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RA Dr. Karl-Heinz Schnieder zur Frage, wann man seine Praxis als „Praxisklinik“ bezeichnen darf

Mit Sicherheit haben Sie sich als Praxisinhaber schon öfter gefragt, wie Sie ihre Praxis für Patienten so attraktiv wie möglich gestalten können. Ein schönes Wartezimmer, eine moderne Einrichtung, vielleicht auch eine ansprechende Homepage stehen zumeist ganz oben auf der Agenda.

Eine auf den ersten Blick recht banale Frage ist diesen Überlegungen aber noch vorgelagert: Viele Zahnärzte versprechen sich von einer außergewöhnlichen Namenswahl einen Patientenzuwachs. Aus diesem Grunde stellen sich viele Zahnärzte die Frage, ob sie ihrer Praxis einen wohlklingenden Namen geben dürfen, den sich Patienten gut merken können.

Erlaubt ist, was gefällt – aber ...

Die Antwort lautet: Grundsätzlich ist erlaubt, was gefällt. Wenn Herr Dr. Müller einen einprägsamen Titel für seine Zahnarztpraxis im Kopf hat, muss er sie nicht „Zahnarztpraxis Dr. Müller“ nennen. Was aber, wenn Herr Dr. Müller seine Praxis „Praxisklinik Dr. Müller“ nennen möchte? Ist auch das ohne weiteres zulässig?

Einschränkungen aus dem Berufs- und Wettbewerbsrecht

An dieser Stelle wird man innehalten müssen. Wie gesagt: Grundsätzlich ist erlaubt, was gefällt. Dieser Grundsatz lässt sich jedoch nicht grenzenlos verfechten. Einschränkungen der freien Namenswahl ergeben sich aus dem Wettbewerbsrecht und aus dem zahnärztlichen Berufsrecht, also aus der jeweils einschlägigen Berufsordnung. In der Zusammenschau hat man insbesondere darauf zu achten, dass die Benennung weder anpreisend noch irreführend, herabsetzend oder vergleichend ist.

Aktuelles Urteil des OLG Hamm

Das Oberlandesgericht Hamm hat kürzlich einem Zahnarzt verboten, seine Praxis mit dem Namen „Praxisklinik“ zu bewerben, da Patienten durch diese Bezeichnung in die Irre geführt würden (OLG Hamm, Urteil vom 27. Februar 2018, Az.: I 4 U 161/17; Gründe noch unveröffentlicht). Das Urteil beruhte im Wesentlichen darauf, dass in der betreffenden Zahnarztpraxis zwar unstrittig umfangreiche Operationen durchgeführt wurden, gleichzeitig aber keine Übernachtungsmöglichkeit für die Patienten bestand. Eine solche setzten Patienten aber bei einer „Praxisklinik“ voraus, so das Oberlandesgericht.

Erste Instanz sah die Sache anders

In der ersten Instanz hatte das Landgericht (LG) Essen noch geurteilt, dass der Wortteil „Praxis“ den ambulanten Charakter der Behandlungsstätte verdeutliche (LG Essen, Urteil vom 8. November 2017, Az.: 44 O 21/17). Deshalb hatte es die Klage gegen den Zahnarzt zunächst abgewiesen. Die Berufung der klagenden Wettbewerbszentrale führte nunmehr allerdings zu dem gegenteiligen Urteil des Oberlandesgerichts in Hamm.

Ist nun also alles klar? Wer seinen Patienten auch die Möglichkeit einräumt, in der Praxis stationär mit mindestens einer Übernachtung aufgenommen zu werden, darf sich „Praxisklinik“ nennen? Nicht ganz. Auch wenn die Möglichkeit der stationären Aufnahme von Patienten über Nacht ein wichtiges Differenzierungskriterium darstellt – das auch das Fundament der oberlandesgerichtlichen Entscheidung bildet – ist es doch nicht das einzige.

Rechtsprechung orientiert sich an MBO-Z

Man sollte es bei dieser Gelegenheit klarstellen: Das Oberlandesgericht Hamm hat das Rad mit seinem Urteil nicht neu erfunden, sondern die von anderen Gerichten bereits vorgezeichnete Linie lediglich konsequent fortgeführt. Die Berufsordnungen für Zahnärzte sehen ausdrücklich vor, dass weder eine Einzelpraxis noch eine Berufsausübungsgemeinschaft als Akademie, Institut, Poliklinik oder Ärztehaus bezeichnet werden dürfen (§ 21 Abs. 5 der Musterberufsordnung für Zahnärzte [MBO-Z]). Diese Aufzählung hat jedoch nur Beispielscharakter. Entscheidend für die Zulässigkeit ist allein die Gefahr der Irreführung von Patienten, die bei den explizit genannten Beispielen angenommen wird.

Weil der Begriff der „Praxisklinik“ in der Aufzählung nicht vorkommt, ist seine Benutzung nicht immer verboten. Wie auch das Urteil des Oberlandesgerichts Hamm zeigt: Auf den Einzelfall kommt es an! Ob sich eine Praxis als „Praxisklinik“ – oder alternativ auch als „Zahnklinik“ – bezeichnen darf, hängt davon ab, ob sie die Voraussetzungen für einen klinischen Betrieb mitbringt.

Kriterien für den Begriff „Klinik“

Was darunter zu verstehen ist, lässt sich Paragraf 9 Abs. 5 der MBO-Z entnehmen. Danach ist zu gewährleisten, dass

  1. eine umfassende zahnärztliche und pflegerische Betreuung von Patienten rund um die Uhr sichergestellt ist,
  2. die notwendigen Voraussetzungen für eine Notfallintervention beim entlassenen Patienten erfüllt sind und
  3. die baulichen, apparativ technischen und hygienischen Voraussetzungen für die stationäre Aufnahme von Patienten vorgehalten werden.

In der Quintessenz muss Dr. Müller seinen Patienten also bei Bedarf auch die Möglichkeit der stationären Aufnahme anbieten können und die hierfür erforderlichen personellen, räumlichen und apparativen Mittel bereithalten. Wenn er seine Praxis entsprechend ausgestaltet und organisiert, ist es ihm erlaubt, gegenüber Patienten als „Praxisklinik“ aufzutreten. Dann hätte das OLG Hamm ihm diese Bezeichnung wohl nicht untersagt.

Rechtsanwalt Dr. Karl-Heinz Schnieder, Fachanwalt für Medizinrecht, Münster

Dr. Karl-Heinz Schnieder ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht und Mediator (cfm). Nach seinen Studium war er zwei Jahre als Referatsleiter Recht der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe tätig, seit 1994 ist er als Rechtsanwalt zugelassen.
Schnieder ist Geschäftsführender Partner der Rechtsanwaltskanzlei „kwm, kanzlei für wirtschaft und medizin“ mit Standorten in Münster, Berlin, Hamburg, Hannover, Bielefeld, Essen. Er ist Lehrbeauftragter der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und der privaten Hochschule für Logistik und Wirtschaft, SRH Hamm. Schnieder ist auch als Autor und Referent tätig mit zahlreichen Publikationen zum Arzt-, Zahnarzt- und Tierarztrecht und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im Deutschen Anwaltsverein; der Deutschen Gesellschaft für Kassenarztrecht e.V. und der Deutschen Gesellschaft für Recht und Politik im Gesundheitswesen.
Neben seiner juristischen Tätigkeit ist er auch Initiator und Gründer der Gesundheitsregion-Stadt e.V., medizinische Netzwerke in Deutschland mit zurzeit zehn Gesundheitsregionen in Deutschland www.gesundheitsregion-deutschland.de. Kontakt zum Autor unter schnieder@kwm-rechtsanwaelte.de.
Foto: kwm


Titelbild: shutterstock.com/AlexandrBognat
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