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51. Internationaler Kongress der DGZI am 30. September und 1. Oktober 2022 in Berlin

Die DGZI ist jetzt Mitglied der DGZMK: Feierliche Übergabe der DGZMK-Mitgliedsurkunde durch Prof. Dr. Dr. Jörg Wiltfang, President elect der DGZMK (Mitte) an DGZI-Präsident Dr. Georg Bach (rechts) und Vizepräsident Dr. Rolf Vollmer (links)

(c) DGZI/Oemus Media AG

„Kann man ein solches Event, einen solchen Erfolg wie wir es im vergangenen Jahr in Köln hatten, wiederholen?“ Mit dieser rhetorischen Frage eröffnete der Präsident der Deutschen Gesellschaft für zahnärztliche Implantologie (DGZI), Dr. Georg Bach, den 51. Internationalen Jahreskongress der DGZI in Berlin.
Die Antwort lieferte Bach umgehend mit: Ein derartiges Event wie 2021 in Köln kann und soll sich nicht wiederholen – das gesamte „Who ist who“ der deutschen Implantologie, die Präsidenten der drei großen implantologischen deutschen Fachgesellschaften auf einer Bühne, das war dem einzigartigen Anlass des fünfzigjährigen Bestehens der DGZI als der ältesten europäischen Fachgesellschaft vorbehalten

Dies bedeutet indes nicht, dass der diesjährige Kongress auf Sparflamme ablief, ganz im Gegenteil. 50 Referenten und gut 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmern – mehr ließ der kurzfristig zu bewältigende „Umzug“ in eine neues Veranstaltungshotel nicht zu –, dazu 75 Table Clinics und Übertragungen von zwei OP-Tutorials  am ersten Kongresstag boten viel. Der Samstag gehörte ganz der Wissenschaft: Namhafte Referenten präsentierten herausragende wissenschaftliche Vorträge, abgerundet mit Kursen für das Praxispersonal und einer großen begleitenden Dental-Ausstellungmit gut zwei Dutzend Industriepartnern.

Inhaltlich und in Bezug auf den Ablauf und die Kongressstruktur beschritt die DGZI bewusst Neuland. Ziele dieser Modifikation ist die Zukunftsorientierung, verbunden mit einer organisatorischen Modernität, inhaltlicher Attraktivität sowie einer neuen Form der Präsentation von Sichtweisen. Dass der Kongress aufgrund der beschriebenen Gegebenheiten etwas kleiner wurde als in den Vorjahren wurde, wurde von den Organisatoren in Kauf genommen: „Wir freuen uns stets über hohe Besucherzahlen, aber angesichts der momentanen Bedingungen hätten wir auch andere Teilnehmerzahlen akzeptiert“, so DGZI-Vize Dr. Rolf Vollmer. „Uns geht es hier um Neuausrichtung und vor allem um Qualität!“ Dr. Arzu Tuna, DGZI-Vize und Vertreterin der jüngeren Implantologen, ergänzt: „Gerade der gesamte Freitag zielt klar auf die Bedürfnisse der jungen Kolleginnen und Kollegen ab!“

Zukunftspodium „Young Generation DGZI“

Gleich zu Kongressbeginn gab es drei Vorträge mit – zumindest auf dem Papier – gänzlich unterschiedlichen Ausrichtungen, die aber dann in der Gesamtheit betrachtet ein klares Bild von den Zukunftsoptionen unseres Fachbereichs, ja der gesamten Zahnheilkunde zeichneten. Auch deren Zielgruppe war klar definiert – die jüngere Implantologengeneration.

Das Young Generation Team der DGZI mit DGZI-Präsident Dr. Georg Bach
Das Young Generation Team der DGZI mit DGZI-Präsident Dr. Georg Bach
DGZI/Oemus Media AG

Dr. Jochen Tunkel sprach über „Social Media – ein Muss für die implantologische Praxis?“ – „Ich bin als absoluter Laie auf diesem Gebiet gestartet!“ so Tunkel, und berichtete, wie er sich – nach und nach – in das Gebiet Social Media eingearbeitet hat. Für ihn ist es „Fluch und Segen zugleich“, so Tunkel. Man könne auch als Zahnarzt über Social-Media-Aktivitäten große Wirkungen erzielen. In jüngster Zeit haben sich hier, so Tunkel, erhebliche Veränderungen ergeben. War von wenigen Jahren Facebook noch das bevorzugte Medium, so wird dieses nunmehr nur noch von der Generation 40+ genutzt, die jüngere Generation nutze nahezu ausschließlich Instagram.

Social Media zur Patienteninformation und Imageförderung

Das Ziel einer Praxis auf Social-Media-Kanälen müsse klar Patientengewinnung und schnelle Patienteninformation sein. Darüber hinaus könne auch Imagepflege betrieben werden. Eine Social-Media-Präsenz lohnt sich also in jedem Fall, so Tunkel, auch wenn eine Praxis nicht mehr auf neue Patienten angewiesen ist.

Auch die Auswirkung auf potenzielle Mitarbeiterinnen dürfe keinesfalls unterschätzt werden. Ein guter Account sei das beste Tool für eine suffiziente Mitarbeiterinnengewinnung, so Tunkel. Besondere Aufmerksamkeit erhielten sein persönliches Social-Media-Konzept und das seiner Praxis. Fazit des Bad-Oyenhausener Parodontologen: „Social Media ist heutzutage ein Muss und zudem ein unentbehrliches Tool für die Mitarbeitergewinnung!“

Partikuläre Onlay-Technik statt Block-Augmentat

PD Dr. Dr. Eik Schiegnitz „rockte“ mit seinem Thema „Neues über Augmentation und Weichteilmanagement“ das Auditorium. Ausgehend von Inlay-Techniken ging Schiegnitz über die Block-Onlay-Techniken zu den von ihm favorisierten partikulären Onlay-Techniken über. Als Grundprinzipien definierte einen primären spannungsfreien Wundverschluss, die Angiogenese, Space-Maintenance und eine stabile Wunde und stabiles Augmentationsmaterial. Die Mainzer Klinik hat den Weg des klassischen Blocks nahezu komplett verlassen und das chirurgische Vorgehen zugunsten der partikulären Onlay-Technik geändert.

Unterschiedliche Evidenz für PRF – je nach Einsatzgebiet

Schiegnitz‘ Vorträge sind Feuerwerke, bei denen man angesichts der vielen Facetten, die der Mainzer Hochschullehrer anführt, aufpassen muss, um wirklich alle Details mitzubekommen. Eine dieser Botschaften war das in einem Nebensatz erwähnte Statement – fußend auf einer demnächst veröffentlichten Leitlinie –, dass es für den Einsatz von PRF in der Augmentationschirurgie keinerlei Evidenz gibt. Anders sieht es übrigens bei der Socket-Preservation aus, wo für den Einsatz von PRF eine Evidenz festgestellt werden kann.

Eine weitere Kernbotschaft: Alles über zehn Gramm Zugkraft auf eine Naht birgt die Gefahr eines Augmentationsverlust von mehr als 40 Prozent! Abhilfe kann hier die linguale Periostbearbeitung mit einem stumpfen Instrument und horizontalen Bewegungen schaffen, mit dem eine außerordentliche Beweglichkeit des Lappens erzielt werden kann.

Schnittstelle Aligner und Implantologie

Wieder über den rein implantologischen Tellerrand schaute Professor Dr. Sigmar Schnutenhaus, der die „Schnittstelle Aligner-Implantologie“ darstellte und deren Bedeutung für unsere Fachdisziplin erläutert. „Was müssen wir tun, um eine gute Prothetik zu erreichen?“ Mit dieser rhetorischen Eingangsfrage startete in Hilzingen niedergelassene Zahnarzt, der auch an der Universität Ulm tätig ist, seine Ausführungen. Eine hohe Anzahl von hervorragend dokumentierten Fallbeispielen belegten, dass die relativ neue Alignertherapie einen hohen Stellenwert in der Lösung komplexer Patientenfälle hat. In seinem sehr praxisorientierten Vortrag definierte Schnutzenhaus eine in der implantologischen Vorbehandlung durchgeführte Alignertherapie als „conditio sine qua non“ bei zahlreichen implantologischen Fragestellungen, sei es die Aufrichtung eines gekippten distalen Molaren zur Optimierung der Lückensituation, sei es zur Auflösung von Engständen, oder von Zahndrehungen.

Um der Patientin/dem Patienten die die Behandlungsdauer verlängernde Therapie schmackhaft zu machen, empfiehlt Schnutenhaus die Insertion des Implantats in geplanter optimaler Position während der Alignertherapie, so dass die Gesamtbehandlungsdauer nur geringfügig ausgedehnt wird. Eine Darstellung des aktuellen Alignermarkts rundeten seine Ausführungen ab.

In der anschließenden Podiumsdiskussion hatten die Kongressteilnehmerinnen und -teilnehmer die Gelegenheit. mit den Referenten zu diskutieren. Hier brachte sich intensiv die „Young Generation DGZI“ um Arzu Tuna und Navid Salehi ein. Die Tiefe der Diskussion und auch die Anzahl der Fragen bestätigten, dass mit den drei Referenten exakt die richtigen für das Zukunftspodium gefunden wurden. Erfreulich in diesem Zusammenhang auch die große Anzahl jüngerer Kolleginnen und Kollegen im Auditorium, die die Podiumsdiskussion mit zahlreichen Fragen befeuerten und – Social Media lässt grüßen – sich auch anschließend mit den Referenten fotografieren ließen, um umgehend die ersten Posts des Kongresses abzusetzen.

Aufnahme der DGZI in die DGZMK

Einen besonderen Moment versprach der DGZI-Präsident Bach dem Auditorium, nachdem die erste Session beendet war. Es war ein historischer Moment – die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) die DGZI, die älteste europäische implantologische Fachgesellschaft, als assoziierte Gesellschaft auf. Professor Dr. Dr. Jörg Wiltfang, Präsident elect der DGZMK, überreichte die Aufnahmeurkunde. Der Kieler Hochschullehrer zeigte sich erfreut, dass mit den mehr als viertausend DGZI-Mitgliedern, die nun auch neue Mitlieder der DGZMK sind, die Muttergesellschaft aller deutschen zahnärztlichen Fachgesellschaften eine wesentliche Verstärkung erfahren habe und dem Ziel die deutsche Zahnmedizin mit einer starken Stimme sprechen zu lassen, ein beträchtliches Stück nähergekommen ist.

DGZI-Präsident Bach betonte, wie wichtig und bedeutsam es für die DGZI ist, nunmehr Teil der „Wertefamilie DGZMK“ zu sein. Die DGZI sei sich durchaus bewusst ist, dass es mit der DGI eine weitere implantologische Fachgesellschaft gibt, die seit langem ebenfalls Tochter der DGZMK ist, dort auch wichtige Aufgaben übernommen hat und diese auch vollumfänglich und hervorragend bewältigt. An diesem Zustand möchte und werde die DGZI als neue Tochter der DGZMK definitiv nicht rütteln, die bereits erwähnte Mitgliedschaft in der Wertefamilie-DGZMK stehe im Fokus. Darüber hinaus biete sich die DGZI gerne als Ansprechpartner gerne an und werde die DGZMK auch nach Kräften unterstützen – „an uns, der DGZI wird es nicht liegen, Sie können sich auf uns verlassen!“, so DGZI-Präsident Bach.

OP-Tutorials zur Vertiefung

Nun galt es, das Erlernte auch umzusetzen beziehungsweise umgesetzt zu sehen – bereits eine Tradition bei DGZI-Kongressen ist das Vertiefen bestimmter Themen anhand bewegter Bilder dar: Eine Übertragung von OP-Tutorials ermöglichte den Kongressteilnehmern einen einmaligen Einblick in die Arbeit renommierter Kollegen – und dies in HD-Qualität. Mit der Einführung dieses Formats beschritt die DGZI einst Fortbildungsneuland.

Einen furiosen Auftakt liefert hier PD Dr. Puria Parvini, der über „Sofortimplantation und Sofortversorgung in der ästhetischen Zone“ sprach. Trotz einer Anreise mit Hindernissen legte er – seiner Paradedisziplin entsprechend – auch gleich mit einem furiosen Vortrag los. Er wies auf die hohe Zahl von Frontzahntraumen (eine Milliarde Menschen in den vergangenen zehn Jahren) hin. Zuerst sei die Entscheidung „möglich/nicht möglich“ für eine Sofortimplantation zu treffen. Anschließend steht die Beurteilung des Phänotyps an, dünne Biotypen limitieren hier die Verwirklichung einer Sofortimplantation. Eine DVT-Aufnahme sieht Parvini zur Planung einer Sofortimplantation als „conditio sine qua non“ an.

Sofortimplantation und Sofortbelastung

Faszinierend war das Vorgehen Parvinis, die jeweils getätigten Aussagen mit bewegten Bildern zu belegen. Was er hier an OP-Videos zeigte, hatte es in sich. Spätestens beim dritten Video war offensichtlich, wie sehr die Entwicklung auf dem Gebiet der Sofortversorgung und Sofortimplantation fortgeschritten ist. Beide Verfahren haben sich vom experimentellen Verfahren zum Standardeingriff gewandelt. Zahlreiche Take-home-Messages – ca. 30-prozentige Überkonturierung,suffiziente Aufklärung über auszubleibende Belastung („Sie dürfen nicht mal auf eine Banane beißen und keine elektrische Zahnbürste benutzen“) rundeten die Ausführungen Parvinis ab.

Professor Dr. Mauro Marincola stellte die implantologischen Optionen für eine „Minimalinvasive Implantologie bei stark reduziertem Knochenangebot“ vor. Auch er war Leidtragender des Reisechaos und betrat den Saal in dem Moment, in dem die Diskussion des Vortrags seines Vorredners gerade endet. Marincola erläuterte, dass dem von ihm vertretenen Behandlungskonzept, das er seit 35 Jahren durchführt, hohe Evidenz zuzuordnen sei. „Wir reden hier weniger über Implantate, mehr über Lösungen!“, so Marincola.

Alternative Lösung kurze Implantate

Bevorzugtes System des römischen Implantologen ist das Bicon-System. Dieses ermögliche ein kurze Behandlungszeit in Kombination mit wenig invasivem Vorgehen, die prothetische Versorgung muss bei den Ausgangsbedingungen mit in der Regel stark atrophierten Kieferknochen stets festsitzend sein. Zwischen den plateauförmigen Press-fit-Implantaten bilden sich Räume, die Marincola als Heilungskammern definiert, es findet eine subkrestale Insertion statt. Die Abutments werden nicht eingeschraubt, sondern über Einklopfen kaltverschweißt, womit ein bakteriendichter Verschluss gewährleistet werden soll. Distale Extensionsglieder können bei dem von Marincola bevorzugten Verfahren bis zu 21 Millimeter Breite haben (eine Molaren- und eine Prämolarenbreite).

Die Table Clinics kamen sehr gut an.
Die Table Clinics kamen sehr gut an.
DGZI/Oemus Media AG

Ganz dicht dran bei den Table Clinics

Für manchen Kongressteilnehmer ein ungewohnter Anblick – statt der üblichen, auf die Bühne ausgerichteten parlamentarischen Bestuhlung gab es runde Tische. An diesen fanden in drei Staffeln Tischdemonstrationen zu unterschiedlichsten Spezialthemen der Implantologie statt. Jede ausstellende Firma hatte einen Tisch zur Verfügung gestellt bekommen und Referenten verpflichtet, die die Demonstrationen durchführten – hier erwiesen sich die unmittelbar zur Demonstration stattfindenden und auch die anschließenden Diskussionen als sehr erkenntnisbringend. Ein neues Format bei DGZI-Kongressen, das auf hohe Akzeptanz bei allen Beteiligten stieß.

Der zweite Kongresstag: die Wissenschaft im Zentrum

Nachdem der erste Kongresstag stark praktisch ausgerichtet war, standen am zweiten Kongresstag speziell die wissenschaftlichen Aspekte im Mittelpunkt. Ausgehend von einer Bestandsaufnahme zu aktuellen Trends ging es aber auch hier verstärkt um die Frage, wie wird die Implantologie der Zukunft aussehen? In wissenschaftlichen Überblicksvorträgen wurde alle relevanten Bereiche der oralen Implantologie, wie digitale Implantologie/Prothetik, Knochen und Gewebe und Materialien und Design, behandelt. Die DGZI-Kongressmacher verfolgten hier erneut das Ziel, dass es bei diesen Vorträgen vorrangig darum gehen sollte, Entwicklungsrichtungen und Visionen darzustellen. Drei Themenblöcke zogen das Auditorium in den Bann: Gewebe, Prothetik und vollkeramische Implantate.

Session 1: Knochen und Hartgewebe – Versorgungskonzepte

Wenn es um Fragen zu Knochen und Implantate geht, kann es eigentlich nur einen Referenten geben: Professor Dr. Dr. Peer Kämmerer sprach über „Neues vom Knochen!“ Überraschend war sein Eingangsstatement „die bestehende S2K-Leitlinie der AWMF ist nicht mehr ganz aktuell, sie bedarf einiger Ergänzungen“. Mit diesem Anspruch – untermauert von zahlreichen Fallbeispielen – widmete sich Kämmerer zunächst den Erkrankungen und Außenfaktoren, die einen direkten Einfluss auf den Knochenstoffwechsel haben. In den Mittelpunkt seiner Ausführungen stand das biologische Potenzial des Areals, welches augmentiert werden soll.

„Die Biologie lässt sich nicht überlisten!“

Eine Überaugmentation, die früher gerade bei Blöcken üblich war, sei zu vermeiden, so Kämmerer: „Immer dann, wenn Sie den Envelope verlassen, wird es kritisch!“ Für einfache Defekte, zum Beispiel bei der Ridge perservation, gibt es eine Vielzahl von Ansätzen, hier funktioniere nahezu alles, so der Mainzer Hochschullehrer. Wichtig sei die Kombination verschiedener Materialien, zum Beispiel Knochenersatzmaterial und PRF und oder Hyaluronsäure. Bei komplexeren Dehiszenzdefekten stehen ebenfalls eine Vielzahl von Augmentationsmaterialien zur Verfügung. Wichtig sei hier die Abdeckung mit einer Membran. Selbst bei sehr zuverlässigen und seit Jahren angewandten Verfahren wie dem Sinus Lift gibt es Neuerungen, auch „hier macht es die Kombination“, so Kämmerer. Dabei sei auf eine Biologisierung der Materialien zu achten (Kombination aus xenogenem und allogenem Material, oder Zugabe von PRF), eine Membranapplikation sei hier nicht erforderlich. Bei Blocktranslantaten erweist sich ein Relining (nach Wiltfang) als hilfreich, allogene Blöcke haben sich autologen als gleichwertig erwiesen. Mashs und Schalentechnik haben sich als hervorragende Alternativen zur konventionellen Augmentation etabliert. Credo und Take-home-Message Kämmerers: „Vieles ist möglich, aber Achtung – die Biologie lässt sich nicht überlisten!“

DGZI-Präsident Dr. Georg Bach (rechts) mit den Referenten Dr. Kay Vietor, PD Dr. Keyvan Sagheb, Prof. Dr. Dr. Peer Kämmerer und Prof. Dr. Dr. Florian Stelzle (von links)
DGZI-Präsident Dr. Georg Bach (rechts) mit den Referenten Dr. Kay Vietor, PD Dr. Keyvan Sagheb, Prof. Dr. Dr. Peer Kämmerer und Prof. Dr. Dr. Florian Stelzle (von links)

Das „Mainzer Konzept“

PD Dr. Dr. Keyvan Sagheb, ebenfalls aus Mainz, stellte das „Mainzer Konzept“ vor und fragte „minimalinvasiv versus augmentativ?“ Welche Rolle die Mainzer Klinik momentan in der deutschen Implantologie spielt, zeigt sich allein daran, dass Kämmerer ein Bündel von Optionen zur Augmentation darstellen konnte und Sagheb anschließend ein Konzept zur Vermeidung von Knochenaufbaumaßnahmen. Hier sei, so Sagheb, zwischen Patienten- und Behandlersicht zu unterscheiden. Eine präoperative Risikostratifizierung wird von den Mainzer Kieferchirurgen als unerlässlich betrachtet. Dennoch sind auch als multimorbid eingestufte Patienten keine homogene Gruppe, vielmehr gibt es viele und beträchtliche Unterschiede.

Das Mainzer Konzept zur Vermeidung von Augmentationen zielt auf zwei Zeitpunkte „vor“ und „nach“ der Defektsituation ab. Eine Sofortimplantation kann gegebenenfalls eine spätere Defektsituation vermeiden und ist deshalb bei Zutreffen aller Voraussetzungen Methode der Wahl. Ist indes eine Defektsituation eingetreten, dann können kurze und schmale Implantate eine Alternative sein, um eine Augmentation zu vermeiden. Bezüglich der Evidenz seien kurze und schmale Implantate längeren und solche größeren Durchmesser gleichwertig. Für die Patienten seien sie attraktiv, da die Behandlungszeit verkürzt und weitaus weniger invasiv (Stichwort „Patientenkomfort“) ist, bezüglich des Handlings indes – Behandlersicht! – sind sie aufgrund ihrer Techniksensitivität exakt so aufwendig wie konventionelle Verfahren.

Entscheidungsfindung: das Konzept der Box

Professor Dr. Florian Stelzle aus München stellte das „Konzept der Box als Grundlage für eine erfolgreiche Knochenaugmentation“ vor. Auch bei Stelzle rückte die Behandler- und die Patientensicht in den Vordergrund der Entscheidungsfindung, der er die des Teams hinzufügte. Denn auch dort gib es Ansprüche, die Behandlungszeit und -intensivität zu minimieren. „Kurzum – wir brauchen Konzepte zur Entscheidungsfindung im Sinne einer Vereinfachung und Zeitreduktion!“, so Stelzle. Interessant hier die Anleihen, die Stelzle in der Orthopädie suchte: Eine „Trainingsstabilität“ sei im Bereich der Augmentation nie zu erreichen, wohl aber eine „Belastungsstabiliät“. Diese Überlegungen führten zur Entwicklung seines Entscheidungspfads, seiner „Box“, die die Beurteilung der Defektkonfiguration, der Defektrelation und der Zeitrelation. Die Wahl der chirurgischen Technik ist hier in der Entscheidungsfindung zu einem späten Zeitpunkt angesiedelt. Fallbeispiele – unter Berücksichtigung des Box-Denkmodells – belegten die Vorteiler einer derart getroffenen Entscheidungsfindung. Auch in dieser ersten Session bildete ein Referententalk beziehungsweise eine Podiumsdiskussion den Schlusspunkt einer sehr attraktiven und erkenntnisreichen Morgensession.

Session 2: Prothetische Konzepte zwischen High End und Troubleshooting

Die zweite Session widmete sich dem implantologischen Spannungsfeld „High Tec/eher einfach gestrickt/was tun, wenn‘s brennt“ – drei Vorträge mit stark unterschiedlichem Fokus ergänzten sich dennoch in idealer Weise. Wenn Zahnärzte und Zahntechniker ins Schwitzen kommen, dann ist zumeist etwas nicht ganz glücklich gelaufen – Dr. Georg Bach und ZTM Christian Müller berichteten über das „implantatprothetische Troubleshooting“. War früher die Schnittstelle Zahntechniker-Zahnarzt zumeist gegen Ende der prothetischen Phase gefordert – dann nämlich, wenn sich Planungsfehler rächten –, so hat sich die Situation stark verändert.

Heute ist diese Schnittstelle bei klassischen Spätkomplikationen gefordert, wenn es keine Ersatzteile mehr für ein ausgelaufenes Implantatsystem gibt, wenn die Friktion einer ansonsten noch brauchbaren Suprakonstruktion nachlässt oder eine neu zu versorgendes Implantatsystem gar nicht mehr zu identifizieren ist.

Zahlreiche Fallbeispiele untermauerten das Credo des Freiburger Referentenduos: „Alles behalten, nichts wegwerfen, alles dokumentieren und jeden Schritt miteinander absprechen!“ Dass ZTM Müller direkt nach Ende des Vortrags von einigen Kongressteilnehmern mit Fragen und Bitte um Hilfestellung kontaktiert wurde, zeigt, dass hier ein überaus relevantes Thema behandelt wurde.

Digitale Emergenzprofilerfassung und andere High-End-Lösungen

In ein ganz anderes Horn bliesen Dr. Kay Vietor und ZTM Björn Roland, die das „implantatprothetische High End“ beschrieben und fragten „Digitale Emergenzprofilerfassung – der neue Goldstandard?“ Viele Jahre war es ein individualisierter Abdruckpfosten, der das mit dem Provisorium erreichte Emergenzprofil wiedergab. Dieses Vorgehen ist, so ZTM Roland, zwar aufwendig und „fummlig“ und birgt zudem die Gefahr eines Verlusts von Informationen. Dr. Kay Vietor überraschte dazu mit der Information, dass bereits nach fünf Minuten mit einem nicht unerheblichen Gewebekollaps zu rechnen ist. Vietor, bekennender Fan digitaler Verfahren, möchte deshalb auch die Darstellung und Gestaltung des Emergenzprofils digital durchführen. Mit einem Intraoralscan kann in jedem Fall die kritische Phase von 30 Sekunden unterschritten werden. Lediglich der kleine Teil des Spontankollaps lasse sich damit nicht kompensieren.

Hier kam Widerspruch des Zahntechnikers, der bei 90 Prozent einen Scan als ausreichend sieht, bei hochkomplexen Fällen indes wünscht er sich weiterhin die Information der Abformung. Abhilfe kann hier die „extraorale Emergenzprofilabformung“ mit dem eingesetzten Provisorium, direkt gefolgt von einem intraoralen Emergenzprofilscan, gefolgt von einem Scan mit dem Scanbody und letztlich ein Scan des Emergenzprofils des Provisoriums. In einem aufwendigen Verfahren werden die Scans gematcht und somit eine Summe der Vorteile beider Verfahren erzielt. Fallbeispiele zum vom Referentenduo präferierten Verfahren rundeten deren Ausführungen ab. Genießen konnte das Auditorium faszinierende Ergebnisse.

Session 3: Alles rund um keramische Implantate

Zum Kongressausklang gab es nochmals einen echten Höhepunkt. Vier namhafte Referenten beleuchteten das Thema Keramikimplantate in all seinen Facetten und belegten, welch außerordentlichen Entwicklungsstand auf diesem Gebiet zwischenzeitlich erreicht worden ist. PD Dr. Stefan Röhling sind zahlreiche Studien über Keramikimplantate zu verdanken, ihm und seiner Arbeitsgruppe gar wesentliche Teile der momentan verfügbaren Evidenz über keramische Implantate. Aus diesem breiten Wissensschatz exzerpierte Röhling die wesentlichsten Erkenntnisse und konnte die Bewährtheit dieser neuen Implantatklasse nachhaltig belegen.

Das Autorenduo Professor Dr. Jürgen Becker und Nicole Rauch ergänzten weitere wissenschaftliche Fakten und Langzeiterfahrungen und stimmten mit dem Vorredner in der Einschätzung überein, dass bezüglich Bewährung und Sicherheit keramische Implantate denen aus Titan ebenbürtig sind und zudem erhebliche Vorteile, die periimplantären Weichteile betreffend, aufweisen.

Eine wichtige Rolle spielten in der anschließenden Diskussion immunologische Effekte bei Implantaten aus Titan und Zirkondioxid. Gerade Stefan Röhling konnte anhand zahlreicher wissenschaftlicher Studien belegen, dass Zirkondioxidimplantat bei einem gewissen Teil unserer Patienten eindeutig denen aus Titan überlegen sind.

Fazit: Die rasanten Entwicklungen auf dem Gebiet der Zirkondioxidimplantate haben das dereinstige „ob“ in ein „dann“ und zusätzliches „dann nur diese“ gewandelt.

Der 51. Internationaler Jahreskongress der DGZI– ein kurzes Fazit

Auch beim 21. Jahreskongress der DGZI in Berlin konnten die Kongressteilnehmerinnen und -teilnehmer in der Tat ein herausragendes und innovatives Fortbildungsereignis erleben. Aber nicht nur das: Aus verschiedenen Blickwinkeln von Wissenschaft, Praxis, Politik und Industrie wurde eine attaktive Ebene der Interaktion erreicht. Mit dem Versuch, der dringenden Frage nachzugehen, wie die Implantologie in fünf oder vielleicht zehn Jahren aussehen wird und wie dann die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sein werden, wurde seitens der DGZI Neuland beschritten, und gleichzeitig standen überaus namhafte Referentinnen und Referenten der deutschsprachigen zahnärztlichen Implantologie auf der Bühne.

Strategische Fragen der Zukunft bleiben auf der Agenda

Als Fazit des diesjährigen Jahreskongresses kann festgestellt werden, dass es im Hinblick auf die implantologische Praxis der Zukunft neben wissenschaftlichen und technologischen Gesichtspunkten vor allem um strategische Fragen und deren Beantwortung geht. Die DGZI wird an diesem Thema und an diesem Anspruch weiter aktiv arbeiten und so die Bedeutung und Anziehungskraft dieser Fachgesellschaft auch in den kommenden Jahren unter Beweis stellen.
Im nächsten Jahr wird Hamburg Veranstaltungsort des DGZI-Kongresses sein. „Wir freuen uns sehr auf die Hansestadt!“, so DGZI-Vizepräsidentin Arzu Tuna in ihrem Schlußwort.

Dr. Georg Bach, Präsident der DGZI, Fachzahnarzt für Oralchirurgie, Freiburg im Breisgau

Quelle: DGZI Fortbildung aktuell Implantologie

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