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In den Niederlanden fehlen vor allem auf dem Land Zahnärzte – in Deutschland ausgebildete Bewerber besonders geschätzt

„Zahnärztinnen und Zahnärzte … verzweifelt gesucht.“ Kommt Ihnen diese Formulierung bekannt vor? Eine 1985 in den deutschen Kinos erfolgreich laufende Komödie mit der damals als Schauspielerin debütierenden US-amerikanischen Popsängerin Madonna trug den Titel „Susan … verzweifelt gesucht“. Und fast genauso lange ist es her, dass niederländische Zahnärzte und auch Zahnärztinnen sich vor allem im Nordwesten Deutschlands niederließen.

Grund war eine seinerzeit zu hohe Absolventenzahl der Zahnmedizin in den Niederlanden. Dies hatte sogar zur Folge, dass Anfang der 1990er-Jahre einige der zahnmedizinischen Fakultäten an niederländischen Hochschulen geschlossen wurden.

Versorgungssituation wird prekär

„Und nun haben wir einen klaren Mangel an Zahnärzten in vielen Gebieten der Niederlande“, hebt der in der holländischen Provinz Drenthe in eigener Praxis tätige Zahnarzt Hans Prakken im Gespräch hervor. Von den sechs angestellten Zahnärzten und Zahnärztinnen in seinem in Emmen betriebenen Medizinischen Versorgungszentrum sind fünf keine Niederländer, respektive in den Niederlanden ausgebildete Zahnärzte.

„Dazu kommt noch eine weitere bedenkliche Entwicklung“, so Prakken, der auch in zahnärztlichen Berufsorganisationen sowie standespolitisch aktiv mitwirkt, weiter. „Nicht nur bei mir rufen Kollegen aus der Nähe oder sogar dem weiteren Umland an, um mir ihre eigene Praxis, meist aus Altersgründen, zum Kauf anzubieten. Die zahnmedizinische Versorgungssituation für niederländische Patienten wird prekär!“

In Deutschland ist die Mehrheit älter als 50

Ein so eklatanter Mangel an zahnärztlichen Behandlerinnen und Behandlern ist in Deutschland in dieser Form flächendeckend noch nicht spürbar. Mit Blick auf die letzten berufsdemografischen Zahlen im Statistischen Jahrbuch 2017/18 der Bundeszahnärztekammer jedoch lässt sich allerdings vermuten, dass in den nächsten zehn bis 15 Jahren ein vergleichbar ungedeckter Bedarf an zahnmedizinischer Betreuung und Behandlung deutschlandweit eintreten könnte: Gut 50 Prozent der in Deutschland in Praxen arbeitenden Zahnärztinnen und Zahnärzte sind älter als 50 Jahre und werden dann in den Ruhestand gehen. Es werden laut Statistik zwar noch genug neue Zahnärzte – vor allem Zahnärztinnen – ausgebildet, aber sie werden und wollen oft anders arbeiten als die ältere Generation, ein Thema, das aktuell intensiv diskutiert wird.

Weniger Praxen in der Fläche

Für die Patienten in Deutschland wird sich die Situation sehr wahrscheinlich zusätzlich dadurch verschärfen, dass zum zahlenmäßigen Mangel an Zahnärztinnen und Zahnärzten eine Verknappung an zahnärztlichen Versorgungseinrichtungen, sprich Zahnarztpraxen, hinzukommt. Das hat im Wesentlichen zwei Gründe. Zum einen findet nicht jede „alt“ eingesessene Praxis einen Nachfolger oder Nachfolgerin – das ist heute schon häufiger der Fall. Zum anderen, weil es einen Trend gibt, dass Zahnarztpraxen bei Übernahme durch einen neuen Betreiber in einem ortsansässigen oder nahegelegenen MVZ aufgehen, also nicht als eigenständige Praxis fortgeführt werden.

Fehlende Nachfolger und Praxisketten in den Niederlanden

Mit Blick auf die aktuellen Versorgungsprobleme in den Niederlanden lässt sich sagen, dass die heute in vielen Regionen schon offensichtlich unangenehm spürbare Knappheit an Zahnarztpraxen als „Anlaufstellen zur Erlangung einer zahnmedizinischen Versorgung“ nicht nur auf der zu geringen Zahl der im Lande selbst ausgebildeten Zahnärztinnen und Zahnärzten beruht. Auch die gänzliche Auflösung von Zahnarztpraxen seitens der vorzeitig oder altersgerecht ohne Nachfolger in Ruhestand gehenden Inhaber trägt zur Unterversorgung bei. Nicht zuletzt wird die zunehmende örtliche zahnmedizinische Unterversorgung dadurch erheblich beeinflusst, dass Inhaber von bisher selbstständig agierenden Praxen sich bestimmten Zahnarztpraxen-Ketten anschließen, um dann in einer von deren mehr oder weniger nah gelegenen Praxisfilialen weiter als angestellter Zahnarzt ihren Beruf auszuüben. Und auch in unserem Nachbarland gibt es einen Trend zur Teilzeitarbeit bei Zahnärzten.

Europaweites „Headhunting“ auf Zahnärztinnen und Zahnärzte

Die hier im Focus stehende notwendige Suche nach Zahnärzten, die sich in den Niederlanden als „Vermittler von Zahngesundheit und Dienstleister der zahnärztlichen Versorgung“ niederlassen, führte mittlerweile dazu, dass ein regelrechtes „Headhunting“ auf Zahnärztinnen und Zahnärzte eingesetzt hat. So beschreibt Zohar Tischler, pharmazeutischer Wissenschaftsanalytiker und Mitgesellschafter der 2017 in Den Haag gegründeten Agentur DentalRecruitment.eu seine Bemühungen, in Holland für Abhilfe dieser zahnärztlichen Notstandslage zu sorgen: „Wir sind europaweit auf der Suche nach Zahnärzten und Zahnärztinnen, die in den Niederlanden arbeiten wollen. Ob in eigener Praxis oder im Angestelltenverhältnis, hängt von der Entscheidung der sich für diesen Weg interessierenden Person ab.“ Auch in den gängigen Stellenbörsen und in den deutschen Zahnärztlichen Mitteilungen finden sich immer wieder Angebote für Stellen in den Niederlanden.

Schwedische Zahnärzte zieht es ins Ausland

Gemeinsam mit seinen Kollegen Drs. Julius Segerstéen und Roie Mercazi führt Tischler mit DentalRecruitment zum Beispiel europaweit in großen Städten wie Köln, München, Berlin (im Herbst auch in Düsseldorf) und zuletzt in Stockholm und Kopenhagen Informationsveranstaltungen durch, um durch diese individuellen Treffen geeignete Kandidatinnen und Kandidaten für eine erfolgreiche zahnmedizinische Berufsausübung in den Niederlanden zu gewinnen. „Zurzeit erleben wir eine vermehrte Bewerbung von schwedischen Zahnärzten. Eine noch drückendere Einkommenssteuer für zahnärztliche Praktiker und weiter sich auf die Freiberuflichkeit restriktiv auswirkende Gesetzesvorgaben bewirken diese nun auch für Schweden sehr nachteilige gesundheitsversorgungsstrategische Situation“, erklärt Tischler.

In Deutschland ausgebildete Zahnärzte besonders gefragt

„In Deutschland ausgebildete und dort auch bereits tätig gewesene Zahnärzte und Zahnärztinnen sind in den Niederlanden sehr gefragt, da sowohl die universitäre Ausbildung als auch das hohe deutsche Niveau der zahnmedizinischen Gesundheitsversorgung den vergleichbaren niederländischen Gegebenheiten doch sehr entspricht.“ Dass in den Niederlanden im staatlich dirigierten Versorgungssystem – aus deutscher Sicht würde man sagen im Rahmen der „Bürgerversicherung“ – sogar implantatgetragener Zahnersatz (für zahnlose Patienten) als „Regelversorgung“ voll bezuschusst wird und zahn- sowie parodontalprophylaktische Maßnahmen ebenfalls umfangreicher und angemessener als in Deutschland die Regelleistung sind, sei hier noch ergänzend erwähnt.

Die Agentur DentalRecruitment mit den Gesellschaftern Drs. Julius Segerstéen, Roie Mercazi und Drs. Zohar Tischler ist seit 2015 darauf spezialisiert, niederländische Zahnarztpraxen und an einer Arbeit in den Niederlanden interessierte Zahnärztinnen und Zahnärzte und Dentalhygieniker zusammenzubringen. Suchte man geeignete Kandidaten zunächst vor allem in Deutschland und Schweden, ist das Unternehmen jetzt europaweit aktiv, um Bewerber zu akquirieren, zu informieren und auch für den Einsatz in den Niederlanden, vor allem in der Sprache, zu schulen. Kontakt per E-Mail: receventswedent@mail.com


Entwicklung in ganz Europa beobachten

Aus allgemeinzahnärztlicher Sicht bleibt es sicherlich spannend zu erleben, wie sich die Landschaft der zahnärztlichen Versorgung in den kommenden Jahren und Jahrzehnten verändern wird. Nicht nur wie es die Statistiken von Eurostat online-data oder der Bericht „Capaciteitsplan 2013. Deelrapport 3 – Beroepen Mondzorg: Tandartsen, Mondhygienisten, Kaakchirurgen, Orthodontisten“ für die Niederlande voraussagen. Auch die Entwicklung der gesamten zahnmedizinischen Versorgung in Deutschland sowie den anderen Staaten Europas sollte nicht außer Acht gelassen und vor allem berufspolitisch beobachtet werden, um sowohl den Patienten als auch den zahnärztlichen Leistungserbringern zukünftig angemessen gerecht zu werden.

Dr. Markus Th. Firla, Hasbergen-Gaste

Dr. Markus Th. Firla (Foto: Firla)

Markus Th. Firla (Jahrgang 1958), erhielt 1986 an der Wilhelms-Universität in Münster seine Approbation als Zahnarzt. Im selben Jahr erlangte er auch seine Promotion zum Dr. med. dent. Von 1986 bis 1994 war er Zeitsoldat (Sanitätsoffizier/Zahnarzt) bei der Bundeswehr, bis zu seinem Ausscheiden als Leiter der Zahnstation des LwAusbRgt 3 Budel in den Niederlanden. 1994 ließ er sich in eigener zahnärztlicher Praxis in Hasbergen-Gaste nieder.
Seit 1988 ist er auch als zahnmedizinischer Fachjournalist und beratender Zahnarzt für Hersteller von Dentalprodukten engagiert. 1998 gründete er mit seiner Frau die Agentur WeCoMeD GmbH – Consulting & Services für seine nationalen und internationalen Aktivitäten als  Referent, Autor und zahnärztlicher Berater. In Zusammenarbeit mit verschiedenen Herstellern erwarb er mehrere geschützte Gebrauchsmuster für zahnärztliche Instrumente sowie zwei Patente für zahnmedizinisch-zahntechnische Produkte. Mittlerweile blickt er auf mehr als hundert zahnärztlich-fachjournalistische Veröffentlichungen in deutscher und englischer Sprache zurück, hat vier Buchbeiträge geschrieben und eine Monographie „Tooth-Shaping“ über subtraktive ästhetische Zahnformkorrekturen verfasst.
Von 2007 bis 2013 war Firla Fortbildungsreferent der Zahnärztekammer Niedersachsen für die Bezirksstelle Osnabrück. Seit 2008 ist er Gutachter des Medizinischen Dienstes (MDK) der Krankenkassen in Niedersachen und im Lande Bremen für den Gebietsbereich Zahnmedizin, seit 2017 ist er auch für den MDK Hessen sowie als Vertragsgutachter der KZV Niedersachsen tätig. Kontakt zum Autor unter E-Mail Dr.Firla@t-online.de.


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„Ist die freiberufliche unabhängige Zahnarztpraxis in Gefahr?“

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