Für die Rubrik „Hot Shit“ von „Quintessenz – das Magazin“ bittet die Redaktion das Team der Werkstoffkundeforschung der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik des Klinikums der LMU, ein aus deren Sicht absolut „heißes“ Thema, Produkt oder Konzept vorzustellen.
Im 13. Teil der Reihe „Hot Shit“ fiel die Wahl des Teams der Werkstoffkunde der Poliklinik für zahnärztliche Prothetik an der LMU auf das Thema „LeSoDent“, ein interdisziplinäres Forschungsprojekt der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF).
Das IGF-Vorhaben (21734 N) der Forschungsvereinigung (GfaI, Gesellschaft zur Förderung angewandter Informatik e. V.) wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestags gefördert.
„LeSoDent“ – das Projekt
LeSoDent ist eine interaktive Lernsoftware für Auszubildende und Studierende, mit der sowohl das theoretische Wissen als auch die praktischen Fertigkeiten für die keramische Verblendung von Frontzahnkronen digital vermittelt werden sollen. Ziel ist es, mithilfe innovativer Simulationen und hochqualitativer Computergrafik neben den theoretischen Grundkenntnissen auch den komplexen, manuellen Umgang zu vermitteln. Entwickelt wurde das Softwaremuster von der Gesellschaft zur Förderung angewandter Informatik e. V. (GFal), dem Institut für Lasertechnologie in Medizin und Messtechnik (ILM) und der Werkstoffkunde der Poliklinik für zahnärztliche Prothetik des Klinikums der Universität München (LMU). Diverse Partner aus der Dentalbranche unterstützten das Projekt im projektbegleitenden Ausschuss:
- Amann Girrbach AG
- Andreas Kunz Zahntechnik
- Annett Kieschnick Dentale Fachkommunikation
- Bego GmbH & Co. KG
- Berufskolleg Cuno II
- Dentaurum GmbH & Co. KG
- Dentsply Sirona
- Emulation Sascha Hein
- estetic ceram ag
- Gigahertz-Optik GmbH
- HPdent GmbH
- Komet Dental Gebr. Brasseler GmbH
- Lotus Art
- Optis Germany GmbH
- Sick AG
- Vita Zahnfabrik H. Rauter GmbH & Co. KG
- Zubler Gerätebau GmbH
Zielstellung des Projekts
Das keramische Schichten verblendeter Frontzahnkronen ist in der zahntechnischen Ausbildung eine der größten Herausforderungen, da neben dem Erlernen des Schichtens ausreichend Zeit zum Üben, fachliches Wissen sowie eine kontinuierliche Betreuung Voraussetzung für das erfolgreiche Anwenden dieser Technik sind. Dies ist im Rahmen der Ausbildung oft nicht in vollem Umfang möglich. Eine weitere Besonderheit bei der Herstellung keramisch verblendeter Frontzahnkronen sind die hohen ästhetischen Ansprüche an diese Art der Restauration, die weitergehendes physikalisches Wissen hinsichtlich der Ausbreitung des Lichts in streuenden Medien erfordern, um den Effekt der Verarbeitung der verschiedenen Verblendmassen auf das Ergebnis einer Restauration verstehen zu können.
Mit LeSoDent soll ein interaktiver Arbeitsplatz für die Auszubildenden zur Verfügung gestellt werden, an dem der Fertigungsprozess der Verblendung von Frontzahnkronen mithilfe innovativer Simulationsverfahren objektiv bewertet und, angepasst an den individuellen Wissensstand des Lernenden, erweitert wird. Für die Anweisungen, Auswertung und Kontrolle der Ergebnisse wurden kombinierte Farbwert- und 3-D-Messungen sowie auf Volumenmodellen basierende Monte-Carlo-Simulationen entwickelt.
Ziel des Forschungsprojekts ist es, die zahntechnische Ausbildung zu vereinfachen und zu verbessern, damit zukünftig bestmögliche und reproduzierbare keramisch verblendete Kronen hergestellt werden können.
Arbeitsablauf
Neben einem theoretischen, werkstoffkundlichen Teil der Software stehen den Lernenden eine virtuelle und eine praktische Verblendoption zur Verfügung. Der theoretische Teil umfasst ein in der Software hinterlegtes Skript mit fachrelevanten Themen (zum Beispiel Basics zu Zahnformen, Werkstoffkunde zu Verblendkeramik, Zahnfarbraum und vieles mehr).
Bei dem virtuellen Teil kann ein Frontzahngerüst mittels Auswahl geeigneter Verblendkeramik über Schieberegler digital verblendet werden. Die so verblendete Krone wird immer mit einer in der Software hinterlegten Referenz- beziehungsweise Masterkrone verglichen und es wird sowohl der geometrische Unterschied als auch die Farbabweichung optisch und mittels Delta E (∆E) angezeigt.
Im praktischen Teil schauen sich Lernende Informationen beispielsweise in Videos (Abb. 1) an und schichten Kronen anschließend praktisch. Dazu sind in der Software STL-Files von Modellen in zwei Varianten (junge und ältere Bezahnung) und die entsprechenden Gerüststrukturen hinterlegt (Abb. 2). So können Arbeitsmodelle angefertigt und praktisch verwendet werden. Nach den diversen Schichtvorgängen werden die Kronen gescannt und wie im virtuellen Teil mit einer hinterlegten Referenzkrone (Abb. 3) verglichen, um den Lernenden hinsichtlich ihres Resultats Feedback zu geben.
Fazit
Im Rahmen des zweijährigen Projekts wurde ein Labormuster der Lernsoftware entwickelt. Machbarkeit und Funktionalität einer solchen Software wurden bestätigt. In einem weiteren Schritt wäre die Entwicklung eines Prototypen denkbar. Zum potenziellen Nutzerkreis der Lösung könnten die zahntechnischen Berufs- und Meisterschulen, Dentallabore, Universitäten und nicht zuletzt industrielle Keramik- und Gerüstwerkstoffhersteller zählen.
Weitere Infos über die Werkstoffkundeforschung an der LMU unter www.facebook.com/werkstoffkundeforschung