Nun ist Nina Warken (CDU) als Bundesministerin für Gesundheit ernannt und vereidigt, ihr Vorgänger Prof. Dr. Karl Lauterbach hat das Amt an sie übergeben – mit einigen Stunden Verzögerung nach dem nötigen zweiten Wahlgang für die Wahl des neuen Bundeskanzlers Friedrich Merz. Warken betonte, die Expertise des Hauses für die anstehenden Reformen nutzen zu wollen. Lauterbach wünschte seiner Nachfolgerin Glück und Erfolg.
„Um die anstehenden Herausforderungen zu bewältigen, werden wir mit allen Beteiligten in den Austausch gehen. Das muss ein Dialog auf Augenhöhe sein, der Offenheit auch für andere Meinungen erfordert. Ich bin überzeugt, dass wir dann am Ende auch gute Regelungen finden und die Richtigen davon profitieren: die Patientinnen und Patienten, die Pflegebedürftigen, aber auch die zahlreichen Beschäftigten unseres Gesundheitswesens, die jeden Tag – und auch jede Nacht – dafür sorgen, dass denen Hilfe zu Teil wird, die sie brauchen. Sie verdienen unseren besonderen Respekt und brauchen gute Arbeitsbedingungen, die ihren Alltag erleichtern“, erklärte die neue Bundesgesundheitsministerin.
Erste Ministerin seit Ulla Schmidt
Mit Nina Warken (45) steht seit 2009 erstmals wieder eine Frau an der Spitze des Ministeriums – die letzte war Ulla Schmidt (SPD). Der bisherige gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Tino Sorge, und der CDU-Gesundheitspolitiker Dr. Georg Kippels wurden als neue Parlamentarische Staatssekretäre vorgestellt.
„Politikerin, die den Austausch sucht und ernst nimmt“
Die Zahnärzteschaft begrüßte die neue Gesundheitsministerin, die in der Gesundheitspolitik ein weitgehend unbeschriebenes Blatt ist. Aus eigenem Kontakt und Erleben reagieren können die Vertreter der zahnärztlichen Körperschaften aus Baden-Württemberg, dem Bundesland, aus dem Warken kommt. „Die Kassenzahnärztliche Vereinigung Baden-Württemberg und die Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg blicken dem Wechsel im Gesundheitsministerium mit Zuversicht entgegen“, so die gemeinsame Pressemeldung.
„Nina Warken, die ihren Wahlkreis Odenwald-Tauber direkt gewonnen hat, ist seit 2013 Mitglied des Deutschen Bundestags. Und auch wenn Gesundheitsthemen bislang nicht den Schwerpunkt ihrer Arbeit bildeten, erwarten die zahnärztlichen Körperschaften, dass sie sich für den Erhalt wohnortnaher Versorgungsstrukturen sowohl bei den ambulanten Praxen als auch bei Kliniken und Apotheken einsetzen wird“, heißt es.
Positive Erfahrungen in Baden-Württemberg
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Tomppert betont weiter: „In der Gesundheitspolitik zählen nicht nur Titel, sondern der Willen zur Vernetzung, ein Verständnis für die Versorgung vor Ort und die Bereitschaft, die Praxisrealität der Menschen in Entscheidungen einzubeziehen. Erfahrung und Expertise entwickeln sich häufig aus diesem ernsthaften Engagement – und genau das traue ich Nina Warken zu.“
KZBV hofft auf Verlässlichkeit und Rückkehr zum sachlichen Dialog
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Prävention als gesamtgesellschaftliche Aufgabe
Die Herausforderungen seien dabei vielfältig. „Allem voran hat der demografische Wandel unsere sozialen Sicherungssysteme erfasst und wirft damit die Frage auf, wie eine nachhaltige Finanzierung der Systeme gesichert werden kann“, so Hendges. Hier liege ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg darin, „Prävention als gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu verstehen und das Gesundheitssystem konsequent daran auszurichten. Eine Investition, die sich nachhaltig auszahlt.“
Rahmenbedingungen für die Versorgung verbessern
Was die Seite der Zahnärzte, Ärzte und Praxisteams angeht, hebt der KZBV-Vorstandsvorsitzende unter anderem auf die Rahmenbedingungen ab. Sie müssten für diejenigen, die jeden Tag mit großen Anstrengungen die Versorgung sicherstellen, so ausgestaltet werden, „dass das Verhindern und Behandeln von Krankheiten endlich wieder in den Fokus rückt, Bürokratie abgebaut wird, Sanktionspolitik ein Ende findet und Planungssicherheit für unsere Praxen gegeben ist.“ Hendges: „Für diese Aufgaben bieten wir unsere Expertise der Selbstverwaltung gerne an. Ich bin mir sicher, dass wir mit Frau Warken als neue Bundesgesundheitsministerin hierzu in einen konstruktiven Austausch treten werden und ein ungetrübter Blick auf das komplexe Gesundheitssystem es möglich machen wird, zielorientiert und faktenbasiert in den Dialog über die zukünftige Ausgestaltung des Gesundheitssystems einzutreten“.
Auch die Bundeszahnärztekammer hofft in ihrer Gratulation an Warken auf eine Rückkehr zum Dialog und endlich Maßnahmen gegen die überbordende Bürokratie. Man bietet ihr eine konstruktive und lösungsorientierte Zusammenarbeit zur Bewältigung der aktuellen
Herausforderungen im Gesundheitswesen.
„Unser Gesundheitssystem steht vor einer Vielzahl von Herausforderungen, deren Bewältigung die Kooperations- und Kompromissbereitschaft aller am Gesundheitswesen Beteiligten erfordern wird. Die BZÄK setzt sich seit Jahren für eine nachhaltige und patientenorientierte Gesundheitspolitik ein“, heißt es in der Meldung.
Die BZÄK benennt dazu Kernthemen wie den Abbau von Bürokratie und eine faire Vergütung. Werde der bürokratische Aufwand reduziert, gebe es mehr Zeit für die Patientenversorgung und könnten „weniger Köpfe mehr Patientinnen und Patienten versorgen“. Die
BZÄK fordert eine sofortige Reduzierung der Bürokratielast.
Essenziell sei die Sicherstellung einer angemessenen Vergütung, um die Attraktivität der Berufe zu erhalten. „Daher muss es vorrangige Aufgabe der neuen Regierung sein, eine faire und leistungsgerechte Bezahlung entsprechend den gleichermaßen anspruchsvollen wie qualitätssichernden Anforderungen an die Arbeit der Zahnärztinnen und Zahnärzte sicherzustellen – Gebühren auf dem Stand von 1988 gleichen nicht einmal den Inflationsverlust aus“, so die BZÄK. Allerdings sind die privaten Gebührenordnungen nicht im Koalitionsvertrag genannt.
Ebenso wie die KZBV macht sich auch die BZÄK für mehr und nachhaltigere Prävention stark. Sie hebt zudem auf die Finanzprobleme des Gesundheitssystems ab, die gelöst werden müssten. Auch eine praxistauglich aufgesetzte Digitalisierung biete enorme Chancen im Gesundheitswesen, die Effizienz und Qualität der Versorgung zu steigern.
Bessere Ausbildungsbedingungen für Zahnmedizinstudierende
Außerdem benennt die BZÄK den Fachkräftemangel als Problem und fordert bessere Ausbildungsbedingungen für für Zahnmedizinerinnen und Zahnmediziner, eine Stärkung des erfolgreichen dualen Ausbildungssystems für die Mitarbeitenden in den Praxen und insgesamt attraktive Rahmenbedingungen. „Der Erhalt des niedrigschwelligen Zugangs zur zahnmedizinischen Versorgung - insbesondere in ländlichen Gebieten – bleibt eine zentrale Herausforderung, die innovative Lösungen und gezielte Fördermaßnahmen erfordert“, heißt es weiter. „Wir stehen bereit, unsere Expertise einzubringen und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten.“
Zahntechniker-Handwerk: Gratulation an die neue Bundesregierung
Das Zahntechniker-Handwerk wünscht sich eine Stärkung der Gesundheitsleistungen als Zukunfts- und Flächeninvestitionen. Der Verband Deutscher Zahntechniker-Innungen (VDZI) gratuliere Bundeskanzler Friedrich Merz herzlich zu seinem offiziellen Amtsantritt und wünsche ihm und allen Ministerinnen und Ministern ein erfolgreiches Wirken, so der VDZI.
„Die Herausforderungen für die Zukunft des Landes sind groß. Sie verlangen Entschlossenheit, Tatkraft und schnelles Handeln“, so der Verband. „Gerade nach dem gescheiterten ersten Bundeskanzler-Wahlgang darf es fortan kein weiteres Taktieren in der Bewältigung der komplexen Probleme in Wirtschaft und Gesellschaft geben.“ Gesundheitsleistungen seien Zukunfts- und Flächeninvestitionen, auf die nicht nur die Bevölkerung baue, sondern auch der Standort Deutschland für die Gesundheitswirtschaft und ihre Wertschöpfungskette. „Hierfür braucht es auch starke Betriebe in den Gesundheitshandwerken wie der Zahntechnik. Für die zahnmedizinische Behandlung mit Zahnersatz ist gerade die Aufrechterhaltung der wohnortnahen Versorgung durch die gewerblichen zahntechnischen Labore wichtig, nicht nur in den Städten, sondern auch auf dem Land. Grundlage hierfür ist eine hochwertige und auskömmliche Versorgungsleistung der Krankenkassen“, betont der VDZI.
Gegenüber der Gesundheitsministerin Nina Warken baue man auf eine umfassende Gesprächsbereitschaft rund um die qualitätsgesicherte Versorgung der Patienten mit Zahnersatz. „Allen Abgeordneten des deutschen Bundestages, insbesondere den Mitgliedern im Ausschuss für Gesundheit, und der neuen Bundesregierung steht der VDZI als ein ebenso fairer wie lösungsorientierter Gesprächspartner zur Verfügung.“
GKV-Spitzenverband fordert Vorschaltgesetz wegen Finanzierungskrise
Die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbands, Dr. Doris Pfeiffer, verlangt von Warken schnelleres Handeln, als der Koalitionsvertrag vorsieht. „Die schlechte Finanzsituation in der gesetzlichen Krankenversicherung macht sofortiges Handeln dringend erforderlich. Wir haben Rekordbeitragssätze, wir haben nur noch sieben Prozent einer Monatsausgabe als Reserve und wenn nichts geschieht, wird sich die Beitragsspirale ungebremst weiterdrehen und die Zusatzbeiträge werden explodieren – eine Kommission, die laut Koalitionsvertrag erst im Frühjahr 2027 Ergebnisse vorlegen soll, ist angesichts dessen keine Option. Wir brauchen jetzt sofort kurzfristige Maßnahmen zur Finanzstabilisierung.“
Ausgabenmoratorium noch vor der Sommerpause
„Noch vor der Sommerpause sollte im Rahmen eines Vorschaltgesetzes deshalb ein verbindliches Ausgabenmoratorium kommen. Heißt konkret: Keine Preis- oder Honorarerhöhungen mehr, die über die laufenden Einnahmen hinausgehen. Das Moratorium muss so lange gelten, bis durch geeignete Strukturreformen Einnahmen und Ausgaben wieder in ein Gleichgewicht gebracht worden sind. Und noch etwas, das kurzfristig in dem Vorschaltgesetz geregelt werden sollte: Die medizinische Versorgung der Bürgergeldbeziehenden muss endlich fair über Steuergelder finanziert werden. Allein dadurch würde die gesetzliche Krankenversicherung um zehn Milliarden Euro oder anders ausgedrückt um etwa 0,5 Beitragssatzpunkte entlastet“, rechnet Pfeiffer vor.
Strukturreformen sind Mammutaufgabe
Dann müssten die grundlegenden Reformen angegangen werden: „Die eigentliche Mammutaufgabe wird für die neue Bundesgesundheitsministerin sein, mittel- und langfristig durchgreifende Strukturreformen in unserem Gesundheitswesen umzusetzen, damit sich das medizinische und pflegerische Versorgungsangebot verstärkt nach dem Bedarf der Patientinnen und Patienten richtet. An solchen Strukturreformen geht auf längere Sicht kein Weg vorbei, damit die vorhandenen finanziellen und angesichts von Demographie und Fachkräftemangel zunehmend begrenzten personellen Ressourcen effizient und sinnvoll für die Gesundheitsversorgung eingesetzt werden.“
Ähnlich äußerten sich auch die Vorstandsvorsitzende des AOK Bundesverbands, Dr. Cornelia Reimann, und Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen e. V. (vdek). Beide forderten schnelles Handeln der Politik angesichts der massiven Finanzprobleme von Kranken- und Pflegekassen. Reimann: „In den letzten beiden Legislaturperioden wurde die Finanzkraft von GKV und SPV chronisch ausgezehrt“, die Beitragszahler über Gebühr mehrbelastet. Die Ampel sei mit ihrem Versuch, die Finanzen wieder ins Lot zu bringen, gescheitert.