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Warum die Berechnung eines festsitzenden Retainers so kontrovers diskutiert wird (1)

Neun kleine helle Holzquadrate bilden zusammen ein neues Quadrat. Darauf ist eine Glühbirne zu erkennen, rechts davon steht die Nummer 18. Links oben befindet sich ein roter Kreis mit weißem Kern, dem Logo der Daisy Akademie + Verlag

(c) Bild: 3rdtimeluckystudio/shutterstock.com

Der Kern des Problems und die damit verbundenen Unsicherheiten bei der Berechnung, sind in einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Aktenzeichen 5 C 7.19 vom 26. Februar 2021) begründet. In diesem beihilferechtlichen Verfahren hat das Gericht entschieden, dass die Eingliederung eines festsitzenden Retainers keine eigenständige berechnungsfähige Leistung neben den regulären kieferorthopädischen Maßnahmen darstellt. Vielmehr sei sie eine besondere Ausführung der Retention – und damit von den Leistungen nach den GOZ-Nummern 6030 bis 6080 bereits erfasst.

Übersicht: Gerichtliche Instanzen

Weil es sich in diesem Fall ja „nur“ um einen Beihilfeberechtigten gehandelt hat und wir Missverständnisse vermeiden wollen, finden Sie nachfolgend eine Übersicht der verschiedenen Instanzen. BGH und BVerwG (blau) betreffen private Leistungen (GOZ und GOÄ), BSG (gelb) betrifft gesetzliche Leistungen (Bema).

Grafik der verschiedenen Zuständigkeit der Gerichte für PKV-Versicherte, für Beihilfeberechtigte und für GKV-Versicherte
(c) DAISY

 

Wie man sieht, stellt das BverwG die höchste Instanz innerhalb der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Beihilferecht dar und entscheidet unter anderem darüber, ob bestimmte Leistungen als beihilfefähig anzusehen sind. Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Berechnung eines Retainers als selbstständige Leistung für Beihilfeberechtigte nicht beihilfefähig und somit auch nicht erstattungsfähig ist.

Demgegenüber obliegt dem Bundesgerichtshof (BGH) als höchste Instanz der Zivilgerichtsbarkeit, die Klärung der Frage, ob eine bestimmte Leistung zusätzlich zu den Kernpositionen der GOZ (zum Beispiel die Nummern 6030 bis 6080) berechnungsfähig ist.

Achtung: Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BverwG) könnte sowohl für die nachgeordneten Verwaltungsgerichte richtungsweisend sein als auch Auswirkungen auf die zivilgerichtliche Rechtsprechung haben.

Aus welchem Grund sollte die Eingliederung eines Retainers mit den GOZ-Nrn. 6030 bis 6080 abgegolten sein? 🤔

Um den Hintergrund der Diskussion nachvollziehen zu können, ist zunächst eine Betrachtung der GOZ-Nummern 6030 bis 6080 wichtig.

Kurztext zu den Leistungsbeschreibungen der GOZ-Nummern 6030, 6040, 6050, 6060, 6070 und 6080
(c) DAISY

Die Bestimmungen zu den GOZ-Nummern 6030 bis 6080 (auch Kernpositionen genannt) enthalten unter anderem die Formulierung: „Die Maßnahmen … umfassen alle Leistungen zur Kieferumformung und Retention … innerhalb eines Zeitraums von bis zu vier Jahren, unabhängig von den angewandten Behandlungsmethoden oder den verwendeten Therapiegeräten.“

Damit soll die gleichzeitige Berechnung der Kernpositionen neben der Retainer-Eingliederung aber nicht ausgeschlossen werden. Vielmehr verfolgt die Bestimmung das Ziel, im Falle der Eingliederung eines festsitzenden Retainers die erneute Berechnung der Kernposition zu verhindern, weil in diesem Fall (statt der GOZ-Nummern 6030 bis 6080) die GOZ-Nummern 6210 (Kontrolle des Behandlungsverlaufs oder Weiterführung der Retention) berechnungsfähig ist.

Laut den Bestimmungen sind nur die GOZ-Nummern 6190 bis 6260 nicht neben den GOZ-Nummern 6030 bis 6080 berechnungsfähig. Da es sich bei der Bestimmung um eine abschließende Regelung handelt, ist eine Erweiterung auf darüber hinausgehende Leistungen – insbesondere auf die Eingliederung eines festsitzenden Retentionsgerätes – nicht zulässig, so das AG Hamburg-Barmbek (Aktenzeichen 815 C 200/06 zur GOZ 1988).

Weitere Urteile, die die Berechnung eines Retainers neben den Kernpositionen bestätigt haben:

  • AG Erlangen (Az. 5 C 1350/18) vom 5. Oktober 2020
  • AG Waiblingen (Az. 1 C 836/19) vom 26. November 2019
  • OVG Münster (Az. 1 A 2252/16) vom 23. November 2018
  • AG Wedding (Az. 7 C 186/16) vom 31. Juli 2018

Wie kann die Eingliederung eines Retainers berechnet werden?

Eine pauschale Empfehlung ist nicht möglich, denn jeder Zahnarzt und jede Zahnärztin hat die Freiheit aus den vier Berechnungsmöglichkeiten individuell zu entscheiden:

Verschiedene Berechnungsmöglichkeiten eines Retainers im Rahmen der GOZ zur Berechnungsmöglichkeit über den Steigerufsfaktro, zur Berechnungsmöglichkeit mit Honorarvereinbarung, zur Berechnungsmöglichkeit als Analogleistung und zu Berechnungsmöglichkeit im Rahmen der zahnärztlichen Zugriffsberechtigung auf die GOÄ
(c) DAISY

Welche Berechnungsart gewählt wird, sollte unbedingt auf einer betriebswirtschaftlich fundierten Kalkulation mit Blick auf den notwendigen Sollumsatz pro Stunde basieren. Die DAISY Akademie teilt die Meinung der Bundeszahnärztekammer (BZÄK), dass eine Honorarvereinbarung gemäß Paragraf 2 Absatz 1 und 2 GOZ (Variante 2) die rechtlich sicherste Berechnungsart darstellt:

Stellungnahme der Bundeszahnärztekammer

Hinweis auf Daisy Akademie + Verlag GmbH mit Logo
  (c) DAISY

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts überzeugt die BZÄK weder fachlich noch gebührenrechtlich. Die BZÄK hält an der Auffassung fest, dass gebührenrechtlich eine gesonderte Berechnung der Eingliederung eines festsitzenden Retainers neben den Kernpositionen zulässig ist. Lediglich aus Gründen der Rechtssicherheit empfiehlt die BZÄK die Berücksichtigung des Mehraufwandes der Eingliederung eines festsitzenden Retainers bei der Gebührenbemessung der jeweiligen Grundleistung (GOZ-Nummern 6030 bis 6080) nach Paragraf 5 GOZ oder durch eine Vereinbarung nach Paragraf 2 GOZ.

Wie kann DIE DAISY bei derartigen Erstattungsproblemen Hilfe leisten?

Ganz einfach: Mit dem DAISY-Musterbrief-Manager lassen sich fundierte Stellungnahmen zu verschiedenen Erstattungsproblemen ganz einfach und blitzschnell zusammenstellen.

Ein Screenshot einer Website der Daisy Akademie, die mit Hinweisen versehen ist, wie man in dem Programm einen Musterbrief erstellt.
(1) Erstattungsproblematik suchen
(Schlagwort/Gebührenposition eingeben, Suche nach Verzeichnis oder Fachbereich).
(2) Erstattungsproblematik auswählen. Eine Mehrfach-Auswahl ist möglich. Bei Auswahl mehrerer Erstattungsproblematiken wird ein kompletter Brief automatisch zusammengestellt. Anlagen (zum Beispiel Stellungnahmen der BZÄK), die den Brief ergänzen, werden automatisch beim Ausdruck oder Abspeichern angehängt.
(3) Der Musterbrief kann im Textfeld auf den Patientenfall individualisiert beziehungsweise angepasst werden.

© DAISY

Ab dem nächsten DAISY-Update steht auch ein Musterbrief, speziell für diese Problematik zur Verfügung 😉. Damit können Sie schnell und einfach Ihre Patienten bei ablehnenden Bescheiden professionell unterstützen.

Fazit

Es bleibt abzuwarten, ob ein höchstrichterliches Urteil des BGH endgültig klärt, ob die Eingliederung eines Retainers als selbstständige Leistung neben den Kernpositionen berechnungsfähig ist oder nicht. Entscheidend ist, dass Sie Ihren Sollumsatz pro Stunde erreichen, den Zahlungspflichtigen im Vorfeld gründlich aufklären und präzise dokumentieren, egal für welche Berechnungsvariante Sie sich entschieden haben.

Und was muss bei einem Retainer für einen Versicherten der GKV beachtet werden?

Das erfahren Sie in der Oktober-Ausgabe!

Die DAISY-Abrechnungstipps erscheinen seit März 2024 monatlich auf Quintessence News und im Quintessenz-Team-Newsletter „Für Team & Praxis“.

Abrechnungstipp März 2024: Tamponieren ohne vorherige chirurgische Intervention

Abrechnungstipp April 2024: DVT, Zuschlag und Höchstwertregelung – easy, oder?

Abrechnungstipp Mai 2024: Aligner-Therapie und die Besonderheiten einer korrekten Berechnung (1)

Abrechnungstipp Juni 2024: Aligner-Therapie und die Besonderheiten einer korrekten Berechnung (2)

Abrechnungstipp Juli 2024: Chairside-Leistungen: Erkennen und Benennen – Kalkulieren und Liquidieren

Abrechnungstipp August 2024: Telemedizinische Leistungen im Kontext einer korrekten Abrechnung

Abrechnungstipp September 2024: Notwendig oder nicht notwendig?

Abrechnungstipp Oktober 2024: OP-Zuschläge nach der GOZ oder nach der GOÄ?

Abrechnungstipp November 2024: Endo perfekt! Rechnung korrekt?

Abrechnungstipp Dezember 2024: Dokumentation ist lästig

Abrechnungstipp Januar 2025: FAQs zu Füllungen nach den Bema-Nrn. 13 a – d ab 2025 (1)

Abrechnungstipp Februar 2025: FAQs zu Füllungen nach den Bema-Nrn. 13 a – d ab 2025 (2)

Abrechnungstipp März 2025: Füllung (Restauration) versus direkte Rekonstruktion bei den Befunden c, pw, ww (3)

Abrechnungstipp April 2025: Alternative zur Restauration (Füllung) = Einlagefüllung/Inlay (4)

Abrechnungstipp Mai 2025: FAQs zu Füllungen nach den Bema-Nrn.13 a – d ab 2025 (5)

Abrechnungstipp Juni 2025: Die PZR nach der GOZ ist nur ein kleiner Teil des Ganzen

Abrechnungstipp Juli 2025: UPT-Sitzungen ab 1. Juli 2025 richtig planen

Dieser Artikel war hilfreich für Sie? Weitere Informationen zur Abrechnung von kieferorthopädischen Leistungen finden Sie auf der DAISY. Besuchen Sie die DAISY Akademie + Verlag auch auf unserer Homepage, bei Instagram, Facebook oder YouTube.

Sylvia Wuttig mit einem Headset-Mikrofon während eines Vortrags. Sie lächelt, trägt einen schwarz-weißen Anzug und hält etwas in den Händen, das man nicht erkennen kann.
Sylvia Wuttig
(c) DAISY

Sylvia Wuttig, B.A., Bachelor of Arts (Management von Gesundheitseinrichtungen), schreibt als Gründerin, Geschäftsführerin und alleinige Gesellschafterin der Daisy Akademie + Verlag GmbH seit 1976 Erfolgsgeschichte.

Dentale-Abrechnungs-Informations-Systeme (DAISY) haben Sylvia Wuttig bundesweites Renommee gebracht. Mehr als 100.000 Zahnärzte und Praxismitarbeiter wurden von ihr im Laufe von mehr als 45 Jahren in allen Bereichen der Abrechnung geschult.

Beratende Tätigkeiten, Vorträge und Seminare unter anderem für Zahnärztekammern, Kassenzahnärztliche Vereinigungen, Initiative unabhängige Zahnmedizin (IUZ), Schulen, Rechenzentren, Krankenkassen, Industrieunternehmen, zahntechnische Labors und Software-Firmen gehören ebenfalls zu ihren Aktivitäten.

Seit mehr als 20 Jahren ist sie aktives Mitglied der Prüfungskommission der Landeszahnärztekammer Sachsen für die Prüfung zur/zum Zahnmedizinischen Verwaltungsassistentin/Verwaltungsassistenten (ZMV).

Im Rahmen eines offiziellen Lehrauftrags an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg hat sie mehr als zehn Jahre alle Studierenden der Zahnheilkunde im Bereich „Honorierungssysteme“ unterrichtet.

An der Europäischen Fachhochschule (vormals PraxisHochschule) in Köln ist sie seit 2013 als Dozentin und später als Gutachterin für Bachelor-Arbeiten tätig. Sie unterrichtet unter anderem Studierende (Bachelor of Science) im Bereich „Zahnärztliches Abrechnungsmanagement“. Für Quintessence News bereiten sie und ihr Team seit März 2024 jeden Monat einen exklusiven Abrechnungstipp auf.

Reference: Abrechnung Team Praxis Kieferorthopädie

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Sylvia Wuttig schaut lächelnd an der Kamera vorbei. Sie trägt ein schwarzes T-Shirt unter einem schwarz-weißen Blazer und hält etwas rotes Schmales in der Hand, das man nicht erkennen kann. Der Hintergrund ist weiß. In der linken unteren Ecke lassen sich verschwommen lange blonde Haare erkennen.
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