0,00 €
Zum Warenkorb
  • Quintessence Publishing Deutschland
Filter
2295 Aufrufe

Analgetikaabhängigkeit in Deutschland auf Platz 2 hinter der Tabakabhängigkeit

Die Abhängigkeit von Schmerzmitteln steht inzwischen auf Platz zwei hinter der Tabakabhängigkeit, wenn es um den Suchtmittelkonsum und die Verbreitung des schädlichen Gebrauchs und der Abhängigkeit von legalen und illegalen Drogen wie Tabak, Alkohol, Cannabis, Kokain oder anderen Drogen geht. Das geht aus dem Epidemiologischen Sucht-Survey (ESA) hervor, der jetzt im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht wurde.

Für den Survey wurden mehr als 9.000 Personen im Alter von 18 bis 64 Jahren befragt und ihr Substanzkonsum in den letzten zwölf Monaten sowie das Vorliegen eines schädlichen Gebrauchs oder einer Abhängigkeit erhoben. Danach sind rund 14,4 Millionen Menschen in Deutschland aktuelle Raucher, bei rund 1,6 Millionen Menschen ist von einer Analgetikaabhängigkeit auszugehen. In der Studie zeigte sich bei ca. 3,1 Prozent der Befragten eine Alkoholabhängigkeit, was 1,6 Millionen Personen in der Bevölkerung entspricht.

Große Bedeutung der Medikamentenabhängigkeit

„Fast 9 Prozent aller Befragten hatten eine Tabakabhängigkeit, gefolgt von Personen mit einer Abhängigkeit von Schmerzmitteln (3,2 Prozent) und von Alkohol (3,1 Prozent). Schädlicher Gebrauch fand sich mit 7,6 Prozent am häufigsten bei Schmerzmittelgebrauch, noch vor dem Gebrauch von Alkohol (2,8 Prozent). Diese Zahlen verweisen auf die große Bedeutung der Abhängigkeit von Medikamenten, insbesondere von Schmerzmitteln. Dieses Problem ist vordringlich durch nichtopiathaltige Analgetika bedingt. So können beispielsweise bei chronischen Kopfschmerzen Symptome einer Abhängigkeit von Paracetamol, Koffein und Ergotamin auftreten. Bisher gibt es kaum Untersuchungen zu den Risikofaktoren für die Entwicklung einer derartigen Medikamentenabhängigkeit und zu den hier relevanten neurobiologischen Mechanismen. Diese Forschungslücke sollte dringend geschlossen werden, zumal Medikamente in solchen Fällen auch ärztlich verschrieben werden“, schreiben Andreas Heinz und Shuyan Liu in ihrem Editorial „Suchterkrankungen in Deutschland“ im Deutschen Ärzteblatt (Heinz A, Liu S: Addiction to legal drugs and medicines in Germany. Dtsch Arztebl Int 2019; 116: 575–6. DOI: 10.3238/arztebl.2019.0575).

Tabak- und Alkoholkonsum rückläufig

Der Tabak- und Alkoholkonsum ist in Deutschland rückläufig, auch wenn Deutschland beim Alkohol immer noch zu den Hochkonsumländern zählt, so die Ergebnisse des ESA. In einer weiteren Analyse der aus den Daten erkennbaren Trends im selben Heft (Seitz NN, Lochbühler K, Atzendorf J, Rauschert C, Pfeiffer-Gerschel T, Kraus L: Trends in substance use and related disorders—analysis of the Epidemiological Survey of Substance Abuse 1995 to 2018. Dtsch Arztebl Int 2019; 116: 585–91. DOI: 10.3238/arztebl.2019.0585) sehen die Autoren zwar keine Zunahme bei der Abhängigkeit von Analgetika über die Zeit, allerdings sei die Zunahme des Gebrauchs von Analgetika kritisch zu hinterfragen.

Großteil der Abhängigkeit durch nichtopioidhaltige Analgetika

Dies wird auch von den Autoren des Surveys selbst so gesehen (Atzendorf J, Rauschert C, Seitz NN, Lochbühler K, Kraus L: The use of alcohol, tobacco, illegal drugs and medicines—an estimate of consumption and substance-related disorders in Germany. Dtsch Arztebl Int 2019; 116: 577–84. DOI: 10.3238/arztebl.2019.0577). Sie schreiben in ihrer Diskussion der erhobenen Daten: „Bei hochgerechnet etwa 1,6 Millionen der 18- bis 64-Jährigen ist von einer Analgetikaabhängigkeit auszugehen. Analysen mit den ESA-Daten aus dem Jahr 2015, in der zwischen opioidhaltigen und nichtopioidhaltigen Analgetika unterschieden wurde, schätzten die Prävalenz einer Gebrauchsstörung durch Opioidanalgetika nach DSM-V auf 1 Prozent und den Anteil an allen durch Analgetika verursachten psychischen Störungen auf 12 Prozent. Gemäß den vorliegenden Ergebnissen ist der Großteil der Abhängigkeitserkrankungen durch Analgetika demnach auf nichtopioidhaltige Analgetika zurückzuführen, die entweder über Privatrezepte oder als apothekenpflichtige Medikamente erworben wurden. Dieser Anteil lässt sich mit der hohen Gebrauchsprävalenz in Verbindung mit dem psychischen Abhängigkeitspotenzial nichtopioidhaltiger Schmerzmittel erklären. Der Umfang der Einnahmeprävalenz von Hypnotika/Sedativa (30 Tage) ist in der Bevölkerung deutlich geringer als der von Analgetika, was sich auch in der niedrigeren Prävalenz von Abhängigkeitsstörungen widerspiegelt.“

In der Befragung hatten mehr als 2.900 Teilnehmer für die letzten 30 Tage den Gebrauch nicht vom Arzt verordneter Analgetika bejaht, davon 1.884 Frauen. 1.441 Befragte nahmen vom Arzt verordnete Analgetika ein, auch hier mehr Frauen (906) als Männer. Die Zahlen wurden im Survey entsprechend auf die Bevölkerung hochgerechnet.

Titelbild: Fizkes/Shutterstock.com
Quelle: Quintessence News Interdisziplinär Team Patientenkommunikation

Adblocker aktiv! Bitte nehmen Sie sich einen Moment ...

Unser System meldet, dass Sie eine aktive AdBlocker-Software verwenden, die verhindert dass alle Seiteninhalte geladen werden können.

Fair geht vor: Unsere Partner aus der Industrie tragen durch ihre Anzeigen einen maßgeblichen Teil zum Betreiben dieser Newsseite bei. Diese finden Sie in überschaubarer Anzahl auf der Startseite sowie den einzelnen Artikelseiten.

Bitte setzen Sie www.quintessence-publishing.com auf Ihre „AdBlocker Whitelist“ oder deaktivieren Ihre AdBlocker Software. Danke.

Weitere Nachrichten

  
Hoher Zuckerkonsum in der Schwangerschaft kann beim Kind zu Diabetes führen
23. Juli 2025

Hoher Zuckerkonsum in der Schwangerschaft kann beim Kind zu Diabetes führen

Politische Maßnahmen zur Reduktion von Zucker besonders in Lebensmitteln für Schwangere und Kinder gefordert
Interdisziplinäres Forum für die moderne Zahnmedizin
23. Juli 2025

Interdisziplinäres Forum für die moderne Zahnmedizin

4. Gemeinschaftskongress der zahnmedizinischen Fachgesellschaften setzt Impulse für die Zukunft der Zahnmedizin
Wie gängige Medikamente Krankheitserregern den Weg ebnen
22. Juli 2025

Wie gängige Medikamente Krankheitserregern den Weg ebnen

Viele Nicht-Antibiotika schwächen die natürliche Schutzfunktion des Darms – krankmachende Bakterien können leichter ansiedeln
Prof. Frank Schwarz neuer Präsident der Osteology Foundation
17. Juli 2025

Prof. Frank Schwarz neuer Präsident der Osteology Foundation

Staffelübergabe an der Spitze der Osteology Foundation – Übernahme vom Schweden Prof. Christer Dahlin
BDIZ EDI: Neuer Kombikurs DVT/Strahlenschutz
15. Juli 2025

BDIZ EDI: Neuer Kombikurs DVT/Strahlenschutz

Zweiteiliger Kurs startet ab 23. August 2025 an der Universität Köln mit Aktualisierung der Fachkunde
Stress und Nährstoffe – Schlüssel zur Zahnentwicklung von Kleinkindern
15. Juli 2025

Stress und Nährstoffe – Schlüssel zur Zahnentwicklung von Kleinkindern

DH Birgit Schlee: Zahn- und Allgemeingesundheit nicht getrennt, sondern ganzheitlich betrachten
„Nanostrukturen, die wie Pipelines funktionieren“
11. Juli 2025

„Nanostrukturen, die wie Pipelines funktionieren“

„Eine gut vorbereitete Oberfläche kann biologische Reaktionen deutlich besser steuern“ – Forschung an neuen Implantatoberflächen.
Zellen des Nervensystems
8. Juli 2025

Zellen des Nervensystems

Einstieg in die neurologische Interdisziplinarität – Aufbau des Zentralnervensystems auf makroskopischer und zellulärer Ebene

Verwandte Bücher