Fremdinvestoren und Z-MVZ, die Digitalisierung, ein neues Gelöbnis in der Musterberufsordnung, Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel und natürlich die GOZ standen im Mittelpunkt der Anträge und Beschlüsse der Bundesversammlung der Bundeszahnärztekammer am 15. und 16. November 2019 in Berlin.
Besonders heftig und auch emotional diskutiert wurde erwartungsgemäß zur Gebührenordnung der Zahnärzte – die Vorschläge, wie die Forderungen nach einem höheren Punktwert und das Dilemma der heute bereits höher bewerteten Kassenleistungen im Bema zu lösen sei, reichten von genereller Faktorerhöhung in der Abrechnung bis zum kollektiven GOZ-Streik. Mehrfach wurde daher, auch vom Präsidenten der Bundeszahnärztekammer, Dr. Peter Engel, angemahnt, doch realistisch zu bleiben und politisch wirklich machbares zu beschließen. Es sei völlig unrealistisch, für einen solchen Streik auch nur annähernd genügend Kollegen zu gewinnen, so dass dies Wirkung auf die Politik zeige. Der Antrag des BZÄK-Vorstands zur GOZ wurde mit Mehrheit abgelehnt, angenommen wurde ein Antrag der GOZ-Experten mit der Forderung nach Erhöhung des GOZ-Punktwerts mit jährlicher Dynamisierung.
Eine intensive Diskussion entbrannte auch darüber, ob für die Evaluation des Modellprojekts „Fit for Future“ der hessischen Zahnärzte als strukturiertem fachlichen und berufspolitischen Begleitangebot für junge Zahnärzte in der Vorbereitungsassistenzzeit Mittel aus dem Haushalt der BZÄK bereitgestellt werden sollten. Hier herrschte auch im Vorstand keine Einigkeit. Während einige Länderpräsidenten dies befürworteten, da die Ergebnisse und das Projekt für alle Kammern zur Verfügung stehen würden, wurde dies aus anderen Länderkammern unter Verweis auf ihre eigenen Angebote verneint. Einige Delegierte sprachen sich grundsätzlich gegen solche umfangreichen postgradualen Fortbildungsangebote aus, da es Aufgabe der Universitäten sei, die angehenden Zahnmediziner theoretisch wie praktisch berufsfertig auszubilden. Andere konstatierten, dass genau dies nicht mehr erfolge. Der Antrag wurde am Ende mit Mehrheit abgelehnt.
Resolution zu Kernforderungen
Insgesamt aber lief die Veranstaltung, die mit einem kleinen Festakt am Freitagmorgen gestartet war, nach den programmatischen Reden des BZÄK-Präsidenten zur allgemeinen Entwicklung und der Vizepräsidenten Prof. Dr. Dietmar Oesterreich und Prof. Dr. Christoph Benz konzentriert und sachorientiert.
Fachkräfte und Ausbildung im Pflegebereich
BZÄK-Vizepräsident Prof. Dr. Dietmar Oesterreich wies auf die Aktivitäten der BZÄK hin, den Fachkräftebedarf zu sichern und gut qualifizierte Praxismitarbeiter zu gewinnen. Zudem berichtete er über den Nationalen Aktionsplan Dentalamalgam, die sehr erfolgreiche Aufklärungskampagne „Keine Angst vor HIV“, die als positives Beispiel im BMG angesehen wird, die Teilnahme an der Umfrage des Fraunhofer Instituts zum Thema Umwelt sowie über konkrete Schritte, wie der berufliche Nachwuchs unterstützt werden kann.
Mit Blick auf das BZÄK-Konzept „Prophylaxe ein Leben lang“ sei dieses Jahr eine weitere Präventionslücke geschlossen: bei der Prävention der frühkindlichen Karies. Für das andere Ende des Lebensbogens sei man ebenfalls sehr engagiert, ab Januar 2020 stünden erstmals bundeseinheitliche Rahmenpläne für die Ausbildung von Pflegekräften zur Verfügung. Das Besondere: Dort sei jetzt auch die Zahn- und Mundpflege mit integriert. Gemeinsam mit den Pflegeberufen sei man zudem bereits dabei, einen Pflegestandard zu entwickeln.
Ökonomischer Fußabdruck und Bürokratie
Prof. Dr. Christoph Benz, BZÄK-Vizepräsident, sprach über Digitalisierung, Bürokratie und den ökonomischen Fußabdruck der Zahnmedizin. Die Einsicht, der Arzt stehe im Zentrum der medizinischen Therapie und nicht der Algorithmus, sei ein Fortschritt. Wissenschaft könne man nicht auf Grundlage zufällig anfallender Daten machen, eine Korrelation sei noch lange keine Kausalität.
Das Problem mit der Bürokratie werde nun endlich wahrgenommen. Die deutsche Gründlichkeit sei zu einem Prüfvolumen gekommen, das nur noch blockiere. Die deutsche Lust am Prüfen bremse. Das Zahnärztliche Satellitenkonto präsentiert die Performance-Parameter der Zahnmedizin. Dabei zeige sich, dass erstaunlicherweise gerade die kleine Struktur der Praxen ein Erfolgsparameter sei, so Benz.
Einstimmig wurde eine Resolution zu den Kernforderungen verabschiedet (siehe Kasten).
Resolution
Die Bundesversammlung fordert:
1. Die Kommerzialisierung der zahnärztlichen Versorgung zu stoppen.
2. Die Sicherstellung des Patientenschutzes auch in den Bereichen des Gesundheitswesens, die nicht der berufsrechtlichen Aufsicht der Zahnärztekammer unterliegen.
3. Die Honorierung der privatzahnärztlichen Leistungen durch einen angemessenen, jährlich dynamisierten Punktwert.
4. Den Abbau überflüssiger Bürokratie und Verhinderung neuer Bürokratie auf nationaler und europäischer Ebene.
5. Die Unterstützung und Förderung der Niederlassung durch Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
6. Den verantwortungsvollen Umgang mit den Chancen und Risiken der Digitalisierung im Gesundheitswesen.
Grußwort des Staatssekretärs im BMG
War auf der KZBV-Vertreterversammlung am 13. November 2019 noch der Minister selbst zu Gast, sprach auf der BV Dr. Thomas Steffen, Staatssekretär des Bundesministeriums für Gesundheit, ein Grußwort: „Die deutsche Zahnmedizin gilt international als Vorbild. In keinem Land der Welt wird Karies bei Kindern so erfolgreich bekämpft wie bei uns. Besonders unsere Erfolge in der Prävention sind beispielhaft. Damit das so bleibt, muss die zahnmedizinische Ausbildung auf der Höhe der Zeit bleiben. Die aktualisierte Approbationsordnung soll dazu ihren Beitrag leisten. Sie wird im nächsten Oktober in Kraft treten. Auch von der Digitalisierung kann die Zahnmedizin enorm profitieren. Sowohl durch innovative Behandlungsmethoden als auch durch Reduktion für Dokumentation und von Bürokratie. So bleibt mehr Zeit für die Behandlung.“
BZÄK-Präsident Engel erklärte: „Die Regelungsbereiche der Gesundheitspolitik werden immer komplexer. Das schlägt mit Vorgaben, Vorschriften und Restriktionen bis zu den Kolleginnen und Kollegen im Praxisalltag durch. Der Vorstand und die Bundesversammlung der BZÄK wollen hier Klarheit für die tägliche Arbeit in der Praxis, keine Einmischung fachfremder Akteure und Erleichterung von Überflüssigem schaffen, etwa beim Bürokratieabbau und der Einhegung von Zahnärztegesellschaften in der Hand von Investoren. Gleichzeitig formulieren wir unsere Forderungen an die Politik, um eine angemessene und zukunftssichere Berufsausübung zu gewährleisten. Dazu gehört weiterer Reformbedarf der ZApprO genauso wie eine betriebswirtschaftlich stimmige GOZ.“
Unvereinbarkeit von Amt und Tätigkeit bei Investoren-Z-MVZ
Die Delegierten arbeiteten sich durch die Vorträge des Vorstands und der Versammlung (alle politischen Beschlüsse sind in Kürze auf der Internetseite der BZÄK zugänglich). Diskussionen gab es beim Antrag, bei dem analog zur Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung eine Unvereinbarkeit von Verkauf der Praxis/Angestelltentätigkeit in einem „fremdinvestorengesteuerten MVZ […] mit dem Amt eines Kammervorstandsmitglied unvereinbar“ ist. […] „Die Bundesversammlung appelliert an alle derzeitigen und zukünftigen Mandatsträger der Kammern, sich dementsprechend zu verhalten.“ Hier wurde die Gefahr gesehen, dass damit junge Zahnärzte, die in einem solchen MVZ angestellt sind, von der Übernahme von Aufgaben in den Kammern auch auf unterer Ebene ausgeschlossen werden. Einige Delegierte enthielten sich daher der Stimme.
Fachkräftemangel bekämpfen
Bei einer Enthaltung beschlossen wurde die Forderung an den Vorstand der BZÄK und die Landeszahnärztekammern, dem Fachkräfte- und Personalmangel in den Praxen entgegenzuwirken, unter anderem durch Imagewerbung, innovative Mitwirkung an der neuen Ausbildungsordnung und die „Schaffung zeitgemäßer und attraktiver Arbeitsbedingungen und Vergütung in allen zahnärztlichen Praxen. Eine deutliche Steigerung des Einstiegsgehaltes ist dabei eine Schlüsselposition“. Zudem sollen hochwertige Aufstiegsfortbildungen genutzt und weiterentwickelt werden.
Beschlossen wurden Forderungen an die Politik zum Bürokratieabbau (für eine neue Regelung zwei alte raus, Reduzieren aller Erfüllungsaufwände um 25 Prozent) und zur neuen Medical Device Regulation, ebenso zu mehr Transparenz und Klarheit bei Herstellerempfehlungen für Medizinprodukte, die mitunter den von der Praxis einzuhaltenden gesetzlichen Vorgaben zur Hygiene etc. widersprechen. Klar positionierten sich die Delegierten auch zu hohen Standards beim Datenschutz und der Datensicherheit und gegen das Abwälzen der Lasten der Digitalisierung auf die Praxen.
Gegen gewerbliche Anbieter von zahnärztlichen Leistungen
Wie schon die KZBV-VV, forderte auch die Bundesversammlung mehr Transparenz bei den Besitzverhältnissen der Z-MVZ. Zudem fordern die Delegierten die Bundes- und Landespolitik auf, entschieden der Vergewerblichung der Zahnheilkunde entgegenzutreten, wie sie aktuell durch gewerbliche Anbieter von Aligner-, Bleaching- und Prophylaxestudios zu beobachten ist. In diesem Zusammenhang wird auch von BZÄK und Kammern auch gefordert, darauf hinzuwirken, dass für alle Anbieter zahnärztlicher Leistungen ein gleicher regulatorischer Rahmen und eine gleiche Berufsaufsicht hergestellt wird.
Bei einer Gegenstimme beschlossen wurde auch die Aufnahme des neuen „Genfer Gelöbnisses“ als neuen Text des Gelöbnisses der Berufsordnung der BZÄK. In der Diskussion dazu wurde angemahnt, sich in den Landeskammern doch endlich durchzuringen, die Vielfalt unterschiedlicher Kammer-Berufsordnungen zu bereinigen und sich auf eine gemeinsame Berufsordnung, wie sie in der Musterberufsordnung der BZÄK existiere, zu fokussieren.
Gemeinsam für den Nachwuchs
Im Pressefrühstück am Freitagmorgen konstatierten BZÄK-Präsident Engel und Vizepräsident Oesterreich, dass man sich gemeinsam mit den KZVen sowohl für die Berufsperspektiven der jungen Zahnärztinnen und Zahnärzte als auch um deren Engagement in der Selbstverwaltung bemühen müsse. Das Thema Frauenförderung, im vergangenen Jahr noch ein großer Schwerpunkt der Diskussion, stand in diesem Jahr nicht im Fokus. Immerhin ist der Anteil der Frauen an den Delegierten der BV von 14,8 auf 20,4 Prozent gestiegen – real sind das 34 Zahnärztinnen unter den 164 Delegierten. Bei rund 33.000 Zahnärztinnen (von laut BZÄK aktuell 72.592 zahnärztlich aktiven Zahnärzten, davon 50.022 in eigener Praxis und 22.570 in einem Angestelltenverhältnis, Quelle BZÄK) ist da noch Luft nach oben.
Frauen auf dem Podium
Seit vielen Jahren ist im Vorstand der Bundeszahnärztekammer, der sich aus allen Kammerpräsidenten der Länder zusammensetzt, mit Dr. Lea Laubenthal als Präsidentin der Zahnärztekammer im Saarland erstmals wieder eine Frau vertreten. Und die Delegierten wählten nicht nur Dr. Kai Voß einstimmig zu ihrem neuen Versammlungsleiter, sondern ebenfalls Dr. Doris Seiz einstimmig zur neuen Stellvertreterin.
Spenden für die dentalhistorische Sammlung und das Museum
Dr. Thomas Breyer, Präsident der Zahnärztekammer Sachsen, berichtete der BV über den Zustand der historischen Sammlung der Bundeszahnärztekammer und die geplante Zusammenlegung mit dem Dentalhistorischen Museum im sächsischen Zschadraß. Dafür läuft aktuell eine Spendenaktion. Er bat auch die Delegierten um Spenden – der gesamte Vorstand und viele Landeszahnärztekammern erklärten sich bis zum Versammlungsende bereit, ihre Sitzungsgelder für die BV für diesen Zweck zu spenden, sodass sich der Restbetrag bis zu den erforderlichen 200.000 Euro erfreulich verkleinerte.
Die nächste Bundesversammlung findet am 6. und 7. November 2020 aus Anlass des 100-jährigen Bestehens der dortigen Akademie für zahnärztliche Fortbildung in Karlsruhe statt.
M. Marschall, Quintessence News (mit Material der BZÄK)
(Aktualisiert am 19. November 2019 um 11.30 Uhr.)