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Das erste der groß angekündigten Versorgungsgesetze bringt wenig – ein Kommentar von Dr. Marion Marschall, Chefredakteurin „Quintessence News“

(c) Quintessenz

Dr. Marion Marschall

„Wenig Mehrwert für viel Beitragsgeld“ titelte der GKV-Spitzenverband. Blickt man auf die jahrelangen wortreichen Ankündigungen des amtierenden Bundesgesundheitsministers, landet man auch beim alten Spruch „Der Berg kreißte und gebar ein Mäuslein“.

Da ist nun das erste der groß angekündigten Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetze vom Bundeskabinett verabschiedet und auf den parlamentarischen Weg gesetzt worden – und sein wichtigster Inhalt für die Versorgung ist erst durch den Streik der Ärzteschaft um den Jahreswechsel und mit einem Krisengipfel Anfang Januar 2024 in den Referentenentwurf gedrückt worden. Die Entbudgetierung für die hausärztliche Versorgung stand zwar im Koalitionsvertrag, aber sie umzusetzen war nicht ganz oben auf der Agenda des Ministers für das GVSG.

Wenn die „Hausarzthütte“ brennt

Von den ersten Referentenentwürfen bis jetzt ist viel auf der Strecke geblieben, was Karl Lauterbach doch als so wichtig und dringend tituliert hatte: Die Gesundheitskioske sind raus (und sollen über das Parlament vielleicht doch noch ins Gesetz aufgenommen werden). Ob sie Versorgungsprobleme lösen und Patienten besser steuern könnten, wird unerheblich, wenn aktuell die „Hausarzthütte“ brennt. Und ohne Hausärzte wird es schwierig. Zumal, wenn noch die ganze Krankenhauslandschaft vor dem Umbruch steht.

Die Entbudgetierung hier ist wohl dann auch – neben dem besseren Zugang zu psychotherapeutischen und psychiatrischen Leistungen und einigen kleinen Verbesserungen – der Teil des Gesetzes, der für die Menschen im Land tatsächlich etwas bringen könnte. Vor allem den Erhalt einer wohnortnahen hausärztlichen Praxis. Die ursprünglich geplanten bürokratischen Vorgaben für die Hausärzte wurden tatsächlich entschlackt (wenn auch aus Sicht der Ärzteschaft noch nicht ausreichend), und auch die stark reduzierte Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Arzneimitteln ist ein Erfolg. Ob die Digitalisierung aber die Wende bringen wird, mit der Hausärztin im Homeoffice, die Lauterbach in der Pressekonferenz mehrfach wortreich beschwor, darf bezweifelt werden.

Neue Auflagen, neue Prüfrechte

Aber sonst? Neue Auflagen, Berichtspflichten, neue Beteiligte im Gemeinsamen Bundesausschuss, Kontrollen für die Selbstverwaltung – davon gibt es mehr als genug im Gesetz. Was das für die bessere Versorgung bringen soll? Unklar. Immerhin können die ärztlichen und zahnärztlichen Körperschaften jetzt auch digital tagen. Dafür sollen auch sie – als Organe der Selbstverwaltung – künftig vom Bundesrechnungshof geprüft werden können. Schließlich kommen ja die Mitgliedsbeiträge indirekt aus dem Gesundheitsfonds, in den auch Steuergelder fließen. Aha.

Ankündigungen, aber keine Taten

Regelungen für die Medizinischen Versorgungszentren? Kommunen sollen leichter ein MZV gründen können, sonst nichts. Keine Klärung für die Fortführung von ärztlich geführten und im ärztlichen Besitz befindlichen MVZ und schon gar keine Regulierungen für MVZ, die von Fremdinvestoren betrieben werden. Weder ein Transparenzregister noch andere Vorgaben. Anfang Mai klang das bei Lauterbachs Grußwort auf dem Deutschen Ärztetag noch anders.

Keine Homöopathie mehr auf Kasse? Gestrichen. Primärversorgungzentren? Nicht jetzt. Aufheben der Budgetierung bei den Zahnärzten für 2024? Nie vorgesehen.

Lauterbach setzt auf das „parlamentarische Verfahren“

Nun ist der Weg eines Gesetzes durch Bundesrat, Bundestag und Ausschüsse trotz Lauterbachscher „Eilbedürftigkeit“ lang und mitunter kommen erstaunliche Regelungen noch auf den letzten Drücker in ein eigentlich schon fertiges Gesetz. Und Lauterbach hat in der Pressekonferenz schon angekündigt, vieles im „parlamentarischen Verfahren“ nachzuschieben – das sei so besprochen worden. Also Regelungen für iMVZ, die die FDP nicht will, das Aus für die Homöopathie, das nicht nur bei den Grünen nicht begrüßt wurde, und die Gesundheitskioske, die den Kassen zu teuer und aus Sicht vieler Ärzte überflüssig sind.

Wenn es nicht im Entwurf in der internen Ressortabstimmung konsensfähig war, warum sollte es dann im Parlament oder Bundesrat wie mal geplant durchkommen? Angesichts der anderen, parallel laufenden Gesetzesvorhaben zur Krankenhausreform und zur Digitalagentur dürfte sich da eine schwierige Gemengelage ergeben.

Zu viele gegenläufige Einzelinteressen

Dies nicht zuletzt für die Interessen der Zahnärzte. Zumal die Ärzte durch ihren Teilerfolg bei der Entbudgetierung der Hausärzte bei anderen Themen wie iMVZ erfahrungsgemäß nicht eisern an der Seite der anderen Leistungserbringer stehen werden. Und vonseiten der Krankenkassen wird wegen der erwarteten hohen Ausgaben bei knappen Mitteln mit viel Gegenwind zu rechnen sein. Angekündigt haben sie ihn schon.

Es drohen also halbgare Kompromisse und Schnellschüsse im Parlament, mit denen die aus dem Entwurf gekippten Vorhaben „irgendwie“ noch ins Gesetz kommen. Wer da mit seinen Themen punkten will, sollte Vorschläge und Ideen haben, die den Politikern eine aus ihrer Sicht elegante Lösung für leidige Probleme bieten. Kein leichtes Unterfangen.

Dr. Marion Marschall, Berlin

Reference: Politik Nachrichten med.dent.magazin

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