Rund 70 Prozent der Studierenden der Humanmedizin können sich zukünftig eine Niederlassung vorstellen. Dabei sind die Aussicht auf ausgeglichene Work-Life-Balance sowie gute Ausgangsbedingungen der zu übernehmenden Praxis die zwei dominierenden Motive. Das ergab eine Umfrage der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (ApoBank) unter ihren jungen Kundinnen und Kunden, an der sich laut Bank 176 Studierende der Humanmedizin aus dem Kunden-Panel beteiligt haben.
„Vor allem männliche Studierende (79 Prozent) planen eine Praxisgründung, bei Frauen sind es 66 Prozent. 22 Prozent der weiblichen Befragten sind noch unentschlossen und lediglich 12 Prozent sagen nein zur Niederlassung. Bei Männern lehnen 13 Prozent eine eigene Arztpraxis ab und die restlichen acht Prozent lassen sich diese berufliche Option offen“ so die Zusammenfassung der Bank.
Alle gefordert, gute Voraussetzungen zu schaffen
„Das Umfrageergebnis hat uns sehr gefreut“, sagt Daniel Zehnich, Leiter des Bereichs Gesundheitsmarkt und Beteiligungen bei der apoBank. „Denn die angehenden Medizinerinnen und Mediziner werden für die zukünftige wohnortnahe ambulante Versorgung dringend benötigt. Allerdings ist die Niederlassungsbereitschaft der Studierenden durchaus an Bedingungen geknüpft, also sind wir alle gefragt, dafür gute Voraussetzungen zu schaffen und die ärztliche Praxis attraktiv für die nachfolgende Generation zu gestalten.“
Was macht eine Niederlassung attraktiv? Dazu wurden diejenigen befragt, die sich für eine eigene Arztpraxis entscheiden würden beziehungsweise diese Form der Berufsausübung nicht ganz ausschließen. Die Ergebnisse verdeutlichten, welchen Stellenwert bestimmte Rahmenbedingungen haben.
Flexible Arbeitszeiten und Zeit für Familie und Freunde
Besonders relevant für die Nachwuchsmediziner ist eine ausgeglichene Work-Life-Balance. Konkret bedeutet das für die Befragten vor allem Zeit mit Familie und Freunden (90 Prozent), freie Wochenenden (75 Prozent) und flexible Gestaltung der Arbeitszeiten (69 Prozent). Dementsprechend sind die befragten Studierenden auch nicht abgeneigt, einfache medizinische Tätigkeiten sowie Verwaltungsaufgaben zu delegieren: Mehr als 90 Prozent können sich das vorstellen.
Zu übernehmende Praxis sollte gut aufgestellt sein
Ebenso kann der Zustand der zu übernehmenden Praxis die Entscheidung zur Niederlassung beeinflussen: Dabei sind für die Befragten primär qualifiziertes Personal (98 Prozent) und funktionierende Abläufe (92 Prozent) entscheidend. Neue beziehungsweise gut erhaltene Geräte (84 Prozent) und ein hoher Digitalisierungsgrad (83 Prozent) gehören ebenfalls für die meisten dazu.
Die Praxislage spiele eine vergleichsweise nicht so große Rolle und steht mit 65 Prozent ganz unten auf der Liste mit den relevanten Entscheidungskriterien. Speziell nach der Niederlassung in einer ländlichen Region gefragt, hätten lediglich 7 Prozent der Befragten diese kategorisch abgelehnt – für alle anderen seien die Nähe zu einer größeren Stadt und eine gute Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln die zwei wichtigsten Bedingungen gewesen, um aufs Land zu gehen.
Mehr Vorbereitung auf die Niederlassung schon im Studium
Zudem befürworteten 90 Prozent der Befragten die Vorbereitung auf eine mögliche Niederlassung während des Medizinstudiums. Inhaltlich sollte es vor allem um rechtliche, unternehmerische oder steuerliche Aspekte der Selbstständigkeit gehen sowie um Informationen zu Niederlassungs- und Kooperationsmöglichkeiten. Auch eine finanzielle Unterstützung sehen 94 Prozent der Befragten als möglichen Anreiz, sich eher für die Niederlassung zu entscheiden.
Praxisübergeber sollten Praxis auf Stand halten
„Aus Sicht der Praxisabgeber liefert unsere Umfrage gute Gründe, das Lebenswerk bis zur Übergabe auf dem neuesten Stand zu halten“, sagt Zehnich. „Aber es müssen auch die gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen stimmen: vor allem eine bessere Vorbereitung auf die Niederlassung und weniger Bürokratie im Arbeitsalltag. Die Ergebnisse bestätigen auch unsere Erfahrungen, dass gute Versorgung auf dem Land eng mit guter Infrastruktur zusammenhängt.“
Methodik
An der Online-Befragung haben 176 Studierende der Humanmedizin aus dem Kunden-Panel der ApoBank teilgenommen. Die Umfrage erfolgte zwischen dem 24. März und dem 16. April 2023 und wurde anonym ausgewertet.