Im Zuge der Diskussion um die Krankenhausreform droht die ambulante Versorgung von Patienten in Vergessenheit zu geraten. Das kritisiert der Gesundheitspolitische Arbeitskreis (GPA) der Mittelstands- und Wirtschaftsunion Schleswig-Holstein (MIT-SH) mit seinem Vorsitzenden, Zahnarzt Hans-Peter Küchenmeister. In einem Positionspapier fordert die MIT Schleswig-Holstein die Politik auf, die freiberuflichen Praxen und Apotheken als Rückgrat der Gesundheitsversorgung nicht zu vergessen.
In dem Positionspapier heißt es: „Die ambulante Gesundheitsversorgung in unserem Land mit den freien Praxen und Apotheken ist die erste niedrigschwellige Anlaufstelle für Patientinnen und Patienten. Diese Versorgungsstruktur erbringt patientennah ambulante ärztliche, zahnärztliche, psychotherapeutische, physiotherapeutische und pharmazeutische Leistungen. 90 Prozent der Patientinnen und Patienten suchen zuerst in den niedergelassenen Praxen und Apotheken Hilfe. Diese Struktur hat uns auch durch die Pandemie geführt: Über 95 Prozent der Covid-Patienten wurden ambulant behandelt und größtenteils wurde in den Praxen geimpft, was die Krankenhäuser entlastete. Die MIT Schleswig-Holstein fordert daher, die ambulante Versorgung und hier die freiberuflichen Praxen und Apotheken stärker in den Fokus zu nehmen.“
Freiberuflichkeit und Selbstständigkeit entscheidend
Stefan Lange, der Landesvorsitzender der MIT-Schleswig-Holstein, erklärt dazu: „Das System der Freiberuflichkeit und Selbstständigkeit ist nicht nur wirtschaftlich effizient, sondern auch entscheidend für den medizinischen Erfolg. Es ist unabhängiger von Einwirkung und Interessen Dritter, bietet Therapiefreiheit und sorgt für Vertrauen der Patienten, weil eine persönliche Verantwortung und Bindung des behandelnden Arztes, Apothekers oder Therapeuten zum Patienten besteht. Dem muss die Politik Rechnung tragen.“
Laut einer vom GPA zitierten Umfrage der Stiftung Gesundheit bewerteten mehr als ein Drittel der Hausärzte, Fachärzte und Zahnärzte ihre Arbeitsbedingungen als „schlecht“ oder „sehr schlecht“, bei den Apothekern sei es sogar mehr als jeder zweite. Hauptbelastungsfaktoren sind danach administrative Arbeiten (57,1 Prozent) und Aufwand für Technik und Digitalisierung (56,1 Prozent). Insgesamt fühlten sich die ambulant Tätigen von der Politik übergangen und nicht wertgeschätzt.
Budgetierung sofort aufheben
Die MIT fordert in ihrem Positionspapier den Bundesgesundheitsminister auf, zu handeln, um den Bestand der ambulanten Versorgung zu gewährleisten. Konkret bedeute das zum Beispiel:
- frühzeitige Einbindung des Sachverstandes der Gesundheitsberufe in alle gesundheitspolitischen Reformvorhaben und deren Umsetzung
- konsequenter Bürokratieabbau
- sofortige Beendigung der innovationshemmenden Budgetierung der Haus- und grundversorgenden Fachärzte und Zahnärzte,
- Erhöhung des Orientierungspunktwertes
- Fachliche und finanzielle Novellierung der Gebührenordnungen
- Erhöhung der seit Jahrzehnten stagnierenden Apothekenhonorierung
- Weiterbildung durch gezielte Fördermaßnahmen weiter stärken
- zunehmende Kommerzialisierung der Medizin durch externe Investoren stoppen
Krankenhausreform nicht losgelöst von ambulanter Versorgung
Eine Krankenhausreform dürfe nicht losgelöst von der ambulanten Versorgung geplant werden, so Lange weiter. Wo ambulante Strukturen fehlen, müssen stationäre geschaffen werden, was die Versorgung insgesamt teurer machen und die Krankenkassenbeiträge steigen lassen würde.
Das vollständige Positionspapier des GPA, das unter anderem vom Präsidenten der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein, Dr. Michael Brandt, dem früheren Zahnärztekammerpräsidenten und Vorsitzenden des GPA, Hans-Peter Küchenmeister, und dem Landesvorsitzenden des Freien Verbands Deutscher Zahnärzte Schleswig-Holstein, Dr. Robert Kaden, erarbeitet wurde, ist auf der Homepage der MIT-SH zum Herunterladen eingestellt.