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Andreas Utz, Geschäftsführer von Straumann in Deutschland, zu den Perspektiven der Aligner-Kieferorthopädie und der Akquise von DrSmile

Bereits seit einigen Jahren ist die Baseler Straumann Group auch im Bereich Kieferorthopädie aktiv und hat nach ClearCorrect durch Kauf oder Kooperation mehrere Unternehmen rund um die KfO mit ClearAlignern in diesem Segment vereint. Jüngste Akquisition ist das deutsche Start-up DrSmile. Das Investment und die geplante spätere Übernahme des Berliner Unternehmens wurde Anfang Juli mitgeteilt.


Andreas Utz, Geschäftsführer der Straumann Group Deutschland übernommen. (Foto: Straumann)

Andreas Utz, Geschäftsführer der Straumann GmbH, Freiburg, gibt im Interview mit Dr. Marion Marschall, Chefredakteurin der Quintessence News, Auskunft über den Markt der Aligner-KfO in Deutschland, die aktuelle Positionierung seines Unternehmens in diesem Bereich und die weiteren Pläne mit DrSmile. Utz: „Alle Aligner werden künftig in Deutschland an unserem Standort in Markkleeberg produziert.“

Herr Utz, Straumann hat ja bereits vor einigen Jahren erstmals in das Geschäftsfeld Kieferorthopädie und Clear Aligner investiert, weitere Investitionen sind gefolgt. Wie stellt sich Straumann hier aktuell auf?

Andreas Utz: Wir nehmen dieses Geschäftsfeld sehr ernst und begegnen den aktuellen Entwicklungen in der Zahnmedizin, in dem wir vorausschauend agieren. Das bedeutet, dass wir ClearCorrect zu einem hochwertigen Premiumprodukt entwickeln. Bereits 2019 haben wir mit BayMaterial einen führenden Materialhersteller erworben. Seit diesem Jahr werden die transparenten Schienen auch in Deutschland produziert und Ende des Jahres werden wir ein proprietäres Alignermaterial auf den Markt bringen. Anfang 2021 wird es eine neue Softwareplattform geben. Parallel führen wir weltweit Studien zu ClearCorrect in verschiedenen Einrichtungen durch, um die Qualität der Produkte mit entsprechenden Daten zu untermauern.

Darüber hinaus möchten wir unsere Kunden im Bereich des Patientenmarketings unterstützen. Hierzu haben wir mit DrSmile einen führenden Anbieter im Bereich der Patientenansprache erworben.

Welches Potenzial sehen Sie in diesem Markt – auch in Bezug auf Deutschland – und wer sind aktuell die Markttreiber?

Utz: Der globale Markt für Aligner ist in den vergangenen drei Jahren durchschnittlich um mehr als 20 Prozent gewachsen und bietet weiterhin enorme Wachstumschancen für Kieferorthopäden und Zahnärzte. Allein für die nächsten fünf bis acht Jahre sehen wir noch deutlich zweistellige Wachstumsraten. Es gibt eine Vielzahl an Markttreibern – wie die starke Penetration der Aligner-Therapie bei Kieferorthopäden, das zunehmende Angebot der Behandlung durch Zahnärzte und die starke Präsenz in vorwiegend digitalen Marketingkanälen durch sogenannte Direkt-To-Consumer Anbieter, welche die Bekanntheit dieser Therapieform nochmals deutlich steigern.

Die jüngste Akquisition der Straumann Group ist das deutsche Start-Up DrSmile, aktiv im eben von Ihnen schon genannten Direct-to-Customer-Geschäft mit Alignern für ästhetische Zahnkorrekturen, also der direkten Ansprache an die Endkunden. Was ist an diesem Unternehmen und seinem Geschäftsmodell so besonders?

Utz: DrSmile hat den Bereich der Patientenansprache hochgradig professionalisiert und schafft es viele Patienten zu mobilisieren.

Der Begriff „Direct-To-Consumer” ist in diesem Zusammenhang etwas irreführend. Die Patienten werden zwar direkt angesprochen – zum Beispiel über Social Media, aber nicht direkt behandelt. Die Behandlung erfolgt über ein Netzwerk an selbständigen Partnerpraxen, also durch approbierte Zahnärzte.

Zudem verfügt DrSmile über herausragende Kompetenz im Bereich digitales Marketing mit Schwerpunkt auf den sozialen Netzwerken. Für uns ist es diese Expertise in der Patientenansprache, die spannend ist und die wir auch unseren Kunden zugänglich machen wollen.

Bei deutschen Kieferorthopäden, aber auch bei den Allgemeinzahnärzten, wird DrSmile aufgrund seines Geschäftsmodells mit eigenen sogenannten Behandlungszentren und Partnerpraxen und seiner Werbeaktivitäten durchaus kritisch gesehen, auch juristische Auseinandersetzungen gab es schon.

Straumann legt großen Wert auf qualitativ hochwertige Produkte und evidenzbasierte Forschung und Entwicklung – das passt auf den ersten Blick nicht so ganz zusammen. Sie haben in einer Pressekonferenz zur Akquisition von DrSmile angekündigt, dass Straumann bei Behandlungsstandards und Qualität tätig werden wolle und künftig zum Beispiel ein unabhängiger Beirat eingesetzt werden soll. Was ist konkret geplant?

Utz:  Das ist korrekt. Das Modell wurde in den vergangenen Jahren stetig weiterentwickelt und wir werden diese Entwicklung fortsetzen, mit einem klaren Blick auf klinische Standards und Qualität. Dazu sind wir gerade im Begriff, einen klinischen Beirat aufzusetzen, der hier die notwendige Expertise einbringt und uns unabhängig und kritisch berät. Mehr dazu können wir sicher bis Ende des Jahres kommunizieren.

Welche Rolle spielen dabei die Angebote, die Straumann jetzt schon mit ClearCorrect macht?

Utz: Die Angebote, die Straumann mit ClearCorrect macht, bleiben davon unberührt. Darüber hinaus wird DrSmile mit Alignern aus dem Hause Straumann arbeiten, auch dies stellt eine Standardisierung der Qualität dar. Alle Aligner werden künftig in Deutschland an unserem Standort in Markkleeberg produziert. DrSmile ist somit eine ideale Ergänzung zu dem bereits bestehenden Portfolio.

Sie haben mit ClearCorrect bislang ja vor allem Kieferorthopäden und kieferorthopädisch tätige Zahnärzte adressiert. Wird das bleiben? Welche Leistungen können diese Kunden künftig von Straumann erwarten?

Utz: ClearCorrect ist das Alignersystem aus dem Hause Straumann, welches wir wie oben beschrieben konsequent weiterentwickeln und auch mit Studiendaten untermauern wollen. Wir sind überzeugt, dass wir bereits heute ein sehr wettbewerbsfähiges Produkt am Markt haben und dieses in den kommenden Monaten nochmals deutlich voranbringen werden.

Welches Therapiespektrum wollen Sie bei Straumann mit den kieferorthopädischen Angeboten in Zukunft abdecken?

Utz: Unser Ziel ist es, jede Indikation, die durch Alignertherapie behandelbar ist, abzudecken. Mit ClearCorrect ist das im Prinzip heute schon möglich, und wir werden durch das neue Portal die Handhabbarkeit des Systems nochmals deutlich verbessern. Der Behandler wird nochmals mehr Kontrolle über Planung und Behandlung erhalten. Das neue Material wird zu erhöhtem Komfort für den Patienten beitragen. Gut qualifizierte und erfahrene Behandler können daher ein sehr breites Spektrum effizient und sicher abdecken.

„Nicht jeder Zahnarzt muss implantieren, aber jeder Zahnarzt sollte Patienten zu Implantatversorgungen kompetent beraten können“, lautet eine gängige Empfehlung. Wie sehen Sie das in der Perspektive für ästhetische Zahnkorrekturen mit Clear Alignern in den Praxen? Die Nachfrage bei den Patienten dürfte ja steigen.

Utz: Wir sehen hier viele Parallelen. Wir sind vom Spezialistenmodell auch in diesem Markt überzeugt. Komplexe Fälle sollten von gut ausgebildeten Experten mit dem notwendigen Fachwissen behandelt werden. Alle Behandler und Zahnärzte, die sich im Bereich der Alignertherapie engagieren wollen, müssen darauf achten, dass die Fallkomplexität der selektierten Patienten zum entsprechenden Erfahrungs- und Wissensstand passen.

Ich gebe Ihnen Recht, perspektivisch wird die Nachfrage nach Korrekturen von Zahnfehlstellungen sicher ansteigen und dann wird es auf ein gutes und gesundes Zusammenspiel von Spezialisten und Zahnärzten ankommen.

Straumann blickt ja aus der Implantologie auf umfangreiche Erfahrungen mit dem wissenschaftlich fundierten Etablieren einer neuen Behandlungsmethode zurück. Eine Klassifikation, wie sie das ITI erarbeitet hat, qualitativ anspruchsvolle Curricula der Fachgesellschaften und Fortbildungsinstitute, ein breites Fortbildungsangebot und eine eingespielte Zusammenarbeit zwischen implantologisch tätigen Generalisten, Oralchirurgen, MKG-Chirurgen und Zahntechnikern haben die Implantologie in der Breite für Patienten zugänglich gemacht. Wäre so etwas für die Aligner-Therapie ebenfalls denkbar?

Utz: Wir möchten solche Initiativen auch im Bereich der Alignertherapie unterstützen. Es gibt hier ja bereits eine Vielzahl von tätigen Experten und Vereinigungen, die in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten große Verdienste im Bereich Forschung und Ausbildung errungen und wichtige Grundlagen gelegt haben. Für diese Experten und Vereinigungen möchten wir gerne ein seriöser und zuverlässiger Partner und Unterstützer sein.

Titelbild: Straumann

Quelle: Quintessence News Wirtschaft Kieferorthopädie Praxis

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