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Wirksamkeit des RelaxBogens im Vergleich zur Therapie mit Aufbissbehelfen

Ziel: Die Studie von Dr. Jochen Lambers und Dr. Christopher Heise untersucht den therapeutischen Effekt des RelaxBogens im Vergleich zur alleinigen Schienentherapie bei Patienten mit Schlafbruxismus und CMD in Bezug auf myogene Beschwerden und Schmerzen.

Probanden und Methoden: 32 Probanden mit Schlafbruxismus und CMD-Symptomen wurden in einer einfach verblindeten, randomisierten, kontrollierten, monozentrischen klinischen Studie untersucht. Die Wirksamkeit des Bogens plus Stabilisierungsschiene wurde mit der alleinigen Schienentherapie verglichen. Die Therapiedauer betrug acht Wochen. Die Untersuchungen entsprechen dem RDC/TMD-Standard.

Ergebnisse: Bei der Bogen-Gruppe zeigte sowohl die Auswertung der SL-NRS-Fragebögen als auch die Palpation der Muskeln eine signifikante Schmerzreduktion der Mundschließer. Gleichzeitig empfanden die Probanden weniger Schmerz bei der Mundöffnung. Ein lindernder Effekt auf Kopfschmerzen in Kombination mit muskulären CMD-Symptomen, häufig auch als Spannungskopfschmerzen bezeichnet, konnte ebenfalls beobachtet werden.

Dieser Beitrag stammt aus der „Zeitschrift für Kraniomandibuläre Funktion“ der Quintessenz Verlags-GmbH. Die Zeitschrift berichtet bilingual in Deutsch und Englisch über neue Entwicklungen in Klinik und Forschung. Sie nimmt aktuelle Original- und Übersichtsarbeiten, klinische Fallberichte, interessante Studienergebnisse, Tipps für die Praxis, Tagungsberichte sowie Berichte aus der praktischen Arbeit aus der gesamten Funktionsdiagnostik und -therapie auf. Vierteljährlich informiert sie über Neuigkeiten aus den Fachgesellschaften und bringt aktuelle Kongressinformationen und Buchbesprechungen. Mehr Infos zur Zeitschrift, zum Abo und zum Bestellen eines kostenlosen Probehefts finden Sie im Quintessenz-Shop.

Einleitung

Bruxismus wird als unbewusstes Knirschen und/oder Pressen der Zähne beschrieben und tritt sowohl tagsüber als auch nachts auf. Er gilt als ein Risikofaktor für die Entstehung einer craniomandibulären Dysfunktion (CMD) und von Kopfschmerzen. Auch isometrische und/oder isotonische Kontraktionen der Kaumuskulatur ohne Zahnkontakt fallen unter diese Definition1,2. Die dabei entstehenden, unphysiologisch starken Kräfte können bei längerem Bestehen zu pathologischen Störungen in den entsprechenden Arealen führen. Die negativen Auswirkungen können sich im gesamten craniomandibulären System (CMS) sowie angrenzenden Bereichen zeigen.

Das Krankheitsbild der CMD ist daher sehr komplex und kann Schmerzen im dentogenen und arthrogenen Bereich aufweisen, aber auch Muskelspasmen und chronifizierte Beschwerden der Kaumuskeln und angrenzender, über Faszien verbundene Strukturen werden von den Betroffenen beschrieben. So werden von den Patienten häufig Nacken- und Schulterverspannungen sowie Probleme mit der Halswirbelsäule (HWS) genannt. Schmerzen, die in die Kieferregionen ausstrahlen und Kopfschmerzen er­schweren die Diagnostik und Abgrenzung zu anderen Erkrankungen3. Aktuelle Publikationen stellen ­psychogene Faktoren als einen der Hauptauslöser von Schlaf- und insbesondere Wachbruxismus dar.

Die Vorstellung einer durch Stresssituationen ausgelösten körperlichen Anspannung, die über das Kausystem dekompensiert wird, liegt dieser Überlegung zugrunde4–6. Die Genetik, Schlafstörungen, Erkrankungen des vegetativen Nervensystems und nervöse Ticks könnten ebenfalls eine wesentliche Rolle bei der Entstehung der Symptomatik spielen7,8. In der Literatur findet sich auch bei dopaminergen, serotonergen und adrenergen Substanzen ein Einfluss auf Bruxismus9.

Die Prävalenz von Bruxismus liegt bei 20 Prozent8.In der S3-Leitlinie zur Diagnostik und Behandlung von Bruxismus wird noch weiter zwischen Schlafbruxismus (12,8 ± 3,1 Prozent) und Wachbruxismus (22,1–31 Prozent) differenziert2. CMD mit durch Schmerzen bedingte Beeinträchtigungen tritt bei etwa 10 Prozent der Erwachsenen auf10. Die Betroffenen geben häufig auch eine reduzierte Lebensqualität an11.

Auch wenn der Zusammenhang zwischen Bruxismus und CMD kontrovers diskutiert wird12–17, gilt die Therapie von Schlafbruxismus und CMD mit Aufbissbehelfen als Mittel der Wahl18,19. Der Schutz der Zähne vor Attrition und des Parodonts vor Überlastung, aber auch Entspannung der Kaumuskulatur und Entlastung der Kiefergelenke sind die Zielsetzung verschiedener Formen von Aufbissbehelfen. Bei Wachbruxismus treten bei den Therapieempfehlungen Aufklärung und Anleitung zur Selbstbeobachtung in den Vordergrund2. Gerade bei chronifizierten Beschwerden reicht dieser Therapieansatz jedoch nicht immer aus18. Auch können die psychologischen Hintergründe, die sich häufig als Ursachen insbesondere von Wachbruxismus darstellen, von einer Schienentherapie nicht beeinflusst werden. Hier wird eine interdisziplinäre Vorgehensweise unter Einbeziehung von Orthopäden, Physiotherapeuten und Psychologen empfohlen7,8,18,20,21.

Bei etwa drei Viertel der CMD-Patienten werden myofasziale Schmerzen der Kaumuskulatur diagnostiziert22. Die Faszien der Kiefermuskulatur durchdringen und umhüllen den myogenen Anteil wie ein Spannungsnetzwerk. Dabei verbinden sie nicht nur das craniocervicale System (CCS) mit dem CMS, sondern bilden auch die Verbindung zum craniosacralen System (CSS). Diese bindegewebige Komponente reagiert auf leichten Druck mit Entspannung, die gekennzeichnet ist durch eine plastische Verformung der Kollagenfasern23–25.

Auch spielt die hohe Rezeptordichte in den Muskelfaszien eine bedeutende Rolle. Eine große Anzahl von freien Nervenendigungen, Mechanorezeptoren und Ruffini-Rezeptoren reagieren auf leichten, anhaltenden Druck mit Muskelrelaxation und Sympathikusinhibition21,23.

Durch die oben beschriebene Verbindung zum CSS treten auch in diesem Bereich häufig schmerzhafte Symptome auf26. Ziel bei der Therapie von CMD und/oder Bruxismus sollte daher das Auflösen myogener Verspannungen sein. Dabei müssen alle betroffenen Systeme im Fokus stehen. Dies kann auch durch interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Kollegen aus den Bereichen Orthopädie, Physiotherapie sowie Psychologie ergänzt werden26,27. Durch die Lern- und Regenerationsfähigkeit des Muskelapparates ist dieser Therapieansatz als sehr effektiv anzusehen18,27.

Verglichen mit anderen Muskelgruppen findet man in der Kaumuskulatur Muskelfaserbündel kleinster motorischer Einheiten, die sehr eng beieinanderliegen. Dadurch können schon kleine Veränderungen die Funktion negativ beeinflussen. Andererseits sind so manchmal auch nur geringfügige therapeutische Maßnahmen notwendig, um Verbesserungen einzuleiten. Die Anpassung einer Stabilisierungsschiene, kombiniert mit Physiotherapie, führt bereits häufig zu guten Resultaten, die eine irreversible Korrektur der Okklusion unnötig machen18,28–32.

Die Forschungsergebnisse der vergangenen Jahre haben zu einer engeren Zusammenarbeit von Zahnärzten, Physiotherapeuten und Orthopäden geführt. Werden aus zahnärztlicher Sicht umfangreiche Rekonstruktionen verlorener Zahnhartsubstanz erforderlich, gilt der Kieferrelation besondere Aufmerksamkeit. Eine Entspannung der Kaumuskulatur sollte Voraussetzung für die Kieferrelationsbestimmung sein. Häufig führt diese Relaxation allein bereits zu einem abgeschwächten Beschwerdebild32,33. Physiotherapie reduziert den Schmerz deutlich bei CMD-Patienten34–38, jedoch ist diese Hilfe meist nur von eingeschränkter Dauer, da die eigentliche Ursache für die verstärkte Muskelaktivität häufig im psychischen Bereich liegt5.

Entwicklung und Funktion des RelaxBogens

Der RelaxBogen (RelaxBogen, Hameln) wurde entwickelt, um die positive Wirkung der Physiotherapie zu verlängern und dem Patienten eine weiterführende Anwendung im privaten und beruflichen Umfeld zu ermöglichen. Er imitiert eine spezielle Entspannungstechnik für M. masseter und M. temporalis, bei der durch leichten Druck auf diese beiden Muskeln und deren Faszien eine Senkung des Muskeltonus erreicht wird. Die Basis dieser Muskelrelaxation bildet die myofasziale Releasetechnik (Abb. 1).

Der Bogen besteht aus zwei federharten Drähten, deren Enden mit Kunststoffteilen, den Auflagepunkten oder auch Stimulatoren, versehen sind. Die beiden Drähte sind durch einen Connector verbunden (Abb. 2). Der federharte Draht ermöglicht eine Feinabstimmung für den Druck auf den jeweiligen Muskel. Auch kann so bei einer nachlassenden Auflagekraft nach längerer Tragezeit der Bogen wieder aktiviert werden.

Der Einsatz ist sowohl tagsüber als auch nachts möglich. Gerade tagsüber erweist sich seine Remindfunktion als positiv für Patienten mit Wachbruxismus: Beim Aufeinanderpressen und/oder Knirschen der Zähne vergrößert sich der Muskelbauch durch die Kontraktion. Dadurch dehnt sich der Bogen leicht und hat damit eine geringfügig verstärkte Auflagekraft, die vom Patienten wahrgenommen wird. Ein reflektorisches Nachlassen der Muskelkraft ist die Folge.

Da Wachbruxismus und myofasziale Schmerzen signifikant zusammenhängen, ist diese Einsatzmöglichkeit tagsüber besonders hervorzuheben12,17.

Probanden und Methoden

Die vorliegende Untersuchung ist eine einfach verblindete, randomisierte, kontrollierte, monozentrische klinische Studie. Sie wurde durch die Ethikkommission bei der Ärztekammer Niedersachsen am 21.05.2015 genehmigt (Projekt Nr. 15/2015). Die Gruppenzuteilung erfolgte parallel und verdeckt, der Prüfarzt war verblindet. Die Wirksamkeit der Therapie mit RelaxBogen plus Stabilisierungsschiene wurde mit der alleinigen Schienentherapie verglichen.

Die Untersuchungsgruppe bestand aus 32 Probanden. Einschlusskriterien waren ein mittels Brux-Checker-Folie (Scheu-Dental) diagnostizierter Schlafbruxismus mit einer zum Studienbeginn wenigstens seit drei Monaten laufenden Schienentherapie. Der Hauptschmerz musste im Kopf-, Schulter-, Nackenbereich liegen.

Ausschlusskriterien waren Verletzungen in den Bereichen von Kopf, Schulter oder Nacken sowie Alkohol-, Drogen- und Medikamentenabusus als Ursache für sekundären Bruxismus und anstehende Zahnsanierungen. Weitere Ursachen für sekundären Bruxismus, wie Schlafstörungen und gastroösophagealer Reflux, führten nicht zum Ausschluss. Es durfte noch kein RelaxBogen getragen worden sein. Es durfte keine psychogene Erkrankung vorliegen. Alle Probanden mussten volljährig sein.

Für die Anamnese wurden der Schmerzfragebogen der CMD-Sprechstunde der Universität Frankfurt/M. (Modifikation nach Kopp/Lambers) und der SL-NRS-Fragebogen nach Stelzenmüller eingesetzt39. Dabei erfolgten auch eine manuelle Funktionsanalyse und eine Schmerzpalpation der Kiefergelenke, der sechs Nervenaustrittspunkte des N. trigeminus und 38 Muskeln der Mundschließer und -öffner sowie der zervikalen Muskulatur. Die Achse II wurde mit der deutschen Version des HADS-Fragebogens und des Stressfragebogens nach Holmes und Rahe beurteilt40,41. Ein vorliegender Schlafbruxismus wurde über eine für zwei Nächte getragene Brux-Checker-Folie verifiziert42. Weitere Befunde wie Abrasionen, Chipping an Keramikrestaurationen oder Wangen- und Zungenimpressionen wurden dokumentiert, aber nicht für die Verifizierung eines aktuell vorliegenden Bruxismus herangezogen, da sie auch durch zurückliegende Bruxismusaktivitäten hervorgerufen sein können. Die Brux-Checker-Folie erlaubt nur eine Aussage über Schlafbruxismus, ein eventuell zusätzlich vorhandener Wachbruxismus wurde dia­gnostisch nicht erfasst.

Bei der Erstuntersuchung wurden die vorhandenen Schienen auf ihre Funktion überprüft. Defekte Schienen wurden erneuert. Die Anfertigung erfolgte vorzugsweise für den Unterkiefer aus hartem Kunststoff. Dabei wurde eine Front-Eckzahn-Führung etabliert. In habitueller Okklusion bestand kein Frontzahnkontakt. In einem Gespräch wurde über mögliche Ursachen von Bruxismus und die unterschiedlichen therapeutischen Ansätze von Schiene und RelaxBogen aufgeklärt.

Für alle in die Studie aufgenommenen Patienten wurde ein RelaxBogen angepasst und entsprechende Messdaten protokolliert. Danach wurde ohne Wissen des Behandlers ausgelost, ob der Proband in der Studienzeit zusätzlich zur Schiene den Bogen anwendet. Die Anwendung sollte über acht Wochen erfolgen. Alle Probanden erhielten ein Protokoll, um die Tragezeiten von Schiene und Bogen zu dokumentieren. Zur Nachuntersuchung wurden alle Parameter erneut abgefragt.

Die Akquise der Studienteilnehmer erfolgte durch Bruxismus- und CMD-Patienten im Therapeuten-Netzwerk sowie in Tageszeitungen. Von 75 interessierten Probanden waren nach einer kurzen Erstinformation 68 bereit, einen Fragebogen auszufüllen. Davon sandten 49 den Frage­bogen zurück. Nach der Auswertung der Fragebögen als ersten Evaluationspunkt verblieben 39 Probanden. ­Hauptgründe für den Ausschluss bildeten: Schwerpunktbeschwerden nach SL-NRS-Fragebogen nicht im Schulter-/Kopfbereich sowie Verdacht auf Depressionen. Jeweils einmal traten Alter und eine geplante, zahnärztliche Sanierung als Ausschlusskriterium auf. Bei der Erstuntersuchung, dem zweiten Evaluationspunkt, konnte ein weiterer Proband nicht in die Gruppe aufgenommen werden, da akut keine CMD-Probleme vorlagen. Von den verbliebenen 38 Probanden brachen sechs die Studie ab: Einmal wurde dies durch einen Umzug, zweimal durch Zeitmangel begründet, drei brachen die Studie ohne Begründung ab. Neun der final randomisierten 32 Probanden rekrutierten sich aus dem Patientenstamm der Praxis Lambers.

Tab. 1  Alter und Geschlecht der Studienteilnehmer. RB-SST: RelaxBogen plus stabilization splint (treatment group); STT: stabilization splint alone (control).
Tab. 1  Alter und Geschlecht der Studienteilnehmer. RB-SST: RelaxBogen plus stabilization splint (treatment group); STT: stabilization splint alone (control).

Die Behandlungsgruppe setzte sich aus 13 weiblichen und drei männlichen Teilnehmern zusammen. Das Alter lag zwischen 19 und 78 Jahren. Die Kontrollgruppe bestand aus 14 weiblichen und zwei männlichen Personen im Alter von 23 bis 68 Jahren (Tab. 1). Die Studienteilnehmer der Kontrollgruppe durchliefen die Studie nach dem gleichen Schema wie die Probanden der Behandlungsgruppe mit dem Bogen. Zugeteilt wurden sie zufällig per Losverfahren und die Gruppenzugehörigkeit war für den Behandler im gesamten Studienverlauf verblindet.

Die statistische Auswertung dieser Studie erfolgte unter Einsatz der Software Prism 5 (GraphPad Software). Hierbei wurden, sofern eine separate Erhebung der linken und der rechten Seite erfolgt war, jeweils die linke und die rechte Seite gemeinsam ausgewertet. Zudem wurden nur Ergebnisse diskutiert, die statistisch signifikant waren (p < 0,05).

Alle signifikanten Resultate wurden außerdem darauf untersucht, ob es aufgrund der zufälligen Zuteilung der Probanden auf die Gruppen zu unterschiedlichen Ausgangswerten in der Kontroll- und Behandlungsgruppe gekommen war. Wenn eine solche zufällige Ungleichverteilung der Ausgangssymptome bei einem signifikanten Teilergebnis vorlag, wurde dies explizit in der statistischen Auswertung aufgeführt, um Transparenz zu garantieren.

Ergebnisse

Die Probanden in der Kontrollgruppe trugen die Zahnschiene durchschnittlich sieben Stunden an sechs Tagen in der Woche: 14 Probanden trugen die Schiene ausschließlich nachts, während die restlichen zwei Teilnehmer der Kontrollgruppe die Schiene zusätzlich zeitweise bis zu zwei Stunden am Tag einsetzten.

Die Teilnehmer der Behandlungsgruppe trugen die Schiene durchschnittlich acht Stunden an sechs Tagen in der Woche, wobei nur ein Proband die Schiene ergänzend kurzzeitig am Tag einsetzte. Der zusätzlich eingesetzte RelaxBogen wurde an fünf Tagen in der Woche durchschnittlich über einen Zeitraum von über drei Stunden am Tag eingesetzt und bis zu sechs Stunden in der Nacht. Hierbei trugen sechs Teilnehmer den Bogen ausschließlich in der Nacht, vier ausschließlich tagsüber und weitere sechs Probanden der Behandlungsgruppe wendeten das Produkt sowohl tagsüber als auch in der Nacht an.

Alle Bögen waren bei der Nachuntersuchung funktionstüchtig. Eine geringe Abnahme der Auflagekraft wurde gemessen. 93 Prozent der Auflagepunkte lagen noch im vom Hersteller angegebenen Normbereich von 30–80 g. Durch einfaches Nachbiegen konnte bei Bedarf wieder eine stärkere Auflagekraft hergestellt werden.

Nach dem Tragen des Bogens verbesserte sich das allgemeine Schmerzempfinden der Probanden der Behandlungsgruppe gegenüber den Teilnehmern der Kontrollgruppe im Rahmen der Datenerhebungen unter Anwendung des SL-NRS-Fragebogens statistisch signifikant (Tab. 2). Die Auswertung der SL-NRS-Ergebnisse erfolgte mit dem Wilcoxon-Test für gepaarte Stichproben, da eine vorherige Testung der Daten mit dem Kolmogorow-Smirnow-Test ergab, dass die SL-NRS-Werte nicht immer normalverteilt waren.

Tab. 2 Statistische Auswertung. (* = p < 0,05; ** = p < 0,01; *** = p < 0,001; RB = RelaxBogen)
Tab. 2 Statistische Auswertung. (* = p < 0,05; ** = p < 0,01; *** = p < 0,001; RB = RelaxBogen)

Die Auswertung der SL-NRS-Daten für den Kopf- und Kieferbereich zeigte eine sehr signifikante Verbesserung der Beschwerden der Behandlungsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe (Tab. 2).

Nach Ablauf des Studienzeitraums zeigte die Behandlungsgruppe eine statistisch signifikante Abnahme des durch Palpation ausgelösten Schmerzes bei den Mundschließern verglichen mit der Kontrollgruppe (Tab. 2).

Zur Berechnung wurde eine Teststatistik der Veränderungen der Palpationsbefunde beider Gruppen „vor der Behandlung“ gegenüber „nach der Behandlung“ als unabhängige Stichproben mit dem Mann-Whitney-U-Test durchgeführt. Die Palpationspunkte der Mundschließer umfassten den profunden und superioren Teil des M. masseter, außerdem den anterioren, medialen sowie posterioren Anteil des M. temporalis und die Temporalissehne sowie den M. pterygoideus medialis und lateralis.

Die statistische Auswertung des Teilergebnisses der Palpationsuntersuchung des superioren Anteils des M. masseter zeigte eine stark signifikante Verbesserung der Behandlungsgruppe gegenüber der Kontrollgruppe (Tab. 2). Insgesamt verspürten mehr als die Hälfte der Relax­Bogen-Träger eine deutliche Besserung. Hierzu wurde ein Chi2-Test der beiden Zustände „Verbesserung“ gegenüber „keine Verbesserung“ der beiden Gruppen gerechnet. Eine Überprüfung der Symptomstärke in diesem Teilbereich der Untersuchung ergab einen signifikanten Unterschied im Ausgangszustand der beiden Gruppen und damit eine zufällige Ungleichverteilung.

Die Analyse der Palpationsergebnisse der Temporalissehne zeigte eine hoch signifikante Verringerung des Palpationsschmerzes der Behandlungsgruppe im Vergleich zur reinen Schienengruppe (Tab. 2). Hierzu wurde ein Chi2-Test der beiden Zustände „Verbesserung“ gegenüber „keine Verbesserung“ der beiden Gruppen gerechnet. Eine Überprüfung der Symptomstärke in diesem Teilbereich der Untersuchung ergab einen signifikanten Unterschied im Ausgangszustand der beiden Gruppen und damit eine zufällige Ungleichverteilung. Eine Auswertung der Beschwerden bei der Mundöffnung im Rahmen der zahnärztlichen Untersuchung der Kieferbewegung ergab eine statistisch signifikante Verbesserung in der mit dem RelaxBogen und der Schiene behandelten Gruppe gegenüber der Kontrollgruppe (Tab. 2). Hierzu wurde ein Chi2-Test der beiden Zustände „Verbesserung“ gegenüber „keine Verbesserung“ der beiden Gruppen angelegt.

Eine Überprüfung der Symptomstärke in diesem Teilbereich der Untersuchung ergab einen signifikanten Unterschied im Ausgangszustand der beiden Gruppen und damit eine zufällige Ungleichverteilung.

Eine detaillierte Analyse der Probandenuntergruppe „Kopfschmerzen“ und „muskuläre CMD-Symptome im Kopfbereich“ zeigte eine signifikante Verbesserung von CMD-bedingten Kopfschmerzen in der Bogen-Gruppe gegenüber der reinen Schienengruppe im Untersuchungszeitraum (Tab. 2). Hierzu wurde ein Chi2-Test der beiden Zustände „Verbesserung“ gegenüber „keine Verbesserung“ der beiden Gruppen gerechnet.

Die Therapie mit dem Bogen als zusätzliches Hilfsmittel führte zu einer signifikanten Reduktion der Schmerzwahrnehmung in der Kiefermuskulatur. Dies zeigte sich sowohl im subjektiven Empfinden der Patienten in der Auswertung der SL-NRS-Fragebögen als auch objektiv beim Palpieren durch den Behandler. Zudem konnte auch eine geringere Muskelspannung bei verbesserter Beweglichkeit des Unterkiefers befundet werden. Gleichzeitig lockerte sich die Kiefermuskulatur über die Tragezeit hinaus und die Probanden verspürten weniger Schmerz bei der Mundöffnung. Ein lindernder Effekt auf Kopfschmerzen in Kombination mit muskulären CMD-Symptomen, häufig auch als Spannungskopfschmerzen bezeichnet, konnte ebenfalls beobachtet werden (Tab. 2).

Diskussion

Auch wenn psychische Belastungen als Hauptauslöser von Bruxismus und CMD gesehen werden5, so sind doch die zahnärztliche Therapie mittels Aufbissbehelfen und die Physiotherapie wissenschaftlich anerkannte Säulen in der Behandlung dieser Krankheitsbilder.

Während die Aufbissbehelfe substanziellen Schäden an Zähnen, Parodontien und weiteren Teilen des stomatognathen Systems entgegenwirken, wird die Physiotherapie zum Lösen schmerzhafter Muskelverspannungen eingesetzt. Beide Maßnahmen führen nicht zu einer Heilung im Sinne einer Restitutio ad integrum. Wichtig ist dabei aus zahnärztlicher Sicht das Erkennen und Therapieren von eher seltenen okklusionsbedingten Störungen, die zu schwerwiegenden, krankhaften Veränderungen im Kiefergelenk und aller damit verbundenen Folgeerscheinungen führen können. Allerdings müssen aus Kostengründen – trotz gesicherter Diagnostik und Therapieplanung – häufig notwendige Maßnahmen verschoben werden, auch wenn diese zuvor über reversible Änderungen positiv getestet wurden (Ansicht des Autors aus mehr als 30 Jahren praktischer Tätigkeit). In diesen Fällen sind Aufbissbehelfe und Physiotherapie zur Symptomlinderung erforderlich.

Der Vergleich der Kombination von Stabilisierungsschiene und RelaxBogen gegenüber der Kontrollgruppe zeigt sowohl bezüglich der Untersuchung und Schmerzpalpation durch den Zahnarzt als auch der Selbstauskunft der Patienten mittels SL-NRS-Fragbogen statistisch signifikante Verbesserungen gegenüber der Kontrollgruppe im Studienzeitraum. Gleichzeitig konnte eine höchst relevante Wirkung des Bogens auf Spannungskopfschmerzen in Verbindung mit Bruxismus und CMD beobachtet werden. Signifikante Resultate im Bereich der Mundöffnung und der allgemeinen Schmerzwahrnehmung unterstreichen die Relevanz der Ergebnisse.

Die Auflagekraft der Apparatur im Bereich der Stimulatoren ist sehr gering. Eine Hypothese für seine Wirkung beruht auf der Reaktion von Rezeptoren. In den Faszien der Kiefermuskulatur finden sich eine hohe Anzahl von Mechanorezeptoren der freien Nervenendigungen und Ruffini-Rezeptoren. Als Reaktion auf leichten, anhaltenden Druck leiten sie eine Muskelrelaxation und eine Sympathikusinhibition ein21. Für Patienten mit Wachbruxismus wird als wichtige Therapieoption die Anleitung zur Selbstbeobachtung empfohlen2. Hier kann sich der Bogen durch eine Veränderung der Auflagekraft bei Muskelkontraktion positiv einbringen.

Durch die Selektierung der Probanden mittels Brux-Checker-Folie wurde lediglich die Gruppe der nächtlichen Knirscher erfasst. Patienten, die nur die Zähne zusammenpressen, können auf diesem Wege nicht detektiert werden. Eine weitere Differenzierung auf Wachbruxismus fand nicht statt. So kann theoretisch die Wirkung des meist tagsüber getragenen Bogens auf der Therapie von Wachbruxismus basieren, der in der Kontrollgruppe unbehandelt blieb. Mithilfe des App-basierten Ecological Momentary Assessment könnte die Auswirkung der Apparatur speziell auf Wachbruxismus genauer untersucht werden43.

Die Studie zeigt die positive Wirkung auf verschiedene CMD-Symptome. Gerade die beschriebene Remindfunktion ist für Patienten mit Wachbruxismus hervorzuheben. Nach diesen Studienergebnissen kann der Bogen für CMD-Patienten mit muskulären Beschwerden ein zusätzliches Hilfsmittel sein. Auch wenn die alleinige Therapie noch nicht untersucht wurde, legen die Ergebnisse nahe, dass dies eine Alternative für Betroffene bietet, die eine Schienentherapie nicht tolerieren und für Patienten in kieferorthopädischer Behandlung, da sich hier eine Fixierung der Zahnstellung wegen der geplanten Zahnbewegung ausschließt.

Die Hypothese zur Wirkweise, beruhend auf der Reaktion bestimmter Rezeptoren, bedarf einer genaueren Untersuchung. Hieraus könnten sich neue Therapieansätze ergeben.

Fazit

Die statistisch signifikanten Ergebnisse dieser RCT-Studie zeigen die positiven Effekte des RelaxBogens in Kombination mit einer Schienentherapie im Vergleich zur alleinigen Therapie mit Aufbissbehelfen auf muskuläre Bruxismus- und CMD-Symptome. Auch bestätigen sie die in der Pilotstudie beschriebene Wirkung44.

Die Apparatur kann unterstützend zur Schienentherapie bei Patienten mit Schmerzen oder Spannungsgefühl der Mundschließer und/oder Kiefergelenke eingesetzt werden. Auch bei Spannungskopfschmerz zeigt die Anwendung eine positive Wirkung.

Interessenkonflikt

Dr. Jochen Lambers und Dr. Christopher Heise sind wissenschaftliche Berater der RelaxBogen GmbH. Von allen beteiligten Patienten liegt eine Einverständniserklärung vor.

Die Studie wurde durch die Ethikkommission bei der Ärztekammer Niedersachsen am 21. Mai 2015 genehmigt (Projekt Nr. 15/2015). Bereitstellung von Mitteln: Die GrindCare-Geräte wurden von der RelaxBogen GmbH leihweise zur Verfügung gestellt.

Literatur auf Anfrage über news@quintessenz.de

Quelle: Zeitschrift für Kraniomandibuläre Funktion 4/20 Funktionsdiagnostik & -therapie

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