Viele Missstände in unterschiedlichen Bereichen des alltäglichen Lebens werden durch die Corona-Pandemie aufgedeckt – so auch im Gesundheitswesen (das in der aktuellen Situation eigentlich sehr gut funktioniert hat). Doch nun kritisiert angesichts der vielen Menschen mit erhöhtem Risiko für einen schwerwiegenden Covid-19-Verlauf in Deutschland das Wissenschaftsbündnis Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) in einer Pressemeldung die mangelhafte Prävention dieser Risikofaktoren in Deutschland. Das Land hat Empfehlungen der WHO zur Senkung von Diabetes, Herzerkrankungen, Rauchen und Adipositas bisher nur unzureichend umgesetzt.
Auch Maßnahmen gegen nichtübertragbare Krankheiten retten Leben
„Diabetes, Herzerkrankungen und Tabakabhängigkeit sind alles Vorerkrankungen, die sich durch politische Maßnahmen verringern lassen“, sagt Prof. Monika Kellerer, Präsidentin der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG). „Doch die Bundesregierung hat hier jahrelang die Empfehlungen der WHO ignoriert. Auch deshalb sind nun mehr Menschen in Deutschland gefährdet, schwer an Covid-19 zu erkranken und zu sterben.“ DANK erkennt die großen Anstrengungen der Politik an, die Pandemie jetzt unter Kontrolle zu bringen. „Aber frühere effektivere Maßnahmen, beispielsweise für eine gesunde Ernährung und zur Eindämmung der Adipositas und des Rauchens, hätten die Chancen vieler Betroffener erheblich verbessert“, sagt Prof. Dr. med. Martina de Zwaan, Vorstand der Deutschen Adipositas Gesellschaft (DAG).
Steuern oder Werbeverbote
Neben dem Alter sind Vorerkrankungen der Hauptrisikofaktor, an Covid-19 zu versterben. Die Studienlage nennt hier vor allem Adipositas, Herzerkrankungen, chronisch obstruktive Lungenerkrankung und Diabetes, beziehungsweise die dadurch bedingten Folgeerkrankungen [1]. Zudem mehren sich die Hinweise, dass Raucher stärker gefährdet sind [2]. Die WHO hatte ihren Mitgliedsländern konkrete Empfehlungen gegeben, wie sich diese Risikofaktoren durch politische Maßnahmen senken lassen. So wären etwa 60 bis 80 Prozent der Diabetesfälle vermeidbar. Doch Deutschland hat bisher viele solcher verhältnispräventiven Maßnahmen wie eine Steuer auf gezuckerte Produkte oder Werberegulierungen für Dickmacher verweigert.
„Deutschland hinkt in vielen Bereichen der Prävention hinterher“, sagt Kellerer. „Das rächt sich jetzt. Wir brauchen daher dringend auch eine Diskussion darüber, wie wir die Risiken für diese Vorerkrankungen dauerhaft senken können.“ Denn diese Krankheiten bergen auch ohne Virus-Pandemie ein stark erhöhtes Risiko, vorzeitig zu versterben. Jeder fünfte Todesfall in Deutschland ist mit einem Diabetes assoziiert [3]. Adipositas verkürzt je nach Schweregrad das Leben um bis zu 10 Jahre [4]. In Folge des Rauchens sterben jährlich rund 121.000 Menschen [5]. „Viele dieser vorzeitigen Todesfälle ließen sich durch effektive Tabakkontrollmaßnahmen verhindern wie das längst überfällige Verbot der Tabakaußenwerbung oder wiederholte, spürbare Tabaksteuererhöhungen“, sagt Dr. Ute Mons, Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention am Deutschen Krebsforschungszentrum.
Vor diesem Hintergrund sorgt sich DANK auch um die möglichen negativen Folgen der Corona-Beschränkungen auf die Gesundheit. „Arbeitslosigkeit und Armut beispielsweise sind starke Risikofaktoren für viele Erkrankungen und auch für vorzeitiges Versterben“, sagt de Zwaan „Wir müssen auch diese langfristigen Folgen für die Gesundheit beachten.“ Der Kampf gegen Covid-19 ist wichtig – doch dürfen andere, ebenfalls schwerwiegende und weit verbreitete Erkrankungen nicht vergessen werden. „Auch Maßnahmen zur Eindämmung von Übergewicht, Diabetes, Bewegungsmangel und Rauchen retten viele Leben“, sagt Kellerer, „und sie sind weit weniger einschneidend.“
Risikofaktoren sind „alte Bekannte“ der Zahnmedizin
Die genannten Risikofaktoren sind Zahnmedizinern nicht unbekannt, gelten Diabetes, Rauchen, Übergewicht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Risikofaktoren für Parodontitis. Die DG Paro weist in ihrer aktuellen Frühjahrskampagne auf die Wechselwirkung von Parodontitis und Diabetes hin (mehr zu dieser Kampagne auf Quintessence News).