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Elke Guhl: Gesellschaftliche Strömungen wirken auf die Unternehmenskultur – diese ist auch mit kleinen Mitteln zu steuern

Elke Guhl während ihres Vortrags beim Kongress „Alles außer Zähne“, der Mitte Januar 2024 in Düsseldorf stattfand

(c) Quintessence News/Strunk

Megatrends bezeichnen große Strömungen in der Gesellschaft. Sie setzen sich aus mehreren Bereichen zusammen und haben großen Einfluss auf Unternehmen, Gesellschaft und Individuen. Dies erklärte Elke Guhl in ihrem Vortrag „Megatrends? Mega Wirkung! Unternehmenskultur weitergedacht“ beim Kongress „Alles außer Zähne“ in Düsseldorf (siehe hierzu auch „Kommen Sie aus dem Tunnel Raus“). „Für uns ist es wichtig, dass wir diese im Hinterkopf haben, dass wir wissen, was passiert da an großen Strömungen, und uns das zunutze machen.“

Megatrends, mit denen die Zukunft gestaltet werden kann, setzen sich aus zwölf Bereichen zusammen, von denen laut Guhl drei für Praxisinhaber besonders relevant sind: Konnektivität (Digitalisierung), Gesundheit und New Work.

Megatrend Konnektivität

Der Megatrend Konnektivität „besagt, dass unsere Grundlage im 21. Jahrhundert mittlerweile die digitale Infrastruktur ist“, so die Referentin. (Siehe hierzu auch die Interviews zur KI mit Prof. Schwendicke und Prof. Weßels) Hierbei sei besonders zu beachten, welche Auswirkungen diese auf die Unternehmen habe: Unternehmen würden mehr und mehr zu Knotenpunkten, prophezeite sie. „Wir können davon ausgehen, dass eine autonome Unternehmensführung in Zukunft sehr, sehr schwierig sein wird.“

Es gehe darum, sich mit den richtigen Partnern und externen Experten zu vernetzen. Das werde für die künftige Wirtschaft und die Unternehmensführung der Zukunft entscheidend sein. „Das zwingt uns schon fast zur digitalen Transformation.“

Digitalisierung fängt bei der Führung an

Digitalisierung fange in der Führung an, betonte Guhl. Wenn ein Unternehmen experimentierfreudig sei und eine Fehlerkultur zulasse, dann werde die digitale Transformation viel einfacher vollzogen. „Mit anderen Worten: Der Fisch stinkt immer vom Kopf.“

Den Schlüssel für die Zukunft der Digitalisierung sieht sie in den positiven Eigenschaften von Mensch und Maschine – diese müssten zusammengebracht werden. Auch wenn bei vielen Menschen bei diesem Thema noch Zweifel und Ängste bestehen würden: „Fakt ist, wir werden damit leben müssen!“

Megatrend Gesundheit

Gesundheit ist ganzheitlicher und zum gesellschaftlichen Auftrag geworden, erklärte Guhl. Menschen würden heute viel mehr darüber nachdenken, wie und womit sie sich ernähren und woher die Nahrung kommt. Die Referentin berichtete von Studien bei unter 40-Jährigen, bei denen mehr als 70 Prozent der Teilnehmer mit ihrer Gesundheit nicht zufrieden seien.

Nutzung von Gesundheits-Apps extrem gewachsen

„Gesundheit wird immer digitaler“, so Guhl. Die Nutzung von Gesundheits-Apps und technischen Mitteln sei extrem gewachsen. Ein weiterer Aspekt: Gesundheit werde weiblicher. Obwohl erst seit den 2000er-Jahren genderspezifisch geforscht werde, sei der Fem-Tech-Bereich in den vergangenen Jahren stark gewachsen. So gebe es beispielsweise zu Schwangerschaft und Menopause vermehrt auch technologische Angebote. Schätzung gingen davon aus, dass der Gesundheitsmarkt im Jahr 2025 bei einer Billiarde US-Dollar liegen werde. „Da kommt ein irrer Wust an Daten auf uns zu.“

Auch sehe man Arbeitgeber verstärkt in der Pflicht, sich um die Gesundheit ihrer Arbeitnehmer zu kümmern, betonte Guhl. Damit sei nicht nur „ein schönes Büro und ergonomisches Sitzen“ gemeint, sondern „auch die Erwartungshaltung, dass sich der Arbeitgeber um die mentalen Belange seines Teams kümmert und vielleicht auch zum Thema Gesundheitsvorsorge ein Angebot“ mache.

Megatrend New Work

Beim Megatrend New Work geht es um unsere künftigen Arbeitsmodelle: „Die Grenzen zwischen Arbeiten und Leben verschwimmen immer mehr“, betonte Guhl. Künftig werde die 30-Stunden-Woche die neue Vollzeit sein, zeigte sich die Referentin überzeugt. Menschen wollten nicht mehr so viel arbeiten. Dass dies funktioniere, hätten die Skandinavier gezeigt: Die Arbeit werde effizient ausgeführt und die Krankheitsstände hätten sich reduziert. Natürlich sei die reduzierte Arbeitszeit nicht bei vollem Lohnausgleich möglich, aber Menschen seien bereit, freiwillig auf bis zu 40 Prozent ihres Verdienstes zu verzichten.

30-Stunden-Woche wird die neue Vollzeit

Mittlerweile werde aus der Work-Life-Balance immer öfter Work-Life-Blending (Arbeits-und-Lebens-Vermischung). Das bedeute, „wir wollen 30 Stunden in der Woche arbeiten, aber nicht zwingend von 9 Uhr bis …, sondern so, wie es gerade in unseren Alltag passt“. Dem Arbeitgeber könne es egal sein, ob man auf Mallorca oder in Düsseldorf arbeite (soweit der Beruf das zulässt). „Das sind Ansprüche, die heute normal sind, die sich Arbeitgeber anhören müssen und die natürlich auf das Unternehmen einen Effekt haben“, so Guhl.

Als letzten Aspekt zum New Work nannte die Referentin den vermehrten Wunsch vieler Arbeitnehmer nach einer sinnhaften Aufgabe. Menschen möchten wissen, wofür das Unternehmen steht, sich mit diesen Werten identifizieren sowie diese mitgestalten können. Guhl ist der Meinung, dass Unternehmen sich darauf einlassen müssen.

Auswirkung auf die Zahnarztpraxis

Megatrends verändern die Erwartungshaltung und Normen, erklärte die Referentin: „Das sind Themen, die hereingetragen werden in Ihr Unternehmen, ob Sie es wollen oder nicht.“ Damit verändere sich auch die Unternehmenskultur, denn diese sei ein System von Normen und Verhaltensweisen, Spielregeln und Ritualen.

Guhl empfahl den Teilnehmenden, ein Gefühl für die Strömungen von außen zu entwickeln. Gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern solle darüber nachgedacht werden, was das für die Zusammenarbeit bedeute. Dann könnten entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden, mit denen die Unternehmenskultur positiv beeinflusst werden könne. „Wichtig ist natürlich, dass Sie das auch selbst leben und das auch so meinen. Das muss super authentisch sein“, betonte die Referentin.

Nicht alles lasse sich steuern, aber in Bezug auf die drei genannten Megatrends haben Arbeitgeber laut Guhl viel Gestaltungsraum. Sie riet den Teilnehmenden, sich regelmäßig eine Frage zu stellen: „Wie schaffe ich es, dass meine Mitarbeiter sich in ihrem Tätigsein in meinem Unternehmen finden?“

Praxisbeispiele spürbarer Unternehmenskultur

Zum Megatrend Konnektivität berichtete Guhl unter anderem, dass die Fressnapf-Kette sich nicht mehr als reinen Tierfutterhändler sehe, sondern als Ökosystem. Das Unternehmen arbeite mit Versicherungen zusammen und habe sich mit Tierärzten verknüpft. Außerdem sei ein Tracker für Hunde und Katzen eingeführt worden. Die hiermit entstehenden Daten nutze Fressnapf (und einige Partner), um daraus wieder neue Produkte und Services abzuleiten.

In Bezug auf die digitale Transformation in der Zahnarztpraxis empfahl sie, mit den Mitarbeitenden einige Gadgets zu testen: „Das muss nicht immer hoch ernst sein“, erklärte Guhl. Man könne sich der KI auch spielerisch nähern.

Zum Thema Gesundheit regte sie an, den Mitarbeitenden beispielsweise das gemeinsame Kochen und Essen zu ermöglichen. „Sie glauben gar nicht, was das in der Kultur auslöst.“

Außerdem gehöre in jede gute Firma eine gute Kaffeemaschine, so die Referentin, und schlug vor, den Mitarbeitenden dazu einen Barista-Kursus anzubieten. Gerne würden aber auch medizinische Leistungen in Anspruch genommen oder ein Yogakurs während der Arbeitszeit.

„Chatty chairs“ fürs Wartezimmer

Guhl stellte den Teilnehmern die „chatty chairs“ vor: Eine Bank, auf die sich jeder setzen kann, der sich einfach nur unterhalten möchte. Umsetzbar wäre das in der Zahnarztpraxis im Wartezimmer oder im Aufenthaltsraum. Außerdem regte sie an, pensioniertes Personal zurückzuholen – besonders in Zeiten des Fachkräftemangels zu empfehlen.

Guhl gab auch die Idee mit, dass Mitarbeiter jährlich vier- bis fünfmal Kolleginnen und Kollegen anderer Aufgabenbereiche begleiten sollten, um das Verständnis füreinander zu stärken. In diesem Zusammenhang würde es auch gerne gesehen, wenn der Chef/die Chefin sich mal an die Rezeption setzt und den Empfang macht.

Mit kleinen Mitteln die Unternehmenskultur steuern

Megatrends/gesellschaftliche Strömungen wirken auf die Unternehmenskultur, so Guhl abschließend. Und diese sei schon mit ganz kleinen Mitteln zu steuern. „Die Zukunft ist komplex geworden, und Technologie alleine wird sie sicher nicht lösen. Im Endeffekt ist immer der Mensch die entscheidende Variable.“

Birgit Strunk, Quintessence News

Quelle: Quintessence News Praxisführung Team Fortbildung aktuell

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