Auf eine neue Möglichkeit, Migräneattacken entgegenzuwirken, haben die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) und die Deutsche Schmerzgesellschaft hingewiesen. Bei den neu zugelassenen Medikamenten handelt es sich um Antikörper, die die Wirkung des Botenstoffs CGRP (Calcitonin Gene-Related-Peptide) blockieren, so das deutsche Ärzteblatt vom 4. Oktober. CGRB ist nach Ansicht der Fachgesellschaften für Migräneattacken mitverantwortlich.
Ursache für Migräne bis heute unbekannt
In Deutschland leiden rund sechs bis acht Prozent der Männer und etwa 20 Prozent der Frauen an Migräne. Die Patienten haben nicht nur pulsierende Kopfschmerzen, oft ist ihnen übel, sie sind appetitlos, haben Sehstörungen und reagieren überempfindlich auf Licht und Geräusche. Von einer chronischen Migräne sprechen Ärzte, wenn ein Patient an 15 und mehr Tagen pro Monat über migränetypischen Kopfschmerz berichtet. Bei episodischer Migräne leiden Betroffene in unterschiedlich großen zeitlichen Abständen an bis zu 14 Tagen monatlich unter Migräne.
„Die Ursache der Migräne ist noch nicht bekannt. Eine überzeugende Hypothese ist, dass bestimmte Botenstoffe schmerzwahrnehmende Nervenfasern im Kopfbereich reizen und damit die Migräne auslösen“, erläuterte die Präsidentin der DMKG, Stefanie Förderreuther.
Antikörper per Spritze verabreicht
Für drei CGRP-Antikörper haben laut den Fachgesellschaften Studien nachgewiesen, dass sie wirksamer sind als Placebo und zu einer signifikanten Abnahme der Migränetage führen. Alle drei Substanzen, die durch eine Spritze unter die Haut verabreicht werden, führten bereits sehr früh in den ersten vier Therapiewochen zu einem signifikanten Therapieeffekt und waren zudem gut verträglich.
Ende des Jahres in deutschen Apotheken verfügbar
Die in den Studien dokumentierten Nebenwirkungen entsprachen in Art, Schwere und Häufigkeit den Nebenwirkungen, die unter Placebo angegeben wurden. Hauptbeschwerde waren Schmerzen und Rötungen an der Einstichstelle.
„Eines der drei Medikamente (Erenumab) ist bereits für die vorbeugende Behandlung von Migräne bei Erwachsenen auf dem europäischen Markt zugelassen und wird vermutlich Ende des Jahres in deutschen Apotheken zur Verfügung stehen“, berichten DMKG und Deutsche Schmerzgesellschaft. Die beiden anderen Präparate, Galcanezumab und Fremanezumab, seien bereits in den USA zugelassen. Für den europäischen Markt werde die Entscheidung in Kürze erwartet.
Beschwerden verringerten sich um die Hälfte
Unter der Behandlung mit Erenumab kam es bei Patienten mit episodischer Migräne und durchschnittlich rund acht Migränetagen pro Monat zu einem Rückgang um etwa drei Tage. In den Studien zeigten rund 40 Prozent der Patienten eine Besserung der Migräne von mindestens 50 Prozent. Bei der chronischen Migräne mit durchschnittlich rund 18 Migränetagen pro Monat gingen die Kopfschmerztage um sechs bis sieben Tage zurück. Eine mindestens 50-prozentige Besserung war bei etwa 40 Prozent der Patienten zu verzeichnen.
Vor allem gegen schwere und häufige Attacken
„In erster Linie sollten diejenigen Patienten mit den neuen Antikörpern behandelt werden, die schwer und häufig von Migräneattacken betroffen sind und bei denen bislang verfügbare Mittel nicht gut gewirkt haben oder die für sie nicht gut verträglich waren“, empfiehlt Tim Jürgens, Kongresspräsident des Deutschen Schmerzkongresses 2018 und Ärztlicher Leiter des Kopfschmerzzentrums Nord-Ost an der Universitätsmedizin Rostock.