Die Kassenzahnärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KZVWL) unterstützt den Roll-out des elektronischen Rezepts bis auf Weiteres nicht mehr. Das teilte die KZVWL am 3. November 2022 mit. Zu den Gründen heißt es: „Anders als bisher geplant, ist die elektronische Gesundheitskarte (eGK) als niedrigschwelliger Einlöseweg für elektronische Rezepte nun vom Tisch. Der Grund dafür: Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) lehnt diesen Einsatz ab. Dabei war dies eine der Kernforderungen der KZBV und der KZVWL zur flächendeckenden Einführung des E-Rezepts.“
Bereits vor dem Start des Roll-outs im September 2022 hatten die Kassenärzte in der Testregion Schleswig-Holstein einen Rückzieher gemacht. Die Kassenzahnärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein, die KZVWL und die Ärzte in Westfalen-Lippe wollten zunächst dabeibleiben, hofften allerdings auf weitere digitale Zugangsmöglichkeiten für das E-Rezept, da die zugehörige App weitgehend unbekannt und die dafür notwendigen NFC-eGK und die PIN kaum verbreitet sind. Zudem wird ein NFC-fähiges Smartphone vorausgesetzt, eine weitere Hürde. Zunächst hatte die Gesellschafterversammlung der für die TI und das E-Rezept zuständigen Gematik am 29. August 2022 auch beschlossen, dass zeitnah eine eGK-Alternative entwickelt werden soll. Nun ist das wegen des Vetos des Bundesdatenschutzbeauftragten offensichtlich vom Tisch.
Zahnärzte können Handeln der Datenschützer nicht nachvollziehen
Michael Evelt, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KZVWL: „Die E-Rezept-App der Gematik, bisher die einzige digitale Möglichkeit zur Einlösung, ist kaum verbreitet, in unseren Praxen ist fast ausschließlich der Tokenausdruck auf Papier die Realität. Selbstverständlich unterstützen wir digitale Projekte zur Verbesserung der Patientenversorgung und motivieren unsere Mitglieder ebenfalls dazu. Allerdings erwarten wir auch von Gematik und Bundesgesundheitsministerium zeitnah eine wirklich praktikable und damit flächendeckende digitale Umsetzung des E-Rezeptes und nicht wieder einen Papierausdruck. Dass der Bundesdatenschützer jetzt, nach Jahren der Planung, die eGK als Einlöseweg für E-Rezepte ablehnt, ist für uns nicht nachvollziehbar und unverhältnismäßig. Das deutsche Gesundheitswesen ist absolut im Rückstand in Sachen Digitalisierung. Es braucht endlich nachhaltige Lösungen, aber dieses Stop-and-Go auf kurze Sicht unterstützen wir vorerst nicht weiter.“
Noch mehr teurer Elektroschrott
Seit dem 1. September testen die Zahnarztpraxen in Westfalen-Lippe das E-Rezept. Rund 450 Praxen hatten sich bereits bei der KZVWL als Früheinsteiger angemeldet. Nach und nach sollte das E-Rezept flächendeckend verfügbar sein. Jetzt setzt die KZVWL die Bewerbung des Roll-outs bei ihren Mitgliedern aus. Die Entscheidung des Bundesdatenschützers verzögert nicht nur die massentaugliche Anwendung des E-Rezeptes: „Es sind auch wieder technische Anpassungen an Soft- und Hardware bei den beteiligten Heilberufen nötig. Bereits jetzt verursacht die ausgebremste Digitalisierung einen Haufen teuren Elektroschrott, weil Konnektoren veraltet sind und getauscht werden müssen, bevor die Anwendung, die dafür vorgesehen war, überhaupt läuft“, sagt Evelt. Zudem bleibe die KZVWL dabei, dass es für die Patientinnen und Patienten künftig einen einfachen, digitalen Zugang zum E-Rezept geben muss.