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Qualität und Zuverlässigkeit von YouTube-Videos über das Therapieverfahren zur Sofortversorgung eines ganzen Kiefers

In einer Studie evaluierten die Autoren um Dr. İkbal Leblebicioğlu Kurtuluş die Beliebtheit, den Inhalt, die Gültigkeit und die didaktische Qualität von Informationsvideos auf YouTube für das Konzept „Feste Dritte Zähne an einem Tag“ bei Zahnärzten und Laien. Ihre Untersuchung wurde in der Ausgabe 02/2023 der Zeitschrift Implantologie veröffentlicht.

 Im Anschluss an eine Recherche mit Google Trends nach der für das Verfahren „Feste Dritte Zähne an einem Tag” am häufigsten verwendeten Bezeichnung wurden unter dem Suchbegriff „All-on-Four“ die ersten 150 Videos auf YouTube von zwei Spezialisten für Prothetik und einem Laien überprüft. Nach Berücksichtigung der Ausschlusskriterien wurden die verbliebenen 85 Videos analysiert, wobei der Ursprung und Inhalt der Videobeiträge, die Tage seit dem Upload sowie die Anzahl der Aufrufe, der „Gefällt mir“- und der „Gefällt mir nicht“-Angaben erfasst wurden. Daneben wurde die Beliebtheit der Videos anhand des Video-Popularitätsindex (VPI) beurteilt. Insgesamt wurden die Popularität, der Inhalt, die Zuverlässigkeit und die Qualität der in den Videos enthaltenen Informationen evaluiert. Die Genauigkeit und Verlässlichkeit der Informationen wurden anhand des angepassten DISCERN-Scores ermittelt. Die Bewertung der didaktischen Qualität der Videos erfolgte anhand mehrerer Skalen, um die Teilbereiche der Qualitätsparameter noch besser beurteilen zu können. Dazu gehörten die Maßstäbe der Zeitschrift der American Medical Association (JAMA), der modifizierte Globale Qualitätsscore (mGQS) und der Totale Content Score (TCS). Die durchschnittlichen Bewertungen der Videos waren 74,48 für den VPI, 27,50 (gering) für den DISCERN, 1,36 für JAMA, 2,25 (mittel) für den mGQS und 2,15 (gering) für den TCS. Die drei Beobachter zeigten in sämtlichen Bewertungsskalen eine signifikant gute Übereinstimmung. Die Videodauer (Minuten) wies signifikant moderate positive Korrelationen mit dem DISCERN-Score, dem mGQS-Score und dem TCS auf. Die Zuverlässigkeit von YouTube-Videos über das „Feste Dritte Zähne an einem Tag“-Behandlungskonzept ist gering, weshalb Videobeiträge dieser Thematik weder für Experten noch für Patienten die primäre Informationsquelle darstellen sollten.

In keiner anderen Disziplin der Zahnmedizin schreitet die Entwicklung so schnell voran wie in der Implantologie. Ziel der Zeitschrift ist es, dem Fortbildungsangebot im Bereich der Implantologie durch die Veröffentlichung praxisbezogener und wissenschaftlich untermauerter Beiträge neue und interessante Impulse zu geben und die Zusammenarbeit von Klinikern, Praktikern und Zahntechnikern zu fördern. Mehr Infos zur Zeitschrift, zum Abo und zum Bestellen eines kostenlosen Probehefts finden Sie im Quintessenz-Shop.

Einleitung

Die Implantatversorgung zahnloser Kiefer mit einem atrophischen Alveolarkamm wird häufig durch Probleme wie schlechte Knochenqualität im Seitenzahnbereich, unzureichendes Knochenangebot und anatomische Einschränkungen des Alveolarknochens, beeinträchtigt1−3. Obgleich die Augmentation eine geeignete Behandlungsoption zur Beschaffung der für die Implantatinsertion erforderlichen Knochenmenge ist, bedarf diese Methode häufig eines aufwendigen chirurgischen Eingriffs, welcher mit Komplikationen einhergehen kann. Das Verfahren ist äußerst zeitaufwendig, erhöht die Behandlungskosten und hat eine geringe Patientenakzeptanz4−6. Zur Umgehung dieser Nachteile wurde eine abweichende Methode entwickelt, bei der die Implantate in einem bestimmten Winkel inseriert werden7. Auch wenn diese Technik durch die jeweiligen Handelsnamen der einzelnen Hersteller unterschiedlich bezeichnet wird, ist im Allgemeinen die Begrifflichkeit „Feste Dritte Zähne an einem Tag“ für dieses Konzept bekannt. Das Verfahren wurde erstmals 2003 von Malo et al. im Unterkiefer und 2005 im Oberkiefer für die Rehabilitation atrophierter Kiefer angewendet8,9.

Das Behandlungskonzept erfordert nicht nur die korrekte Indikation, sondern auch ein sorgfältiges chirurgisches und prothetisches Vorgehen. Dem zahnlosen Patienten kann so eine vorhersagbare Therapieoption als alternative Behandlungsmethode bei atrophierten Kiefern geboten werden8,10. Das Prinzip und erste Berichte über die klinische Anwendung wurden bereits vor 17 Jahren vorgestellt und gehören nun zur täglichen klinischen Praxis.

Youtube als Informationsquelle

Grundsätzlich erhalten Patienten Informationen über ihre aktuellen Behandlungen nicht nur direkt von den zuständigen Experten, sondern auch mittels einer Recherche im Internet11,12. Letztendlich nutzt eine Vielzahl von Betroffenen das Internet, um sich medizinisches Wissen anzueignen und medizinische Erfahrungen auszutauschen13. Dabei können Webseiten nützliche Quellen gesundheitsbezogener Informationen für Laien sein14. Diesbezüglich ist die Plattform YouTube nach Google das am zweithäufigsten genutzte globale soziale Netzwerk der Welt15. Das im Jahr 2005 gegründete und von weltweit mehr als einer Milliarde Menschen verwendete Videonetzwerk, das ein breites Spektrum an visuellen Inhalten bietet und einen einfachen Zugang zum Austausch von Patientenerfahrungen ermöglicht, hat sich zu einem Portal entwickelt, auf dem Patienten nach Informationen über Behandlungsmöglichkeiten suchen15,16. Bei Fachleuten sind webbasierte medizinische Datenbanken, Webinare und YouTube-Videos inzwischen beliebter als traditionelle Lernmethoden wie Buch- und Zeitschriftenrezensionen, Konferenzen und Konsultationen17. Doch trotz ihrer Popularität gefährdet das Fehlen einer Qualitätsbewertung und eines Peer-Reviews der Videos auf dieser Plattform, auf der 100 Millionen Videos angesehen und täglich mehr als 65.000 neue Videos hochgeladen werden, die Gültigkeit der bereitgestellten Informationen18. Darüber hinaus zielen viele Videos nicht auf die Bereitstellung von Informationen, sondern auf eine Vermarktung ab, und folgen demnach einer marketingbezogenen Ausrichtung. Zwar gibt es einige Studien, welche die inhaltliche Qualität von gesundheits- und zahnmedizinbezogenen Themen von YouTube-Videos für Laien bewerten, diese sind jedoch für die wissenschaftliche Literatur nicht ausreichend11,13,15,19−38.

Das Konzept „Feste Dritte Zähne an einem Tag“ stellt eine bedeutende Entwicklung in der Implantologie dar. Daher sollen im Folgenden Beliebtheit, Inhalt, Validität und didaktische Qualität von Informationsvideos zu diesem Verfahren auf dem Videoportal YouTube bei Zahnärzten und Laien untersucht werden. Die Nullhypothese lautete, dass Videos über das „Feste Dritte Zähne an einem Tag“-Konzept auf YouTube sowohl für Zahnärzte als auch für Laien missverständliche und unzureichende Informationen enthalten.

Material und Methode

Zu Beginn erfolgte eine Recherche bei Google Trends zur Ermittlung der am häufigsten verwendeten Begrifflichkeit für das „Feste Dritte Zähne an einem Tag“-Verfahren. Im Ergebnis war „All-on-Four“ der am weitesten verbreitete Suchbegriff22,24,26,27, sodass daraufhin nach entsprechenden Videos im Zusammenhang mit dem All-on-Four-Behandlungskonzept gesucht wurde. Die URLs der ersten 150 beliebtesten Videos wurden anschließend über das Videoportal YouTube (https://www.youtube.com) gespeichert. Die im Rahmen dieser Untersuchung relevanten Ausschlusskriterien umfassten nicht englischsprachige Beiträge, Duplikate, eine Dauer über 15 Minuten und kein vorhandener Ton oder kein vorhandenes Bild. Folglich wurden sämtliche Videolinks, welche diese Kriterien nicht erfüllten, in die Studie aufgenommen, als relevant eingestuft und nach „Anzahl der Abrufe“ ohne zusätzliche Filter sortiert.

Um eine Beeinflussung der Datenerhebung durch mögliche Vorurteile zu verringern, bewerteten zwei Spezialisten für Prothetik (Z1, Z2) und ein Laie (L) die Videos unabhängig voneinander. Weiterhin sahen sich alle Testpersonen 15 zufällig ausgewählte Videos 2 Wochen nach der ersten Sichtung erneut an und bewerteten sie nochmals anhand von Skalen, damit Voreingenommenheit und Ermüdungsfaktoren vollständig ausgeschlossen werden konnten.

Im nächsten Schritt wurden Popularität, Inhalt, Zuverlässigkeit und die didaktische Qualität der Informationen in den Videos untersucht. Im Zuge dessen wurden die Anzahl der Aufrufe, die Länge der Videos, die Zeit seit dem Upload, die Anzahl der „Gefällt mir“- und „Gefällt mir nicht“-Angaben sowie Kommentare in einer Excel-Tabelle erfasst. Der Inhalt (Patientenerfahrungen, Bildungsmaterial) sowie der Ursprung der Videos (professioneller Gesundheitsdienstleister, Unternehmen, Privatperson) wurden in derselben Übersicht festgehalten. Im Hinblick auf die Beliebtheit der einzelnen Videos erfolgte eine Berechnung des Video-Popularitätsindex (VPI): „Gefällt mir“-Angaberate x Abrufrate, geteilt durch 100.

Des Weiteren wurden die DISCERN-Skala (Qualitätskriterien für Verbrauchergesundheitsinformationen), die Maßstäbe der Zeitschrift der American Medical Association (JAMA), der modifizierte globale Qualitätsscore (mGQS) und der Totale Content Score (TCS) zur Evaluierung der Videos herangezogen.

Die aus 16 Fragen bestehende DISCERN-Skala wurde 1998 entwickelt, um die Verlässlichkeit von Informationen im Internet für Patienten, allgemeine Verbraucher und Pflegepersonal zu bestimmen39. Die Fragen, die auf dieser Skala jeweils von 1 bis 5 bewertet werden können, wurden in drei Abschnitte gegliedert: Zuverlässigkeit (Fragen 1−8), Qualität der Informationen über die Behandlung (Fragen 9−15) und Gesamtbewertung (Frage 16)36. Die Zuverlässigkeit der Videos wurde entsprechend ihrer Gesamtpunktzahl in fünf Klassen eingeteilt: sehr gering (≤ 26 Punkte), gering (27−38 Punkte), mittel (39−50 Punkte), gut (51−62 Punkte) und ausgezeichnet (≥ 63 Punkte). Die didaktische Qualität der Videos und die Grenzen der bereitgestellten Informationen wurden nach dem JAMA, dem mGQS und dem TCS eruiert, um so die Teilbereiche der jeweiligen Qualitätsparameter zu vertiefen.

Im Allgemeinen wird die in vier Hauptteile gegliederte JAMA-Skala, für die es jeweils Punktzahlen zwischen 0 und 4 zu erreichen gibt, zur Beurteilung der Zuverlässigkeit, Glaubwürdigkeit und Nützlichkeit von gesundheitsbezogenen Informationen im Internet herangezogen18.

Dagegen wird der mGQS als Abwandlung des globalen Qualitätsscores zur Bewertung der Güte und der didaktischen Qualität der Videos für Zahnärzte eingesetzt 21,40. Die Einstufung mittels mGQS erfolgt auf einer 5-Punkte-Skala mit den Wertungen schwach, allgemein gering, mittel, gut und ausgezeichnet.

Zur Auswertung der bereitgestellten Informationen über das „Feste Dritte Zähne an einem Tag“-Konzept wurde der insgesamt acht Teilbereiche umfassende TCS angewendet (Tab. 1): 0−2 (sehr gering), 2−4 (gering), 4−6 (mittel) und 6−8 (hoch).

Statistische Analyse

Die Analyse der Daten erfolgte mit IBM SPSS v.23 . Zur Überprüfung der Normalverteilungen wurden der Shapiro-Wilk-Test und der Kolmogorov-Smirnov-Test herangezogen. Ferner wurde der Mann-Whitney-U-Test zum Vergleich von nicht normalverteilten Werten je nach Videoinhalt verwendet, während der Kruskal-Wallis-Test für die Gegenüberstellung von nicht normalverteilten Werten in Abhängigkeit vom Videoursprung eingesetzt wurde. Darüber hinaus diente der Spearman’sche Rangkorrelationskoeffizient zur Untersuchung der Beziehungen zwischen nicht normalverteilten quantitativen Daten. Überdies fand der Intraklassen-Korrelationskoeffizient (IKK) zur Analyse der Übereinstimmung zwischen den Beobachtern Anwendung. Die Ergebnisse werden als Mittelwert ± SD für quantitative Daten angegeben, wohingegen kategoriale Daten wie Varianz und Medianwerte (Minimum−Maximum) als Häufigkeiten und Prozentsätze dargestellt werden. Bei sämtlichen Analysen wurde das Signifikanzniveau auf 0,05 festgelegt.

Ergebnisse

Von den anfänglich 150 geprüften Videos wurden gemäß den oben genannten Ausschlusskriterien insgesamt 65 Beiträge aussortiert. Für die verbliebenen 85 Videos wurden daraufhin alle Auswertungen durchgeführt.

Die Ursprünge von 88,2 Prozent der Videobeiträge waren professionelle Gesundheitsdienstleister und 50,6 Prozent der Videoinhalte waren auf patientenbezogene Erfahrungen zurückzuführen (Tab. 2).

Es lag keine Normalverteilung der Daten vor. Die deskriptiven Statistiken zu den quantitativen Parametern der Videoanalysen sind ausführlich in der Tabelle 3 dargestellt. Die durchschnittliche Dauer der Videos betrug 5,29 Minuten, wobei die Mindestdauer 0,50 Minuten und die Höchstdauer 14,67 Minuten umfasste. Die durchschnittliche Abrufrate lag bei 126,93, während sich die gemittelte Punktzahl auf 74,48 für VPI, 27,50 (gering) für DISCERN, 1,36 für JAMA, 2,25 (mittel) für mGQS und 2,15 (gering) für TCS belief.

Dabei bestand eine statistisch signifikant gute Übereinstimmung zwischen den drei Beobachtern in Bezug auf DISCERN, JAMA, mGQS und TCS (Tab. 4, p < 0,001).

Es zeigte sich außerdem eine sehr gute statistisch signifikante Übereinstimmung zwischen den Beobachtern für DISCERN, JAMA, mGQS und TCS bei der ersten sowie der erneuten Ansicht nach zwei Wochen (Tab. 5, p < 0,001).

Es wurden sehr hohe signifikant positive Korrelationen zwischen dem mGQS und DISCERN-Scores (p < 0,001; r = 0,845) sowie zwischen dem TCS und DISCERN-Werten (p < 0,001; r = 0,856) festgestellt (Tab. 6). Ferner lagen eine moderate signifikant positive Korrelation zwischen dem TCS und dem JAMA-Score (p < 0,001; r = 0,469) (s. Tab. 6) sowie eine signifikant positive Korrelation zwischen dem TCS und mGQS (p < 0,001; r = 0,704) vor (s. Tab. 6).

Die Videodauer (min) korrelierte moderat signifikant positiv mit dem DISCERN-Score (p < 0,001; r = 0,489), dem mGQS (p < 0,001; r = 0,51) und dem TCS (p < 0,001; r = 0,467) (Tab. 7). VPI und mGQS (p = 0,005; r = 0,319) sowie VPI und TCS (p = 0,048; r = 0,226) korrelierten ebenfalls schwach signifikant positiv (s. Tab. 7).

Der mittlere mGQS unterschied sich je nach Art der Videoquelle (p = 0,041) und betrug 2,00 für alle Ursprünge, 3,25 für die von kommerziellen Unternehmen beziehungsweise 1,50 für die von Einzelpersonen produzierten Videos (Tab. 8). Die Werte von DISCERN, JAMA, mGQS und TCS variierten je nach Videoinhalt (p < 0,001, p = 0,008, p < 0,001 bzw. p < 0,001) mit Ergebnissen von 22,67, 1,30, 1,50 beziehungsweise 1,33 für Videos mit Patientenerfahrungen und 30,00; 1,70; 3,00 beziehungsweise 2,67 für solche mit Lehrinhalt (s. Tab. 8). Die Häufigkeitsverteilung des TCS ist in Abbildung 1 veranschaulicht. Die Anzahl der Videos, die Begriffsbestimmungen, Vorteile und Verfahren beschreiben war hoch, während Komplikationen, Kosten und Prognosen nur selten in den Videobeiträgen erwähnt wurden.

Diskussion

Es gibt eine Reihe von Berichten über die Qualität von YouTube-Videos zu vielen Themen in der Zahnmedizin13,15,21−24,26−38,41. Dies ist die erste Studie, in der die Qualität von Videobeiträgen über das „Feste Dritte Zähne an einem Tag“-Behandlungskonzept untersucht wurde. Bewertet wurden die Qualität der in den Videos vermittelten Informationen sowie deren Wirkung auf Zahnärzte und Laien. Vollständig zahnlose Patienten oder solche mit parodontal geschädigten Zähnen fordern oftmals schnelle und effektive Konzepte, mit deren Hilfe eine Versorgung sofort nach der Behandlung ermöglicht wird. Daher besteht allgemein ein zunehmendes Interesse daran, Videos über solche Behandlungsansätze im Internet abzurufen. Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Zuverlässigkeit von YouTube-Videobeiträgen über das „Feste Dritte Zähne an einem Tag“- (All-on-Four)-Verfahren mit einer durchschnittlichen DISCERN-Bewertung von 27,50 und einer mittleren JAMA-Punktzahl von 1,36 gering ist, wodurch die anfänglich aufgestellte Nullhypothese dieser Studie angenommen werden kann.

Insgesamt zeigen die deskriptiven Statistiken, dass eine große Anzahl von Nutzern im Internet auf YouTube nach Videos suchte, um mehr über das „Feste Dritte Zähne an einem Tag“- (All-on-Four)-Behandlungskonzept zu erfahren und Gedanken und Erfahrungen auszutauschen. Obwohl ein moderater signifikant positiver Zusammenhang zwischen der Videodauer und dem TCS festgestellt wurde, war der Medianwert der Lehrvideos höher als bei solchen, die die Erfahrungen von Patienten thematisierten. Lena et al. und Gaş et al. berichteten, dass länger dauernde Videos eine höhere Bewertung erhielten als kürzere Videobeiträge23,33.

Die erreichten Skalenwerte deuten darauf hin, dass die Zuverlässigkeit der via YouTube generierten Informationen über das Konzept gering ist, was mit früheren Studien übereinstimmt12,40,42,43. Außerdem wurde beobachtet, dass von kommerziellen Unternehmen veröffentlichte Videos und Lehrvideos die höchsten Wertungen erhielten, was sich ebenfalls mit früheren Studien deckt21,23. Im Hinblick darauf berichteten Kohler et al., dass Lehrvideos auf YouTube als Instrument zur Verbreitung wissenschaftlicher Informationen dienen können44. Darüber hinaus stellten Delli et al. fest, dass Videos, in denen Erfahrungen von Patienten geschildert werden, im Vergleich zu anderen Varianten vermehrt missverständliche Informationen beinhalten45. In der vorliegenden Studie waren die Durchschnittswerte von Videos mit Patientenerfahrungen in sämtlichen Skalen niedriger als die anderer Videotypen.

Darüber hinaus wurde ein schwacher Zusammenhang zwischen dem Popularitätsindex der Videos und den Bewertungen eruiert. Diesbezüglich zeigten die Ergebnisse, dass die Anzahl der „Gefällt mir“-Angaben für ein Video nicht von dem Inhalt oder der Qualität abhängt. Aydın et al. zufolge ist die Beziehung zwischen Videoquelle und -inhalt vom VPI unabhängig21

Der wesentliche Unterschied zwischen dieser und früheren Studien zur Bewertung von YouTube-Videos besteht darin, dass in der vorliegenden Untersuchung die Videos sowohl von einem Laien als auch von zwei Experten evaluiert wurden. Die Übereinstimmungsraten zwischen den drei Beobachtern waren in allen Skalen statistisch signifikant. Darüber hinaus war das Maß an Übereinstimmung zwischen den Beobachtern und zwischen den nach zwei Wochen erneut angesehenen Videos hoch.

Ferner wurden in der vorliegenden Studie verschiedene Skalen zur Bewertung der Zuverlässigkeit eingesetzt. In vielen Untersuchungen wurden zwar ebenso Content Scores, GQS oder der JAMA-Score zur Analyse der Qualität von Informationen aus YouTube-Videos verwendet, jedoch nur in einer früheren Studie wurden drei verschiedene Skalen zur Prüfung der Qualität einbezogen20,21,23,40,46. Zuverlässigkeit und Qualität wurden in der vorliegenden Studie von drei Beobachtern eingestuft und Multi-Score-Analysen unterstützten die Wirksamkeit jedes Bewertungssystems. Ergänzend hierzu untermauerte die Kompatibilität der Skalen untereinander die Ergebnisse der Studie.

Keines der in dieser Studie analysierten YouTube-Videos wurde sowohl von Zahnärzten als auch von einem Laienbeobachter als ausgezeichnete oder gute Informationsquelle angesehen. Der mGQS der bewerteten Videos lag bei den Zahnärzten im mittleren Bereich. Insgesamt gibt es nur wenige Studien, die den mGQS ermittelt haben. Aydin et al. beurteilten die Qualität von YouTube-Videos zum Thema künstliche Intelligenz in der zahnärztlichen Radiologie und berichteten, dass der durchschnittliche mGQS der Videos als gut eingestuft werden konnte21. Ustdal et al. prüften die GQS-Werte von Videos und meldeten einen mittleren Durchschnittswert37.

Die vorliegende Studie weist mehrere Einschränkungen auf, worunter exemplarisch die geringe Anzahl der untersuchten Videos fällt. Ähnlich wie bei anderen Untersuchungen von YouTube-Videos war auch diese Studie durch den sich ständig ändernden Inhalt der YouTube-Plattform begrenzt, auf welcher täglich Videos hinzugefügt und entfernt werden. Daher sind die Ergebnisse nur für den Zeitpunkt der Suche zuverlässig. Weiterhin existieren für das Behandlungskonzept „Feste Dritte Zähne an einem Tag“ unterschiedliche Bezeichnungen durch die einzelnen Hersteller. In Anlehnung an die Methodik früherer Studien wurde innerhalb dieser Untersuchung der am häufigsten aufgerufene Suchbegriff zu diesem Therapieprinzip bei Google Trends ausgewählt22,24,26,27, wodurch die Anzahl der einbezogenen Videos letztendlich begrenzt war. Darüber hinaus stellt das „Feste Dritte Zähne an einem Tag“-Verfahren einen Fortschritt der prothetischen Versorgungsmöglichkeiten dar, während dazu natürlich der chirurgische Teil unvermeidbar ist und einen wesentlichen Einfluss auf das Behandlungsergebnis hat. Aus diesem Grund stellt die Bewertung der Videos lediglich durch das Prothetikerteam eine zusätzliche Studienlimitierung dar.

Es ist von großer Bedeutung, Patienten auf leicht zugängliche Webseiten zu verweisen, auf denen sie genaue und zuverlässige Informationen ohne missverständliche Angaben und kommerzielle Nutzung erhalten können und nicht mit der medizinischen Terminologie überfordert werden. Insgesamt verdeutlichen die Ergebnisse dieser Studie, dass auch Videos von professionellen Gesundheitsdienstleistern keine hohen/zufriedenstellenden Durchschnittswerte bei den erhobenen „Qualitätsparametern“ erreichten. Daher sollten Fachgesellschaften und Organisationen des Gesundheitswesens Aufklärungsvideos veröffentlichen, die alle JAMA-Kriterien in Bezug auf eine Behandlung oder Erkrankung erfüllen, einen hohen totalen Content Score aufweisen und die Beziehung zwischen Patienten und Experten nicht beeinträchtigen.

Schlussfolgerung

In der vorliegenden Studie wurde festgestellt, dass die Zuverlässigkeit von YouTube-Videos über das „Feste Dritte Zähne an einem Tag“-Behandlungskonzept gering ist. Daher sollten diese Videos sowohl für Experten als auch für Patienten nicht die erste Informationsquelle sein. Fachgesellschaften und Organisationen des Gesundheitswesens sollten Aufklärungsvideos bereitstellen, die das Arzt-Patienten-Verhältnis nicht beeinträchtigen und alle JAMA-Kriterien für die betreffende Behandlung oder Krankheit erfüllen. Da es allerdings keine zentrale Kontrolle darüber gibt, wer Videos auf die YouTube-Plattform hochladen darf, wäre es empfehlenswert, die Patienten hinsichtlich Zuverlässigkeit und Qualität der Informationen innerhalb solcher Videos zu warnen. Daneben existieren auch qualitativ hochwertige Videos mit verschiedenen Schwerpunkten, wobei diese allerdings gewisse Vorkenntnisse erfordern.

Danksagung

Die Autoren möchten sich bei Özer Kurtuluş für seinen geleisteten Beitrag zu dieser Studie bedanken.

Interessenkonflikte

Die Autoren İkbal Leblebicioğlu Kurtuluş, Ravza Eraslan und Lara Berger geben an, dass es keine Interessenkonflikte gibt.

Die vorliegende Studie wurde bisher an keinem anderen Ort veröffentlicht. Es wurde keine finanzielle Unterstützung oder Beihilfe in Anspruch genommen.

Ein Beitrag von Dr. İkbal Leblebicioğlu Kurtuluş, Dr. PhD Ravza Eraslan, beide Kayseri Türkei und Dr. Lara Berger, ErlangenWürzburg

Literatur auf Anfrage über news@quintessenz.de

Quelle: Quintessenz Implantologie 02/2023 Implantologie

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