So manchen Gegenstand des täglichen Bedarfs gibt es in einer extra Ausführung für die zahlreichen Linkshänder – für jeden das Richtige. Dieses Konzept stellt für Praxen aus ergonomischer Sicht eine absolute Notwendigkeit dar. Auf der Internationalen Dental-Schau (IDS) vom 25. bis zum 29.03.2025 in Köln findet sich dafür eine Vielzahl spezieller Produkte. Die folgenden Zeilen helfen bei der Auswahl und schärfen den Blick für das Zusammenspiel von Rechts- und Linkshändern im zahnärztlichen Team.
10 bis 15 Prozent der Menschen sind Linkshänder
Erst vor drei Jahren hat ein internationales Forscher-Team um die Neuropsychologin Dr. Marietta Papadatou-Pastou, Universität Athen, es in einer Metastudie einmal konsequent ermittelt [1]: 10,6 Prozent der Menschen sind Linkshänder; andere Studien waren allerdings teilweise auf bis zu 15 Prozent gekommen.
Es ist heute breiter Konsens, dass Linkshändigkeit angeboren ist. Nach wie vor irritiert dabei jedoch, dass bei einem Viertel der eineiigen Zwillinge (genetisch also gleich!) eine unterschiedliche Händigkeit festgestellt wird [2]. Einigkeit besteht aber darüber, dass Linkshändigkeit in der Natur liegt und nicht – wie man es in früheren Zeiten zuweilen versucht hat – auf Rechtshändigkeit „umgeschult“ werden darf.
Design der Behandlungseinheit folgt Händigkeit
Die zeitgemäße Alternative: Gegenstände, mit denen wir täglich hantieren, werden in einer zweiten Ausführungsform angeboten. Darum gibt es zum Beispiel spezielle Scheren und Messer für Linkshänder.
Mancher Zahnarzt dagegen ist während des Studiums nie auf eine zu seinen Bedürfnissen passende Behandlungseinheit gestoßen [3]. Alles war gefühlt verkehrt herum. Nur mit ergonomisch bedenklichen Seitwärtsverdrehungen gelang es, den Mund des Patienten komplett in Augenschein nehmen. Die wichtigste Anschaffung bei der Niederlassung kann in diesem Falle eine für Linkshänder designte Behandlungseinheit sein.
Behandlungseinheit muss auch für die Assistenz passen
Ähnliches gilt für die Assistenz. Wenn sie selbstständig in einem eigenen Prophylaxezimmer arbeitet, braucht sie als Linkshänder(in) eine für sie geeignete Behandlungseinheit. Beispielsweise müssen die Handstücke für Ultraschall-, Pulverstrahl- und andere Geräte mit der Linken auf kurzem Wege erreichbar sein.
Arbeitet die Assistenz mit dem Zahnarzt zusammen am Patienten, muss die Behandlungseinheit für beide „passen“, das heißt idealerweise harmonieren dann im ergonomischen Sinne selbst ein rechtshändiger Zahnarzt und eine linkshändige Assistenz (oder umgekehrt).
Zwei Entscheidungen – das gesamte Team miteinbeziehen
Im Grunde genommen sind beim Erwerb zwei wesentliche Entscheidungen zu treffen. Dabei sollte das gesamte Team miteinbezogen werden.
Soll von der Seite oder in 12-Uhr-Position hinter dem Kopf behandelt werden? Die zweite Möglichkeit beruht auf dem Konzept von Dr. Beach; hier werden praktisch nur die Unterarme aktiv. Das Instrumententray kann in Form einer Schwingbügelkonstruktion über dem Patienten schweben und sich einfach von links nach rechts verschieben lassen. Es ist ja keine Person „im Wege“.
Bei der klassischen Behandlung von der Seite eröffnen sich noch einmal mehrere Möglichkeiten, womit die zweite Entscheidung ansteht: Soll eine Behandlungseinheit fix für einen Rechtshänder-Platz beziehungsweise für einen Linkshänder-Platz erworben werden? Oder ist eine beidhändig nutzbare und bei Bedarf von links nach rechts umstellbare Ausführung die beste (sogenannte Ambidexter-Behandlungseinheit)?
Alle Optionen stehen heute offen. Man muss das einfach einmal ausprobiert haben – entweder auf einer Messe oder im Dentaldepot und auf jeden Fall im Team.
Switch von Rechtshänder- auf Linkshänder-Behandlungseinheit
Wenn von vorneherein klar ist, welches Team in welchem Behandlungszimmer arbeitet und ob Linkshänder dabei sind, dann ist die Einheit mit fix installierter Händigkeit eine gute Lösung. Andernfalls stehen Ambidexter-Varianten mit unterschiedlichen „Umschalt-Mechanismen“ zur Auswahl.
Standard ist heute, dass sich der Switch von Rechtshänder- auf Linkshänder-Behandlungseinheit ohne spezielles Werkzeug vornehmen lässt. Dafür braucht das Team höchstens eine Minute.
Verschiedene Mechanismen
Es gibt allerdings mehrere unterschiedliche Mechanismen. Mal ist das Instrumententray über einen beweglichen Arm an der Lampenstange angebracht und lässt sich über den Patienten nach links und rechts rotieren. Bei einem anderen Modell lässt sich die Beinauflage nach Lösen einer Handschraube abnehmen und alle Instrumentenablagen von der einen zur anderen Seite herüberziehen, dann die Auflage wieder anbringen.
Nach einem anderen Mechanismus lassen sich das Arztelement und das Assistenzelement vorn beziehungsweise hinten um die Patientenauflage herum um je 180 Grad drehen. Alternativ dazu ist die Patientenauflage selbst drehbar ausgeführt. Es gibt auch die Kombination: Das Instrumententray ist mit einer Schwingbügelkonstruktion schwenkbar angebracht, während sich das Assistenzelement hinten um den Kopf des Patienten um 180 Grad schwenken lässt.
Auch dies muss man einmal probiert haben! Einerseits kommt es auf die Leichtigkeit an, mit der sich die Behandlungseinheit „von links auf rechts ziehen“ lässt. Andererseits ist auch der Platz abzuschätzen. Denn manche Konstruktionen nehmen sich zwar auf den ersten Blick praktisch und großzügig aus, passen aber in ein kleines Prophylaxezimmer doch nicht so recht hinein.
Schritt für Schritt von „rechts“ auf „links“
Die Assistenz kann den Umbau einer Ambidexter-Einheit recht einfach vornehmen – hier ein konkretes Beispiel: Zunächst wird die Kopfstütze nach innen gedrückt, anschließend der Fußanlasser mit dem Fuß aus dem Schwenkbereich geschoben. Nun klappt man die Armlehnen nach unten, dreht die Behandlungsleuchte in die Linkshänder-Position und betätigt das Fußpedal für die Wassereinheit.
Jetzt positioniert sich die Rückenlehne automatisch, und auch die Wassereinheit bewegt sich an ihren neuen Platz und braucht dort nur noch mit der Hand endgültig zum Einrasten gebracht zu werden. Der eigentliche Umbau von „rechts“ auf „links“ ist damit schon abgeschlossen.
Es folgen kleinere Nacharbeiten wie das Einsetzen des Trays und der Intraoralkamera in das Arztelement. Abschließend werden die OP-Leuchte und der Monitor optimal eingestellt – Behandlungseinheit fertig für die Linkshänder-Behandlung.
Aktuelle Konzepte für alle
Unabhängig von der Händigkeit stellen für die Auswahl einer neuen Behandlungseinheit grundlegende Kriterien eine gute Basis dar. Die Philosophien reichen von der puristischen Liege, an die alle Peripheriegeräte nach Bedarf herangefahren werden, bis zu stark integrierten Einheiten. Diese können zum Beispiel ab Werk standardmäßig mit diagnostischen Funktionen ausgestattet sein (zum Beispiel Transillumination, Fluoreszenzmodus und Intraoralkamera).
Oder die installierten Mikromotoren erlauben über ein integriertes fluoreszenzgestütztes Identifizierungsverfahren die Erkennung von Verbundwerkstoffen (insbesondere von Kompositen) an behandelten Zähnen, was ein gezielteres Arbeiten und kürzere (Füllungs-)Therapie-Zeiten ermöglicht.
Wieder andere Behandlungsstühle sind optional mit endodontischen (zum Beispiel Endo-Motor für kontinuierliche und/oder reziprokierende Feilenbewegung, endometrische Längenmessung, Feilenbibliothek) oder implantologischen (zum Beispiel Implantatbibliothek) Elementen ausgestattet. Gegebenenfalls erlauben solche Systeme die Speicherung personalisierter Einstellungen für einzelne Behandler und eine komfortable Sprachsteuerung.
Anschauliche Bilder auf einem integrierten Monitor erleichtern die Aufklärung des Patienten, und gegebenenfalls macht ihm eine Massagefunktion die Sitzung angenehmer.
Rechts und links im gemischten Doppel
Bei jeder Behandlungseinheit empfehlen sich für die Zusammenarbeit Hand in Hand klare Absprachen. In der Regel wird beispielsweise die rechtshändige Assistenz eines linkshändigen Zahnarztes an einer Linkshänder-Behandlungseinheit auf der gegenüberliegenden Seite arbeiten. Steht nur eine Rechtshänder-Einheit zur Verfügung, so hat es sich bewährt, dass beide auf einer Seite stehen, und zwar links vom Patienten [4].
Eine allgemeingültige Regelung kann es freilich nicht geben. Auch hier ist es so: Der Königsweg führt über das Ausprobieren im Team. Einen guten Anfang dafür stellt ein gemeinsamer Besuch der Weltleitmesse IDS in Köln dar.
Dr. Christian Ehrensberger, Frankfurt am Main
Literatur
1. https://www.barmer.de/gesundheit-verstehen/psyche/psychische-gesundheit/linkshaender-1071424#:~:text=Einer%20von%20zehn%20Menschen%20in,von%20bis%20zu%2015%20Prozent, Zugriff am 20.10.2023
2. https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/33-erstaunliche-fakten-2219566.html, Zugriff am 20.10.2023
3. https://xo-care.com/blog/being-a-left-handed-dentist-doesnt-have-to-be-a-struggle, Zugriff am 20.10.2023
4. https://lefthander-consulting.org/deutsch/wp-content/uploads/2019/04/Linkshaendigkeit_Beruf_Zahnarzt.pdf, Zugriff am 24.10.2023