Erst Berlin am Freitag, dann Hannover am Mittwoch: Mehr als 1.500 Zahnärztinnen und Zahnärzte sowie deren Fachpersonal haben am 13. September 2023 in der niedersächsischen Landeshauptstadt gegen die aktuelle Spargesetzgebung bei zahnmedizinischen Leistungen und weitere politische Fehlentscheidungen protestiert.
„Den Praxen werden die Luft zum Atmen und die Zeit sowie die Mittel für eine effiziente Patientenversorgung genommen. Wenn der Gesundheitsminister tönt, die Budgetierung führe nicht zu Leistungseinschränkungen, ist dies öffentliche Augenwischerei. Natürlich werden die gekürzten finanziellen Mittel in der ärztlichen und zahnärztlichen Versorgung zu einer Art Triage führen“, sagte der Stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KZVN), Dr. Carsten Vollmer.
Die Folgen der Budgetierung seien für die Bevölkerung Niedersachsens schon jetzt in den Praxen zu spüren und verschärften sich weiter, hieß es in Hannover. Dabei stünden gerade die zahlreichen Einzelpraxen in Niedersachsen durch Preissteigerungen, den Fachkräftemangel und zunehmende Bürokratie oft schon am Rande der Belastungsgrenze. Schon heute könnten Praxen, deren Inhaber/-innen altersbedingt ausscheiden, kaum mehr nachbesetzt werden, heißt es.
Wachstumsmotor Gesundheit ausgebremst
„Dabei könnte der Gesundheitssektor ein Wachstumsmotor für Deutschland sein. Das funktioniert allerdings nur, wenn man die Kräfte des Marktes liberalisiert und nicht drangsaliert und demotiviert“, betonte der Präsident der Zahnärztekammer Niedersachsen, Henner Bunke, D.M.D./Univ. of Florida, in seiner Rede.
Prof. Dr. Christoph Benz, Präsident der Bundeszahnärztekammer, bedankte sich bei den zahlreich erschienenen Protestteilnehmern. „Liebe Schnauze-voll-Teams, ihr seid großartig. Ich habe noch nie einen solchen Protest erlebt und dieser ist derzeit auch bitter notwendig“, erklärte er mit Blick auf die ganze Reihe gut besuchter Protestveranstaltungen seit Mai 2023.
Bürokratieabbau gefordert
Neben der Rücknahme der Budgetierung fordert die niedersächsische Zahnärzteschaft dringend den Abbau von Bürokratie. „Herr Minister Philippi, geben Sie endlich grünes Licht für eine Abschaffung des Bürokratiemolochs in den Zahnarztpraxen“, sagte Dr. Dirk Timmermann, Vorsitzender des Landesverbands Niedersachsen des Freien Verbands Deutscher Zahnärzte (FVDZ), in Richtung des zuständigen Landesministers. Er forderte, dass endlich der seit Jahren der Politik bekannte Maßnahmenkatalog des Nationalen Normenkontrollrats umgesetzt werde.
Präventionserfolge finden keine Beachtung
Dr. Tilli Hanßen, Stellvertretende Vorsitzende des Verbands Zahnärzte für Niedersachsen (ZfN), verwies auf die enormen Erfolge zahnärztlicher Prävention in den vergangenen Jahren. „Diese hat nicht nur zu einer signifikanten Verbesserung der Mundgesundheit geführt, sondern auch zur Reduktion der zahnärztlichen Behandlungskosten an den Gesamtkosten der GKV in den vergangenen 20 Jahren von 9 auf 6 Prozent. Anscheinend hört die Politik uns aber nur, wenn die Patientinnen und Patienten die Auswirkungen spüren und wir laut schreien.“
Landtagsabgeordnete vor Ort sagen Unterstützung zu
Mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz wurde eine drastische Budgetierung zahnärztlicher Leistungen beschlossen. Laut KZVN ergeben sich daraus deutliche Honorarkürzungen für die Jahre 2023 und 2024. An der Kundgebung auf dem Platz der Göttinger Sieben in Hannover nahmen auch mehrere Abgeordnete des niedersächsischen Landtags teil, die den Zahnärztinnen und Zahnärzten ihre Unterstützung zusagten.