„Die Aktivitäten von Private Equity sind Gift für das Gemeingesundheitswesen.“ Dieses Fazit zog der bekannte Publizist Prof. Dr. jur. Dr. theol. h.c. Heribert Prantl in seinem Vortrag zur „Kapitalisierung der Medizin“ beim 14. Ethiktag des Uniklinikums Würzburg.
„In einer Zeit, in der medizinische Fortschritte uns immer neue Möglichkeiten eröffnen, ist es unerlässlich, uns stets an die vier Grundsätze der Medizinethik zu erinnern: Autonomie, Nicht-Schaden, Wohltun und Menschenwürde.“ Mit diesen Worten führte Privatdozent Dr. Tim von Oertzen, der Ärztliche Direktor des Uniklinikums Würzburg (UKW), in den 14. Ethiktag des Würzburger Großkrankenhauses am 10. Juni 2024 ein. Mit rund 200 Teilnehmenden zog die vom Klinischen Ethikkomitee des UKW organisierte und von der Vogel Stiftung Dr. Eckernkamp geförderte Veranstaltung in diesem Jahr besonders viele Interessierte in den Hörsaal des Zentrums für Operative Medizin. Aus gutem Grund – schließlich war es dem von Dr. Elisabeth Jentschke geleiteten Komitee gelungen, mit Prof. Dr. jur. Dr. theol. h.c. Heribert Prantl einen Referenten von mindestens bundesweitem Ruf zu gewinnen.
Kritischer Geist und ausgezeichneter Autor
Prantl war zunächst Richter und Staatsanwalt, bevor er sich dem Journalismus zuwandte. 25 Jahre lang leitete er die Redaktionen Innenpolitik und Meinung der Süddeutschen Zeitung (SZ) und war zudem acht Jahre lang auch Mitglied in deren Chefredaktion. Heute arbeitet er als ständiger Autor und Kolumnist der SZ, verfasst Bücher und fungiert als politischer Kommentator für zahlreiche Medien. Der Honorarprofessor an der Juristischen Fakultät der Universität Bielefeld und Ehrendoktor der Theologie an der Universität Erlangen wurde unter anderem mit dem Geschwister-Scholl-Preis, dem Kurt-Tucholsky-Preis, dem Erich-Fromm-Preis und dem Brüder-Grimm-Preis ausgezeichnet.
Gute Pflege im Alter ist eine Ehrenschuld
Thema von Prantls Vortrags am UKW war die „Kapitalisierung der Medizin“. Nach seinen Beobachtungen wird im aktuellen Gesundheitssystem Geld zunehmend nicht mehr als Mittel zur Versorgung von Kranken gesehen, sondern die Versorgung als Mittel, um Geld zu verdienen. Im Zusammenhang mit dieser Ökonomisierung richtete er den Scheinwerfer auf viele Fehlentwicklungen, wie zum Beispiel den Preiskampf in der Arzneimittelversorgung, die Krankenhausbudgetierung oder auch den Umgang mit Alter und Demenz. „Eine Gesellschaft ist ‚ver-rückt‘, wenn die Alten nicht mehr in Würde verrückt werden dürfen“, kommentierte Prantl. Vielmehr sei seiner Meinung nach eine bezahlbare und gute Pflege im Alter eine Ehrenschuld der Gesellschaft.
Pflege und Krankheit sind nicht renditefähig
„Es heißt bisweilen noch immer, das Gesundheitswesen leide an einem zu eingeschränkten Wettbewerb. Ich frage mich: Leidet es nicht eher daran, dass es ein Markt ist, an dem zuallererst verdient werden will?“, kritisierte der Publizist. Für ihn ist klar: Pflege und Krankheit sind nicht börsen- und renditefähig, Renditen im zweistelligen Bereich seien nicht vertretbar. „Die Aktivitäten von Private Equity sind Gift für das Gemeingesundheitswesen. Der Verkauf von Krankenhäusern, medizinischen Gesundheitszentren und Arztpraxen an internationale Finanzplayer muss gestoppt werden“, unterstrich Prantl.
„Die Würde des Menschen ist unantastbar“
Als Gegenentwurf und Leitlinie kam der Referent mehrfach auf den Artikel 1 des in seinen Augen grandios formulierten Grundgesetzes zurück: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Damit werde nicht zuletzt ein fürsorgliches Gesundheitssystem gefordert. „Auch eine Rückbesinnung auf den Gemeinwohlgedanken, wie ihn die Bayerische Verfassung mustergültig formuliert, ist hilfreich“, so Prantl. Generell brauche es nach seinen Worten die Auferstehung von Werten wie Nächstenliebe, Geborgenheit, Barmherzigkeit und Vertrauen.
Quelle: Pressestelle/UKW