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Es gibt verschiedene Optionen, die nachhaltig wirken, jedoch nicht ohne Risiko und Nebenwirkungen sind

Zwei gezeichnete Schädelumrisse in seitlicher Ansicht, in denen der Luftstrom als graue Fläche eingezeichnet ist. Im linken Schädel geht der große Luftstrom durch die Nase, ein kleiner durch den Mund, im Rachenraum ist ein Engpass rosa eingefärbt. Im rechten Schädel sind die Verlagerungen im Ober- und Unterkiefer durch die Umstellungsosteotomie rot und mit den Schraubplatten (Osteosyntheseplatten) angezeigt, der Luftstrom geht nur durch die Nase und ist ungehindert.

Darstellung der bimaxillären Umstellungsosteotomie und Effekt auf die Erweiterung der Engstellen im Nasenrachenraum („Posterior airway space“, PAS; Abb. modifiziert nach DGMKG3).

(c) Quintessenz

Die chirurgische Therapie der Schlafapnoe ist nicht ohne Risiken und Nebenwirkungen. Dazu gehören Blutungen, Infektionen, Schmerzen, Sensibilitätsstörungen, Narbenbildung, Schluckbeschwerden, Sprechveränderungen oder ein Rezidiv der Obstruktion. Die in seinem Artikel für die Quintessenz Zahnmedizin 5/2023 vorgestellten Verfahren empfiehlt Autor Prof. Matthias Schneider daher nur nach einer sorgfältigen Diagnostik, Beratung und differenzialtherapeutischer Abwägung durchzuführen. Außerdem sollten sie mit anderen konservativen oder apparativen Therapiemethoden kombiniert werden, um den bestmöglichen Erfolg zu erzielen.

Die „Quintessenz Zahnmedizin“, Monatszeitschrift für die gesamte Zahnmedizin, ist der älteste Titel des Quintessenz-Verlags, sie wird 2024 wie der Verlag selbst 75 Jahre alt. Die Zeitschrift erscheint mit elf Ausgaben jährlich. Drei Ausgaben davon sind aktuelle Schwerpunktausgaben, die zusätzlich einen Online-Wissenstest bieten mit der Möglichkeit, Fortbildungspunkte zu erwerben. Abonnenten erhalten uneingeschränkten Zugang für die Online-Version der Zeitschrift und Zugang zur App-Version. Mehr Infos, Abo-Möglichkeit sowie ein kostenloses Probeheft bekommen Sie im Quintessenz-Shop.

Einleitung

Die chirurgische Therapie der obstruktiven Schlafapnoe (OSA) ist eine mögliche Behandlungsoption für Patienten, die unter schlafbezogenen Atmungsstörungen leiden. Dabei wird die Obstruktion der oberen Atemwege, die zu Atemaussetzern und Schnarchen führt, operativ beseitigt oder vermindert. Die chirurgische Therapie der Schlafapnoe kann je nach Schweregrad und Ursache der Erkrankung verschiedene Eingriffe umfassen, die an verschiedenen Leveln des oberen Luftwegs ansetzen. Die Indikationen und Erfolgsaussichten der chirurgischen Therapie der OSA sind abhängig von der individuellen Anatomie und dem Ausmaß der Obstruktion des Patienten. Aufgrund häufig auftretender Folgeerkrankungen wie arterielle Hypertonie, koronare Herzkrankheit oder Diabetes mellitus sowie den Folgen von regelmäßig auftretender Tagesmüdigkeit ist die Therapie des OSA dringend erforderlich.

Die chirurgische Therapie der Schlafapnoe kann dabei die folgenden Ziele haben:

  • Verbesserung der Nasenatmung, um die nächtliche Ventilationstherapie zu unterstützen oder zu ermöglichen – dies kann durch eine Septumplastik, eine Nasenmuschelverkleinerung oder eine Nasennebenhöhlenoperation erreicht werden.
  • Entfernung vergrößerter Mandeln im Gaumen- und Rachenbereich, vor allem bei kindlicher Schlafapnoe – hier kommen Tonsillektomie (TE) und Adenotomie zum Einsatz.
  • minimalinvasive Chirurgie am Gaumen, um das primäre Schnarchen oder eine leichte Schlafapnoe zu behandeln – dies kann durch eine Radiofrequenztherapie, eine Laser-assistierte oder chirurgische Uvulopalatoplastik (UPP) erfolgen.
  • invasive Chirurgie an Gaumen, um eine mittelschwere bis schwere Schlafapnoe zu behandeln, wenn die Ventilationstherapie nicht möglich oder nicht wirksam ist – dies kann durch eine Uvulopalatopharyngoplastik (UPPP), eine Zungengrundresektion oder eine Hyoid-Suspension realisiert werden.
  • bimaxilläre Operation, um den Rachenraum zu vergrößern und die Spannung der Rachenmuskulatur zu erhöhen – dies kann durch eine Vorverlagerung von Ober- und Unterkiefer erfolgen, die auch zu einer ästhetischen Veränderung führen kann.

Ein weiterer Therapieansatz besteht in der Stimulation des Nervus hypoglossus, wodurch der Musculus genioglossus als wesentlicher Atemwegsöffner aktiviert wird.

Tonsillektomie (TE), Uvulopalatopharyngo­plastik (UPPP) und ihre Modifikationen­

Zu den häufigsten in Deutschland durchgeführten Eingriffen bei OSA gehört die TE gegebenenfalls in Kombination mit einem Weichteileingriff, zum Beispiel als UPPP1. Die UPP ist ein Schleimhaut-resezierendes Verfahren ohne plastische Nähte und kann ambulant in Lokalanästhesie mit dem Laser, der Elektrochirurgie oder anderen technischen Hilfsmitteln durchgeführt werden. In mehreren systematischen Reviews wurde die UPP in Bezug auf die Reduktion des Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI), Nebenwirkungen und Komplikationsrate als nichtindiziert für die Behandlung der OSA angesehen. Es handelt sich jedoch um eine Therapievariation, die zur Behandlung des Schnarchens und in Kombination mit anderen chirurgischen Verfahren der Multi-Level-Chirurgie eingesetzt werden kann.

Die etablierteste chirurgische Intervention bei OSA ist die UPPP. Die frühen Operationstechniken zur Behandlung der OSA waren radikaler, es wurden die freie Uvula und Teile der Gaumenbogenmuskulatur reseziert (Abb. 1a). Folgenschwere Komplikationen wie die Nasopharynxstenose und velopharyngeale Insuffizienz waren die Folge. Ein Vorteil gegenüber dem schonenden Vorgehen mit Erhalt der velaren Muskeln, der Formung eines weniger vibrierenden Velums, Lateralisation der hinteren Gaumenbögen und der Erweiterung durch eine TE ergab sich hingegen nicht (Abb. 1b).

Die TE-UPPP wird in Übersichtsarbeiten Patienten mit leicht- bis mittel-gradiger OSA, insbesondere bei Unverträglichkeit der Therapie des „Continuous positive airway pressure“ (CPAP) bei geeigneter Anatomie (Tonsillenhyperplasie mit klinisch annehmbarer oropharyngealer Obstruktion) empfohlen, da sie einer Nichtbehandlung bei vertretbaren Nebenwirkungen überlegen ist2. Mögliche seltene Nebenwirkungen sind zum Beispiel Veränderungen der Stimme, Fremdkörpergefühl und Schluckbeschwerden. Der Effekt der UPPP auf den Schweregrad der OSA kann mit den Jahren nachlassen. Der Langzeiterfolg sinkt von 60,5 Prozent nach drei bis 12 Monaten auf 47,6 Prozent nach 3 bis 7 Jahren9. Patienten nach UPPP sollten längerfristig schlafmedizinisch kontrolliert werden9.

Multi-Level-Chirurgie

Bei der Multi-Level-Chirurgie werden verschiedene Eingriffe an den oberen Atemwegen kombiniert, um die Verengungen zu beseitigen oder zu vermindern, die zu nächtlichen Atemaussetzern führen. Die Multi-Level-Chirurgie kann je nach individueller Situation des Patienten die Nasenscheidewand, die Nasenmuscheln, das Gaumensegel, die Zungengrundmuskulatur oder den Kehlkopf umfassen. Diese Behandlungsmaßnahmen werden umfangreich propagiert, es fehlen jedoch kontrollierte Studien. Für eine therapiebedürftige OSA werden viele Komponenten der Multi-Level-Chirurgie (unter anderem die Hyoidsuspension, Zungensuspension, Radiofrequenzchirurgie der Tonsillen und das isolierte Genioglossus-Advancement) in der S3-Leitlinie „Schlafbezogene Atmungsstörungen“ nicht empfohlen5.

Die bimaxilläre Umstellungsosteotomie

Eine mögliche Behandlungsoption für Patienten mit schwerer Schlafapnoe ist die Umstellungsosteotomie (maxillo-mandibuläres Advancement, MMO; Abb. 2). Dabei handelt es sich um einen chirurgischen Eingriff, bei dem Ober- und Unterkiefer vorverlagert und rotiert werden, um die Atemwege zu erweitern und den Luftstrom zu verbessern. Die Umstellungsosteotomie kann allein oder in Kombination mit einer kieferorthopädischen Behandlung und zusätzlichen Bisslagekorrektur durchgeführt werden. Die Vergrößerung des pharyngealen Atemwegs und die Erhöhung des Muskeltonus reduzieren den Kollaps des Pharynx synergistisch. Eine Vorverlagerung von mindestens 10 mm wird für erforderlich gehalten. Der Einsatz ist sowohl bei angeborenen Fehlbildungen (unter anderem Pierre-Robin-Sequenz, Crouzon-Syndrom, Apert-Syndrom) oder bei anatomischen Besonderheiten der oberen Atemwege wie Mikrogenie und Rücklage des Unterkiefers, aber auch bei eugnathen Patienten eine hocheffektive Therapie des OSA. In einer Metaanalyse mit 627 Patienten wird eine Besserung des AHI um 86 Prozent angegeben, ein AHI < 5 wird in 43,2 Prozent der Behandlungsfälle erreicht8. Der Therapieeffekt war in den Serien mit Langzeitdaten nach mehr als zwei Jahren unverändert vorhanden.

Die Umstellungsosteotomie ist ein komplexer und invasiver Eingriff, der eine sorgfältige Planung und Nachsorge erfordert. Die Vorteile sind jedoch eine dauerhafte Verbesserung von Schlafqualität, Lebensqualität und Gesundheit. Die Erfolgsrate der Umstellungsosteotomie bei der Behandlung von Schlafapnoen liegt zusammengefasst bei mehr als 90 Prozent. Die Risiken und Nebenwirkungen wie zum Beispiel Schwellungen, Schmerzen, Taubheitsgefühl oder Infektionen sind meist gering und vorübergehend. Die Umstellungsosteotomie ist allerdings nicht für jeden Patienten geeignet.

Obere Atemwegsstimulation – Hypoglossus-Stimulator

Bereits in den frühen 1990er-Jahren wurden an Konzepten zur Behandlung des OSA mithilfe einer Neurostimulation geforscht4. In der Folge wurde durch Verbesserungen der Technologie, verbesserte Patientenselektion, Implantationstechniken und postoperative Einstellungen ein Verfahren geschaffen, das in die Routineversorgung Einzug gehalten hat.

Der Hypoglossus-Nerv-Stimulator (HNS; Abb. 3) besteht aus einem kleinen Pulsgeber, der unterhalb des Schlüsselbeins implantiert wird, und zwei Elektroden, die an den Zwerchfell- und Unterzungennerv angeschlossen sind. Der Pulsgeber misst die Atembewegung des Patienten und sendet elektrische Impulse an den Unterzungennerv, der für die Spannung des Zungenmuskels verantwortlich ist. Dadurch wird verhindert, dass die Zunge im Schlaf nach hinten fällt und die Atemwege blockiert. Der HNS kann die Häufigkeit und Schwere der Atemaussetzer reduzieren und die Lebensqualität der Patienten verbessern5. Der Patient kann den HNS mit einer Fernbedienung ein- und ausschalten. Die Therapie wird bei Patienten mit mittel- bis schwergradiger OSA ohne Tonsillenhyperplasie eingesetzt. Der HNS ist prinzipiell als Primär- und Sekundärtherapie bei OSA zugelassen. Die Morbidität des Verfahrens ist als gering zu bezeichnen6. Die Behandlungsmethode kann bei Nichtdurchführbarkeit oder Ablehnung der CPAP-Therapie erwogen werden. In vielen Studien, unter anderem mit randomisierten Therapieentzug, zeigt die Hypoglossus-Stimulation eine anhaltende Reduktion der respiratorischen Ereignisse bei mittel- bis schwergradigen OSA. Die Nutzungsquote ist hoch.

Fazit

Die chirurgische Therapie der OSA ist eine mögliche Behandlungsoption für ausgewählte Patienten. Korrekturen des Nasenseptums, Nasenmuschelverkleinerungen und Nasennebenhöhlenoperationen können helfen, die Nasenatmung zu verbessern.

Zu den am häufigsten bei OSA durchgeführten Eingriffen zählt die Tonsillektomie in Verbindung mit Weichteil-eingriffen am Gaumen. Während in der Vergangenheit radikale Resektionen am Gaumensegel vorgenommen wurden, überwiegt heute eine funktionelle Technik mit Reduktion bei weitgehendem Strukturerhalt von Uvula und Gaumensegel.

Maßnahmen wie die Hyoidsuspension, Zungensuspension, Radiofrequenzchirurgie der Tonsillen und das isolierte Genioglossus-Advancement zählen unter anderem zu den Maßnahmen der Multi-Level-Chirurgie, die aufgrund der fehlenden Evidenz in der S3-Leitlinie „Schlafbezogene Atemstörungen“ nicht empfohlen werden. Die bimaxilläre Umstellungsosteotomie mit Vorverlagerung von Ober- und Unterkiefer ist für ausgewählte und weitgehend bezahnte Patienten eine kausale Therapie. Die resultierende effektive Vergrößerung des pharyngalen Atemwegs und die Erhöhung des Muskeltonus führen zu einer signifikanten und langfristigen Reduk-tion des AHI.

Ein Verfahren mit geringer Morbidität ist die Implantation eines Hypoglossus-Neurostimulators. Bei im Schlaf ausbleibenden Atembewegungen wird ein Reiz am Unterzungennerv ausgelöst, der verhindert, dass die in den Rachenraum fallende Zunge die Atemwege blockiert. Der Patient kann den Stimulator ein- und ausschalten. Dadurch ist auch eine Kontrolle der Wirksamkeit sehr gut zu realisieren. Nach einem programmierbaren reizfreien Intervall in der Einschlafphase wird das Gerät automatisch aktiviert. Die Compliance ist hoch.
Im Rahmen von interdisziplinären Fall-Konferenzen im Verbund von Schlafmedizinern, Hals-Nasen- und Ohrenärzten, Zahnärzten, Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen sowie Neurochirurgen muss für jeden Patienten, der nicht ausreichend von der CPAP-Therapie profitiert, diese nicht verträgt oder ablehnt, die optimale Therapieform gefunden werden.

Ein Beitrag von Prof. Dr. Dr. Matthias Schneider, Dresden

Literatur auf Anfrage über news@quintessenz.de

Reference: Zahnmedizin Chirurgie

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