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Forschungskooperation der Universität Halle-Wittenberg entwickelt neuen Ansatz, der Breitband-Antibiotika in der PA-Therapie ersetzen könnte

(c) MLU/Maike Glöckner

Zielsicher, effizient und ohne viele Nebenwirkungen: Ein neuer Ansatz zur Bekämpfung von Parodontitis könnte womöglich den Einsatz von Breitband-Antibiotika überflüssig machen. Entwickelt und erstmals getestet wurde er von einem Team der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU), des Fraunhofer-Instituts für Zelltherapie und Immunologie IZI und der Periotrap Pharmaceuticals GmbH. Ziel ist es, nur die Bakterien unschädlich zu machen, die Parodontitis auslösen, während harmlose Arten verschont bleiben. Darüber berichtet das Team im Fachjournal „Journal of Biological Chemistry“.

Nebenwirkung Resistenzen

Laut der Deutschen Mundgesundheitsstudie erkranken mehr als die Hälfte aller Erwachsenen in Deutschland im Laufe ihres Lebens an Parodontitis. Die Krankheit selbst kann nicht nur zum Verlust von Zähnen führen, sondern sie steigert auch das Risiko für andere Krankheiten wie Alzheimer und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Bisher kommen bei der medikamentösen Behandlung vor allem Breitband-Antibiotika zum Einsatz. Das hat einige Nachteile: „Die Behandlung zerstört auch alle harmlosen oder nützlichen Bakterien im Mundraum und nicht zuletzt können die Bakterien Resistenzen gegen die Mittel ausbilden", erklärt Dr. Mirko Buchholz von Periotrap Pharmaceuticals, der die neue Studie mit dem Biotechnologen Prof. Dr. Milton T. Stubbs von der MLU leitete.

Ein Enzym wird außer Kraft gesetzt

Die Forschenden suchten deshalb nach einem Weg, nur die schädlichen Bakterien im Mund auszumerzen. Ein Team der Außenstelle für Molekulare Wirkstoffbiochemie und Therapieentwicklung des Fraunhofer IZI in Halle entwickelte dafür eine Testsubstanz, die ein bestimmtes Enzym in den Bakterien angreift, das für den Stoffwechsel eine besondere Rolle spielt – die Glutaminylzyklase. Wird dieses Enzym gestört, sterben die Bakterien und es kann im Idealfall keine Parodontitis entstehen. Gemeinsam mit den zahnmedizinischen Kliniken der Universität Bern, der Jagiellonen-Universität in Krakau sowie der University of Louisville in Kentucky (USA) überprüften die Forschenden die Wirksamkeit. Dabei zeigte sich, dass die neue Substanz das Wachstum der pathogenen Bakterien tatsächlich unterdrückt.

Das Schlitz-Kreuzschlitz-Prinzip

Das Besondere: Die Substanz wirkt nur bei den schädlichen Bakterien. „Die Glutaminylzyklase, unser Angriffsziel, gibt es in zwei unterschiedlichen Varianten. Normalerweise verfügen Pflanzen und Bakterien über eine und Säugetiere über eine andere Variante des Enzyms. Die Funktionsweise der beiden ist ähnlich, sie unterscheiden sich aber deutlich in ihrer Struktur. Das ist ein wenig wie bei Schlitz- und Kreuzschlitz-Schraubenziehern“, erklärt Stubbs. Die Bakterien, die Parodontitis auslösen, haben überraschenderweise aber die Säugetier-Variante des Enzyms. „Das ist für unseren Ansatz entscheidend, denn so haben wir ein mögliches Angriffsziel, bei dem wir nur die pathogenen Bakterien treffen und die harmlosen intakt lassen können“, sagt Mirko Buchholz. Um mögliche Nebenwirkungen im Vorfeld zu minimieren, verglich das Team das Bakterien-Enzym mit der menschlichen Säugetier-Variante. „Es gibt kleine, aber signifikante Unterschiede bei den Enzymen“, so Stubbs. Diese Unterschiede reichen vermutlich aus, sodass die neue Substanz bestenfalls gar nicht bei den menschlichen Enzymen wirkt. Deshalb ist nur mit geringen Nebenwirkungen zu rechnen.

Originalpublikation:
Studie: Taudte N. et al. Mammalian-like type II glutaminyl cyclases in Porphyromonas gingivalis and other oral pathogenic bacteria as targets for treatment of periodontitis. Journal of Biological Chemistry (2021). https://doi.org/10.1016/j.jbc.2021.100263

Mit ihrer Studie liefern die Forschenden zunächst den Nachweis, dass der Ansatz grundsätzlich funktioniert. In weiteren Studien muss dieser nun verfeinert und in späteren klinischen Studien überprüft werden. Die Studie wurde von der Europäischen Union und der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde National Institutes of Health (NIH) gefördert.

Quelle: Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg(MLU) Parodontologie Nachrichten Zahnmedizin

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