Es lag Aufbruchstimmung in der Luft – bei allen Problemen von Finanzlage bis Reformstau im Gesundheitswesen. Das diesjährige Frühjahrsfest der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) fiel am Abend des 20. Mai 2025 in die Startzeit der neuen Bundesregierung und der Arbeitsphase des neu gewählten Bundestags. Und so war neben allen bekräftigten politischen Standpunkten und Forderungen vonseiten der Standespolitik ebenso wie vonseiten der Politik auch viel Bereitschaft zu hören, die breite Palette der Aufgaben gemeinsam und mit neuen Ideen anzugehen.
Martin Hendges, Vorstandsvorsitzender der KZBV, stellte die Hoffnung nicht nur der Zahnärzteschaft, sondern der gesamten Selbstverwaltung im Gesundheitswesen auf eine Rückkehr zum konstruktiven Dialog und sachorientierten Austausch in der Gesundheitspolitik heraus. Die ersten Statements und die Rede der neuen Bundesgesundheitsministerin Nina Warken seien ermutigend, so Hendges, dass es wieder eine andere, vertrauensvolle Kultur in der Gesundheitspolitik geben könne.
Kostenmoratorium für die Zahnmedizin wäre in keiner Weise gerechtfertig
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Auch beim Thema investorenbetriebene Medizinische Versorgungszentren erhoffe man sich nun endlich ein Handeln der Politik. Nur mehr Transparenz reiche dabei definitiv nicht aus. Es müsse vielmehr das zugrundeliegende Konstrukt mit dem Erwerb von Krankenhäusern und Gründung von MVZ ohne fachlichen Bezug geändert werden, sagte er unter Beifall.
Aktionsplan zur Sicherstellung angekündigt
Dies und keine weiteren, ungerechtfertigten Kostendämpfungsgesetze wäre auch ein wichtiges Signal für die Stärkung der Niederlassungsbereitschaft junger Zahnärztinnen und Zahnärzte, betonte Hendges, und erteilte Ideen für eine Rückkehr zu alten Bedarfsplanungsinstrumenten eine Absage. Diese würden keines der Probleme mit der Niederlassung lösen. Die KZBV werde in Kürze einen eigenen Aktionsplan zur Sicherstellung der vertragszahnärztlichen Versorgung vorlegen.
Frischer Blick aus Thüringen
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Mehr Studienplätze lösen Probleme nicht
Die Ausweitung der Studienplätze allein löse das Demografieproblem nicht. Es könne nicht sein, dass die mit teuren Steuergeldern ausgebildeten Zahnärztinnen und Zahnärzte dann für die Versorgung im Land verschwinden. Es gelte, „Klebepunkte“ im Land zu setzen. So hat Thüringen inzwischen Förderprogramme für Niederlassungen in potenziell unterversorgten Gebieten und eine Landzahnarztquote auf den Weg gebracht. Schenck begrüßte das neue private Studienangebot Zahnmedizin in Erfurt – das Land überlege, dort Studienplätze für Landeskinder anzukaufen, die sich dann für zehn Jahre verpflichteten, in Thüringen zu arbeiten. Bürokratieabbau, gezieltes Scouting, Förderprogramme für frisch niedergelassene Praxen – es brauche einen ganzen Strauß an Maßnahmen, um auch die in Thüringen zu beobachtende Konzentration auf wenige „attraktive“ Städte und Regionen aufzulösen. Sie dankte dabei der KZV und Kammer Thüringen für die gute Zusammenarbeit.
Auf die DMS 6 und die Erfolge stolz
Über das politikerseits übliche pauschale Lob der Präventionsleistung der Zahnärzteschaft griff sie die sechste Deutsche Mundgesundheitsstudie besonders heraus. Es sei eben nicht selbstverständlich, dass die Menschen mit ihren eigenen Zähnen alt werden – dies sei das Verdienst der Zahnärzte, doch der gesellschaftliche Applaus dafür bleibe aus. „Halten Sie sich Ihre DMS 6 mit Stolz wie eine Plakette vor die Brust“, appellierte sie an die Zahnärzteschaft. Dies sei ein Erfolg der Prävention im Gesundheitswesen, „auf den ich dank Ihrer Leistung sehr stolz bin“. Die Gesundheitsministerkonferenz werde im Juni einen Leitantrag zur Prävention beraten.
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Für das Land Baden-Württemberg hatte zuvor der Leiter des Leitungsstabs der Landesvertretung, Georg Mouratidis, die Gäste begrüßt und Grüße des Landesgesundheitsministers Manne Lucha überbracht. Er hob unter anderem auf das Thema investorenbetriebene Medizinische Versorgungszentren ab. Man begrüße, dass es hier mehr Transparenz geben solle, werde aber das Thema darüber hinaus weiter kritisch begleiten –ebenso das Thema Bedarfsplanung. Dass Bürokratieabbau möglich sei, zeigte er an drei Beispielen aus Baden-Württemberg.
Prävention verringert Belastung des Gesundheitssystems
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Die Erfolge der zahnärztlichen Prävention habe die jüngste Deutsche Mundgesundheitsstudie, die selbst in ihrem Design weltweit Maßstäbe setze, erneut belegt. Durch regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen, Professionelle Zahnreinigungen und Aufklärung über Mundhygiene konnten die Fälle von Karies und Parodontitis erheblich reduziert werden. Bei 35- bis 44-Jährigen sank zum Beispiel seit 1989 die Karieserfahrung von 17 Zähnen auf 8 Zähne, 12-Jährige sind heute zu 78 Prozent sogar völlig kariesfrei, 1989 waren es nur 14 Prozent.
Einzelpraxen als Treiber des Erfolgs nicht in Bürokratie ersticken
Diese präventiven Maßnahmen haben nicht nur die Zahngesundheit der Bevölkerung verbessert, sondern auch die Kosten für aufwendige zahnmedizinische Behandlungen gesenkt. Und dies sei in den ganz normalen Zahnarztpraxen, den Einzelpraxen, geleistet worden. Diese hätten die präventive Welle gemacht. Dieses Erfolgskonzept drohe nun in Bürokratie zu ersticken. Dass Zahnärzte zum Beispiel Hygiene beherrschen, habe die Corona-Pandemie gezeigt. Niemand müsse ihnen hier unnötige Bürokratie aufladen, sie hielten schon aus Eigeninteresse die Hygienestandards hoch. „Wir wollen selbst bestimmen können, nicht die Schreibtischexperten. Geben Sie die Kompetenz an die Zahnärzte“, so Benz.
Prävention als Investition in die Zukunft
Die DMS 6 habe aber auch gezeigt, wo weiter Präventionsbedarf bestehe, vor allem bei der Parodontitis, deren Therapie zugleich Prävention für die Gesamtgesundheit bedeute. „Es ist an der Zeit, dass wir Prävention als eine Investition in die Zukunft betrachten“, so Benz. „Nur durch gezielte Präventionsstrategien können wir unser Gesundheitssystem für kommende Generationen sichern.“
Auch wenn die neue Bundesgesundheitsministerin Nina Warken nicht selbst in „ihrer“ heimischen Landesvertretung Baden-Württemberg dabei sein konnte, so kam doch ihr neuer Parlamentarischer Staatssekretär Tino Sorge zu späterer Stunde hinzu und führte ebenso wie die anwesenden Bundestagsabgeordneten und Vertreter der Gesundheitspolitik und Selbstverwaltung intensive Gespräche.
Dr. Marion Marschall, Berlin