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Von elektronischem Personalausweis bis eHBA und ePA – eine Bewertung aus juristischer Sicht

(c) FAMILY STOCK/Shutterstock.com

Die Digitalisierung beeinflusst das gesamte Wirtschaftsleben und damit auch die Art und Weise, wie Verträge geschlossen werden. Im Gesundheitswesen müssen Medizinerinnen und Mediziner immer häufiger qualifizierte elektronische Signaturen (QES) mit ihrem elektronischen Heilberufsausweis (eHBA) erzeugen. Insbesondere Arbeitsprozesse im Zusammenhang mit der Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) und des elektronischen Rezepts (E-Rezept) sind betroffen.

Dieser Beitrag legt dar, welche Grundlagen für die Nutzung elektronischer Signaturen im deutschen Zivilrecht bestehen (I.), welche Arten elektronischer Signaturen es gibt (II.) und wie diese in der Praxis Verwendung finden (III.).

I. Grundlage für die Nutzung von elektronischen Signaturen

Im Zivilrecht gilt der Grundsatz der Formfreiheit. Dies bedeutet, dass ein Vertrag auch mündlich geschlossen werden kann. In bestimmten Fällen verlangt das Gesetz bestimmte Formvorgaben, die zu beachten sind.

Die Textform (Paragraf 126b Bürgerliches Gesetzbuch – BGB) setzt voraus, dass die Erklärung als Textdokument festgehalten werden muss. Eine Unterschrift ist nicht erforderlich, solange die Person als Aussteller genannt wird. Zusätzlich muss der Abschluss der Erklärung erkennbar werden.

Bei der Schriftform (Paragraf 126 BGB) muss die Erklärung in einer physischen Urkunde festgehalten und mit einer eigenhändigen Unterschrift versehen werden.
Soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, kann die gesetzliche/vereinbarte Schriftform durch eine qualifiziert elektronische Signatur (QES) ersetzt werden (Paragrafen 126a i.V.m. Paragraf 126 III BGB).

Bei einer Beglaubigung (Paragraf 129 BGB) muss die Erklärung schriftlich oder in elektronischer Form abgegeben werden, wobei die Unterschrift des Ausstellers beziehungsweise die qualifizierte elektronische Signatur durch einen Notar oder eine für öffentliche Beglaubigungen zuständige Stelle  beglaubigt werden muss.
Bei der Beurkundung (§ 128 BGB) muss die Erklärung laut durch oder vor einem Notar verlesen, unterschrieben und durch den Notar gegengezeichnet werden. Dies setzt die persönliche Anwesenheit des Ausstellers während der gesamten Verlesung voraus.

Aufgrund neuer technischer Möglichkeiten durch die Digitalisierung gibt es Bestrebungen, vermehrt auf einen digitalen Vertragsschluss umzusteigen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die händische Unterschrift verlangt ein ausgedrucktes Exemplar, die Anwesenheit an einem bestimmten Ort und die nachträgliche Verwahrung des Vertragswerks. Eine digitale Signatur hat diese Anforderungen nicht, sie kann zu jedem Zeitpunkt binnen Minuten erfolgen. Das Vertragswerk kann digital archiviert werden, es nimmt keinen Platz weg und verstaubt nicht.

II. Arten elektronischer Signaturen

Europaweite Rechtsgrundlage elektronischer Signaturen ist seit 2016 die „Verordnung über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt (eIDAS-VO). Hiernach sind drei Formen der elektronischen Signaturen zu unterscheiden, welche im deutschen Rechtsverkehr genutzt werden können. Die Unterscheidung zwischen den drei Arten der elektronischen Signatur bezieht sich auf das Sicherheitsniveau und die Unverfälschbarkeit des Validierungsprozesses der Identität des Unterzeichners.

1. (Einfache) elektronische Signatur (EES): Eine einfache elektronische Signatur ist eine maschinenschriftliche Wiedergabe des Namens des Unterzeichners. Die einfache elektronische Signatur ist der niedrigste von drei E-Signatur-Standards. EES sind zum Beispiel: Drag-and-drop einer eingescannten Unterschrift, E-Mail mit elektronischer Grußformel, Unterschrift per Maus oder Touchscreen.

2. Fortgeschrittene elektronische Signatur (FES): Eine FES ist eine elektronische Signatur, die eindeutig dem Unterzeichner zugeordnet ist und dessen Identifizierung ermöglicht. Zur Identifizierung des Nutzers einer FES bieten verschiedene Anbieter Programme an, die meistens den Personalausweis oder Reisepass vorab prüfen. Ferner wird die FES mit dem unterzeichneten Dokument so verbunden, dass eine nachträgliche Veränderung der Daten erkannt werden kann.

3. Qualifizierte elektronische Signatur (QES): Den höchsten Sicherheitsstandard bietet eine QES, weshalb sie in ihrer Wirkung einer handschriftlichen Unterschrift gleichgestellt ist. Eine QES ist eine von einer qualifizierten elektronischen Signaturerstellungseinheit erstellte und auf einem qualifizierten Zertifikat für elektronische Signaturen beruhende Unterschrift. Die Nutzung einer QES ist nur durch Anwendung einer geeigneten Signatursoftware möglich. Vorab ist eine (einmalige) Identifizierung bei einem qualifizierten Vertrauensdienstleister nötig. Bei jedem Signaturvorgang findet sodann eine Überprüfung des Nutzers – per PIN-Eingabe auf dem Kartenlesegerät – statt.

Unterschiedliche Beweiskraft beachten

Kommt es zwischen den Beteiligten zum Streit, so muss auch die Beweiskraft der unterschiedlichen elektronischen Signaturen in den Blick genommen werden. Bei der EES und der FES unterliegt die Echtheit des Dokuments und die Abgabe der Erklärung des Ausstellers der freien Beweiswürdigung (Paragraf 286 Zivilprozessordnung – ZPO).

Ein Dokument mit QES erbringt dagegen vollen Beweis, dass die Erklärungen im Dokument vom Aussteller abgegeben wurde (Paragraf 371a Abs. 1 Satz 1, Paragraf 416 ZPO). Bei einer erfolgreichen Signaturprüfung besteht ein Anscheinsbeweis der Echtheit des Dokuments (Paragraf 371a Abs. 1 Satz 2 ZPO). Aus prozessrechtlicher Sicht ist deshalb die Nutzung einer QES vorzugswürdig. Erfordert das Gesetz die Schriftform und ist die elektronische Signatur nicht ausgeschlossen, muss die Verwendung von QES erfolgen.

III. Anwendung in der Praxis

Die fortschreitende Digitalisierung im Gesundheitswesen macht den Einsatz von digitalen Signaturen unverzichtbar. So können die EES oder die FES beispielsweise für Rechnungen, Anamnesebögen oder Datenschutzerklärungen verwendet werden. Die QES findet in der ärztlichen Praxis bereits bei der Erstellung von elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (eAU) und E-Rezepten Anwendung.

Komfortsignatur: Hinzuweisen sei in diesem Zusammenhang auf die Komfortsignatur in der vertragszahnärztlichen Versorgung. Grundsätzlich ist bei jeder QES die Eingabe einer sechs- bis achtstelligen PIN nötig, was den stressigen Arbeitsalltag in einer Praxis zusätzlich belastet. Mit der sogenannten Komfortsignatur kann der elektronische Arztausweis für bis zu 24 Stunden für die Signatur einer größeren Anzahl von Dokumenten (bis zu 250) aktiviert werden. Im Anschluss ist immer dann, wenn ein Dokument signiert werden muss, nur noch eine Bestätigung erforderlich. Die erneute PIN-Eingabe am Kartenterminal entfällt.

Fazit und Ausblick

Die Digitalisierung macht auch vor Vertragsabschlüssen keinen Halt. Wie aufgezeigt, gibt es in Deutschland zahlreiche Möglichkeiten, elektronische Signaturen zu nutzen, um Arbeitsprozesse zu erleichtern und Zeitersparnisse zu generieren. Ein geringerer papierbasierter Arbeitsaufwand bedeutet in letzter Konsequenz einen Zuwachs an Zeit für Ihre Patienten. Bei der Abwägung und Identifikation geeigneter Lösungen zusätzlich zu den von der Telematikinfrastruktur vorgegebenen Verfahren unterstützen auch Anwälte mit Blick auf rechtliche Konsequenzen gerne.

Dr. Karl-Heinz Schnieder, RA Maximian Heilig, Münster

Dr. Karl-Heinz Schnieder ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht und Mediator (cfm). Nach seinem Studium war er zwei Jahre als Referatsleiter Recht der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe tätig, seit 1994 ist er als Rechtsanwalt zugelassen.
Schnieder ist Geschäftsführender Partner der Rechtsanwaltskanzlei „KWM LAW“ mit Standorten in Münster, Berlin, Hamburg, Hannover, Bielefeld, Essen. Er ist Lehrbeauftragter der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und der privaten Hochschule für Logistik und Wirtschaft, SRH Hamm. Schnieder ist auch als Autor und Referent tätig mit zahlreichen Publikationen zum Arzt-, Zahnarzt- und Tierarztrecht und Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im Deutschen Anwaltsverein; der Deutschen Gesellschaft für Kassenarztrecht e.V. und der Deutschen Gesellschaft für Recht und Politik im Gesundheitswesen.
Neben seiner juristischen Tätigkeit ist er auch Initiator und Gründer der Gesundheitsregion-Stadt e.V., medizinische Netzwerke in Deutschland mit zurzeit zehn Gesundheitsregionen in Deutschland www.gesundheitsregion-deutschland.de. Kontakt zum Autor unter schnieder@kwm-law.de. (Foto: KWM LAW)

Maximian Heilig studierte Rechtswissenschaften in Heidelberg und Münster. Im Rahmen des Referendariats absolvierte er unter anderem Stationen bei der Zahnärztekammer Westfalen und bei der Rechtsanwaltskanzlei KWM LAW. Seit 2021 ist er dort als angestellter Rechtsanwalt tätig. Kontakt zum Autor unter heilig@kwm-law.de. (Foto: KWM LAW)

Quelle: Quintessence News Wirtschaft Telematikinfrastruktur Dokumentation

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