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Welche Rolle spielt der zahnmedizinische Berufsstand? Und was Zahnärztinnen und Zahnärzte tun können
Zahnärztinnen und Zahnärztinnen sollten auf mögliche Spuren häuslicher Gewalt achten.
(c) Zub Valeriia/Shutterstock.com
Zahnmedizinerinnen und Zahnmediziner sehen ihre Patientinnen und Patienten meist in regelmäßigen Abständen und können daher bei der Aufdeckung häuslicher Gewalt eine entscheidende Rolle spielen. Häusliche Gewalt ist unabhängig von der sozialen Schicht, von Alter, sexueller Orientierung oder Ethnie. Dr. Jana Lauren Bregulla gibt einen kurzen Überblick.
Auch wenn es viele Ausprägungen von häuslicher Gewalt gibt, sind die häufigsten Formen die körperliche, sozioökonomische, sexuelle, psychologische Gewalt und Stalking1 (Abb. 1). Vernachlässigung, also die Nichterbringung der angemessenen Fürsorge körperlicher oder seelischer Art, die für eine bestimmte Entwicklungsstufe, eine Krankheit, eine Behinderung oder andere persönliche Umstände notwendig wäre, ist ebenfalls eine Folge von häuslicher Gewalt2.
Neben Frauen als Betroffene können auch Kinder und Männer häusliche Gewalt erleiden; ca. 70 % der Betroffenen sind allerdings weiblich. Laut WHO erleben etwa ein Drittel aller Frauen einmal in ihrem Leben häusliche Gewalt3. Die Wahrscheinlichkeit, ein Opfer in der zahnärztlichen Praxis anzutreffen, ist also hoch.
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Der Kopf-Hals-Bereich ist aufgrund der leichten Erreichbarkeit oftmals von Verletzungen betroffen. Hierbei sind die Zähne selbst eher selten involviert. Zahnverletzungen kommen meist an den oberen und unteren Inzisivi vor, was ebenfalls an der anatomischen Lage liegt. Im Kopf-Hals-Bereich sind Frakturen und Weichteilverletzungen am häufigsten, hier ist das Mittelgesicht am stärksten betroffen4–8.
Betroffene wünschen sich Hilfe in der Zahnarztpraxis
Nach Studienlage wünschen sich die Betroffenen, von ihren behandelnden Zahnärzten/Zahnärztinnen angesprochen zu werden, wenn es Hinweise auf häusliche Gewalt gibt. Dabei ist das Geschlecht des Untersuchenden nicht relevant7. Doch warum wird genau dies nicht oft getan?
Betroffene erscheinen meist in Begleitung von Kindern oder Partnern/Partnerinnen, welche gleichzeitig auch Täter oder Täterin sein können. Weiterhin sind Zahnmedizinerinnen und Zahnmediziner oftmals nicht ausreichend für den Umgang mit Betroffenen häuslicher Gewalt geschult und haben zudem nicht genügend Informationen über die bestehende Rechtslage über Hilfestellen. Es werden daher keine regelmäßigen Screenings durchgeführt und bei vorhandenen Auffälligkeiten wird nur eine kleine Notiz in der Kartei vorgenommen, ohne das Thema beim vermeintlichen Betroffenen anzusprechen oder weitere Unterstützung zu leisten (Abb. 2).
Weitere Gründe, das Screening nicht durchzuführen, sind mangelnde Zeit im Praxisalltag, Angst davor, Betroffene fälschlicherweise zu verdächtigen oder negative Konsequenzen für Betroffene zu provozieren. In der Regel haben Zahnärzte/Zahnärztinnen keine Schulung zum Umgang mit Patientinnen und Patienten, die Betroffene von häuslicher Gewalt sind, erhalten9-13.
Foto: UKM/Marcus HeineDr. med. dent. Jana Bregulla studierte von 2014 bis 2019 Zahnmedizin an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und erhielt die zahnärztliche Approbation im Dezember 2019. Vom Juni 202 bis November 2022 schloss sich ein Promotionsstudium an der Universität Münster an der Klinik für Radiologie, Arbeitsgruppe Cognition&Gender, unter der Leitung von Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Bettina Pfleiderer an. Ihre Dissertation „Die Rolle des zahnärztlichen Berufsstandes bei der Aufdeckung von häuslicher Gewalt“ ist auch Grundlage des Beitrags Bregulla, JL, Hanisch, M, Pfleiderer B: Dentists’ Competence and Knowledge on Domestic Violence and How to Improve It—A Review. Int. J. Environ. Res. Public Health 2022, 19(7), 4361.
Jana Bregulla war als Zahnärztin in der Zahnklinik des Universitätsklinikums Münster, Poliklinik für prothetische Zahnmedizin und Biomaterialien (Leitung Univ. -Prof. Dr. med. dent. Petra Scheutzel) tätig und arbeitet jetzt als Weiterbildungsassistentin Oralchirurgie in der Praxis „Kieferchirurgie Bochum“.
Vorgehen in der zahnärztlichen Praxis
Welche möglichen Indikatoren für häusliche Gewalt können Zahnärzte/-innen in der Praxis identifizieren?
Man unterscheidet physische, psychische und sonstige Indikatoren von Gewalt, welche sich in der zahnärztlichen Praxis bemerkbar machen können. Zu den physischen Indikatoren zählen vor allem Verletzungen, welche nicht klar durch die Betroffenen erklärt werden können. Dies können Blutergüsse, Strangulationswunden, Verbrennungen etc. sein. Weiterhin sind chronische Erkrankungen mit Kopf- und Muskelschmerzen ein Hinweis, wenn weitere Auffälligkeiten vorliegen.
Zu den psychischen Indikationen zählen neben Angststörungen und Nervosität auch Essstörungen, Selbstverletzungen, Angst vor Körperkontakt beispielsweise bei der Abformungsnahme und psychosomatische Beschwerden. Zu den sonstigen Hinweisen für häuslicher Gewalt zählt zum Beispiel ein mehrfaches Erscheinen im Schmerzdienst sowie ein Erscheinen außerhalb der offiziellen Praxiszeiten.
Auf die gute Kommunikation achten
Der wichtigste Faktor für Zahnärzte/Zahnärztinnen ist eine gute Kommunikation mit den Patientinnen und Patienten. Bei einem Verdachtsfall der häuslichen Gewalt ist dieses Vorgehen empfehlenswert: Die Gespräche sollten unter vier Augen geführt werden, Begleitpersonen sollten nach Möglichkeit im Wartebereich bleiben. Das Gespräch sollte mit allgemeinen Fragen zum Wohlbefinden zu Hause oder zur Beziehung zum/-r Partner/-in begonnen werden. Beispielhaft wären hier „Wie verstehen Sie sich mit Ihrem/-r Partner/-in“ oder „Ist zu Hause alles in Ordnung?“ Vielleicht geht der/die vermutete Betroffene auf die Fragen ein.
Dann sollten konkretere Fragen gestellt werden. „Wurden Sie von Ihrem/-r Partner/-in in irgendeiner Form missbraucht?“ Dabei sind gutes Zuhören sowie das Bestärken der Betroffenen beim Erzählen ihrer Geschichte wichtig. Weiterhin sollte betont werden, dass häusliche Gewalt inakzeptabel ist und die Betroffenen keine Schuld an der bestehenden Situation tragen.
Es sollte eine Einschätzung des vergangenen Verhaltens des/-r Täters/-in erfolgen, welche Schlüsse auf das zukünftige Verhalten erlauben. Es sollte geklärt werden, ob Kinder möglicherweise in Gefahr oder beteiligt sind und wie sicher sich die Betroffenen zu Hause fühlen. Für den Notfall wäre es sinnvoll, einen Notfallplan mit Fluchtweg, Anlaufstellen und entsprechenden Telefonnummern zu besprechen. Hierbei sollten die Betroffenen auch immer an den Gesprächen beteiligt sein.
Sehr genau mit forensischem Befundbogen dokumentieren
Fälle von häuslicher Gewalt sollten sehr genau mit einem forensischen Befundbogen dokumentiert werden14. Nur so können die Daten bei einem Prozess als Beweise zum Tragen kommen. Hierbei sollten auch bereits Verdachtsfälle dokumentiert werden. Bei äußeren Verletzungen sollte hierbei die genaue Stelle mit ungefährem Alter der Verletzung sowie die Größe und das Aussehen dokumentiert werden. Bei schriftlicher Zustimmung der Betroffenen sind Fotografien, nach Möglichkeit mit Maßstab, sowie Abformungen oder Röntgenabformung, soweit notwendig, anzufertigen. Weiterhin sollten auffällige Verhaltensweisen sowie Aussagen als Zitate in den Akten notiert werden15.
Thema Schweigepflicht: bei Kindern Sonderregelung
In Deutschland unterliegt das gesamte zahnärztliche Fachpersonal der ärztlichen Schweigepflicht nach Strafgesetzbuch § 203. Wenn keine ausdrückliche schriftliche Schweigepflichtsentbindung vorliegt, dürfen auch vor Gericht keine Aussagen getroffen werden, ob die betroffene Person in der Praxis behandelt wurde. Bei Kindern gilt aufgrund der Gefahr der Kindeswohlgefährdung, dass bei dem Verdacht der Vernachlässigung oder der Gewalt gegen Minderjährige die Behörden informiert werden dürfen16.
Abb. 1 Häufigste Formen der vorkommenden häuslichen Gewalt.
Abb. 2 Mögliche Gründe, ein Screening zu häuslicher Gewalt nicht durchzuführen.
Abb. 3 EU-Förderprojekt „Victim protection in medicine“ (VIPROM).
Das VIPROM-PROJEKT
Das von der EU geförderte Projekt „Victim Protection in Medicine“ (VIPROM) setzt sich mit Partnern aus Deutschland, Italien, Österreich, Schweden und Griechenland unter der Leitung von Frau Prof. Dr. rer. nat. Dr. med. Bettina Pfleiderer für einen besseren Opferschutz im gesamten medizinischen Bereich ein. Auch im Bereich der Zahnmedizin wird daran gearbeitet, zukünftig Lehrpläne im Bereich häusliche Gewalt zu entwickeln und diese dann auch in die Lehrpläne der Universitäten und Weiterbildungsstätten zu integrieren (Abb. 3). Auf der Trainingsplattform15 gibt es bereits viele zur Verfügung gestellte Materialien, mit denen Zahnärzte/-innen sich selbstständig zum Thema informieren können.
Weitere Informationsquellen sind zum Beispiel die Bundeszahnärztekammer oder die jeweiligen örtlichen Kammern, welche Befundbögen14 zur Verfügung stellen, die zur Dokumentation genutzt werden können. Die Hilfe-Hotline „Gewalt gegen Frauen“ des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben ist unter der Nummer 116 016 in verschiedenen Sprachen, auch online, jederzeit kostenlos und anonym für Opfer zu erreichen.
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