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KBV-Vorsitzender Dr. Andreas Gassen und Mathias Arnold, Vizepräsident der ABDA, zu Gast auf der KZBV-Vertreterversammlung – Kampagne „Zähne zeigen“ wird fortgesetzt und ausgebaut

Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung berichtete den Delegierten der KZBV-VV über die Situation in der ärztlichen Versorgung und die Kampagne der Ärzteschaft.

(c) KZBV/Darchinger

Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) konnte am zweiten Tag ihrer Vertreterversammlung in Frankfurt (Main) am 6. Juni 2024 zwei besondere Gäste begrüßen. Vor dem Hintergrund der immer schwieriger werdenden Situation der ambulanten Gesundheitsversorgung ging es erneut um den Schulterschluss gegenüber Politik und Öffentlichkeit.

Martin Hendges (Vorstandsvorsitzender der KZBV), Dr. Andreas Gassen (Vorstandsvorsitzender der KBV) und Mathias Arnold (Vizepräsident der ABDA)
Martin Hendges (Vorstandsvorsitzender der KZBV), Dr. Andreas Gassen (Vorstandsvorsitzender der KBV) und Mathias Arnold (Vizepräsident der ABDA)
Foto: KZBV/Darchinger
Als Gastredner gekommen waren der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Andreas Gassen, und Mathias Arnold, Vizepräsident der ABDA — Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. Und bei allen launigen Worten über die ganz besondere Wahrnehmungsweise und den Politikstil des amtierenden Bundesgesundheitsministers beschrieben beide eindrucksvoll den Ernst der Lage für die ambulante ärztliche Versorgung und die Apotheken. Bislang könnten die Ärzte die Versorgung noch so aufrechterhalten, dass sich die Auswirkungen der kritischen Lage für die Patientinnen und Patienten noch in erträglichen Grenzen hielten. Ganz klar sei aber: Wenn der letzte Hausarzt „mit fast 82“ dann die Praxis schließt, so Gassen, oder die Apotheke aufgibt, ist das für die Menschen in den Dörfern und Städten ein Horrorszenarium. Das ruft dann auch die lokale und regionale Politik auf den Plan.

Austausch über Erfahrungen und Zielrichtungen der Kampagnen

Deshalb sei es wichtig, neben dem Adressieren der Politik auf Bundesebene, dem Mobilisieren der eigenen Berufsstände und dem Wecken der Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit gerade die Politikerinnen und Politikern vor Ort, in den Kommunen und Ländern, anzusprechen, machten Gassen und Arnold aus ihren Erfahrungen mit ihren Kampagnen deutlich. Denn auch das war ein Hintergrund ihres Besuchs bei den Zahnärzten: Sich über Zielrichtungen, Konzepte und Eskalationsstufen der Kampagnen auszutauschen, die KBV und ABDA und auch die KZBV bereits fahren. Eine gemeinsame Kampagne KBV und KZBV sei leider wegen des Körperschaftsstatus nicht möglich, erklärte Gassen auf Nachfrage in der regen kleinen Podiumsdiskussion, die sich an die Vorträge anschloss. (Wie in der Werbewirtschaft schon kolportiert wurde, setzt die KBV für ihre auch von den KZBV-VV-Delegierten sehr gelobten Kampagne „Für Sie nah“ inklusive Fernsehspots vor den Hauptnachrichtensendungen bislang schon eine siebenstellige Summe ein.)

Die Politikerinnen und Politiker in den Gemeinden mobilisieren

Gerade die Botschaft, die Politikerinnen und Politiker vor Ort zu mobilisieren, fand positive Resonanz. So berichtete Dr. Jochen Schmidt, Vorstandsvorsitzender der KZV Sachsen-Anhalt, von seiner Tour durch das gesamte Bundesland, mit der es gelungen sei, die Sensibilität der Kommunalpolitiker für das Thema zahnärztliche Versorgung zu erhöhen – mit entsprechendem Druck auch auf die Landesregierung. Das bestätigte Arnold auch aus den Aktionen der Apotheken. Arzt- und Zahnarztpraxen und Apotheken seien für Kommunen und Bevölkerung essenzielle Einrichtungen, deren Verlust gravierende Auswirkungen auf die Standorte habe.

Mehr als 70 Prozent der Ärzte und Zahnärzte überlegen, vorzeitig aufzugeben

Der KZBV-Vorstandsvorsitzende Martin Hendges hatte die Vertreterversammlung zuvor mit einem Bericht zum Stand der Kampagne und zu den Ergebnissen der Online-Befragung der Praxen vom Mai auf das Thema eingestimmt. Die Ergebnisse dieser Befragung decken sich fast zahlengleich mit denen, die die KBV in ihrer Praxisbefragung erhoben hat: So werden vor allem die Last durch die zunehmende Bürokratie, die aufgedrückte Digitalisierung und der Fachkräftemangel beklagt, damit fehle Zeit für die Patienten. 76 Prozent der Zahnärztinnen und Zahnärzte hätten angegeben, dass sie bereits Patientinnen und Patienten von Praxen übernehmen müssten, die aufgeben. 72 Prozent der Teilnehmenden überlegten, vorzeitig aufzuhören, 90 Prozent treibt die Sorge um, keine Praxisnachfolge zu finden. Ähnliche Zahlen berichtete auch Gassen aus der Ärzte-Umfrage.

Weitere Finanzierung der Kampagne „Zähne zeigen“ beschlossen

Die Delegierten der Vertreterversammlung beschlossen im Nachgang einstimmig einen einmaligen Sonderbeitrag für die Fortführung der Kampagne „Zähne zeigen“ mit der stärkeren Zielrichtung auf die Öffentlichkeit. Die nächsten Schritte mit Großplakaten, Displays und Bannern auf zugriffsstarken Internetseiten sollen schon ab 16. Juni erfolgen.

Konsens gab es in der Diskussion auch darüber, dass die Kampagne im Bundestagswahljahr 2025 fortgesetzt (und damit in den KBV-Haushalt eingerechnet) werden soll. Das sehen auch KBV und ABDA für ihre Kampagnen vor. Man dürfe im Druck auf die Parteien nicht nachlassen und müsse sie zu klaren Positionierungen bringen. „Mit Gesundheitspolitik können Sie keine Wahlen gewinnen, aber Sie können mit Gesundheitspolitik Wahlen verlieren“, hatte Arnold schon in seinem Statement gesagt.

Gemeinsames Statement an die Öffentlichkeit

Parallel zum gemeinsamen Auftritt in Frankfurt bekräftigten KZBV, KBV und ABDA erneut auch in einer Pressemeldung ihren Zusammenhalt und positionieren sich klar gegen die verfehlte Gesundheitspolitik von Bundesminister Karl Lauterbach. Es bedürfe dringend unmittelbarer politischer Weichenstellungen, um vor allem die Niederlassung in eigenen Praxen und Apotheken zu fördern und so das bei Patientinnen und Patienten bewährte Gesundheitssystem zu erhalten. Andernfalls drohe die flächendeckende und wohnortnahe Versorgung zunehmend zu schwinden.

Die gegenwärtigen politischen Rahmenbedingungen torpedierten die Arbeit der niedergelassenen Zahnärzteschaft und Ärzteschaft sowie der Apothekerinnen und Apotheker. „Eine überbordende Bürokratie, eine nicht am Praxisalltag ausgerichtete Digitalisierungsstrategie und fehlende Mittel für Prävention haben massive Folgen für Patientinnen und Patienten, die bereits jetzt sichtbar sind: ein dramatischer Rückgang bei den Parodontitis-Neubehandlungsfällen, fehlende Haus- und Fachärzte und ein zunehmend ausgedünntes Netz der Arzneimittelversorgung“, so die drei Organisationen.

„Gesundes Herz Gesetz“, aber kein Geld für die PAR-Therapie

Martin Hendges, Vorstandsvorsitzender der KZBV, betonte: „Eine flächendeckende zahnärztliche Versorgung, wie es sie bislang gab, ist unter den aktuellen desaströsen politischen Rahmenbedingungen kaum noch zu gewährleisten. Von dieser versorgungsfeindlichen Gesundheitspolitik besonders betroffen ist die neue, präventionsorientierte Parodontitistherapie. Parodontitis nimmt unter anderem Einfluss auf schwere Allgemeinerkrankungen wie Diabetes, rheumatische Erkrankungen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Wenn Minister Lauterbach mit seinem ‚Gesundes Herz Gesetz‘ hier eine bessere Vorsorge schaffen will, ist es völlig unverständlich und kontraproduktiv, dass zugleich unser präventionsorientierter Ansatz im Bereich der Parodontitistherapie budgetiert wurde. Die Früherkennung und Behandlung der Volkskrankheit Parodontitis sind wichtige Bestandteile zur Vermeidung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, denen in keinem Fall die finanziellen Mittel gekürzt werden dürfen.“

Lauterbach ist auf dem besten Wege, das gesamte Gebäude einzureißen

Der Vorstandsvorsitzende der KBV, Dr. Andreas Gassen, erklärt: „Statt das Fundament unser aller Gesundheitsversorgung in Form von wohnortnahen Praxen und Apotheken zu festigen, ist Minister Lauterbach auf dem besten Weg, das gesamte Gebäude einzureißen. Eine Umfrage des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung verdeutlicht den Ernst der Lage: Von fast 32.000 teilnehmenden Niedergelassenen gaben 70 Prozent der Ärztinnen und Ärzte an, dass sie überlegen, aufgrund der schlechten Rahmenbedingungen vorzeitig aus der Patientenversorgung auszuscheiden. Seit dem vergangenen Sommer haben wir als Körperschaften auf die Konsequenzen der aktuellen Gesundheitspolitik aufmerksam gemacht und im Rahmen unserer Möglichkeiten protestiert. Kein Politiker wird hinterher sagen können, das habe er nicht gewusst. Die wohnortnahe niedrigschwellige Versorgung durch Praxen und Apotheken ist eine der größten Errungenschaften unseres Gesundheitssystems. Diese verlässlichen Strukturen sind nicht zuletzt wertvoller sozialer Kitt in einer Gesellschaft, die zunehmend auseinanderfällt. Sie sind das Sinnbild eines Versorgungsversprechens für die Menschen in diesem Land. Das sehen die Bürgerinnen und Bürger genauso und sie werden sich auch nicht für dumm verkaufen lassen.“

Zahl der Apotheken sinkt rasch

Mathias Arnold, Vizepräsident der ABDA
Mathias Arnold, Vizepräsident der ABDA
Foto: KZBV/Darchinger
Mathias Arnold, Vizepräsident der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, sagt: „Seit Jahren befindet sich die Apothekenzahl im Sinkflug und erreicht immer neue Tiefpunkte. Allein im vorigen Jahr sind rund 500 Apotheken weggefallen. Das bedeutet längere Wege für Patientinnen und Patienten zum dringend benötigten Arzneimittel – auf dem Lande, aber auch in den Städten. Auch dieses Jahr sind massive Belastungen in den Apotheken mit ihrem anhaltenden Fachkräftemangel zu spüren – ob beim Management der vielen Lieferengpässe oder beim holprigen Start des E-Rezepts. Das Apothekenhonorar wurde dagegen seit elf Jahren nicht angepasst, zuletzt hat es die Ampel-Koalition sogar gekürzt. Minister Lauterbach weiß von diesen Problemen, kündigt aber nur Scheinreformen an. Seine Ideen bedeuten sogar Leistungskürzungen, wenn künftig statt vollwertiger Apotheken nur Arzneimittelabgabestellen gegründet werden sollen. Und durch eine Umverteilung statt einer Anhebung des Honorars werden noch mehr Menschen ihre Apotheke nebenan verlieren. Damit würden wichtige Leistungen weder überall noch für alle angeboten werden. Die Apotheken müssen gestärkt und nicht kaputtgespart werden.“

Endlich echter Dialog mit denen, die die tägliche Versorgung gestalten

Hendges, Gassen und Arnold kritisierten scharf, dass das Gesundheitssystem in seinen bewährten Strukturen von Bundesgesundheitsminister Lauterbach in die falsche Richtung reformiert wird, und appellierten unmissverständlich an ihn, endlich in den Dialog mit denjenigen zu treten, die die Versorgung täglich gestalten. „Die Lösungsvorschläge der Selbstverwaltung für eine Versorgung im Sinne der Patientinnen und Patienten liegen auf dem Tisch und eine Reformbereitschaft ist gegeben. Wirklichkeitsfremden Versorgungskonzepten und Staatsmedizin ist dabei eine klare Absage zu erteilen“, heißt es in der gemeinsamen Meldung.

„Politisches Großversagen”

Die drei großen Organisationen des Gesundheitswesens warnen eindringlich davor, dass sich die rund 84 Millionen Patientinnen und Patienten in Deutschland von einer hochwertigen und wohnortnahen sowie sozial gerechten Versorgung verabschieden müssen, wenn Minister Lauterbach den gegenwärtig eingeschlagenen Weg weiterverfolgt. Das wäre politisches Großversagen. (Mit Material der KZBV.)

Dr. Marion Marschall, Berlin

Über den ersten Tag der KZBV-Vertreterversammlung lesen Sie hier.

Reference: Politik med.dent.magazin Nachrichten

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