Die Zusammenarbeit zwischen Zahntechnikern und Zahnärzten zu intensivieren und zu verbessern ist seit vielen Jahren ein großes Anliegen des ITI. So verwundert es nicht, dass Zahntechnikerinnen und Zahntechniker nicht nur ausdrücklich zum Deutschen ITI Kongress eingeladen wurden, sondern auch ein eigenes Programm am Vormittag des 17. März für sie eingerichtet worden war. Mit Andreas Kunz, Martin Gollner, Stefan Picha, Kay Vietor, Vincent Fehmer und Tom Lassen waren es durchweg namhafte Referenten, die die Fallen und Chancen der Implantatprothetik aufzeigten.
„Die Schnittstelle Zahntechnik/Zahnmedizin muss mit Leben erfüllt werden!“, konstatierte der langjährige ITI-Fellow ZTM Tom Lassen, der neben ZTM Andreas Kunz auch Chairman dieser Session für Zahntechniker war. Und es war dann schon ein wenig das „who ist who“ der deutschen Spitzenzahntechniker, welches Beiträge zu diesem Parallelprogramm beisteuerte.
Patienten ihr Gesicht wiedergeben
Das Programm eröffnete ZTM Andreas Kunz mit seinem Beitrag zur Versorgung zahnloser Kiefer mit implantatgetragenen (CAD/CAM-unterstützten) Suprakonstruktionen. Ziel sei es, den Patienten ihr Gesicht wiederzugeben. Wichtig sei, nicht nur auf die Zahl der Implantate zu achten, sondern auch auf Zahnform und -farbe.
Kunz empfiehlt ein Vorgehen mit klarem Konzept und nach dem Backward planning. Die Grundlagen eines Konzepts für die Versorgung eines zahnlosen Kiefers sind für ihn die Überlebensrate der Implantate, die Position der Implantate, die prothetisch prospektiv gedachte Versorgung (sie sollte im Alter leicht angepasst werden können) und die Konstruktionsprinzipien.
Riegelversorgung gute Lösung
Für ältere Patienten empfiehlt sich laut Kunz nach wie vor eine Riegelversorgung: Sie ist leicht abzunehmen und sitzt optimal fest. Seine Gegenüberstellung von Teleskopen und Stegen zeigte: „Es gibt kein System ohne Nachteile, man muss individuell entscheiden und abwägen.“
Sein Fazit: Der digitale Workflow ist nur eine Fertigungstechnologie. Die verblockte Abformung sichert den Erfolg im Sinne eines einwandfreien Sitzes der Suprakonstruktion. Ebenfalls entscheidend für den Erfolg ist die starre Abstützung mit guter statischer Basis. Für Stege empfiehlt er Titan, für Teleskope Gold oder Zirkoniumdioxid. Unabdingbar: Teamwork zwischen Zahnarzt und Zahntechniker!
„Wir warten zu lange mit der Therapie“
Das Referententeam Dr. Martin Gollner und ZTM Stefan Picha präsentierten an drei Patientenfällen die beeindruckenden Ergebnisse funktionierender Zusammenarbeit. Die Patientenfälle hatten die unterschiedlichen Schwerpunkte Ästhetik (Einzelzahnversorgung mittlerer Schneidezahn), Biologie (Parodontitis, dadurch Diastema und dreieckige Frontzähne) und Funktion. Gollner konstatierte: „Wir warten zu lange mit der Therapie!“
Zusammenfassend hatten die Referenten mehrere Tipps parat: Nach möglichst atraumatischer Extraktion der Zähne mehr Weichgewebe durch einen Punch aus Tubergewebe schaffen (kollagenreicher als Gewebe aus dem Prämolarenbereich). Das Emergenzprofil ausformen und mit der Zeit arbeiten. Das Provisorium sollte schlanker gestaltet werden, „sonst drückt man das Weichgewebe runter“
„Macht Fotos, Fotos, Fotos!“
Das Verständnis um die Vorgänge, bevor der Zahntechniker die Unterlagen für die Versorgung erhält, ist absolut wichtig, so ZTM Picha, „damit mein weißer Zahn einen schönen roten Rahmen hat.“ Frontzahnkronen auf Implantaten werden bei Gollner und Picha stets verschraubt. Zur Risikoeinschätzung empfiehlt Gollner den ITI Treatment Guide.
Bei der Anprobe der Probeaufstellung sollte man mehr Zeit einplanen: Dann erst könne der Patient – nach etwa 15 Minuten – ein vernünftiges Feedback geben. Und ein allgemeiner Rat: „Macht Fotos, Fotos, Fotos!“
Beide müssen auf der gleichen digitalen Insel leben
Die Erwartungen des Behandlers an das Dentallabor der Zukunft formulierte Zahnarzt Dr.Kay Vietor. Seine Erwartungen betreffen die Kommunikation, das Qualitätsmanagement und die Therapieplanung in der Implantologie. Moderne Kommunikationsformen zur Implementierung neuer Auftragsannahmen und zur Echtzeitkommunikation per Skype, Facetime, Teamviewer etc. sind für ihn unabdingbar. Genauso wichtig ist deren Realisierung unter Berücksichtigung der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die am 25. Mai 2018 in Kraft tritt – in seinen Worten: „Vernetzungen zum vereinfachten, sicheren, verschlüsselten, schnellen und rechtssicheren Datentransfer“. Dies funktioniere aber nur, „wenn Zahntechniker und Zahnarzt auf der gleichen digitalen Insel leben“, das heißt, die gleichen Softwarelösungen implementiert haben.
Sicherer Umgang mit den Daten
Digitale Kompetenz ist für Vietor nicht allein der professionelle Umgang mit CAD/CAM, CNC etc., sondern die Frage, wie man mit Daten umgehen kann: Patienteninformationen, Dokumentationspflicht und Datenintegration. Aktuell treibe ihn die DSGVO sehr um, von den Kammern (er wohnt in Hessen) käme keine Unterstützung.
Zum Qualitätsmanagement gehört für ihn zum Beispiel, dass geklärt sei, wer für die Hygiene gelieferter Abutments für den intraoperativen Einsatz zuständig sei. Der dritte Punkt betrifft die Therapieplanung der Implantologie, auch hier wünscht er sich Support aus dem Dentallabor. Schließlich berichtigte er den Titel seines Vortrags insofern, dass er diese Anforderungen sämtlich schon heute an sein Dentallabor stelle.
Ästhetik auf Implantaten
ZTM Vincent Fehmer vermittelte die Schweizer Sicht der Dinge. Der Chefzahntechniker an der Klinik für festsitzende Prothetik und Biomaterialien der Universität Genf stellte ästhetische Konzepte in der Zahntechnik vor. Frakturen sind ein Problem der Verblendkeramik, „bei Gerüsten und Abutments hat die Industrie das Problem im Griff.“
Monolithische Keramikrestaurationen seien für den Seitenzahnbereich wunderbar, für Frontzähne empfiehlt er vestibuläres Cut back und Verblendung mit palatinaler Verschraubung.
Alte Implantate neu versorgen
ZTM Thomas Lassen stellte im letzten Forumsvortrag Neuversorgungen auf langjährig bestehenden Implantaten vor. Oft sei es schwierig herauszufinden, um welches Implantatsystem es sich handelt. Er empfahl hierzu die Internetseite whatimplantisthat.com. Für die Versorgung sei das Classic Set von Straumann vielfach hilfreich.
Lebhafte und engagierte Diskussion zeigten, wie sehr alle Referenten mit ihren Ausführungen die Bedürfnisse des Auditoriums erfüllt haben. Vor allem die Ehrlichkeit der Referenten überzeugte, wenn ein renommierter Referent wie ZTM Andreas Kunz einräumte: „Wenn Sie genug in Ihrem Labor zu tun haben, ist die Verkürzung der Anfertigungszeiten durch Verwendung digitaler Verfahren weder immer möglich, noch relevant!“
Dr. Georg Bach, Freiburg, Karen Nathan, Bonn