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Diagnostische Kriterien und Therapieziele unter Berücksichtigung klinischer und radiologischer Parameter

Klinisches Bild von zwei Implantataufbauten im Oberkiefer und einer Parodontalsonde mit Blutung am rechten Implantataufbau und Eiteraustritt am linken Implantataufbau.

Klinische Basisuntersuchung zur Diagnostik periimplantärer Infektionen: a) Sondierung an vier oder sechs Stellen zur Erhebung der Parameter Plaque-Index (PI), Bluten auf Sondieren (BOP), Sondierungstiefe (ST), mukosale Rezession (MR) sowie Suppuration.

(c) Bild: Prof. Dr. Frank Schwarz

Eine systematische Literaturübersicht und Bewertung von 80 Publikationen, einschließlich 55 randomisierter kontrollierter Studien und sieben klinischer Kontrollstudien, hat zu einer Neubewertung der Wirksamkeit von alternativen und adjuvanten Methoden zur nichtchirurgischen Therapie von periimplantärer Mukositis und Periimplantitis sowie der chirurgischen Therapie von Periimplantitis geführt. Diese Ergebnisse wurden verwendet, um die S3-Leitlinie zur „Behandlung von periimplantären Infektionen an Zahnimplantaten“ (Registernummer 083-023, V 2.0, Stand 2.12.2022) zu aktualisieren. Prof. Frank Schwarz stellt in seinem Beitrag für die Implantologie 2/2023 die diagnostischen Kriterien für periimplantäre Infektionen sowie die Therapieziele unter Berücksichtigung klinischer und radiologischer Parameter vor.

In keiner anderen Disziplin der Zahnmedizin schreitet die Entwicklung so schnell voran wie in der Implantologie. Ziel der Zeitschrift Implantologie ist es, dem Fortbildungsangebot in der Implantologie durch die Veröffentlichung praxisbezogener und wissenschaftlich untermauerter Beiträge neue und interessante Impulse zu geben und die Zusammenarbeit von Klinikern, Praktikern und Zahntechnikern zu fördern. Mehr Infos zur Zeitschrift, zum Abo und zum Bestellen eines kostenlosen Probehefts finden Sie im Quintessenz-Shop.

Einführung

Periimplantäre Infektionen, die durch bakterielle Plaque-Biofilme verursacht werden, führen zu entzündlichen Veränderungen im Bindegewebe um zahnärztliche Implantate aus Titan und Keramik (Zirkondioxid). Der fortschreitende Verlauf der Erkrankung mündet in einem nichtlinearen Knochenverlust1,2, der sowohl im nativen als auch augmentierten Knochen vergleichbar ist3. Parodontalerkrankungen, eine unzureichende Mundhygiene, ein schlecht eingestellter Diabetes mellitus sowie unregelmäßige Kontrolluntersuchungen wurden als patientenbezogene Risikofaktoren identifiziert, die die Entstehung von periimplantären Infektionen begünstigen können4. Zu den gut dokumentierten implantatbezogenen Risikofaktoren gehören das Fehlen oder eine reduzierte Breite an keratinisierter Mukosa5, residuale Zementreste2 sowie überkonturierte prothetische Versorgungen (das heißt, konvexes Emergenzprofil, Emergenzwinkel von ≥ 30 Grad)6.

Falldefinitionen

Periimplantäre Infektionen können durch einfache klinische Maßnahmen wie visuelle Inspektion, Palpation und periimplantäre Sondierung diagnostiziert werden1. Die Abnahme der Suprakonstruktion erleichtert die klinische Befunderhebung7. Erythematöse und hyperplastische Veränderungen in der periimplantären Mukosa, die mit einer positiven Blutung auf Sondierung (BOP) in Verbindung stehen, sind häufige klinische Entzündungszeichen1. Die BOP-Erhebung nimmt daher eine Schlüsselfunktion bei der Diagnose von periimplantären Infektionen ein. Klinische Daten zeigen, dass die Periimplantitis bei einer signifikanten Anzahl von Implantaten und Patienten mit Suppuration in Verbindung steht. Suppuration kann als charakteristisches Merkmal einer Periimplantitis betrachtet werden, aber das Fehlen einer Suppuration schließt diese nicht aus8.

Für die Diagnose Periimplantitis sollten zudem Veränderungen zu früheren Sondierungstiefenmessungen berücksichtigt werden, anstatt nur die Absolutwerte zu betrachten. Ein Anstieg der Sondierungstiefen in Verbindung mit positiver BOP ist demnach ein direkter Hinweis auf eine Periimplantitis. Sondierungstiefen sind auch ein Indikator für den Schweregrad der Erkrankung, da sie mit dem Ausmaß des marginalen Knochenverlusts korrelieren1,2 (Abb. 1a). Bei bestehendem klinischem Verdacht auf eine Periimplantitis ist eine radiologische Untersuchung indiziert (Abb. 1b). Die Bewertung eines progressiven Knochenabbaus sollte idealerweise im Vergleich zu früheren Röntgenaufnahmen erfolgen (Tab. 1).

Mit den Sondierungstiefen sollte auch eine Erfassung des periimplantären Mukosaverlaufs erfolgen. Klinische Daten legen nahe, dass entzündliche Prozesse primär zu einer Verdickung der periimplantären Mukosa führen, wodurch mukosale Rezessionen in frühen Stadien der Erkrankung kompensiert werden. Die mediane horizontale Mukosadicke bei Patienten mit periimplantärer Mukositis und Periimplantitis war vergleichbar und signifikant erhöht im Vergleich zu gesunden Kontrollimplantaten9. Mukosale Rezessionen sind daher kein Indikator für den Übergang von einer periimplantären Mukositis in eine Periimplantitis. Ein Rückgang der Mukosahöhe wurde erst bei einem fortgeschrittenen Knochenabbau beobachtet10.

Ziele der Therapie

Vor Beginn der Behandlung sollten systemische und lokale Risikofaktoren identifiziert und − wenn immer möglich − korrigiert (zum Beispiel Weichgewebeaugmentation zur Verbreiterung der keratinisierten Mukosa, Anpassung von Suprakonstruktionen) beziehungsweise therapiert (zum Beispiel medikamentöse Einstellung eines erhöhten HbA1c-Wertes) werden. Die hohe Relevanz der Mundhygiene sollte besonders hervorgehoben werden. Betroffene Patienten sollten zur Verhaltensänderung motiviert werden, um die Chancen für das Erreichen eines Behandlungserfolgs zu verbessern. Wenn eine Parodontitis diagnostiziert wird, sollte zudem eine systematische Therapie erfolgen11.

Bei verifizierbarer Implantatlockerung, nicht behebbaren technischen Komplikationen, komplexen Implantatdesigns (zum Beispiel Hohlzylinder), Therapieresistenz oder Übergreifen der Infektion auf anatomische Nachbarstrukturen (zum Beispiel Sinus maxillaris) ist eine Explantation indiziert11.

Nichtchirurgische Therapie der periimplantären Mukositis

Tab. 2 Periimplantäre Infektionen – Therapieziele.
Tab. 2 Periimplantäre Infektionen – Therapieziele.
modifiziert nach Sanz et al. (13), Jepsen et al. (14) und Schwarz et al. (15)
Das Ziel der nichtchirurgischen Therapie bei periimplantärer Mukositis ist es, klinische Anzeichen der Infektion zu reduzieren, indem residuale positive Blutungsstellen von ≤ 1 pro Implantat erreicht werden13 (Tabelle 2).

Trotz des Einsatzes von alternativen und konventionellen Verfahren zur Biofilmentfernung kann eine vollständige Abheilung der periimplantären Mukositis nicht bei allen Patienten erreicht werden. Es empfiehlt sich daher, regelmäßige Nachkontrollen (alle drei Monate) durchzuführen, um den Bedarf einer Nachbehandlung frühzeitig zu erkennen11.

Die Effektivität alternativer und adjuvanter Verfahren für die Therapie der periimplantären Mukositis wird im Beitrag von Schliephake et al. unter Berücksichtigung der S3-Leitlinie „Die Behandlung periimplantärer Infektionen an Zahnimplantaten“. (AWMF-Registernummer: 083-023) bewertet11.

Nichtchirurgische Therapie der Periimplantitis

Das Ziel der nichtchirurgischen Therapie bei Periimplantitis ist die Reduzierung von klinischen Anzeichen der Infektion und tiefen Taschen13. Ein residuales Auftreten von positiven Blutungsstellen von ≤ 1 pro Implantat, das Fehlen von Suppuration sowie Sondierungstiefen von ≤ 5 mm sollten primär angestrebt werden (Tabelle 2).

Bei initial hohen Sondierungstiefen > 7 mm sind der Behandlungserfolg und die Stabilität der erzielten klinischen Ergebnisse (> 6 Monate) nach einer nichtchirurgischen Therapiemaßnahme prognostisch als ungünstig anzusehen. Es wird daher empfohlen, den Behandlungserfolg frühzeitig (nach drei bis sechs Monaten) zu bewerten11.

Die Effektivität alternativer und adjuvanter Verfahren für die Therapie der Periimplantitis wird in den Beiträgen von Begić et al. (Implantologie 2/2023, S. 133) und Obreja et al. (Implantologie 2/2023, S. 143) sowie unter Berücksichtigung der S3-Leitlinie „Die Behandlung periimplantärer Infektionen an Zahnimplantaten“ (AWMF-Registernummer: 083-023)11 bewertet.

Chirurgische Therapie der Periimplantitis

Eine chirurgische Intervention sollte frühzeitig in Erwägung gezogen werden, wenn die Therapieziele einer nichtchirurgischen Behandlung, wie das Vorhandensein von ≤ 1 Blutungsstelle pro Implantat, das Fehlen von Suppuration und eine Sondierungstiefe von ≤ 5 mm, nicht erreicht werden können. Als weitere Parameter sollten der klinische Verlauf der periimplantären Mukosa (das heißt, die mukosalen Rezessionen, MR) sowie das radiologische Knochenniveau und die Defektauffüllung herangezogen werden13,14 ( Tabelle 2). Eine erste klinische Reevaluation bietet sich in aller Regel nach sechs Monaten an. Röntgenaufnahmen sollten erst zwölf Monate nach der chirurgischen Therapie oder bei vorliegender rezidivierender Infektion angefertigt werden.

Die Effektivität alternativer und adjuvanter Verfahren zur Implantatoberflächendekontamination, adjuvanter resektiver, rekonstruktiver sowie kombiniert resektiv-rekonstruktiver Verfahren für die chirurgische Therapie der Periimplantitis wird in den Beiträgen von Müller et al. (Implantologie 2/2023, S. 151) und Schwarz et al. (Implantologie 2/2023, S. 165) sowie unter Berücksichtigung der S3-Leitlinie „Die Behandlung periimplantärer Infektionen an Zahnimplantaten“. (AWMF-Registernummer: 083-023) bewertet11.

Ein Beitrag von Univ.-Prof. Dr. med. dent. Frank Schwarz, Frankfurt am Main

Literatur auf Anfrage über news@quintessenz.de

Reference: Implantologie

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