Auch in der Zahnmedizin spielen Krebserkrankungen eine wichtige Rolle. Neben der klinischen Diagnostik bei malignen Erkrankungen in der Mundhöhle beziehungsweise Konsequenzen aus der Krebserkrankung im Kopf- und Halsbereich muss der Praktiker auch Risikofaktoren und Risikogruppen für diese Erkrankungen kennen.
Eine wertvolle Informationsquelle ist der aktuelle „Bericht zum Krebsgeschehen in Deutschland 2016“. Er ist die erste Ausgabe einer neuen Reihe des Zentrums für Krebsregisterdaten im Robert-Koch-Institut, Berlin (RKI), und wird künftig alle fünf Jahre erscheinen. Der Bericht stellt Informationen und Auswertungsergebnisse über Krebserkrankungen vor, beleuchtet Epidemiologie, Versorgung, individuelle und gesellschaftliche Krankheitsfolgen sowie Möglichkeiten und Aktivitäten zur primären Prävention und Früherkennung von Krebs. Für Zahnmediziner relevant sind die Kapitel zu Kopf-Hals-Tumoren ab Seite 57.
Jeder Zweite erkrankt an Krebs
In Deutschland erkranken laut RKI-Krebsregister mehr als zwei von fünf Frauen (43 Prozent) und etwa jeder zweite Mann (51 Prozent) im Laufe ihres Lebens an Krebs. Krebserkrankungen sind damit laut statistischem Bundesamt nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen die zweithäufigste Todesursache in Deutschland.
Als Kopf- und Hals-Tumoren wurden hier die bösartigen Tumoren der anatomisch und weitgehend auch funktionell zusammenhängenden Regionen von Mund (einschließlich Lippe und Speicheldrüsen), Rachen, Nase (einschließlich Nasennebenhöhlen) und Kehlkopf aufgefasst. Die Schilddrüse und die Speiseröhre fallen zwar anatomisch in diesen Bereich, werden hier jedoch nicht betrachtet, da sie anderen Organsystemen zugehören.
Tabak, Alkohol und Viren
Wesentliche Risikofaktoren für Krebserkrankungen dieser Region sind Tabak- und Alkoholkonsum (besonders in Kombination) sowie eine chronische Infektion mit Humanen Papillomviren (HPV). Dabei unterschiedet sich die Stärke des Einflusses dieser Faktoren je nach Lokalisation: während HPV vor allem für die Entstehung von Tumoren des Zungengrunds, des oberen Rachenabschnitts (Oropharynx) und der Rachenmandeln verantwortlich gemacht werden, ist für die meisten übrigen Lokalisationen vor allem die Kombination von Tabak- und Alkoholkonsum von Bedeutung [49]. Für Karzinome der Lippe gilt neben dem Zigarettenrauchen auch die Sonneneinstrahlung als Risikofaktor, während ein Teil der Tumoren des Nasenrachenraums (Nasopharynx) auf berufliche Exposition mit bestimmten Chemikalien und Holzstäuben zurückgeführt werden kann.
Erkrankungshäufigkeit steigt an
Die Erkrankungshäufigkeit und Sterblichkeit an Kopf-Hals-Tumoren sind in Deutschland bei den Frauen auch nach Altersstandardisierung langfristig angestiegen. Bei den Männern sind die Raten dagegen auf deutlich höherem Niveau stabil beziehungsweise rückläufig.
Bei unter 60-Jährigen ist die Sterblichkeit an diesen Tumoren in den neuen Bundesländern seit Ende der 1990er Jahre erheblich gestiegen, was zu einem deutlichen Ost-West-Gefälle geführt hat. Wahrscheinlich spielt hier eine regional unterschiedliche Entwicklung von Tabak- und Alkoholkonsum (vor allem in Kombination) eine Rolle.
Zugenommen hat zuletzt die Erkrankungshäufigkeit von bösartigen Tumoren der Mundhöhle und des angrenzenden Rachenraums. Demgegenüber ist die altersstandardisierte Inzidenz von Tumoren des unteren Rachens und des Kehlkopfs bei den Männern gesunken und bei den Frauen gleichgeblieben.
Das zweite Kapitel zur Epidemiologie von Krebserkrankungen steht unter www.krebsdaten.de zum Download bereit.