Diese Tage feiert der Deutsche Ärztinnenbund sein 100-jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass hat die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (ApoBank) einige Zahlen zu ärztlichen Existenzgründerinnen zusammengestellt.
Demnach lassen sich Ärztinnen im Schnitt im Alter von knapp 42 Jahren nieder. Sie bevorzugen Einzelpraxen und lassen sich am häufigsten in den Fachgebieten Gynäkologie, Psychotherapie oder Psychiatrie nieder.
Unter den Existenzgründern in der Mehrheit
Ein Blick auf die vergangenen zehn Jahre zeigt, dass Ärztinnen unter den Existenzgründern in der Mehrheit sind. Ihr Anteil hat sich mittlerweile bei gut 60 Prozent eingependelt. Dieser Wert liegt nur leicht unter dem des Frauenanteils bei Studierenden der Medizin (65 Prozent) und zeigt, dass die Selbständigkeit für Frauen eine attraktive Option der Berufsausübung darstellt. Durch den hohen Existenzgründungsanteil steigt allmählich auch der Ärztinnenanteil bei den bereits niedergelassenen Vertragsärzten. Gemäß Statistik der Kassenärztlichen Bundesvereinigung beträgt dieser rund 50 Prozent.
Eigene Praxis als attraktive Option der Berufsausübung
„Das ist eine sehr erfreuliche Entwicklung, da die junge heilberufliche Generation von Frauen dominiert wird. Für eine wohnortnahe ambulante ärztliche Versorgung werden sie als Nachfolgerinnen dringend benötigt“, sagt Daniel Zehnich, Bereichsleiter Gesundheitsmarkt und Beteiligungen bei der ApoBank. „Die eigene Praxis ist eine attraktive Option der Berufsausübung. Sie schafft Freiräume für mehr Selbstbestimmung und Flexibilität bei der Arbeitsgestaltung. Auch Chefin in Teilzeit ist mittels einer Teilzulassung möglich. Kooperative Praxisformen bieten ebenfalls gute Möglichkeiten die individuellen Vorstellungen vom eigenen Arbeitspensum zu realisieren.“
Gender-Gap bei Investitionen
Die jährlichen ApoBank-Analysen zeigen auch, dass Frauen für die Existenzgründung im Schnitt weniger Geld in die Hand nehmen. Sie entscheiden sich häufiger für die Übernahme von kleineren Praxen. In den Jahren 2022/2023 hat sich dieser grundsätzliche Gender-Gap sogar noch etwas verstärkt. So haben Frauen für hausärztliche Einzelpraxen rund 30 Prozent geringere Übernahmepreise gezahlt als Männer. Die Bereitschaft für Investitionen in Modernisierung und Ausstattung bleibt allerdings ähnlich hoch. Insgesamt investierten Hausärztinnen in die Gründung 172.200 Euro und ihre männlichen Kollegen 209.400 Euro.
Frauen gehen bei Existenzgründung zurückhaltender vor
„Wir beobachten seit Jahren in allen Heilberufsgruppen, dass Frauen bei der Niederlassung zurückhaltender investieren. Sie übernehmen eher kleinere Praxen mit niedrigeren Kaufpreisen, um später zu wachsen“, sagt Zehnich. „Die aktuell schwierigen Rahmenbedingungen wie Kostendruck, Bürokratie und Fachkräftemangel könnten zusätzlich dazu führen, dass Ärztinnen bei der Existenzgründung vorsichtiger vorgehen.“
Die Ergebnisse basieren auf einer Stichprobe von 3.325 ärztlichen Existenzgründungen – darunter 940 hausärztliche und 2.385 fachärztliche –, die die ApoBank in den Jahren 2022 und 2023 begleitet hat. Die Daten wurden anonymisiert und gemeinsam von der ApoBank und dem Zentralinstitut für die Kassenärztliche Versorgung (Zi) ausgewertet.
Rund 110.000 Euro für eine hausärztliche Einzelpraxis
Ärztinnen und Ärzte lassen sich – unabhängig von der Fachrichtung – meistens durch die Übernahme einer Einzelpraxis nieder. Das war in den Jahren 2022/2023 bei 51 Prozent der Existenzgründungen der Fall. Für eine Hausarztpraxis zahlten die Gründer durchschnittlich 110.100 Euro. Weitere 78.100 Euro investierten sie in Ausstattung und Modernisierung, so dass sich die Gesamtinvestitionen für eine Einzelpraxisübernahme auf 188.200 Euro beliefen.
„Dabei sind die Kaufpreise im Vergleich zu den Vorjahren nur geringfügig gestiegen. Vielmehr sind es die Investitionen in medizinisch-technische Geräte, Einrichtung, IT sowie Modernisierung und Umbaumaßnahmen, die die Kosten für eine hausärztliche Einzelpraxisübernahme weiter ansteigen lassen“, sagt Daniel Zehnich. Am teuersten war die Neugründung einer Einzelpraxis für Hausärzte mit durchschnittlich 205.800 Euro an Gesamtinvestitionen. Solche Praxisgründungen finden allerdings mit 10 Prozent nur selten statt – und wenn ja, dann genauso häufig auf dem Land wie in der Großstadt.
Fachärztliche Existenzgründungen: Kooperationen teilweise teurer als Einzelpraxis
Ob Neugründung oder Übernahme – insgesamt rund 60 Prozent der Existenzgründer entscheiden sich für eine Einzelpraxis, 40 Prozent wählen die Kooperation. In dem Analysezeitraum 2022/2023 haben sich 22 Prozent der ärztlichen Existenzgründer für den Eintritt in eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) entschieden, indem sie eine Zulassung von einem ausscheidenden Mitinhaber übernommen haben.
Dabei fällt auf, dass sie dafür im Schnitt höhere Preise gezahlt haben als ihre Kollegen bei der Übernahme von Einzelpraxen. So belief sich bei Hausärzten der durchschnittliche Übernahmepreis auf 124.300 Euro. Die gesamten Praxisinvestitionen waren jedoch mit 145.900 Euro geringer als bei der Übernahme einer Einzelpraxis, denn in einer bereits bestehenden BAG entfallen die Kosten für Modernisierung und Ausstattung weitgehend.
Einstieg in BAG in einigen Fächern besonders teuer
Ähnlich verhielt es sich bei fachärztlichen Praxen: So lag beispielsweise der durchschnittliche Kaufpreis für Einzelpraxisübernahmen im Bereich Gynäkologie bei 171.500 Euro und in der Fachrichtung Innere Medizin bei 189.200 Euro. Der Eintritt in eine BAG war mit 323.800 Euro beziehungsweise bei 289.800 Euro deutlich teurer. Er überstieg sogar die Gesamtkosten einer Niederlassung in Form einer Einzelpraxisübernahme.
Fachrichtungen Psychiatrie/Psychotherapie günstiger
Grundsätzlich ist es erheblich günstiger sich in einer psychiatrischen beziehungsweise psychotherapeutischen Einzelpraxis niederzulassen. Sie bedarf im Vergleich zu anderen ärztlichen Fachrichtungen keiner kostenintensiven medizintechnischen Geräte und kommt mit kleineren Räumlichkeiten aus. Entsprechend lagen hier die durchschnittlichen Gesamtinvestitionen 2022/2023 bei 62.000 Euro, wobei die Preise für die Praxisübernahme 45.000 Euro ausmachten. Allerdings zeigt die Analyse, dass auch hier der Eintritt in eine BAG deutlich teurer war: Der durchschnittliche Übernahmepreis betrug mit 121.200 Euro sogar fast das Dreifache der durchschnittlichen Kaufsumme einer Einzelpraxisübernahme.
BAG vor allem in Regionen mit höherer Bevölkerungsdichte
„BAGs gibt es vor allem in größeren Städten und Gemeinden, wo die Bevölkerungsdichte höher ist und es mehr potenzielle Patienten gibt. Dort sind die Planungsbereiche in der Regel für psychiatrische beziehungsweise psychotherapeutische Existenzgründungen gesperrt – und wenn ein geringes Angebot auf eine große Nachfrage trifft, dann steigen auch die Preise“, erklärt Zehnich.
Eine halbe Million Euro für eine Niederlassung in einer orthopädischen Praxis
Deutlich teurer wird es naturgemäß, wenn es um geräteintensive Facharztpraxen geht. So kostete eine Übernahme in einer orthopädischen Einzelpraxis im Schnitt gut eine halbe Million Euro. Dabei entfielen 365.000 Euro auf den Kaufpreis. Zuzüglich aller weiteren Investitionen für Modernisierung und Ausstattung lagen die durchschnittlichen Gesamtinvestitionen bei 505.300 Euro. Eine Kooperation einzugehen und in eine BAG einzutreten war für Orthopäden insgesamt etwas günstiger. Zwar betrug der Übernahmepreis dort im Schnitt 428.000 Euro, doch weil hier medizintechnische Geräte in der Regel schon vorhanden sind, beliefen sich die Gesamtinvestitionen auf 472.900 Euro.
Damit bewegen sich Praxen in der Orthopädie auf einem ähnlichen Niveau wie die Kosten für eine Neugründung einer Zahnarztpraxis. Hier investierten laut Analyse der ApoBank für 2022 Zahnärztinnen und -ärzte, die eine Einzelpraxis komplett neu gegründet haben, im Schnitt 755.000 Euro.
Niederlassung mit Teilzulassung
Arbeiten in Teilzeit wird auch bei Medizinerinnen und Medizinern immer beliebter, und das geht auch als niedergelassener Arzt mit einer Teilzulassung. Am meisten nutzen diese Möglichkeit Psychotherapeuten und Psychiater: Drei Viertel der Existenzgründer lassen sich mit einer halben Zulassung nieder. Zum Vergleich: Hausärzte entscheiden sich mit durchschnittlich acht Prozent nur selten für die Teilzeit – und wenn, dann ist die häufigste Option die Übernahme einer Einzelpraxis, die in eine BAG überführt wird. Die dort bereits vorhandenen Zulassungen werden unter den neuen Praxisinhabern aufgeteilt.
Teilzulassungen aber nicht günstiger
Dabei zeigen die Analysezahlen, dass sich die Übernahmepreise für Teilzulassungen nicht zwangsläufig proportional verringern: So zahlten beispielsweise diejenigen, die mit einer halben Zulassung in eine hausärztliche BAG eingetreten bzw. dieser beigetreten sind, im Schnitt 107.000 Euro – also rund 80 Prozent der Durchschnittspreise einer vollen Zulassung (130.700 Euro). „Die Preise hängen eng damit zusammen, wie attraktiv der Praxisstandort ist, und wie immer spielen auch hier Angebot und Nachfrage eine Rolle. Wir beobachten, dass der Wunsch nach Niederlassung mittels Teilzulassung zunimmt“, erläutert Zehnich. „Für die Sicherung der ambulanten Versorgung ist es deshalb sehr wichtig, dass die Ärztinnen und Ärzte diese Möglichkeit haben.“