärztlicher Leistungen (Bema) zur Abrechnung der entsprechenden vertragszahnärztlichen Leistungen, die künftig in vertragszahnärztlichen Praxen herangezogen werden können. Der Leistungskatalog inklusive Punktzahlen steht bereits in der vorläufigen, dem BMG vorgelegten Fassung auf der Internetseite der KZBV zur Verfügung. Zugrundegelegt wurde für den Bema Teil 4 der Punktwert für KCH/PAR/KB. Die neuen Leistungen sollen Patientinnen und Patienten in vertragszahnärztlichen Praxen damit fristgerecht ab 1. Juli 2021 zur Verfügung stehen.

Neue PAR-Richtlinie schon lange auf der Agenda

Für die KZBV geht damit eine Phase langen und intensiven Arbeitens am Thema PAR-Richtlinie zuende. Bereits bei der Neubeschreibung des Bema 2004 war darum gerungen worden, die Richtlinie zu aktualisieren. Damals waren einige neue Leistungen aufgenommen worden, aber nicht zusätzlich vergütet, sondern nur durch Umrelationierung bewertet worden. Danach gab es immer wieder Initiativen, die PAR-Therapie „auf Kasse“ auf den Stand der Wissenschaft zu heben, zum Beispiel mit Festzuschuss-Modellen.

Neustart durch Patientenvertreter 2013

Ein Antrag der Patientenvertreter im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zur Bewertung neuer Leistungen in der PAR-Therapie im Jahr 2013 setzte dann einen neuen Prozess in Gang. Hier waren KZBV, Vertreter der Wissenschaft, vor allem der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie (DG Paro), und Bundeszahnärztekammer mit einem 2017 vorgelegten PAR-Versorgungskonzept und intensiver Arbeit auf dem langen Weg der Methodenbewertung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) und im G-BA am Ende erfolgreich.

Durchbruch zu modernen wissenschaftlichen Therapieansätzen in der GKV

Dr. Wolfgang Eßer, Vorstandsvorsitzender der KZBV
Dr. Wolfgang Eßer, Vorstandsvorsitzender der KZBV
Foto: KZBV/axentis.de
Dr. Wolfgang Eßer, Vorstandsvorsitzender der KZBV, erklärte zur jetzt finalisierten Richtlinie: „Mit der aktuellen Richtlinie des G-BA zur systematischen Behandlung der Parodontitis ist der Durchbruch zu modernen wissenschaftlichen Therapieansätzen gelungen. Gleichzeitig wurde durch die Verabschiedung der entsprechenden Behandlungsrichtlinie gerade für vulnerable Bevölkerungsgruppen ein bürokratie- und barrierearmer Zugang zu einer bedarfsgerechten Versorgung dieser chronischen Erkrankung geschaffen, die besonders bei älteren Menschen gehäuft in ihrer schweren Ausprägung auftritt“.

Eßer weiter: „Beide Richtlinien zusammen schaffen für uns Zahnärzte nach langen Jahren des Stillstands die Voraussetzungen, dieser großen Volkskrankheit endlich erfolgreich begegnen und die hohe Parodontitislast in Deutschland nachhaltig senken zu können. Zurzeit leidet jeder Zweite an einer behandlungsbedürftigen Form dieser chronischen Erkrankung. Dass beide Richtlinien, ein umfangreicher Leistungskatalog und die Leistungsbewertungen fristgerecht im Konsens erarbeitet werden konnten, zeigt erneut die hohe Leistungsfähigkeit der gemeinsamen Selbstverwaltung im Gesundheitswesen.“

Kassen hoffen auf stabilere Behandlungsergebnisse

Stefanie Stoff-Ahnis, GKV-Spitzenverband
Stefanie Stoff-Ahnis, GKV-Spitzenverband
GKV-SV
Stefanie Stoff-Ahnis, Vorständin beim GKV-Spitzenverband, bewertete die Einigung und die neue Richtlinie so: „Gesetzlich Versicherte, die an Parodontitis leiden, erhalten zahlreiche neue Kassenleistungen, um diese langwierige Erkrankung nachhaltig in den Griff zu bekommen. Ab dem 1. Juli folgt auf die zahnmedizinische Behandlung eine umfassende Parodontitis-Nachsorge von mindestens zwei Jahren. Nach aktuellem Forschungsstand werden so die besten Heilungsergebnisse erzielt und die Lebensqualität kann durch die Nachsorge deutlich verbessert werden. Wir hoffen, dass diese neuen Leistungen dazu beitragen, erreichte Behandlungsergebnisse stabil zu halten und langfristig sogar die Zahl der Parodontitis-Patienten und -Patientinnen zu senken“.

Kassen heben Einigung für vulnerable Gruppen hervor

Stoff-Ahnis hob ebenfalls die Einigung für spezielle Patientengruppen hervor: „Besonders freut mich, dass wir als gemeinsame Selbstverwaltung weitere Regelungen einvernehmlich beschlossen haben, die gerade für vulnerable Patientengruppen die Parodontitis-Versorgung deutlich vereinfachen. Zukünftig erhalten Pflegebedürftige oder Menschen mit Beeinträchtigungen eine Parodontitisbehandlung ohne ein Antrags- und Genehmigungsverfahren durchlaufen zu müssen. Darin enthalten ist auch die Reinigung aller Zähne einmal im Kalenderhalbjahr über einen Zeitraum von zwei Jahren.“

Niedrigschwellige Option mit barrierearmem Zugang

Auch besonders vulnerable Patientengruppen erhalten künftig einen gleichberechtigten und barrierearmen Zugang zur Parodontitistherapie im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung. Einen entsprechenden Beschluss hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in seiner Sitzung am 6. Mai 2021 gefasst. Damit haben diese Versicherten ab Juli Anspruch auf eine modifizierte und speziell auf die Bedürfnisse dieser Versichertengruppe zugeschnittene Behandlungsstrecke zur Parodontitisbehandlung ohne Antrags- und Genehmigungsverfahren.

Für spezielle Patientengruppen nur Anzeigepflicht bei den Kassen

Diese niedrigschwellige Option richtet sich vor allem an ältere, pflegebedürftige Menschen oder Menschen mit einer Beeinträchtigung, bei denen die systematische Behandlung gemäß PAR-Richtlinie nicht in vollem Umfang durchgeführt werden kann. Dazu zählen etwa Patienten, bei denen die Fähigkeit zur Aufrechterhaltung der Mundhygiene nicht oder nur eingeschränkt gegeben ist, die einer Behandlung in Allgemeinnarkose bedürfen, oder bei denen die Kooperationsfähigkeit nicht oder nur eingeschränkt gegeben ist. Der Zugang zu den neuen PAR-Leistungen ist dabei unbürokratisch niedrigschwellig im Rahmen Anzeigepflicht bei den Kassen ausgestaltet.

„Sprechende Zahnmedizin“ verankert und honoriert

Die neue PAR-Richtlinie markiert dabei auch einen weiteren wichtigen Schritt für den Leistungskatalog der GKV: Erstmals ist mit dem parodontologischen Aufklärungs- und Therapiegespräch die „sprechende Zahnmedizin“ aufgenommen und mit 28 Punkten bewertet worden. Ebenfalls neu ist die für den Patienten zuzahlungsfreie Unterstützende Parodontitistherapie (UPT), die Versicherte künftig zwei, maximal zweieinhalb Jahre nach Abschluss der aktiven Behandlungsphase je nach medizinischer Notwendigkeit mehrfach jährlich als strukturierte Nachsorge in Anspruch nehmen können, um den Behandlungserfolg zu sichern. Für die Praxen bedeutet das eine deutlich verlängerte plan- und abrechenbare Behandlungsstrecke für jeden PAR-Fall.

Praxen müssen sich umstellen – neue Klassifikation als Grundlage

Für die Zahnärztinnen und Zahnärzte ihre Praxisteams ist die neue Richtlinie mit diversen Neuerungen und Umstellungen verbunden. So folgen Befundung und Diagnose, aber auch die vorgesehene regelmäßige Evaluation der Behandlungsergebnisse der neuen Klassifikation parodontaler Erkrankungen nach Stadien (I-IV) und Graden (A-C). Die Behandlung folgt dann unter anderem der neuen S3-Leitlinie „Behandlung von Parodontitis Stadium I bis III“ und den weiteren aktuellen Leitlinien zur Parodontitistherapie. Dazu hat zum Beispiel die DG Paro auf ihrer Internetseite bereits zahlreiche Informationen bereitgestellt. Auch eine Beitragsserie in den „Zahnärztlichen Mitteilungen“ und Beiträge in der Zeitschrift „Parodontologie“ informieren über die neue Richtlinie, die ihr zugrundeliegenden Leitlinien und die praktische Umsetzung.

Informationsmaterial, Videos und Veranstaltungen in Vorbereitung

Weitere Informationsveranstaltungen der KZVen sind geplant, um die Praxen bei der Umsetzung der neuen Richtlinie zu unterstützen, hieß es dazu aus dem KZBV-Vorstand. Den KZVen werde umfangreiches Informationsmaterial zur Verfügung gestellt. Außerdem wird es Erklärvideos zur Richtlinie selbst und zu Beantragung, Abrechnung, Formularen etc. geben. Auch ein interaktiver Heil- und Kostenplan sei in Vorbereitung. Zudem setze man darauf, dass nicht nur die Zahnärzte ihre Patienten, sondern auch die Kassen ihre Versicherten über die neue Richtlinie und das Thema systematische Parodontitistherapie aktuell informieren.

Betriebswirtschaftliche Bewertung

Bei Abrechnungsexperten und in den Praxen hat auch bereits das Rechnen begonnen (die Richtlinie mit Bewertung kann auf der Internetseite der KZBV heruntergeladen werden). Wie werden die neuen Leistungen am Ende vergütet? Gibt es für mehr Leistungen auch mehr Honorar? Zugrundegelegt wird für den Bema Teil 4 der jeweilige Punktwert KCH/PAR/KB.
Einen besonderen Blick wird es dazu in vielen Praxen auf die neue therapeutische Leistung UPT geben. Bislang mussten PA-Patienten ihre Nachsorgeleistungen selbst bezahlen, die dann nach der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) berechnet wurde. Hier wurden im Vorfeld Befürchtungen geäußert, dass die therapeutische Leistung UPT schlechter bewertet sein könnte als die präventive Professionelle Zahnreinigung oder die PA-Positionen in der GOZ. Nach einer ersten Überschlagsrechnung liegt der Durchschnittsbetrag der UPT bei ca. etwas mehr als 200 Euro und damit über einer durchschnittlichen PZR nach GOZ 1040 mit 2,3-fachem Faktor.

Richtlinie als wichtiger Faktor für die Eindämmung parodontaler Erkrankungen

Die neue PAR-Richtlinie könnte, so die Hoffnung von Experten, in fünf bis zehn Jahren einmal als der entscheidende Faktor für eine gesenkte Erkrankungslast mit parodontalen Erkrankungen in der Bevölkerung bewertet werden. Auch betriebswirtschaftlich sei sie durchaus adäquat umgesetzt. Ein weiterer wichtiger Aspekt: Es werden auch die Zusammenhänge zwischen parodontalen Erkrankungen und Erkrankungen wie Diabetes und damit die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Zahnärzten und Ärzten stärker in den Fokus gerückt. Darin liegen ebenfalls Chancen und Möglichkeiten für die Zahnärzteschaft im Interesse der Patienten. „Zahnmedizin ist Medizin und keine Dentalkosmetik“, das werde mit dieser Richtlinie sehr deutlich, so ein Experte.

 

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