Es könne nicht das Ziel sein, die willkürliche Budgetierung der vertragszahnärztlichen Vergütung durch die Politik jetzt für Patienten und Kassen auf dem Rücken der Vertragszahnärzteschaft irgendwie „gangbar“ zu machen. So heißt es vor der am Mittwoch dieser Woche in München beginnenden Vertreterversammlung der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV).
Ein Hauptgegenstand der letzten Vertreterversammlung der Legislaturperiode 2017 bis 2022 wird das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) mit den gedeckelten Punktwert- und Vergütungssteigerungen und seinen Folgen sein. Dabei geht es zum einen um die Frage, ob und wie die von der Budgetierung besonders betroffenen Leistungen nach der neuen PAR-Richtlinie in den Praxen weiter vergütet werden, und um das Spannungsfeld zwischen Leistungsanspruch der Versicherten, Leistungspflicht der Zahnärzte und Gewährung der adäquaten Vergütung durch die ebenfalls gegenüber ihren Versicherten leistungspflichtigen Krankenkassen. Zum anderen um die Frage, wie die Vertragszahnärzteschaft insgesamt und politisch auf diesen wissentlichen Affront des SPD-Bundesgesundheitsministers Prof. Dr. Karl Lauterbach reagiert.
Bestandsaufnahme und Information in den KZVen
Die angekündigte Bestandsaufnahme der Situation in den 17 Kassenzahnärztlichen Vereinigungen hat aufgrund der unterschiedlichen Vertragsstrukturen sehr unterschiedliche Optionen und Spielräume für die PAR-Therapie und die von der Budgetierung direkt betroffenen Jahre 2023 und 2024 ergeben. Von „es geht fast nichts mehr“ bis zu „es ist noch Luft“ oder „es gibt (noch) Sonderverträge für PAR“ sei die Palette breit, heißt es aus dem Kreis der KZVen. Aktuell würden die Praxen durch ihre KZVen über die jeweilige Situation und das weitere Vorgehen sowie mögliche Handlungsoptionen informiert.
Grundsätzlich würde die Situation für das Aufrechterhalten der PAR-Therapiestrecke aber spätestens ab 2024 auch in den KZVen zum Problem, die für 2023 noch „Luft“ hätten, heißt es zur Situation weiter. Und es dürfe nicht vergessen werden, dass diese Deckelungen vor allem beim Punktwert in die Zukunft der Vergütung fortwirken würden.
Bürokratielast, Amalgam und i-MVZ
„Neben“ dem GKV-FinStG, das damit zum zweiten Mal – nach der Sommer-VV in Dresden – eine VV bestimmen wird, stehen aber noch weitere Themen auf der Tagesordnung der Delegierten. So gab es eine Umfrage zur Bürokratielast, aus der Priorisierungen zur Bürokratiebewältigung abgeleitet werden sollen. Hauptlast ist aktuell die Telematikinfrastruktur – auch zu diesem Thema wird es Anträge geben. Außerdem stehen der Umgang mit dem von der EU gepushten Aus für Amalgam in der Zahnmedizin und andere Berichtsthemen auf der Agenda. Ob und wie umfangreich die von der Ampel-Koalition geplante gesetzliche Vorgabe (Quote) für die stärkere Repräsentanz von Frauen in den Vorständen von KZVen und KZBV eine Rolle auf der VV spielen wird, ist im Vorfeld noch unklar.
Ein weiterer Dauerbrenner ist die Situation der investorengeführten Medizinischen Versorgungzentren, kurz i-MVZ. Hier ist der Bundesgesundheitsminister der Aufforderung seiner Länderkollegen, zu diesem Thema eine Arbeitsgruppe einzusetzen, noch immer nicht nachgekommen.
Der scheidende Vorstand wird Bilanz ziehen
Die Vertreterversammlung in München wird aber auch die letzte des seit März 2017 amtierenden KZBV-Vorstands sein. Daher werden der Vorstandsvorsitzende Dr. Wolfgang Eßer und die stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden Martin Hendges und Dr. Karl-Georg Pochhammer in ihren Berichten und Reden nicht nur aktuelle Herausforderungen behandeln, sondern auch eine Bilanz ihrer Tätigkeit ziehen. Und da ist in den vergangenen sechs Jahren einiges zusammengekommen, auch an Verbesserungen für die Zahnärzteschaft und neuen Leistungen zum Beispiel für Pflegebedürftige, für die aufsuchende Betreuung, für Kleinkinder, Unterkieferprotrusionsschienen und eben die PAR-Richtlinie.
Ende März 2023 wird eine neue VV einen neuen Vorstand für die neue Legislaturperiode wählen. Ob diesem eine Frau angehören wird, sei aktuell noch völlig offen, denn trotz aller Bemühungen sei es bislang nicht gelungen, eine Frau für eine Kandidatur zu gewinnen, heißt es aus dem KZBV-Umfeld. Es dürfte weiter spannend bleiben.
Keine Erwartungen an Lauterbachs Grußwort
Als „nicht spannend“ wird im Vorfeld allerdings das Grußwort des Bundesgesundheitsministers Lauterbach eingestuft, das er als Videobotschaft übersenden wird. Wie schon bei Bundesärztekammer, Kassenärztlicher Bundesvereinigung und Bundeszahnärztekammer erwarten die niedergelassenen Medizinerinnen und Mediziner und die Standespolitik von ihm nichts Positives. Die ambulante Versorgung scheint dem Minister mindestens zweitrangig, wenn nicht ganz nachrangig zu sein, so werden seine Äußerungen und sein Agieren wahrgenommen.
Der bayerische Gesundheitsminister kommt
Mehr Hoffnung setzt man in die Gesundheitsministerinnen und -minister der Länder. Der Bayerische Staatsminister für Gesundheit, Klaus Holetschek, wird – nach dem Grußwort für die Bundesversammlung der BZÄK Anfang November – auch die KZBV-VV besuchen. Und er wolle Nägel mit Köpfen machen beim Thema i-MVZ und Arbeitsgruppe, heißt es.
Dr. Marion Marschall, Berlin