Die zahnmedizinische Welt trauert um Prof. Dr. Matthias Kern, langjähriger Professor an der Universität Kiel, der nach kurzer, schwerer Krankheit kurz vor Ostern gestorben ist. Die Nachricht erschüttert viele, die ihn 2024 noch live und voller Energie und Freude auf seinen neuen Lebensabschnitt nach der Emeritierung erlebt hatten – so auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Implantologie am 1. Adventswochenende in Dresden.
Kern war erst im vergangenen September als Direktor der Klinik für Zahnärztliche Prothetik, Propädeutik und Werkstoffkunde am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, mit einer großen Feier emeritiert worden.
Forschung und Lehre in Freiburg und Kiel
Matthias Kern wurde am 11. Juli 1958 im hessischen Obergrenzbach geboren. Er studierte von 1980 bis 1985 Zahnmedizin an der Universität Freiburg i.Br., wo er 1987 auch promovierte und tätig war – zunächst als Assistent, später als Akademischer Rat und Leitender Oberarzt der Prothetischen Abteilung der Universitätszahnklinik Freiburg. Von 1991 bis 1993 absolvierte er mit einem Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft einen Forschungsaufenthalt an der University of Maryland in den USA. Nach seiner Rückkehr erfolgte 1995 die Habilitation und das Erteilen der Venia Legendi. 1997 folgte er dem Ruf auf C4-Professur für Zahnärztliche Prothetik, Propädeutik und Werkstoffkunde an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Seit 1998 war er Universitätsprofessor und Direktor der Klinik für Zahnärztliche Prothetik, Propädeutik und Werkstoffkunde – 27 Jahre lang bis zu seiner Emeritierung im September 2024. Nach seiner Emeritierung war er mit großer Freude in der Praxis Dr. Libecki in Kiel noch zahnärztlich tätig.
Forschungsschwerpunkt Keramik – einflügelige Adhäsivbrücke
Zu den Forschungsschwerpunkten Kerns gehörten die keramischen Werkstoffe, aber auch Komposite und Adhäsive. So untersuchte er die neuen Lithiumdisilikatkeramiken und ebenso die verschiedenen Zirkondioxidkeramiken in diversen Langzeitstudien auch hinsichtlich ihrer klinischen Bewährung.
Das von ihm entwickelte und wissenschaftlich langzeitdokumentierte Therapiekonzept der einflügeligen Adhäsivbrücke aus Keramik gehört sicher zu den wissenschaftlichen Themen, die viele mit dem Kieler Prothetiker verbinden. Er etablierte diese Versorgung als eine minimal-invasive, patientenfreundliche und langzeitstabile Lösung und Alternative zu invasiven Brückenversorgungen oder Einzelzahnimplantaten. Nicht von ungefähr erhielt er aufgrund dieser Leistung den liebevollen Titel „Professor Klebebrücke“.
Ein weiteres Herzensthema: die bessere Lebensqualität für zahnlose Patientinnen und Patienten. Er propagierte dafür ein ebenfalls minimal-invasives Therapiekonzept mit nur einem Implantat im Unterkiefer, um den Sitz der Prothese und die Kaufähigkeit zu verbessern. Für diese Versorgungsform erhielt er für seine Studien auch eine Forschungsförderung der Deutschen Forschungsgesellschaft.
Bestens in aller Welt vernetzt und geschätzt
Matthias Kern war ein national und international geschätzter Zahnmediziner, Forscher, Autor, Referent, Mitglied zahlreicher Leitlinien- und Konsensuskonferenzen, Kongresskomitees und Fachgesellschaften, der viel in der Welt unterwegs war. Und er war ein begeisterter und engagierter Lehrer, der in aller Welt Schüler und Freunde hatte, mit denen er in Kontakt stand. Das wurde ihm durch die verschiedenen Social-Media-Kanäle erleichtert, die er gerne nutzte und über die er mit seinen kleinen Vorträgen und Tutorials ebenso viele Kolleginnen und Kollegen erreichte.
Für seine großen Leistungen in Forschung und Lehre erhielt er unter anderem die Ehrenmitgliedschaft der Deutschen Gesellschaft für Prothetik und Werkstoffkunde und den Distinguished Scientist Award der International Association for Dental Research (IADR).
Seit Anfang der 1990er Jahre Autor der Quintessenz
Schon in seiner Freiburger Zeit Anfang der 1990er-Jahre wurde er auch Autor in den deutschsprachigen und internationalen Publikationen des Quintessenz Verlags und begleitete den Verlag seitdem. Aus seiner Feder und unter seiner Mitwirkung entstanden zahlreiche Fachbeiträge, er war Autor und Herausgeber sehr erfolgreicher Bücher, darunter das Curriculum Prothetik und sein Standardwerk „Adhäsivbrücken“. Erst zum Jahresende 2024 hatte er nach gut zwei Jahrzehnten der Mitarbeit die Schriftleitung der Zeitschrift „Implantologie“ an seinen Kollegen und Freund Prof. Dr. Stefan Wolfart übergeben und war ebenso aus der Fachredaktion der „Quintessenz Zahnmedizin“ ausgeschieden.
Geschätztes Mitglied der Quintessenz-Familie
Die Verlegerfamilie Haase und das gesamte Team des Quintessenz-Verlags in Deutschland und weltweit trauern um einen hochkarätigen Wissenschaftler und Autor, der über seine langjährige Verbindung zum Verlag längst mehr war als ein Partner – er war Teil der Quintessenz-Familie. Wir werden Prof. Dr. Matthias „Matze“ Kern als Teil dieser Familie immer in Erinnerung behalten.
Ein besonderer Mensch
Wir trauern um einen ganz besonderen Menschen, der immer ein offenes Ohr hatte, Fragen geduldig beantwortete, mit seiner Begeisterung für die Zahnmedizin, seinem Engagement für das Wohlergehen seiner Patientinnen und Patienten, aber auch für seine Studentinnen und Studenten, Mitarbeiter und Kollegen für uns und viele andere ein großes Vorbild war. Und wir werden einen Menschen vermissen, der mit seiner Lebensfreude und Begeisterungsfähigkeit ansteckend war.
Unser herzliches Beileid und unsere Anteilnahme gelten seiner Frau und seiner Familie, mit der er so gerne noch viele Abenteuer erlebt hätte.
Im Namen der Verlegerfamilie Haase und des Verlags
Dr. Marion Marschall, Berlin