Viele Zahnärzte betreiben ein Praxislabor, das heißt, sie lassen mit Hilfe von entsprechend ausgebildeten Angestellten für ihre Patienten Zahnersatz im eigenen Labor herstellen. Dass sie dies dürfen, ist in zahlreichen Gerichtsurteilen bestätigt worden.
Das Landgericht Darmstadt (LG) hatte sich nun mit der auf den ersten Blick überraschenden Frage zu befassen, ob der Zahnarzt mit der Herstellung von Zahnersatz einen Gewinn machen darf.
Stein des Anstoßes war Rechenbeispiel auf Broschüre
Anlass war eine Abmahnung einer Firma, die ein CAD/CAM-gestütztes System vertreibt, bei dem mithilfe einer Oralkamera die präparierten Zahnoberflächen digital erfasst werden und nach entsprechender Bearbeitung im PC die Restauration aus einem Materialblock herausgefräst wird. Die Firma rechnete auf einer Broschüre vor, dass ein Zahnarzt für jede so von ihm gefertigte Krone mehr als 200 Euro mehr berechnen könne als er für Verbrauchsmaterial ausgebe. Dies sei möglich, da der Zahnarzt in solchen Fällen von den Vorgaben des BEL II und der BEB abweichen könne.
Abmahnung abgelehnt
Das LG hielt solche Aussagen für zulässig und wies die Abmahnung zurück (LG Darmstadt, Urteil vom 15. März 2021, Az.: 18 O 33/20). Die Begründungen des Gerichts sind einleuchtend: Es müsse dem Zahnarzt möglich sein, „einen angemessenen kalkulatorischen Gewinnanteil“ abzurechnen. Anderenfalls trage der Zahnarzt das Risiko eines wirtschaftlichen Verlustes, ohne umgekehrt eine Gewinnmöglichkeit zu haben. Im Übrigen enthielten die Rechnungen von gewerblichen Labors ja auch einen Gewinnanteil und außerdem dürfe der Zahnarzt das Skonto von 3 Prozent einbehalten.
Gewinn sollte angemessen sein
Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass nur ein „angemessener“ Gewinn zulässig ist und dass der Zahnarzt mit einer solchen Herstellung des Zahnersatzes erhebliche Arbeit hat und die oben genannten 200 Euro keineswegs „für nichts“ erhält.
Dr. med. dent. Wieland Schinnenburg, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht, Hamburg
Dr. Wieland Schinnenburg studierte Zahnmedizin und Jura und war bis Ende 2017 als Zahnarzt in eigener Praxis in Schleswig-Holstein tätig. Parallel arbeitete er als Rechtsanwalt und Mediator in Hamburg und ist in diesem Bereich weiter aktiv. Schinnenburg ist FDP-Mitglied und war unter anderem Vizepräsident der Hamburgischen Bürgerschaft. Seit der Bundestagswahl 2017 ist er Mitglied des Deutschen Bundestags. Er ist Mitglied des Gesundheits- und des Rechtsausschusses und Drogenpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. (Foto: Burgis Wehry/Schinnenburg)