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Finanzentwicklung der Gesetzlichen Krankenversicherung im 1. Quartal 2021 – Finanzreserven der Kassen schmelzen

(c) mahc/Shutterstock.com

Die gute Nachricht: Die Bürgerinnen und Bürger gehen offensichtlich wieder „normal“ zum Zahnarzt und lassen sich auch mit Zahnersatz versorgen. Die Ausgaben für zahnärztliche Behandlungen und Zahnersatz für gesetzlich versicherte Patientinnen und Patienten sind im ersten Quartal 2021 im Vergleich zum „Corona-Quartal“ 1/2020 deutlich gestiegen. Beim Zahnersatz dürften dabei auch die seit Oktober 2020 geltenden höheren Festzuschüsse eine Rolle spielen.

Insgesamt blicken die gesetzlichen Krankenkassen allerdings angespannt auf die Finanzentwicklung, befürchten sie doch aufgrund der Gesundheitsgesetzgebung der vergangenen Jahre und der Corona-Pandemie deutliche Ausgabensteigerungen. So hatte die DAK beim IGES-Institut eine Studie in Auftrag gegeben, nach der in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) bis 2025 ein Rekordminus von 27,3 Milliarden Euro droht. Der erforderliche Bundeszuschuss müsste schon 2022 auf 15,6 Milliarden Euro steigen, mehr als doppelt so viel, wie jetzt eingeplant ist. Die Kassen drängen daher erneut darauf, dass versicherungsfremde Sozialleistungen stärker aus Steuermitteln finanziert werden müssten.

In den vorläufigen Zahlen für das 1. Quartal 2021, die das Bundesgesundheitsministerium (BMG) jetzt veröffentlicht hat, ist für die 103 gesetzlichen Krankenkassen ein Defizit von 148 Millionen Euro genannt. „Trotz einer anteiligen Vermögensabführung von rund zwei Milliarden Euro an den Gesundheitsfonds lagen die Finanzreserven der Krankenkassen Ende März 2021 bei rund 16,6 Milliarden Euro und entsprechen damit im Durchschnitt 0,7 Monatsausgaben. Die gesetzlich vorgesehene Mindestreserve für die einzelnen Krankenkassen beträgt 0,2 Monatsausgaben“, so das BMG

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn erklärte zur Situation: „Die Pandemie hat auch im 1. Quartal 2021 die Einnahmen- und Ausgabenentwicklung der gesetzlichen Krankenversicherung deutlich beeinflusst. Die vorliegenden Daten lassen aber noch keine valide Prognose für die weitere Finanzentwicklung der GKV zu. Erst wenn die Daten des 1. Halbjahres vorliegen, wissen wir, ob der von der Koalition beschlossene ergänzende Bundeszuschuss von sieben Milliarden Euro für 2022 angepasst werden muss, um den durchschnittlichen Zusatzbeitrag stabil zu halten."

Den Einnahmen der gesetzlichen Krankenkassen in Höhe von rund 69,3 Milliarden Euro standen Ausgaben von rund 69,4 Milliarden Euro gegenüber. Die Ausgaben für Leistungen und Verwaltungskosten verzeichneten bei einem Anstieg der Versichertenzahlen von rund 0,2 Prozent einen Zuwachs von 2,3 Prozent. Der durchschnittlich von den Krankenkassen erhobene Zusatzbeitragssatz lag mit 1,28 Prozent leicht unterhalb des Ende Oktober 2020 für das Jahr 2021 bekannt gegebenen durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes von 1,3 Prozent.

Entwicklungen bei den Ausgaben

Bei den Krankenkassen gab es im 1. Quartal 2021 einen absoluten Ausgabenzuwachs von Leistungen und Verwaltungskosten von 2,3 Prozent. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Ausgabenzuwächse dieses Quartals auf einen hohen Ausgabensockel des entsprechenden Vorjahresquartals 1/2020 aufsetzen. Deshalb ist zu erwarten, dass die Zuwachsraten im weiteren Jahresverlauf noch deutlich steigen werden. Insgesamt stiegen die Leistungsausgaben um 2,2 Prozent, die Verwaltungskosten um 5,3 Prozent.

Krankenhaus, Vorsorge und Reha rückläufig

Vor allem bei Krankenhausbehandlung (-1,7 Prozent) sowie bei Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen (-14,1 Prozent) sind die Ausgaben im Vergleich zum 1. Quartal 2020 rückläufig. Für die damit verbundenen Belegungsrückgänge haben die Krankenhäuser beziehungsweise Vorsorge- und Reha- Einrichtungen von Januar bis März insgesamt rund drei Milliarden Euro beziehungsweise 135 Millionen Euro Ausgleichszahlungen des Bundes erhalten.

Überproportionale Zuwächse beim Arzt und Zahnarzt

Überproportionale Ausgabenzuwächse im Vergleich zum 1. Quartal des Vorjahres gab es hingegen bei ärztlicher Behandlung (+7,4 Prozent), zahnärztlicher Behandlung (+6,1 Prozent) und Zahnersatz (+9,9 Prozent), während die Arzneimittelausgaben nach einem zweistelligen Zuwachs von 11,5 Prozent im 1. Quartal 2020 um 0,8 Prozent stiegen.

Besonders deutlich stiegen die Ausgaben für Zahnersatz im Vergleich zum 1. Quartal 2020 bei den Betriebs- und Innungskrankenkassen. Für die gesamte zahnärztliche Behandlung mit Zuzahlungen werden für das 1. Quartal 2021 262 Millionen Euro mehr als für das 1. Quartal 2020 ausgewiesen, insgesamt 4,07 Milliarden Euro. Aufgrund der hohen Ausgaben in anderen Bereichen liegt der Anteil der zahnärztlichen Leistungen inklusive Zahnersatz an den Gesamtausgaben der GKV allerdings weiter nur bei 5 Prozent.

Plus von 46 Prozent beim Krankengeld

Die Krankengeldausgaben stiegen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 5,6 Prozent. Besonders dynamisch haben sich hierunter die Aufwendungen für Kinderkrankengeld erhöht (+46 Prozent). Dies ist vor allem auf die Erweiterung des Anspruchs für Eltern, die ihre Kinder pandemiebedingt zu Hause betreuen, und die Verlängerung der möglichen Anspruchsdauer für die Finanzierung von Kinderkrankengeldtagen zurückzuführen. Bei der Interpretation der Daten des 1. Quartals sei grundsätzlich zu berücksichtigen, dass die Ausgaben in vielen Leistungsbereichen, vor allem bei Ärzten und Zahnärzten, von Schätzungen geprägt sind, da Abrechnungsdaten häufig noch nicht oder nur teilweise vorliegen.

Unterschiedliche Finanzentwicklung nach Krankenkassenarten

Die einzelnen Krankenkassenarten verbuchten unterschiedliche Finanzergebnisse. Ersatzkassen (+435 Millionen Euro), Innungskrankenkassen (+49 Millionen Euro) und die Landwirtschaftliche Krankenkasse (+14 Mio. Euro) erzielten Überschüsse. Allgemeine Ortskrankenkassen (-563 Millionen Euro), Betriebskrankenkassen (-63 Millionen Euro) und die Knappschaft (-20 Millionen Euro) erzielten hingegen Defizite. „Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die einzelnen Krankenkassen im Jahr 2021 in unterschiedlichem Umfang Teile ihrer Finanzreserven an den Gesundheitsfonds abführen mussten. Im 1. Quartal 2021 wurden dem Gesundheitsfonds so insgesamt 1,99 Milliarden Euro zugeführt und als Zuweisungen an die Krankenkassen wieder ausgezahlt“, so das BMG.

Ergebnis des Gesundheitsfonds

Der Gesundheitsfonds, der zum Stichtag 15. Januar 2021 über eine Liquiditätsreserve in einer Größenordnung von rund 5,9 Milliarden Euro verfügte, verzeichnete im 1. Quartal 2021 einen Überschuss von 458 Millionen Euro. Die Beitragseinnahmen (ohne Zusatzbeiträge) stiegen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 1,9 Prozent. Dieser Anstieg blieb damit erheblich hinter den Veränderungsraten vor Beginn der Covid-19-Pandemie mit durchschnittlich über vier Prozent zurück. Der Anstieg der gesamten Einnahmen des Gesundheitsfonds um 22,4 Prozent geht zu einem großen Teil auf die Erstattungen des Bundes im Rahmen der Covid 19-Pandemie zurück. Diese beliefen sich im 1. Quartal 2021 auf ca. 4,4 Milliarden Euro, während die entsprechenden Erstattungen im Jahr 2020 erst im zweiten Quartal begannen.

Verlässliche Daten erst im August

Aus den vorliegenden Finanzdaten können, so das BMG, noch keine validen Rückschlüsse auf die Einnahmen- und Ausgabenentwicklung im Jahr 2021 gezogen werden. Die Finanzergebnisse des 1. Halbjahres 2021 werden erst Mitte August vorliegen. „Auf deren Basis wird der Bedarf an Bundesmitteln geprüft, um den durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz im Jahr 2022 bei 1,3 Prozent zu stabilisieren.“

 

Politik Wirtschaft Praxis Nachrichten

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