Schon 2013 und 2018 war er als möglicher Gesundheitsminister einer Großen Koalition gehandelt worden – beide Male ging der Posten dann einen CDU-Politiker, 2013 an Hermann Gröhe, 2018 an Jens Spahn. Nun ist Prof. Dr. Karl Lauterbach für die SPD Bundesgesundheitsminister der sogenannten Ampelkoalition aus SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen geworden – und übernahm das Amt am 8. Dezember 2021 mitten in der vierten Welle der Coronapandemie.
Insgesamt fallen die Reaktionen der Akteure im Gesundheitswesen zur Personalie Lauterbach überwiegend positiv aus – auch wenn nicht wenige Standespolitiker und Interessenvertreter der Player im Gesundheitsmarkt Lauterbachs Agieren zum Beispiel als Berater der damaligen SPD-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt und als vehementer Befürworter der Bürgerversicherung nicht vergessen haben dürften.
So bot die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) Lauterbach schon nach Bekanntgabe seiner Nominierung eine konstruktive Zusammenarbeit an. Vorsorge, gesunde Ernährung, Fremdkapital, Nachhaltigkeit und Bürokratieabbau – die Zahnärzteschaft habe konkrete Lösungsvorschläge der Zahnärzteschaft für gute Lebensverhältnisse in Stadt und Land, so die BZÄK. „In den vergangenen Jahren haben wir viele dieser Probleme erfasst, wissenschaftlich fundiert analysiert und dann konkrete Lösungsvorschläge erarbeitet. Im Umfeld der Zahnmedizin haben wir auf diese Weise erhebliche Fortschritte erzielen können. Die Zahnmedizin gilt inzwischen als Präventionsweltmeister und Benchmark“, so Prof. Dr. Christoph Benz, Präsident der BZÄK. „Dennoch gibt es genügend Baustellen, die zum Teil in Vernetzung mit den anderen Fachgebieten besprochen werden sollten. Im Vordergrund steht für uns ganz klar die Qualität der Patientenversorgung. Diese darf keinesfalls leiden, zum Beispiel unter Umsatzdruck in fremdkapitalfinanzierten MVZ, einer ohne sorgfältige Prüfung beschleunigten und vereinfachten Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen oder den sich stark verbreitenden, oftmals standardunterschreitenden Behandlungen mit Alignerschienen aus dem Internet. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit und stehen für ein pragmatisches, gemeinsames Anpacken bereit!“
„Bitte um konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit“
Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung gratulierte Lauterbach nach seiner Vereidigung per Twitter – dem vom neuen Minister selbst gerne genutzten Medium: „Die KZBV wünscht Karl Lauterbach alles Gute für sein Amt als Bundesgesundheitsminister und starke Nerven für seine Arbeit in diesen schwierigen Zeiten. Die Vertragszahnärzteschaft steht bereit für eine lösungsorientierte und konstruktive Zusammenarbeit in den kommenden Jahren.“ In einem persönlichen Glückwunschschreiben des KZBV-Vorstandsvorsitzenden Dr. Wolfgang Eßer und der beiden stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden Martin Hendges und Dr. Karl-Georg Pochhammer heißt es außerdem, man verbinde die Glückwünsche „mit der Bitte um eine konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit bei der Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen für eine qualitativ hochwertige, wohnortnahe und flächendeckende zahnmedizinische Versorgung.“ Dabei stehe man für Fragen zur vertragszahnärztlichen Versorgung jederzeit gerne zur Verfügung und würde sich über die Möglichkeit zu einem persönlichen Gespräch sehr freuen.
Auch der Freie Verband Deutscher Zahnärzte reagierte auf die Ankündigung, dass Lauterbach neuer Bundesgesundheitsminister werden soll, mit einem Angebot zur Zusammenarbeit: „Jetzt übernimmt in schwierigen Zeiten ein ausgewiesener Gesundheitsexperte und Fachmann dieses Ministerium“, sagte der FVDZ-Bundesvorsitzende Harald Schrader. „Wir setzen auf eine gute Zusammenarbeit und freuen uns auf einen konstruktiven Dialog in den nächsten vier Jahren.“
Mit Blick auf den wenig konkret gefassten Koalitionsvertrag bot Schrader für Bereich der ambulanten Versorgung an, „als Ideen- und Impulsgeber für eine flächendeckende und qualitativ hochwertige Versorgung unserer Patienten bereit“ zu stehen. Der Freie Verband hoffe auf ein klares Bekenntnis zur Freiberuflichkeit und zum bewährten dualen Gesundheitssystem in Deutschland, betonte der FVDZ-Bundesvorsitzende.
„Stärker Anerkennung der Meisterlabore“
Der Verband Deutscher Zahntechniker-Innungen (VDZI) erklärte: „Besondere Glückwünsche gelten auch dem neuen Gesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach. Der VDZI wünscht sich hier eine umfassende Gesprächsbereitschaft. Die Themen für diesen Dialog sind vielfältig, wir wollen eine stärkere Anerkennung der Leistungen der zahntechnischen Meisterlabore. Das Zahntechniker-Handwerk trägt mit seiner Fachkompetenz, Leistungsfähigkeit und Innovationskraft entscheidend zur Qualität und Sicherheit in der Zahnersatzversorgung bei. Das muss sich in besseren und leistungsgerechteren Rahmenbedingungen für die zahntechnischen Meisterbetriebe ausdrücken. Daran wollen wir mit der neuen Regierung und mit dem neuen Gesundheitsminister arbeiten“, erklärt VDZI-Präsident Dominik Kruchen.
Bundesärztekammer-Präsident Dr. Klaus Reinhardt hatte bereits Anfang der Woche zur Nachricht über Lauterbachs Berufung gratuliert: „Prof. Lauterbach ist ein ausgewiesener Kenner des deutschen Gesundheitswesens und war von Beginn der Pandemie an stets mahnende Stimme, vorausschauend zu handeln und ausreichende Schutzvorkehrungen zu treffen. Die Herausforderungen im Gesundheitswesen sind groß und vielfältig. Und sie sind nur gemeinsam mit den Beteiligten und Betroffenen zu stemmen. Wir bieten dem neuen Bundesgesundheitsminister unsere offene Bereitschaft zur Zusammenarbeit an und wünschen uns, in einem wirklich ernst gemeinten Dialog partnerschaftlich die Konzepte zu entwickeln, die uns zunächst aus der Corona-Endlosschleife herausführen und dann unser Gesundheitswesen dauerhaft auf eine gute, patientenzentrierte Versorgung hin ausrichten.“
Die stellvertretende Vorsitzende des Hartmannbunds, Prof. Dr. Anke Lesinski-Schiedat, gratulierte ebenfalls und lud Lauterbach zu einem konstruktiven Dialog über die Weiterentwicklung des deutschen Gesundheitssystems eingeladen. Er sei ein exzellenter Kenner des Terrains, die Ärzteschaft wisse auf der anderen Seite sehr genau, „was wir an ihm haben. Das ist grundsätzlich eine solide Basis für die notwendige konstruktive Zusammenarbeit zwischen Akteuren des Gesundheitswesens und politischen Entscheidungsträgern“, sagte Lesinski-Schiedat.
„Bieten konstruktive Zusammenarbeit an“
Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), erklärte zur Berufung Lauterbachs: „Auch wenn wir nicht immer einer Meinung waren und sein werden, war es immer eine fachlich angetriebene Diskussion im Ringen um die beste Lösung. Mit Herrn Lauterbach steht künftig ein versierter Kenner des komplexen Gesundheitswesens an der Spitze des Bundesgesundheitsministeriums. Das ist vor dem Hintergrund der vielen Herausforderungen sinnvoll. Wir bieten unsere Mitarbeit, Vorschläge und Expertise an mit dem Ziel, die ambulante Versorgung weiter zu entwickeln. Insbesondere die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig die Praxen der niedergelassenen Hausärzte, Fachärzte und Psychotherapeuten für die Versorgung der Patientinnen und Patienten sind. Wir freuen uns auf eine konstruktive Zusammenarbeit.“
GKV-SV will Strukturreformen und Klärung der Finanzierungsfragen
Für die Gesetzlichen Krankenkassen gratulierten Dr. Volker Hansen und Uwe Klemens, Verwaltungsratsvorsitzende des GKV-Spitzenverbands. „Die Verwaltungsratsvorsitzenden des GKV-Spitzenverbandes gratulieren Karl Lauterbach zum heutigen Amtsantritt als Bundesgesundheitsminister“, so Uwe Klemens. „Wir wünschen ihm Geschick und Gelingen für die großen anstehenden Herausforderungen, die jetzt auf ihn zukommen. Aktuell steht die Bekämpfung der Corona-Pandemie an vorderster Stelle, aber darüber hinaus ist es eine zentrale Aufgabe, das Gesundheitswesen insgesamt zu stärken und zu reformieren. Es ist ein gutes und wichtiges Signal an alle 73 Millionen gesetzlich Versicherten, dass Prof. Lauterbach bereits bei seiner Vorstellung als designierter Minister am Montag dieser Woche Leistungskürzungen ausgeschlossen hat und darüber hinaus ankündigte, unser Gesundheitssystem wieder robuster zu machen“, so Klemens weiter.
„Das macht zugleich die Notwendigkeit wirklicher Strukturreformen und die Klärung der noch offenen Finanzierungsfragen umso dringlicher“, ergänzt Volker Hansen. „Wir, die Partnerinnen und Partner der Selbstverwaltung, bieten im Interesse unserer Versicherten und Beitragszahlenden gerne unsere Zusammenarbeit und Unterstützung für die kommenden Jahre an. Der Koalitionsvertrag beinhaltet bereits jetzt zahlreiche Gemeinsamkeiten, aber auch Punkte, die noch diskutiert, besonnen entschieden und nachhaltig umgesetzt werden müssen“, so Hansen.
Kampf gegen die Pandemie dringlichste Aufgabe
Lauterbach selbst stellt den erfolgreichen Kampf gegen die Coronapandemie als dringlichste und erste Aufgabe im Amt heraus. Für den Start setzte er eine Bestandsaufnahme zur Verfügbarkeit der Corona-Impfstoffe an, gemeinsam mit dem Bundeswehrgeneral Carsten Breuer, der den neuen Krisenstab leitet. Für das unter seinem Vorgänger Jens Spahn, zu dem er einen engen Kontakt weiter pflegen will, personell deutlich aufgewachsene Ministerium setzte er eine zweite beamtete Staatssekretärin ein, der bisherige beamtete Staatssekretär Dr. Thomas Steffens wird auf seine Bitte noch weiter im Haus bleiben. Auch die Positionen der Parlamentarischen Staatssekretäre sind mit den SPD-Politikern Sabine Dittmer und Edgar Franke mit gesundheitspolitisch erfahrenen Kräften besetzt (siehe Kasten).
Erfahrene Gesundheitspolitiker sind neue Parlamentarische Staatssekretäre im BMG
Der bisherige beamtete Staatssekretär Dr. Thomas Steffens, seit Mai 2019 im Amt, wird auf Bitten des neuen Ministers Karl Lauterbach noch einige Zeit im Ministerium bleiben. Mit Dr. Antje Draheim, zuletzt Staatssekretärin im Ministerium für Soziales, Gesundheit und Sport in Mecklenburg-Vorpommern, kommt eine zweite beamtete Staatssekretärin ins Ministerium.
Neue Parlamentarische Staatssekretäre werden die Ärztin Sabine Dittmer, MdB, (57), seit 2018 gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion und bis 2010 als Hausärztin niedergelassen, und der Jurist Prof. Dr. Edgar Franke, MdB, (61). Der SPD-Politiker war von 2014 bis 2017 Vorsitzender des Gesundheitsausschusses und seit 2018 stellvertretender gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. 2018 wurde er zum Opferbeauftragten der Bundesregierung für die Opfer und Hinterbliebenen von Terroranschlägen im Inland ernannt. (Mehr auf der Internetseite des BMG.)
Erste Rede im Bundestag zur Corona-Pandemie
Bereits am Freitag hielt er in der 2. und 3. Lesung zum neuen Gesetz zur Stärkung der Impfprävention gegen Covid-19 seine erste Rede als Minister im Deutschen Bundestag. Seine Rede war eine klare Kampfansage gegen die Pandemie. „Wir müssen alles tun, um diese Krise so schnell wie möglich zu beenden“. Es gehe darum, die Delta-Welle zu brechen und eine Omikron-Welle noch zu verhindern. Dazu gehöre auch, Veranstaltungen und Messen abzusagen und Restaurants zu schließen, wenn nötig. Wenn der Befund sich ändere, müsse man die Therapie anpassen, so der Mediziner Lauterbach zu den gegebenenfalls erforderlichen Maßnahmen.
Die Impfpflicht für den Gesundheitssektor sei notwendig, so Lauterbach, „denn am Ende des zweiten Jahres der Pandemie ist es in keiner Weise akzeptabel“, dass noch Menschen in Einrichtungen sterben, weil ungeimpfte Menschen dort arbeiteten. In Richtung ungeimpfter Menschen machte er klar, dass es derzeit die einzige Alternative sei, sie von Veranstaltungen, Restaurantbesuchen etc. auszugrenzen, wenn man nicht wieder alle Einrichtungen schließen wolle. Zum Erfolg des Kampfes gegen die Coronaepidemie sagte er „Ich weiß, dass wir das schaffen. Aber wir müssen zusammenarbeiten, wir müssen an uns glauben und wir müssen einander vertrauen“.
Das Gesetz, das unter anderem eine Impfpflicht im Gesundheitssektor, das Impfen gegen Covid-19 durch Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker und eine Konkretisierung zu den Test- und Dokumentationspflichten enthält, wurde in namentlicher Abstimmung am 10. Dezember 2021 mit großer Mehrheit vom Deutschen Bundestag beschlossen. Der Bundesrat wird sich am gleichen Tag ab 13 Uhr mit dem Gesetz befassen (dem Gesetz und der zugehörigen Verordnung wurde nach kurzer Aussprache im Bundesrat einstimmig zugestimmt, Anm. d. Red.). Mit Zustimmung des Bundesrats ist es bereits iam 11. Dezember 2021 im Bundesanzeiger veröffentlicht worden und am 12. Dezember 2021 in Kraft getreten. (MM)
aktualisiert am 10. Dezember 2021, 14.07 Uhr, um das Abstimmungsergebnis im Bundesrat. -Red.
aktualisiert am 13. Dezember 2021 um die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt und das Inkrafttreten am 12. Dezember 2021. -Red.