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DGMKG meets DGZMK – Vielseitiger Kongress in Hamburg spiegelte die Bandbreite der medizinischen Themen in der Zahnmedizin

Prof. Dr. Christian Hirsch sensibilisierte die Zuhörerschaft für das Thema kindlicher Bruxismus.

(c) Quintessence News

Auf einen fachlich sehr ansprechenden Kongress blickt die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) zurück. Die Referentinnen und Referenten im Hauptprogramm und in den Sessions der Fachgesellschaften, Arbeitskreise und Arbeitsgruppen der DGZMK bereiteten eine Vielfalt aktueller Themen, vielfach mit engem Bezug von Zahnmedizin und Medizin, hochwertig auf.

Das Hauptprogramm umfasste am Freitag und Samstag aktuelle Fragestellungen der Zahnmedizin in Verbindung mit der Medizin – von professionsethischen Überlegungen zur ärztlichen Aufgabe des Zahnmediziners und die Mundschleimhautdiagnostik über den Vortrag von Prof. Dr. Thomas Bosch (Kiel), dem aktuell weltweit wohl führenden Mikrobiologen, über die wichtige Rolle des Mikrobioms für die Gesundheit, bis zu Themen wie Ernährung und Demenz und die Zusammenhänge von Okklusion und Kognition. In allen diesen Fragen spielen die Mundgesundheit und die Therapie von Erkrankungen in der Mundhöhle eine große Rolle.

Weitere Vorträge befassten sich mit dem Zähneknirschen (Bruxismus) bei Kindern, das in seiner Häufigkeit zunimmt und wegen der Folgen für die weitere gesunde Entwicklung sehr ernst genommen und behandelt werden muss (Prof. Dr. Christian Hirsch, Leipzig), und der frühen kieferorthopädischen Behandlung. Bruxismus bei Kindern und Jugendlichen sei klar anhand der Schliffbilder von Erosionen abzugrenzen, er komme häufiger bei männlichen Patienten vor, gerade in der Pubertät seien Jungen häufiger betroffen als Mädchen, so Hirsch.

Fragen zum Schlaf gehören in die zahnärztliche Anamnese

Eine ganze Session des Hauptprogramms war zum Abschluss am Samstag der zahnärztlichen Schlafmedizin gewidmet. Die Referenten Dr. Claus Klingeberg, Dr. Horst Kares und Prof. Dr. Dr. Jörg Wiltfang vermittelten wichtige Informationen zum Schlaf und seinen Störungen, zu neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen, zu möglichen Hilfsmitteln und Therapieoptionen. Sie machten die wichtige Rolle der Zahnmediziner in der Diagnostik und Therapie der in ihren Ursachen und Auswirkungen gravierenden Problematik der Schlafstörungen deutlich. Die Frage nach dem möglicherweise gestörten Schlaf gehöre heute in die zahnärztliche Anamnese, so die Referenten.

Fehlende Kapazitäten für die Behandlung in ITN

In der Pressekonferenz, im Hauptprogramm und in einer eigenen Session des Parallelprogramms befassten sich Expertinnen und Experten aus den Kliniken und Praxen mit einem drängenden Problem: Der zahnärztlichen Behandlung von besonders vulnerablen Patientengruppen in Vollnarkose in den Kliniken. Betroffen sind davon Kinder mit schweren Erkrankungen oder Behinderungen, aber auch Erwachsene und Senioren, die dringend zahnärztlich behandelt werden müssen, aufgrund von Behinderungen, Erkrankungen oder Pflegebedürftigkeit aber nicht mehr ambulant und ohne Vollnarkose behandelt werden können.

Pflegenotstand und ökonomische Zwänge

Der Pflegenotstand und Personalmangel in den Kliniken mit reduzierten OP-Zeiten, die Kapazitätsverordnung für die Personalstärke in der Zahnmedizin und fehlende Betten bei einer zugleich steigenden Zahl von Patienten, bei denen eine zahnärztliche Behandlung in Vollnarkose durchgeführt werden muss, führe inzwischen zu Wartezeiten von mehreren Monaten bis zu einem Jahr an den Unikliniken, wie Prof. Dr. Diana Wolff, Universität Heidelberg, in der Pressekonferenz und ihn ihrem Vortrag berichtete. Die Situation habe sich nach Ende der Corona-Pandemie nicht verbessert, sondern noch verschlimmert. Verstärkt werde diese Situation noch durch ökonomische Zwänge, da die Vergütung sowohl in der Klinik als auch in der Zahnmedizin nicht den nötigen Aufwand widerspiegele und decke.

Ambulante Möglichkeiten ebenfalls begrenzt

Betroffen sind aber auch Patientinnen und Patienten, die noch in der Zahnarztpraxis oder in MKG-Praxen behandelt werden könnten, wo es aber an Kapazitäten (und ausreichender Vergütung) bei den niedergelassenen Anästhesisten mangele. Zudem seien viele Zahnarztpraxen räumlich auch nicht auf ambulante Narkosen eingerichtet (was dafür wichtig ist, wurde auch in einem Vortrag eines Anästhesisten beschrieben). In den Praxen der MKG-Chirurgen seien die Voraussetzungen für ambulante OPs zwar gegeben, aber viele MKG-Praxen führten häufig nur Extraktionen und keine restaurativen Behandlungen (Füllungen, Endo, Stahlkronen bei Kindern, Prothetik) durch.

Arbeitsgruppe erarbeitet Lösungsvorschläge

Diese Zustände seien inzwischen unhaltbar, so Wolff. Daher habe man gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus Kliniken und niedergelassenen Praxen eine Arbeitsgruppe in der Vereinigung der Hochschullehrer in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (VHZMK) gegründet und Daten erhoben. Auf dieser Grundlage sei nun ein Papier erarbeitet worden, das Ansätze und Lösungsvorschläge für dieses brennende Problem enthält. Man sei in engem Austausch mit der Kollegenschaft und der Standespolitik, um dieses Thema auch in der Politik zu adressieren. Dazu gehören unter anderem die bessere Vergütung der OPs und der zahnärztlichen Leistungen und mehr Personal für die Zahnmedizin ohne Anrechnung auf die Studierendenzahl.

Anrecht auf zahnmedizinische Rehabilitation

Einfach die Zähne zu extrahieren, sei angesichts der Bedeutung einer gesunden Mundsituation für die Gesamtgesundheit und die Lebensqualität keine adäquate und zeitgemäße Lösung. Auch Patientinnen und Patienten mit Handicap und schweren Erkrankungen hätten ein Recht auf eine bestmögliche moderne zahnmedizinische funktionelle und ästhetische Rehabilitation und Wiederherstellung der Mundgesundheit.

Podiumsdiskussion zu iMVZ

Erstmals stand mit einer Podiumsdiskussion am Samstagmittag auch ein politisches Thema auf der Agenda. Es ging um die Auswirkungen sogenannter versorgungsfremder Kapitalgeber auf die freiberufliche Zahnmedizin und die von der Standespolitik geforderten und von der Politik geplanten Beschränkungen für die sogenannten Investoren-MVZ. Mehr als 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer verfolgten die Diskussion unter Moderation von Jessica Hanneken mit dem Mediziner Dr. Michael Müller, Akkreditierte Labor in der Medizin, dem Vorstandsvorsitzenden der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, Martin Hendges, dem Präsidenten der Zahnärztekammer Hamburg und Vizepräsidenten der Bundeszahnärztekammer, Konstantin von Laffert, und Dr. Dr. Michael Thorwarth, Geschäftsführer der MVZ-Gruppe „Dein Dental“ (mit dem Investor Nordic Capital). Die Positionen waren gegensätzlich, auch was die Entscheidungsfreiheit oder Weisungsabhängigkeit der angestellten Zahnärzte in (i)MVZ und die Durchgriffsmöglichkeiten von Kammern und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen auf solche Strukturen angeht. Auf einen gemeinsamen Nenner kam man angesichts des kontroversen Themas nicht – man wird abwarten müssen, welche Vorschläge das Bundesgesundheitsministerium für die stärkere Regulierung der MVZ machen wird.

Ehrungen und Auszeichnungen

Im Rahmen der Kongresseröffnung zeichnete die DGZMK die Past-Präsidentin der DGZMK, Prof. Dr. Bärbel Kahl-Nieke, und den langjährigen Generalsekretär der DGZMK, Dr. Ulrich Gaa, mit der Goldenen Ehrennadel der Gesellschaft aus. Mit der Ehrenmedaille geehrt wurde Prof. Dr. Rüdiger Lessig für seine Verdienste um die zahnärztliche Forensik. Außerdem wurden die Millerpreise 2022 und 2023 vergeben – die höchsten wissenschaftlichen Auszeichnungen der deutschen Zahnmedizin. Und der Blick in die Zukunft kam mit dem Festvortrag von Prof. Dr. Ulrich Reinhardt ebenfalls nicht zu kurz. Er zeigte sich bei allen Problemen optimistisch, denn die Zeiten seien immer schwierig gewesen, aber die Menschen seien auch in der Lage, immer wieder Lösungen zu finden. Sein Appell: „Seien Sie Vorbilder!“

Der Kongress des Deutschen Zahnärztetags fand diesmal in Kooperation mit dem Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie (DGMKG) vom 14. bis 17. Juni 2023 im Congress Center Hamburg statt. DGZMK-Präsident Prof. Dr. Dr. Jörg Wiltfang (Kiel), auch Vizepräsident der DGMKG, und der DGZMK-Vizepräsidenten PD Dr. Dietmar Weng hatten als Kongresspräsidenten mit ihrem Team eine sehr breite Vielfalt von Themen und Sessions gestaltet. Begleitet wurde der Kongress durch den Studierendentag und den Zukunftskongress Beruf und Familie am Samstag.

DGZMK-Präsident Prof. Wiltfang zeigte sich insgesamt sehr zufrieden mit dem Kongress, zu dem offiziell 1.050 Teilnehmerinnen und Teilnehmer angemeldet waren, darunter wohl deutlich mehr als 400 MKG-Chirurginnen und -Chirurgen. Angesichts der vielen parallelen Sessions und Veranstaltungen mit wichtigen Themen, in denen sich die Teilnehmer verteilten, hätte man sich doch deutlich mehr Besucher für diesen Kongress gewünscht. Diejenigen, die ins komplett renovierte und moderne CCH gekommen waren, gingen mit viele neuen und wichtigen Informationen für die Praxis wie für ihr eigenes Verständnis als Zahnmediziner und Mediziner nach Hause.

Dr. Marion Marschall, Berlin

Quelle: Quintessence News Interdisziplinär Zahnmedizin Fortbildung aktuell Deutscher Zahnärztetag

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