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Funktionsdiagnostische Leistungen und ihre Berechnung – Praxistipp von Dr. Alexander Raff

Das Kapitel zur Funktionsdiagnostik und -therapie ist bei der Novellierung der Gebührenordnung für Zahnärzte 2012 kaum verändert worden. Das Berechnen dieser Leistungen wirft daher in der Praxis Fragen auf, vor allem, wenn neue Verfahren zum Einsatz kommen.


Dr. Alexander Raff

Die funktionelle Analyse des Bewegungsverhaltens des Unterkiefers auf Grundlage einer elektronischen Bewegungsaufzeichnung (elektronische Axiographie beziehungsweise Kondylographie) ist im Gebührenverzeichnis der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) 2012 nicht enthalten. Es wurde lediglich die Leistung Nr. „806“ aus der GOZ von 1988 inhaltlich unverändert in die GOZ Nr. 8060 überführt und dabei auf die Anwendung mechanischer Registriersysteme eingegrenzt. Hinzu kam die inhaltlich vergleichbare Leistung GOZ Nr. 8065 für die Anwendung elektronischer Registriersysteme. Abgesehen von der Unterscheidung mechanischer von elektronischen Registriersystemen sind beide Leistungen somit 2012 bei der GOZ-Reform im Vergleich zur Vorgängerversion aus dem Jahr 1988 fast unverändert geblieben. Weiterhin grenzt der Leistungstitel von beiden den Umfang der Leistungen unmissverständlich auf die Bewegungsaufzeichnung zur Programmierung von Artikulatoren ein. Für restaurative Anwendungen ist dies ausreichend und sinnvoll.

Dieser Beitrag stammt aus der „Zeitschrift für Kraniomandibuläre Funktion“ der Quintessenz Verlags-GmbH. Die Zeitschrift berichtet bilingual in Deutsch und Englisch über neue Entwicklungen in Klinik und Forschung. Sie nimmt aktuelle Original- und Übersichtsarbeiten, klinische Fallberichte, interessante Studienergebnisse, Tipps für die Praxis, Tagungsberichte sowie Berichte aus der praktischen Arbeit aus der gesamten Funktionsdiagnostik und -therapie auf. Vierteljährlich informiert sie über Neuigkeiten aus den Fachgesellschaften und bringt aktuelle Kongressinformationen und Buchbesprechungen. Mehr Infos zur Zeitschrift, zum Abo und zum Bestellen eines kostenlosen Probehefts finden Sie im Quintessenz-Shop.


Neue Verfahren nicht abgebildet

Die mittlerweile entwickelten Verfahren zur funktionellen Auswertung des Bewegungsverhaltens des Unterkiefers sind hingegen in diesen Leistungen nicht abgebildet. Gleichzeitig sind diese Verfahren aber in der wissenschaftlichen Literatur gut begründet und mittlerweile auch in der Leitlinie Instrumentelle Funktionsanalyse (S2k) beschrieben1. Da Zahnärzte in Deutschland nach dem Zahnheilkundegesetz verpflichtet sind, die Zahnheilkunde nach aktuellem Stand der Wissenschaft auszuüben, wäre das allein mit den im Gebührenverzeichnis der Gebührenordnung katalogisierten Leistungen unmöglich. Der Gesetzgeber hat dafür in der neuen GOZ in § 6,1 explizit die Möglichkeit verankert, im Leistungskatalog nicht enthaltene selbstständige Leistungen entsprechend nach Art, Kosten- und Zeitaufwand und Schwierigkeit vergleichbarer Leistungen abzurechnen („Analogleistungen“). Der vorliegende Beitrag schildert am Beispiel der funktionellen Bewegungsanalyse des Unterkiefers die rechtlichen und fachlichen Hintergründe sowie die Konsequenzen für die Umsetzung in der Praxis.

Die Reform der deutschen Gebührenordnung 2012 hat nur in wenigen Bereichen der Zahnheilkunde die neuen Entwicklungen der jeweiligen Fachgebiete wirklich berücksichtigt. In praktisch jedem Bereich der Zahnheilkunde finden sich neue Behandlungsmaßnahmen, die von den Gebührenziffern der GOZ 2012 nicht abgedeckt sind. 

Besonders auffällig ist die Diskrepanz zwischen der fachlichen Weiterentwicklung einerseits und deren Abbildung im Leistungsspiegel der Gebührenordnung im Bereich der zahnärztlichen Funktionsdiagnostik und Funktionstherapie; hier wurden der Fortschritt des Wissens und die daraus resultierenden klinischen sowie apparativen Techniken fast komplett ignoriert. In einer vorherigen Ausgabe der CMF2 wurde dieser Umstand exem­plarisch anhand der Tests zur Aufdeckung orthopädischer Kofaktoren erläutert. In diesem Beitrag werden die funktionelle Analyse des dynamischen Bewegungsverhaltens des Unterkiefers und deren Berechnungsmodus gemäß § 6,1 GOZ analog erläutert, da auch diese Verfahren im Gebührenverzeichnis der GOZ 2012 fehlen.

Verfahren und Instrumente

Ein vertieftes Verständnis für das tatsächliche Bewegungsverhalten des Unterkiefers und dessen Darstellung wird in der Funktionsdiagnostik auf Grundlage der instrumentellen Bewegungsaufzeichnungen Axiographie, Kondylographie und Pantographie erlangt. Dabei wird als Axiographie oder Kondylographie ein Registrierverfahren bezeichnet, bei dem die Erfassung der Messdaten unmittelbar auf der Achse lateral der Kondylen erfolgt. Im Gegensatz dazu erfolgt bei der Pantographie die Erfassung der Messdaten weiter lateral neben den Kiefergelenken beziehungsweise anterior vor dem Unterkiefer. 

Ursprünglich wurden Bewegungsaufzeichnungen mittels mechanischer Registriersysteme (zum Beispiel Stuart Pantograph, Denar Pantograph, Panadent, SAM Axiograph, Girrbach Rotograph, Gamma Condylograph) angefertigt. Davon ausgehend ermöglichten aufwendige mathematische Verfahren die Auswertung der individuellen Kondylenbahnverläufe als Grundlage der individuellen Artikulatorprogrammierung. Davon abzugrenzen ist das deutlich ungenauere Verfahren der Einstellung einzelner exzentrischer Kieferpositionen innerhalb individueller Artikulatoren unter Verwendung exzentrischer Positionsregistrate (Checkbisse), das folgerichtig in der GOZ als separate Leistung Nr. 8050 eingeordnet ist. Bei diesem Verfahren erfolgt die Aufzeichnung von genau einer exzentrischen Kieferposition je Richtung und die Einstellung der Wiedergabe innerhalb eines baulich nicht weiter angepassten individuellen Artikulators – dies ermöglicht mithin lediglich die Wiedergabe einer funktionellen Momentaufnahme. Im Gegensatz dazu wird bei der Axiographie/Kondylographie und der Pantographie zunächst die geometrische Auswertung der Aufzeichnungsdaten als Grundlage der individuellen Programmierung des Artikulators vorgenommen. Hier wird mithin der Artikulator nach den Messdaten justiert, die außerhalb des Gerätes und zunächst von diesem unabhängig ermittelt wurden.

Durch die Verfügbarkeit elektronischer Aufzeichnungssysteme wurde zunächst die Datenerfassung auf elektronische Messaufnehmer umgestellt3. Auf dieser Grundlage erfolgte im nächsten Evolutionsschritt die Entwicklung der elektronischen Speicherung der Registrierdaten. In Kombination mit grafischen Benutzeroberflächen wiederum ermöglicht dies heute nach der Aufzeichnung die spätere Wiedergabe und Auswertung der Aufzeichnungen nach funktionellen Gesichtspunkten. Dabei haben verschiedene Hersteller unterschiedliche Techniken der Datenakquisition verfolgt.

Weiterhin aktuell verfügbar sind dabei elektronische kondyläre Registriersysteme, die im Sinne einer Axiographie beziehungsweise Kondylographie parakondylär auf Basis des Spannungsteilungsverfahrens messen (Cadiax compact 2/Cadiax 4, Fa. Gamma Dental Medizinisch-Wissenschaftliche Fortbildungs-GmbH, Klosterneuburg, Wien, Österreich).

Alternativ verfügbar sind Verfahren, die ebenfalls auf der Achse mittels optischer Abtastsysteme messen (Freecorder Bluefox, Fa. DDI Group Dental Innovation GmbH, Dortmund). 

Das dritte Verfahren ist ebenfalls über viele Evolutionsschritte hinweg entwickelt worden und basiert auf der Messung der relativen Bewegung von am Unter- und Oberkiefer befestigten Ultraschallsendern und -empfängern (Jaw Motion Analyzer sowie Jaw Motion Analyzer+, Fa. Zebris Medical GmbH, Isny, ARCUSdigma II; Fa. KaVo, Dental GmbH, Biberach/Riss, Axioquick Recorder, Fa. SAM, Gauting).

Die Ansteuerung aller genannten Systeme sowie das Auslesen der Bewegungsdaten erfolgt jeweils mittels proprietärer Gerätesoftware. Der deutlich höhere technisch-apparative Aufwand und die sehr hohen Anschaffungs- und Unterhaltskosten dieser elektronischen Registriersysteme spiegeln sich in der Abgrenzung einer gesonderten Leistung GOZ Nr. 8065 wieder.

Funktionelle Analyse der Unterkieferbewegung

Der aktuelle Stand der Literatur hierzu ist in dem neuen Lehrbuch von Hugger und Kordaß sehr ausführlich dargestellt4. Eine Bewertung der Literatur hinsichtlich der Reproduzierbarkeit und Aussagekraft dieser Untersuchungstechniken ist zudem in der kurz zuvor veröffentlichten Leitlinie Instrumentelle Funktionsanalyse (S2K) der DGFDT und weiterer 12 Fachgesellschaften erfolgt1. 

Zu unterscheiden ist dabei die in den Gebührenverzeichnisnummern 8060 und 8065 beschriebene Aufzeichnung von Kieferbewegungen zur Programmierung individueller Artikulatoren von zusätzlichen Aufzeichnungen und weitergehenden funktionellen Auswertungen. Zu deren Strukturierung wurden von der DGFDT in einem speziellen Workshop im Rahmen der Jahrestagung 2012 die Informationen zusammengetragen, die im Rahmen der instrumentellen Funktionsanalyse insgesamt erfasst und ausgewertet werden können. Eine aktuelle Übersicht hierzu wurde im Nachgang zur DGFDT-Jahrestagung 2012 von einer deutsch-schweizerischen Expertengruppe publiziert5. Hierin wurden die Kriterien vorgestellt, die typisch für die Funktion bzw. Dysfunktion des Kauorgans sind und im Rahmen der instrumentellen Bewegungsaufzeichnung die Erfassung und Quantifizierung von Dysfunktionen ermöglichen.

Im nächsten Entwicklungsschritt erarbeitete auf dieser Grundlage erneut eine deutsch-schweizerische Arbeitsgruppe Kriterien und Parameter für ein Verfahren zur funktionellen Auswertung computergestützt aufgezeichneter Unterkieferbewegungen in der Praxis, sowohl im Hinblick auf die jeweiligen Gewebezustände im Kiefergelenk als auch im Hinblick auf den Funktionszustand des kraniomandibulären Systems6. Da diese Auswertungen unter anderem die Berücksichtigung des zeitlichen Verlaufes der Kieferbewegung voraussetzen, sind sie an den Einsatz elektronischer Untersuchungssysteme mit computergestützter Wiedergabe der Messdaten gebunden7. Nach aktuellem Stand sind daher allein elektronische Untersuchungssysteme für die funktionelle Analyse des Bewegungsverhaltens des Unterkiefers jenseits der Artikulatorprogrammierung gemäß GOZ Nr. 8060/8065 geeignet, weil diese jenseits der Aufzeichnung des Bewegungsverhaltens die registrierten Bewegungen beliebig häufig und in jeweils geeigneten Geschwindigkeiten und Bewegungsabschnitten wiedergeben können. Darüber hinaus bieten sie die Möglichkeit, zusätzliche Auswertungen durchzuführen. Hierzu zählt zum einen die Beschreibung der Form des Bewegungsverlaufes (Abb. 1) und die Erfassung der Gradlinigkeit und Weite der Kieferbewegungen (Abb. 2). Hinzu kommt die Auswertung der Symmetrie des Bewegungsverhaltens in der Aufsicht und/oder Frontalansicht mittels entsprechender Achsdiagramme (Abb. 3 und 4). Darüber hinaus erfolgt die Erfassung der Zeitkomponente des Bewegungsverhaltens mit vergleichender Darstellung der Geschwindigkeit der Unterkieferbewegung, bezogen auf beide Kiefergelenke (Abb. 5 und 6). Zur Darstellung und Auswertung kommt dabei die Koordination der Kieferbewegung, was wiederum einen Rückschluss auf die Koordinationsfähigkeit der die Bewegung steuernden Kiefermuskulatur ermöglicht. Derartige Dyskoordinationen sind typisch für eine Funktionsstörung und – neben dem Symptom des Schmerzes – charakteristisch für das Vorliegen einer kraniomandibulären Dysfunktion, einschließlich durch die Dyskoordination bedingter okklusaler Abweichungen im Kieferschluss. 

Im Unterschied zur Artikulatorprogrammierung im Rahmen der restaurativen zahnärztlichen Therapie kann die funktionelle Bewegungsanalyse mithin dazu verhelfen, durch ein verbessertes Verständnis der Dysfunktion umfangreiche restaurative Behandlungen zu vermeiden. Sofern sich im Rahmen der funktionellen Rehabilitation (früher „Vorbehandlung“) herausstellt, dass im konkreten Einzelfall okklusale Faktoren (beispielsweise eine verdeckte Nonokklusion) zur Entstehung kraniomandibulärer Dysfunktionen wesentlich beitragen, ermöglicht die funktionelle Bewegungsanalyse ein Monitoring, ob die therapeutischen Maßnahmen (beispielsweise bei Einsatz dauerhaft getragener Okklusions- oder Simulationsschienen) zu einer stabilen funktionellen Adaptation geführt haben.


Abb. 7 Befundbogen „Instrumentelle Bewegungsanalyse“ (Autoren: Ahlers, Bernhardt, Hugger, Jakstat, Kordaß, Türp); dentaConcept Verlag, Hamburg 2013.

Selbstverständlich ist eine detaillierte Dokumentation der entsprechenden Auswertungen ein zwingend notwendiger Bestandteil dieser Behandlungsmaßnahme. Hierfür bieten sich spezielle Formblätter an, wie beispielsweise der nachfolgend wiedergegebene „Befundbogen In­­strumentelle Bewegungsanalyse“8 einer multizentrischen deutsch-schweizerischen Expertengruppe (Abb. 7).

Berechnung des dynamischen Bewegungsverhaltens des Unterkiefers

Die funktionelle Bewegungsanalyse des Unterkiefers stellt eine sehr spezielle, erst seit der Verfügbarkeit entsprechender elektronischer Instrumente und der beschriebenen Auswertungsstrategien Erfolg versprechende, praxisreife moderne Methode der Zahnheilkunde dar. Sie ist in der GOZ 2012 nicht beschrieben.

Allerdings wird in der GOZ 2012 die Aufzeichnung der Unterkieferbewegung erstmals nach den hierfür eingesetzten Instrumenten unterschieden. Die GOZ differenziert dabei das

• „Registrieren von Unterkieferbewegungen zur Einstellung voll adjustierbarer Artikulatoren und Einstellung nach den gemessenen Werten, je Sitzung“ (GOZ-Nr. 8060), sowie das

• „Registrieren von Unterkieferbewegungen mittels elektronischer Aufzeichnung zur Einstellung voll adjustierbarer Artikulatoren und Einstellung nach den gemessenen Werten, je Sitzung“ (GOZ-Nr. 8065).

Der präzise und vergleichsweise ausführlich formulierte Leistungstext gibt mithin zwei Leistungsinhalte vor, die „Registrierung (beziehungsweise Aufzeichnung) von Unterkieferbewegungen“ sowie die „Einstellung volladjustierbarer Artikulatoren“ „nach den gemessenen Werten“. 

Mit der Verknüpfung „zur“ (Einstellung …) nimmt der Verordnungsgeber unmissverständlich zwei Einschränkungen vor. Demnach sind nur jene Registrierungen und mithin auch nur jene Auswertungen Bestandteil der Leistung, die zur Einstellung voll adjustierbarer Artikulatoren erforderlich sind – also zur Feststellung der Einstellwerte für die Neigung in protrusiver (vorgeschobener) sowie rechts und links mediotrusiver (in die Mitte geschobener) Einstellwerte für die Kondylenbahn (Neigungswinkel unter Berücksichtigung des Krümmungsradius der Bewegungsbahn des Kiefergelenkköpfchens) sowie die sogenannte Bennett-Bewegung (Bennett-Winkel und Ausmaß sowie Form des Immediate Side Shift).

Im Umkehrschluss ergibt sich daraus, dass Registrierungen weiterer Kieferbewegungen (beispielsweise Öffnen und Schließen ohne Zahnkontakt sowie von Kaubewegungen) genauso wenig Bestandteil der GOZ-Nrn. 8060 und 8065 sind wie Auswertungen zum Verlauf registrierter Kieferbewegungen, welche nicht dem vorstehend beschriebenen Ziel der Artikulatorprogrammierung dienen. Derartige Auswertungen des dynamischen Bewegungsverhaltens des Unterkiefers sind jedoch ebenfalls Stand der Technik bzw. der wissenschaftlichen Zahnheilkunde und werden als Analyse des dynamischen Bewegungsverhaltens des Unterkiefers zusammengefasst.

Aus dem unterschiedlichen Leistungsinhalt einerseits der GOZ-Nrn. 8060 (mechanische Aufzeichnung) beziehungsweise 8065 (dieselben Aufzeichnungen elektronisch) und der axiographischen Analyse ergibt sich, dass es sich bei der funktionellen Analyse des dynamischen Bewegungsverhaltens des Unterkiefers (auf der Grundlage der registrierten Unterkieferbewegungen und der Einstellung voll adjustierbarer Artikulatoren nach den gemessenen Werten) um eine Behandlungsmaßnahme handelt, bei der die Berechnung über das Analogieverfahren nach § 6 Abs. 1 GOZ anzuwenden ist. Es handelt sich unzweifelhaft um eine selbstständige zahnärztliche Leistung.

Analogberechnung empfehlenswert

In der alten GOZ von 1988 war es bei der GOZ-Nr. 806 immer strittig gewesen, ob die Registrierung je Sitzung oder je Registrierung berechnet werden konnte. Gebührenkommentare hatten immer darauf hingewiesen, dass eine aufwandsgerechte leistungsadäquate Berechnung häufig nur durch den Ansatz je Registrierung erfolgen konnte9.

2012 bei der GOZ-Reform wurde nun in den GOZ-Nrn. 8060 und 8065 festgelegt, dass alle Registrierungen, unabhängig von der tatsächlich durchgeführten Anzahl in toto nur einmal je Sitzung berechnet werden können. Damit ist klar, dass es sich hierbei in der Regel nur um eine recht einfache Registrierung handeln kann, die nur eine Protrusions- und eine Laterotrusionsbewegung nach links und rechts umfaßt (siehe oben). Der Aufwand, der dann entsteht, wenn ein dynamischer Bewegungsverlauf über die Zeitachse hinweg in sehr sehr vielen Einzelpositionen registriert wird, kann demnach in den Gebührennummern 8060 und 8065 nicht enthalten sein.

Wie grundsätzlich immer, so ist auch hier die dezidierte Empfehlung geeigneter Analognummern schwierig. Der tatsächlich gegebene Aufwand beispielsweise bei der periokklusalen Axiographie ist sowohl hinsichtlich der benötigten Zeit als auch des Geräte- und Materialeinsatzes und insbesondere des gegebenen Schwierigkeitsgrads grundsätzlich hoch. Dies gilt noch mehr für die ganz besonders aufwendigen Verfahren der paraokklusalen Axiographie beziehungsweise Kondylographie. 

Insofern ist eher unter dem Aspekt des tatsächlich gegebenen Zeit- und Kostenaufwandes (auch unter Berücksichtigung der Gerätekosten und der Materialkosten) die Suche nach geeigneten, mit einem entsprechenden Punktwert versehenen Gebührennummern im Analog­verfahren angezeigt. Für den Fall eventueller Nachfragen von Erstat­tungs­stellen ist es sicherlich sinnvoll, die registrierten Be­wegungsbahnen in Dateiform sowie die Auswertungen dokumentiert zu haben, sodass sich der häufig extrem hohe Behandlungsaufwand nachvollziehen lässt.

Darüber hinaus ist zu betonen, dass gegebenenfalls auch eine abweichende Vereinbarung nach § 1 und 2 GOZ den gebührentechnisch richtigen Weg darstellt, um den tatsächlich vorhandenen Präzisionsaufwand im Honorar entsprechend abzubilden.

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt besteht. Zudem liegt kein Sponsoring durch Dritte in Form von Drittmitteln, Geräten und Ausstattung sowie Medikationen vor.

 Dr. med. Dr. med. dent. Alexander Raff, Stuttgart

Weitere Beiträge von Dr. Raff zum Thema Berechnung in der Funktionsdiagnostik:

Tests zur Aufdeckung orthopädischer Kofaktoren abrechnen

Diagnostische Indikatorschienen zur visuellen Analyse okklusaler Parafunktionen berechnen

Berechnung funktionsanalytischer Leistungen: Manuelle Strukturanalyse

Berechnung funktionsanalytischer Leistungen: CMD-Screening

 

Literatur


1. Utz KH, Hugger A, Ahlers MO, et al. S2k-Leitlinie (Langversion) Instrumentelle zahnärztliche Funktionsanalyse (AWMF-Registernummer: 083-017). Düsseldorf: Deutsche Gesellschaft für Funktionsdiagnostik und -therapie (DGFDT), Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) unter Beteiligung weiterer Fachgesellschaften/ Organisationen: Arbeitskreis Psychologie und Psychosomatik in der DGZMK (AKPP), Bundeszahnärztekammer (BZÄK), Deutscher Arbeitskreis für Zahnheilkunde (DAZ), Deutsche Gesellschaft für ästhetische Zahnmedizin (DGÄZ) Deutsche Gesellschaft für computergestützte Zahnheilkunde (DGCZ), Deutsche Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG), Deutsche Gesellschaft für Prothetische Zahnmedizin und Biomaterialien (DGPro), Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV), Verband Deutscher Zahntechniker-Innungen (VDZI), Verband medizinischer Fachberufe (VMF), 2015:47.


2. Raff A. Billing of dental services pertaining to functional analysis: Tests for determining orthopaedic co-factors. J CranioMand Funct 2017;9:237–244.


3. Meyer G. Entwicklung und Anwendung eines elektronischen Verfahrens zur dreidimensionalen scharnierachsbezüglichen Registrierung von Unterkieferbewegungen für die Funktionsdiagnostik des stomatognathen systems [Med. Habil.-Schrift]. Göttingen: Georg-August-Universität Göttingen, 1986.


4. Hugger A, Kordaß B, Hugger S, Schindler HJ. Handbuch Instrumentelle Funktionsanalyse und funktionelle Okklusion – Wissenschaftliche Evidenz und klinisches Vorgehen. Berlin: Quintessenz, 2017:488.


5. Hugger A, Hugger S, Ahlers MO, Schindler HJ, Türp JC, Kordaß B. Movement function of the mandible: A concept for structuring criteria for analysis and for standardizing computer-assisted recordings (Expert statement for developing Diagnostic Criteria for Dysfunction). J Cranio­Mand Funct 2013;5:41–53.


6. Ahlers MO, Bernhardt O, Jakstat HA, et al. Motion analysis of the mandible: concept for standardized evaluation of computer-assisted recording of condylar movements. J CranioMand Funct 2014;6:
333–352.


7. Ahlers MO, Bernhardt O, Jakstat HA, et al. Motion analysis of the mandible: guidelines for standardized analysis of computer-assisted recording of condylar movements. Int J Comput Dent 2015;18:
201–223.


8. Ahlers MO, Jakstat HA, Hugger A, Türp JC, Bernhardt O, Kordaß B. Befundbogen Instrumentelle Bewegungsanalyse [dentaConcept Formblätter]. Hamburg: dentaConcept, 2013.


9. Liebold R, Raff H, Wissing K. Funktionsanalytische und funktionstherapeutische Maßnahmen – Exzentrik. GOZ-Kommentar,  69. Ergänzungslieferung. St. Augustin: Asgard-Verlag, 2002. GOZ V – 9.1 – 47 ff.


Titelbild: shutterstock.com/Andrey_Popov
Quelle: Zeitschrift für Kraniomandibuläre Funktion, Ausgabe 1/18 Praxisführung Funktionsdiagnostik & -therapie Zahnmedizin Kieferorthopädie Praxis

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