Elektronische Beantragungs- und Genehmigungsverfahren, die Weiterentwicklung der Telematikinfrastruktur, die Inanspruchnahme von Leistungen nach der neuen PAR-Richtlinie, die Vorbereitungen auf die Vergütungsverhandlungen mit den Krankenassen für 2023 und das Zahnärzte-Praxis-Panel sind einige der Themen, mit denen sich die 60 Delegierten der 12. Vertreterversammlung der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) am 6. und 7. Juli 2022 in Dresden befassen werden.
Die Sommer-Vertreterversammlung (VV) gilt als Arbeitssitzung – und diese VV in Dresden ist zugleich die vorletzte VV der KZBV der Legislaturperiode 2017 bis 2022: Im Frühjahr 2023 wird eine neue VV einen neuen Vorstand wählen. Und auch wenn die Wahl nicht auf der Agenda steht, so wird sie doch unterschwellig ein Thema sein, denn einige KZVen haben ihre hauptamtlichen Vorstände für die kommende Legislaturperiode ab 2023 bereits von ihrer alten Vertreterversammlung gewählt. Offen ist auch, ob tatsächlich mehr Frauen in den hauptamtlichen Vorständen und unter den 26 ehrenamtlichen Delegierten der neuen KZBV-VV 2023 sein werden. Zumindest bei den Vorständen sieht es aktuell nicht so aus, als ob dort mehr Frauen vertreten sein werden – trotz der Ende 2020 von der KZBV-VV beschlossenen Agenda zur Förderung von Frauen.
EBZ und TI
Auf der Arbeitsagenda der Sommer-VV 2022 stehen vor allem aktuelle Themen wie das Elektronische Beantragungs- und Genehmigungsverfahren (EBZ), das seit Januar 2022 in der Pilotphase läuft und zum 1. Juli 2022 in den Echtbetrieb gegangen ist. Zum 1. Januar 2023 wird es für alle Zahnarztpraxen verpflichtend sein. Die KZVen und die KZBV haben das EBZ federführend auf den Weg gebracht und vor allem auf ein strukturiertes, gestuftes Vorgehen bei der Einführung geachtet. Die Rückmeldungen aus den Pilotpraxen seien durchweg sehr positiv, auch alle Kassen sind seit dem 1. Juli in der Lage, die Anträge in Empfang zu nehmen, heißt es dazu im Vorfeld aus der KZBV. Diese positive Stimmung ist allerdings zum Gesamtprojekt TI nicht gegeben, hier gebe es in den Praxen und in der Standespolitik angesichts der vielen „hängenden“ und unzureichend entwickelten Anwendungen ein Stimmungstief. Nicht nur das E-Rezept erweist sich in der Praxis als unausgereift, heißt es.
Zahlen zur Leistungsentwicklung
Ein weiteres Thema ist eine erste Bilanz zur Inanspruchnahme von Leistungen, insbesondere nach der neuen PAR-Richtlinie, die zum 1. Juli 2021 in Kraft getreten ist. Hier wird es erste verlässliche Zahlen geben, sowohl zu den gestellten und genehmigten Anträgen als auch zu den pro Fall abgerechneten Leistungen und damit zur Vergütung für die Praxen. Bereits zum Jahresende 2021 war eine deutlich gestiegene Inanspruchnahme von PAR-Leistungen berichtet worden. Erste Zahlen werden auch zum neuen Leistungskomplex Unterkieferprotrusionsschiene erwartet.
Für die Jahre 2021 und 2022 waren wegen der Corona-Pandemie die Vergütungsobergrenzen ausgesetzt, für 2023 werden diese Grenzen wieder in den Verhandlungen greifen. Die KZBV und die KZVen werden auch die VV nutzen, um sich für die Verhandlungen mit dem Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen und den regionalen Kassenverbänden mit Zahlen und Argumenten aufzustellen, um die neuen Leistungen adäquat abzubilden.
Wichtige Grundlage für die Verhandlungen sind die Zahlen zur Situation in den Praxen, die über ZäPP – das Zahnärzte-Praxis-Panel – gewonnen werden. Auch die neuen ZäPP-Zahlen und die Weiterentwicklung der Datenerhebung sowie die Finanzierung werden Thema sein. Hinzu kommen interne Themen wie die Beitragsordnung, Vorschläge zur Satzungsänderung und Informationen zur Modernisierung des Kölner Zahnärztehauses ab September 2022 – die Verwaltung zieht vom 20. bis 23. Juli 2022 bereits in Ausweichräume um und ist telefonisch und digital dann nicht zu erreichen.
Anträge zu politischen Themen
Politisch stehen unter anderem die neue Initiative der Gesundheitsministerkonferenz zu den investorenbetriebenen Medizinischen Versorgungszentren und die von Bundesgesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach Ende Juni 2022 vorgelegten Eckpunkte eines Gesetzes zur GKV-Finanzreform sein. Auch der Umgang mit der Impfpflicht im Gesundheitswesen und das Impfen durch Zahnärztinnen und Zahnärzte werden thematisiert werden.
Massive Kritik am geplanten Gesetz zu den GKV-Finanzen
Der am 4. Juli 2022 öffentlich gewordene Entwurf des GKV-Finanzstabilisierungsgesetz wird von der KZBV als „Frontalangriff auf die Patientenversorgung“ kritisiert. Der Entwurf sieht für die kommenden zwei Jahre Regelungen vor, die faktisch einer drastischen Vergütungskürzung für die Zahnärzteschaft und einem Rückfall in die Zeit strikter Budgetierung gleichkommen, so die KZBV: „Damit gehen langfristige, erhebliche Folgen für die zahnärztliche Patientenversorgung einher.“
„Das ist ein Frontalangriff auf die zahnärztliche Versorgung“, so der Vorstandsvorsitzende der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), Dr. Wolfgang Eßer, in einer Pressemeldung der KZBV vom 4. Juli 2022, und fordert den Bundesgesundheitsminister auf, die strikte Budgetierung wieder zu streichen. Die Budgetierung gefährde unter anderem die endlich durch die PAR-Richtlinie auf eine aktuelle wissenschafliche Basis gestellte zahnärztliche Behandlung von Patienten mit Parodontalerkrankungen. Von der vertragszahnärztlichen Versorgung gehe keine Gefahr für die Stabilität der GKV-Ausgaben aus, ihr Anteil an den Gesamtausgaben sei seit 2000 ständig von rund 9 Prozent auf zuletzt 6,25 Prozent gesunken. Die jetzt geplanten Eingriffe würden auch die Versorgungsstruktur treffen – jüngere Kolleginnen und Kollegen würden unter diesen Bedingungen unter Umständen auf die Niederlassung verzichten, ältere Praxisinhaberinnen und -inhaber ihre Praxis gegebenenfalls früher abgeben.
Die KZBV-VV in Dresden findet erstmals wieder vollständig in Präsenz statt, es wird zudem ein Livestream angeboten. Die politischen Anträge und weitere Dokumente werden in der Regel auf der Internetseite der KZBV eingestellt. Quintessence News wird berichten. (MM)
Aktualisiert am 4. Juli 2022 um 16.45 Uhr um die Inhalte der Pressemeldung der KZBV. -Red.