Zum 1. Januar 2020 ist das novellierte Berufsbildungsgesetz (BBiG) in Kraft getreten und bringt ab sofort Neuerungen für die Ausbildung auch in Zahnarztpraxen und Dentallaboren. Voraussichtlich ab 1. August 2020 wird dann das Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG) einige weitere Änderungen für die Fort- und Weiterbildung bringen.
Expertinnen des Verbands medizinischer Fachberufe haben die Neuerungen und ihre Auswirkungen zusammengefasst. „Vieles ist gut und erfreulich, manches geht nicht weit genug“, so ihr erstes Fazit.
515 Euro Mindestvergütung für Auszubildende
Auch wenn der Einstieg bei der Mindestausbildungsvergütung zum 1. Januar 2020 mit 515 Euro eher niedrig ist, werden insbesondere die Auszubildenden im Zahntechnikerhandwerk, aber auch die Zahnmedizinischen Fachangestellten in tariflosen Regionen, die in diesem Jahr ihre Ausbildung beginnen, von den Erhöhungen in den Folgejahren und den Steigerungen im zweiten, dritten und vierten Ausbildungsjahr profitieren. Nach der Einstiegsphase ab 2024 wird die Mindestausbildungsvergütung automatisch nach dem Durchschnitt aller Ausbildungsvergütungen erhöht.
Kritisch sehen wir die Regelung, dass die Mindestvergütung nicht diejenigen betrifft, die bereits in der Ausbildung sind. Hier sind Ungerechtigkeiten bereits vorprogrammiert.
Mehr Teilzeitausbildung möglich
Erweitert wurden im neuen Gesetz die Möglichkeiten, eine Teilzeitausbildung zu vereinbaren. Hier wurde die Hürde, ein berechtigtes Interesse nachzuweisen, beseitigt. Wir sind gespannt, wie die Ausbildungsbetriebe diese Änderung umsetzen.
Lernmittelfreiheit
Im neuen Berufsbildungsgesetz wird klargestellt, dass Ausbildende (also Betriebe und Praxen) nicht nur Werkzeuge und Werkstoffe, sondern auch Fachliteratur kostenlos zur Verfügung stellen müssen. Das ist sehr wichtig.
Regelungen zur Freistellung auch für volljährige Azubis
Eine weitere Änderung betreffen die Bestimmungen zur Freistellung. Hier gab es in der Vergangenheit immer wieder Probleme. Nun wurde zum einen der Anspruch auf bezahlte Freistellung an dem Arbeitstag, der der schriftlichen Abschlussprüfung unmittelbar vorangeht, auch für volljährige Auszubildende eingeführt.
Zum anderen wurde auch die Freistellung und Anrechnung des Berufsschulunterrichts formuliert. Einmal pro Woche gilt jetzt auch für volljähre Auszubildende: An einem Berufsschultag mit mehr als fünf Stunden Unterricht zu je 45 Minuten dürfen Auszubildende – unabhängig von ihrem Alter – nicht mehr beschäftigt werden. Dieser Tag muss dann mit der durchschnittlichen täglichen Arbeitszeit angerechnet werden. Als Arbeitnehmervertretung begrüßen wir diese Regelung, sie gibt jetzt auch den volljährigen Auszubildenden mehr Raum, um Lerneinheiten nachzubereiten.
Neue Abschlussbezeichnungen für höhere Berufsbildung
Zudem ändern sich die Abschlussbezeichnungen der höheren Berufsbildung: Künftig sollen die beruflichen Fortbildungsstufen „Geprüfte Berufsspezialistin“ beziehungsweise „geprüfter Berufsspezialist“, „Bachelor Professional“ und „Master Professional“ heißen. Bezeichnungen wie Betriebswirt/in, Wirtschaftsfachwirt/in oder Fachkaufmann/-frau entfallen.
Meisterinnen und Meister dürfen sich zusätzlich „Bachelor Professional“ nennen. Durch die englischen Bezeichnungen möchten Bundesregierung und Bundestag die internationale Anschlussfähigkeit sichern.
Mit den Änderungen im Prüfungsverfahren und den neuen Abschlussbezeichnungen werden wir uns in unseren Gremien und Schulungen der Prüfungs- und Berufsbildungsausschussmitglieder beschäftigen.
Weitere Informationen zum neuen BBiG und zur Novelle des AFBG
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat auf seiner Internetseite die Änderungen des neuen BBiG zusammengestellt.
Über die berufliche Aufstiegsförderung und die geplante Novelle des AFBG informiert eine eigene Seite des BMBF: https://www.aufstiegs-bafoeg.de
Novellierung des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes
Das Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG) ist in der beruflichen Bildung mit dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) für Studierende gleichzusetzen. Damit sollen berufliche Höherqualifizierung erweitert und ausgebaut, Fortbildungsmotivation gestärkt sowie berufliche Aufstiegsmöglichkeiten eines jeden Einzelnen verbessert werden. Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Maßnahmen der beruflichen Aufstiegsfortbildung werden durch Beiträge zu den Kosten der Bildungsmaßnahme und zum Lebensunterhalt finanziell unterstützt.
Zurzeit wird das AFBG novelliert. Der Förderungsanspruch soll sich zukünftig auf alle im Berufsbildungsgesetz (BBiG) und in der Handwerksordnung (HwO) verankerten Fortbildungsstufen wie geprüfte(r) Berufsspezialist/in, Bachelor Professional, Master Professional beziehen sowie auf Fortbildungsabschlüsse, die gleichwertig sind.
Auch soll ein besonderer Fokus auf die Vereinbarkeit von Familie und Aufstiegsfortbildung gelegt werden, zum Beispiel durch die Erhöhung des einkommensunabhängigen Kinderbetreuungszuschlages für Alleinerziehende und die Erweiterung des Darlehnserlasses aus sozialen Gründen. Die endgültige Fassung des Gesetzes bleibt abzuwarten. Wir hoffen, dass davon auch unsere frauendominierten Berufe profitieren.
Hannelore König, Susanne Haiber, Verband medizinischer Fachberufe e.V., Bochum