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Ein klinischer Leitfaden für die Altersprothetik

Freiliegende Wurzeloberflächen, gegebenenfalls in Kombination mit keilförmigen Defekten, stellen Prädilektionsstellen für Wurzelkaries dar.

Der Anteil der Bevölkerung mit Zahnersatz verschob sich in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend in höhere Altersstufen. Mit der ansteigenden Lebenserwartung und der demografischen Verschiebung der Babyboomer-Generation ins Rentenalter ergeben sich hieraus neue Herausforderungen für die praktizierende Zahnheilkunde. Die Autoren Dr. Frank M. Bischof, Dr. Anja K. Stalder und Prof. Dr. Martin Schimmel stellen in Ihrem Beitrag für die Quintessenz Zahnmedizin 1/2023 die aktuelle Versorgungslage in der Schweiz und Konzepte für die Zukunft vor.

Obwohl das oberste Ziel grundsätzlich der Zahnerhalt ist, soll durch eine strategische, intelligente und frühe Behandlungsplanung ein eventueller Übergang zu einer zahnärztlich-prothetischen Versorgung vereinfacht werden. Ist eine Neuversorgung im Sinne einer Gesamtsanierung aus allgemeinmedizinischen Gründen kontraindiziert oder wird sie vom Patienten nicht gewünscht, ermöglichen verschiedene Verfahren den Umbau oder eine Verbesserung eines existierenden Zahnersatzes.

Die „Quintessenz Zahnmedizin“, Monatszeitschrift für die gesamte Zahnmedizin, ist der älteste Titel des Quintessenz-Verlags, sie wird 2024 wie der Verlag selbst 75 Jahre alt. Die Zeitschrift erscheint mit elf Ausgaben jährlich. Drei Ausgaben davon sind aktuelle Schwerpunktausgaben, die zusätzlich einen Online-Wissenstest bieten mit der Möglichkeit, Fortbildungspunkte zu erwerben. Abonnenten erhalten uneingeschränkten Zugang für die Online-Version der Zeitschrift und Zugang zur App-Version. Mehr Infos, Abo-Möglichkeit sowie ein kostenloses Probeheft bekommen Sie im Quintessenz-Shop.

Einleitung

Die Gesundheitsbefragung des Schweizer Bundesamts für Statistik aus dem Jahr 2012 zeigte, dass der Anteil der Schweizer Bevölkerung mit herausnehmbarem Zahnersatz in den vergangenen 10 Jahren um 6 Prozent gesunken ist. Im Jahre 2012 trugen nur noch 13 Prozent der Betagten eine Teil- oder Totalprothese. Der Anteil steigt allerdings mit zunehmendem Alter: In der Altersgruppe ab 65 Jahren sind es 50 Prozent der Frauen und 41 Prozent der Männer, die einen herausnehmbaren Zahnersatz tragen. Noch höher ist der Anteil in Alters- und Pflegeheimen. 75 Prozent der dort lebenden Betagten haben einen herausnehmbaren Zahnersatz. In der Altersgruppe über 85 Jahre sind es sogar 82 Prozent26,28. In Deutschland sind 33 Prozent der jüngeren Senioren mit einen abnehmbaren, 36,6 Prozent mit einem festsitzenden und 14,1 Prozent mit einem sowohl festsitzenden als auch abnehmbaren Zahnersatz versorgt23.

Eine altersgerechte zahnmedizinische Versorgung sollte bereits früh mit einem zahnärztlich-prothetischen Behandlungsplan sichergestellt werden, der vorausschauend auf die Veränderungen des Alters blickt. Hierzu gehören beispielsweise Implantationen an strategisch wertvollen Positionen oder die Planung von leicht umbaubaren Deckprothesen. Die Nachsorge und Instandhaltung dieser bestehenden Prothesen sollte als zentraler Aspekt für die Erhaltung der Kaufunktion bei älteren Menschen betrachtet werden. Regelmäßige, systematische Kontrollen sowie gegebenenfalls die Durchführung von Umbauten, Reparaturen/Unterfütterungen und der prothetischen Nachsorge im Sinne einer Verbesserung von schlecht sitzendem Zahnersatz sind dabei die Grundlage, da es sonst zur Schädigung von Zähnen, der parodontalen Gewebe, der Mukosa oder sogar zum Verlust von Pfeilerzähnen kommen kann. Dabei stellt sich dem Behandler je nach Schweregrad der Diagnose die Frage, ob eine Anpassung/Reparatur oder doch eher eine Neuanfertigung indiziert ist. Neben dem Patientenwunsch sind aber auch allgemeinmedizinische Erkrankungen (zum Beispiel Osteoporose, Arthrose, neurodegenerative Erkrankungen etc.) beziehungsweise deren Pharmakotherapie (zum Beispiel Antikoagulation, Bisphosphonate, antiresorptive Therapien etc.), die Adaptationsfähigkeit Betagter sowie die finanziellen Mittel in die Entscheidungsfindung miteinzubeziehen (Abb. 1).

Dieser Leitfaden zeigt Therapiekonzepte im Hinblick auf und während des letzten Lebensabschnitts auf. Außerdem werden Prophylaxemaßnahmen und Möglichkeiten zum Erhalt/Umbau von bestehendem Zahnersatz erläutert. Ziel dieses Leitfadens ist es allerdings nicht, endgültige Antworten zu liefern, sondern vielmehr, das Verständnis, Wissen und Bewusstsein der Behandler für die Vielfalt an Behandlungsmöglichkeiten bei älteren Patienten zu fördern, um so eine individuell angepasste und adäquate Behandlung durchzuführen. Als Übersicht und Zusammenfassung dient hierbei Tabelle 1.

Prophylaxe

Dank der besseren zahnärztlichen Versorgung und eines besseren Mundhygienebewusstseins ist die Inzidenz für Zahnverlust in den letzten 30 Jahren deutlich gesunken28. Dies führt zu einer zunehmenden Anzahl an älteren Patienten mit einer größeren Anzahl von Zähnen im Mund. Was einerseits viel Positives wie eine verbesserte Lebensqualität und Kaufähigkeit sowie eine sinkende Anzahl von abnehmbaren Versorgungen mit sich bringt, sollte auf der anderen Seite aus zahnärztlicher Sicht auch kritisch betrachtet werden. Denn die älter werdende Bevölkerung leidet zunehmend an medizinischen, kognitiven und funktionellen Einschränkungen, die sich direkt auf die Mundgesundheit auswirken können. Dadurch kann ein höheres Risiko für Karies und Parodontitis sowie deren Konsequenzen entstehen, zum Beispiel Zahnhartsubstanzverlust, Pulpitiden, Frakturen, erhöhte Mobilität, Zahnverlust und damit schließlich eine Abnahme der Kaueffizienz1. Diese Tatsache soll aber keinesfalls dazu verleiten, auf alte Dogmen zurückzugreifen: Genauso wie Greene V. Blacks Philosophie einer „Extension for prevention“ aus dem Jahre 1891 durch die Adhäsivtechnik heute kritisch betrachtet wird, sind vorbeugende Extraktionen nicht eine Therapiewahl im Sinne der Autoren. Vielmehr soll eine lebenslange Prophylaxe und Prävention Patienten auf den letzten Lebensabschnitt vorbereiten („Schulung von Automatismen“) und den oben genannten Risiken entgegenwirken. Zusätzlich kann nach Indikationsstellung beispielsweise das Recallintervall verkürzt werden (siehe Tabelle 1).

Bei der Behandlung von betagten Patienten sollte stets das Hauptaugenmerk auf die Vermeidung von biologischen Komplikationen durch ein effizientes, an den Patienten angepasstes Prophylaxesystem gerichtet werden (siehe Tabelle 1). Insbesondere Prävention von Wurzelkaries spielt bei älteren Patienten eine große Rolle. Angezeigt sind hochfluoridhaltige Zahnpastas und Chlorhexidinhaltige Produkte, die entweder zu Hause durch den Patienten selbst oder im Rahmen der Hygiene-Recalls appliziert werden13. Eine andere Möglichkeit zur noninvasiven und präventiven Kariestherapie bietet die Anwendung von Silberdiaminfluorid (Abb. 2), dessen kariesinaktivierende Wirkung vor allem in der Kinderzahnmedizin (Milchzahnkaries) eingesetzt wird und positive Auswirkungen auf die gesamte Dentition zeigt15.

Allerdings muss auch berücksichtig werden, dass die Selbstständigkeit der älteren Bevölkerung abnehmen kann und es ihnen nicht mehr möglich ist, selbstständig eine Mundhygienesitzung wahrzunehmen. Ein höherer Grad der Abhängigkeit kann sich somit negativ auf die Mundhygiene, die Compliance, einen regelmäßigen Hygiene-Recall und die rechtzeitige zahnärztliche Therapie auswirken1,18. In solchen Fällen bietet sich eine vorausschauende Behandlungsplanung an.

Vorausschauende Behandlungsplanung

Bereits vor mehr als 40 Jahren konnte gezeigt werden, dass die Anforderungen an eine funktionelle Dentition erfüllt werden, wenn bei einem Menschen mindestens vier okklusale Einheiten (bevorzugt rechts und links jeweils zwei Prämolarenpaare) vorhanden sind8. Dieses „Konzept des verkürzten Zahnbogens“ („shortened dental arch“, SDA) bedeutete einen Paradigmenwechsel in der Prothetik. Die SDA, die für Patienten im Alter von 40 bis 80 Jahren als relevant angesehen wird, bietet im Allgemeinen eine nicht ideale, aber akzeptable Kaufunktion. Es wurde sogar gezeigt, dass Patienten mit einer vorhandenen SDA und einer abnehmbaren Teilprothese, die Molaren ersetzt, in 20 Prozent der Fälle ihren Zahnersatz gar nicht trugen24. Für die Altersgruppe 70 bis 100 Jahre wurde das Konzept der SDA erweitert und die extrem verkürzten Zahnreihe („extremely shortened dental arch“, eSDA) vorgeschlagen. Mit nur noch acht Antagonistenpaaren kann eine zwar minimale, aber individuell immer noch akzeptable Funktionalität gewährleistet werden8.

Gemäß diesen Konzepten muss also nicht jeder fehlende Zahn unmittelbar ersetzt werden. Vielmehr sollte die Kaufunktion gemeinsam mit dem Patienten evaluiert werden. Auch wenn eine Prämolarenokklusion funktionell auszureichen scheint, kann für mache Patienten ein zusätzliches Antagonistenpaar, zum Beispiel durch Implantation und Versorgung mit Einzelkronen oder Kronen mit Extensionen, ein Gewinn an Lebensqualität bringen. Je nach Zustand der verbleibenden Restbezahnung kann eine Implantation im Bereich des ersten Molaren nicht nur qualitativ für den Patienten, sondern auch aus strategischen Gründen wertvoll für den Behandler sein. Implantate in Position der Prämolaren oder der ersten Molaren können gegebenenfalls später – im Sinne eines Rückbaus – als posteriore Abstützung bei abnehmbaren Versorgungen dienen, falls es im Verlauf zu weiterem Zahnverlust beziehungsweise der Notwendigkeit einer Neuplanung kommt.

Im Sinne einer vorausschauenden Behandlungsplanung hat es sich der Klinik der Verfasserin und der Verfasser bewährt, mit solchen fakultativen Behandlungen nicht allzu lange zuzuwarten. Gerade bei betagten Patienten ist das Risiko von einschränkenden Komorbiditäten und Pharmakotherapie, Mobilitätseinschränkungen sowie finanzieller Abhängigkeit höher. Daneben sind einige Patienten mit zunehmendem Alter nicht mehr gewillt, den chirurgischen Mehraufwand auf sich zu nehmen.

Bei einer SDA kann die Indikation für einen festsitzenden Zahnersatz bei Lücken im Frontzahnbereich gegeben sein, sofern die vorhandene Dentition eine gute Prognose hat und eine gewisse manuelle Fertigkeit vonseiten der Patienten sichergestellt ist19. Dies kann beispielsweise durch Adhäsivbrücken, konventionelle Brücken oder implantatgetragene Kronen oder Extensionsbrücken erreicht werden (Abb. 3). Unter Umständen kann somit die Anfertigung einer Teilprothese vermieden werden. Alle diese festsitzenden Versorgungen zeigen in der Literatur hohe Überlebensraten1,9,16,22. Zahngetragene Extensionsbrücken können in ausgewählten Fällen ebenfalls in Erwägung gezogen werden, obwohl höhere Komplikationsraten bekannt sind6. Dies gilt vor allem im Hinblick auf die kürzere Zeit, die die Rekonstruktion im Mund verweilen wird.

Viele betagte Patienten sind auf öffentliche Gelder zur Finanzierung von Gesundheitskosten angewiesen. Festsitzende Versorgungen gelten sowohl in der Schweiz als auch in anderen Ländern als nicht wirtschaftliche, teure und nicht zweckmäßige Behandlungen2. Die Behandlung der Wahl ist deshalb oft ein abnehmbarer Zahnersatz, obwohl viele Patienten festsitzende Rekonstruktionen bevorzugen würden4. Interessant ist in diesem Kontext eine randomisierte kontrollierte Studie, die zwei Patientengruppen über 65 Jahren mit unterschiedlichem Zahnersatz verglich. Während der einen Gruppe mit Modellgussprothesen alle fehlenden Zähne ersetzt wurden, rekonstruierte man bei der zweiten Gruppe nur zehn Antagonistenpaare (SDA) mit Adhäsivbrücken. Es konnte gezeigt werden, dass die Behandlung mit Adhäsivbrücken über einen Zeitraum von drei Jahren eine signifikant höhere Überlebensrate, verglichen mit abnehmbaren Versorgungen, erzielte12.

Insgesamt ist jedoch die Beurteilung des Zustands der vorhandenen Restzahnsubstanz von Bedeutung, da im Behandlungsfall die Planung einerseits in Abhängigkeit der prospektiven Lebenserwartung möglichst langfristig ausgerichtet und andererseits auch dem Ausmaß des individuellen Abhängigkeitsniveaus des Patienten angepasst werden soll18. Die Therapiealternativen können also von palliativer Schmerzbehandlung über Intensivprophylaxe im Sinne einer Konservierung des aktuellen Zustands und/oder „langzeitprovisorischen“ Prothesenreparatur bis hin zu komplexeren (implantat-)prothetischen Behandlungen reichen18 (siehe Tabelle 1). Dabei sollte das zentrale Element – wie bereits erwähnt – die Rückbaubarkeit beziehungsweise die Reduktion der Komplexität der rekonstruktiven Versorgung sein, da sich die manuelle Kraft und Geschicklichkeit mit zunehmendem Alter im Allgemeinen verschlechtern. Hiermit und durch eine adäquate Instruktion von Patient und gegebenenfalls betreuenden Personen kann eine suffiziente Mund- und Prothesenhygiene sichergestellt werden19.

Umbauten und Reparaturen von abnehmbarem Zahnersatz

Obwohl Modellgussprothesen insgesamt hohe prothetische Überlebensraten von nahezu 90 Prozent nach zehn Jahren aufweisen11, ist mit verschiedenen Komplikationen zu rechnen. Die häufigste technische Komplikation waren Klammerfrakturen, die mit verhältnismäßig wenig Aufwand über das zahntechnische Labor behoben werden können. Biologische Komplikationen können weit schwerwiegendere Folgen nach sich ziehen und traten insgesamt deutlich häufiger auf. Bemerkenswert ist, dass nur gerade 40 Prozent der Pfeilerzähne nach zehn Jahren kariesfrei waren. Auch parodontale Probleme kamen mit einer ähnlichen Häufigkeit wie Karies – nämlich zwischen 30 und 35 Prozent – zum Vorschein11. Im Hinblick auf Betagte könnte sich insbesondere die Kariesanfälligkeit noch verstärken, da die physiologische Speichelproduktion mit steigendem Alter abnimmt oder durch Pharmakotherapie negativ beeinflusst wird7.

Um den Zahnerhalt strategisch wichtiger Pfeilerzähne zu gewährleisten, kann daher die Anfertigung einer Krone unter einer bestehenden Modellgussprothese indiziert sein. Die konventionelle Vorgehensweise ist jedoch technisch anspruchsvoll und der Patient muss in der Regel einige Tage ohne Prothese auskommen. Mit der Möglichkeit optischer Abformungen und der (teil-)automatisierten Arbeitsweise (CAD/CAM) wird das oben genannte Vorgehen jedoch deutlich vereinfacht. So ist es möglich, einen Intraoralscan der Ausgangssituation anzufertigen und diesen als Grundlage für das okklusale Relief einschließlich des Zahnäquators und der Klammerauflage für die neue Krone zu verwenden. In Kombination mit einer Schleifeinheit und einem Sinterofen kann so ein Duplikat der bestehenden Zahnkrone chairside hergestellt werden. Die analoge Vorgehensweise, bei welcher ein PMMA-Käppchen auf das Meistermodell aufgepasst und intraoral unter der Klammer mit einem Modellierkunststoff (Pattern Resin, GC) aufgebaut wird, um dem Zahntechniker die relevanten Informationen zu übermitteln, entfällt so.

Ein weiteres häufiges Problem bei Modellgussprothesen sind Druckstellen, welche – in Abhängigkeit von der vorhandenen Restbezahnung – 30 Prozent der Komplikationen ausmachen11 (Abb. 4). Strategische Implantationen unter bereits bestehenden Prothesen scheinen daher eine gute Behandlungsvariante zu sein, um einen ungenügenden Prothesenhalt zu verbessern oder rezidivierende Druckstellen zu reduzieren. Außerdem kann damit der Adaptationsprozess an eine neue Prothese vermieden werden. Hierzu eignen sich insbesondere Total- oder Teilprothesen mit Freiendsätteln.

Die nachträgliche Insertion von Implantaten unter existierende herausnehmbare Teilprothesen zur Überführung einer Kennedy Klasse I in eine Klasse III zeigte neben hohen 10-Jahres-Überlebensraten auch eine verbesserte Kaueffizienz27 (Abb. 5). Zusätzlich konnte eine höhere Patientenzufriedenheit nachgewiesen werden5,27. Ein ähnlicher positiver Effekt wurde für bestehende Totalprothesen im Unterkiefer nachgewiesen25 (Abb. 6).

Bei Prothesen mit bestehenden hybriden Verankerungselementen wie Teleskopen oder auch Stiftkappen bieten sich verschiedene Möglichkeiten an, die Prothesen unverändert weiter zu nutzen. So kann beispielsweise bei einer Fraktur einer Primärkrone die Zahnwurzel nach Wurzelkanalbehandlung mit einem konfektionierten Kugelattachment (Dalbo Rotex,  Cendres+Métaux SA) oder sogar mit einer individuell hergestellten, gegossenen Stiftkappe versorgt werden. Vorteil hierbei ist der Erhalt der Propriozeption, wohingegen auch das Risiko weiterer biologischer (Karies, Parodontitis, Längsfraktur etc.) und technischer (Retentionsverlust der Patrize, Dezementierung etc.) Komplikationen besteht10,20,21. Im Falle eines kompletten Pfeilerzahnverlustes besteht die Option, an derselben Stelle zu implantieren. Hierbei gilt es zu beachten, dass sich der Einbau von Matrizen in eine sekundäre Teleskopkrone aufgrund der großzügigeren Platzverhältnisse deutlich einfacher gestaltet. Die vorhandene Prothese beziehungsweise ein Duplikat davon dient bei der Implantation als Operationsschablone. Sofern beim verlorenen Pfeiler ein Nachbarzahn vorhanden ist, kann dieser mit einer in die vorhandene Prothese eingebauten Gussklammer versorgt werden. Bei einem ausreichendem Schmelz- und interokklusalen Platzangebot besteht außerdem die Möglichkeit, den Nachbarzahn mit einem Adhäsivattachment zu versorgen, wobei die Geschiebematrize und -patrize in der approximal geöffneten sekundären Teleskopkrone Platz finden3.

Im Hinblick auf Totalprothesen bietet das Duplikationsverfahren außerdem die Möglichkeit, eine identische Rekonstruktion mit Übernahme der bestehenden horizontalen und vertikalen Dimension, Ästhetik und Phonetik herzustellen. Dieses Verfahren wird insbesondere in Fällen von fortgeschrittenen kognitiven und motorischen Einschränkungen beziehungsweise mangelnder Adaptationsfähigkeit angewendet14. Während bei der konventionellen Arbeitsweise Duplikatprothesen als individuelle Löffel und zur Kieferrelationsbestimmung genutzt werden, ermöglicht es die Digitaltechnologie darüber hinaus seit einigen Jahren, eine Kopie der Prothesen mit optischer Abformung und CAD/CAM-Herstellungsverfahren anzufertigen14. Vorteile der digitalen Arbeitsweise sind eine Kosteneinsparung sowie die digitale Hinterlegung des Datensatzes, wobei dieser im Falle eines Verlustes der Prothesen erneut herangezogen werden kann.

Schlussfolgerung

Zusammen mit vielen Vorteilen birgt die steigende Anzahl an vorhandenen Zähnen bei Senioren auch Risiken. Eine stetige Reevaluation der oralen Gegebenheiten sowie ein regelmäßiges und systematisches Prophylaxesystem sind daher unabdingbar für die Diagnostik oraler Pathologien. Die frühzeitige und vorausschauende Behandlungsplanung kann später notwendige Modifikationen von festsitzend versorgten Kiefern oder Teilprothesen vereinfachen. Die Tatsache, dass ein Zahnersatz bei Hochbetagten keine jahrzehntelangen Überlebensraten benötigt, erlaubt in gewissen Fällen auch eine Versorgung, die gegebenenfalls höhere Komplikationsraten nach sich zieht. Daneben bieten die neuen zahnärztlichen Digitaltechnologien Chancen für einfache und kosteneffiziente Reparaturen von abnehmbarem Zahnersatz.

Eine adäquate Prophylaxe, eine rechtzeitige Behandlungsplanung und das Ausschöpfen der prothetischen Möglichkeiten sind daher die Grundpfeiler, um den zukünftigen Herausforderungen der älter werdenden Generationen gerecht zu werden.

Ein Beitrag von Dr. Frank M. Bischof, Dr. Anja K. Stalder und Prof. Dr. Martin Schimmel, alle Bern

Literatur auf Anfrage über news@quintessenz.de

Quelle: Quintessenz Zahnmedizin 01/2023 Zahnmedizin

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