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RA Dr. Wieland Schinnenburg zu einem komplizierten Thema

(c) Audio und werbung/Shutterstock.com

In vielen Prozessen bleiben manche Umstände umstritten, das heißt, die eine Seite behauptet etwas, die andere bestreitet dies oder bringt eine ganz andere Darstellung. In einem Zivilprozess gilt dann der Grundsatz: Jede Seite muss das beweisen, was für sie günstig ist.

Das bedeutet für den Arzthaftungsprozess, dass der Patient nicht nur beweisen muss, dass der Arzt einen Fehler gemacht hat (zum Beispiel unzureichender Randschluss einer Krone), sondern auch, welchen (Primär-)Schaden das bei ihm ausgelöst hat (zum Beispiel Schmerzen, Sekundärkaries). Er muss darüber hinaus beweisen, welche weiteren Schäden („Sekundärschaden“, zum Beispiel Pulpitis) dadurch verursacht werden und welche Kosten die Beseitigung des Mangels und seiner Folgen ausgelöst haben (zum Beispiel neue Krone, Wurzelbehandlung). Diese an sich hohen Anforderungen führen bei geschicktem Vortrag des (Zahn-)Arztes selbst bei Vorliegen eines Behandlungsfehlers dazu, dass der Patient keine Ansprüche hat.

Beweiserleichterungen für den Patienten

Allerdings haben Rechtsprechung und Gesetzgebung dem Patienten einige Beweiserleichterungen zugebilligt. Diese gelten allerdings betreffend den Behandlungsfehler nicht, das heißt, der Patient muss insofern den so genannten Vollbeweis nach Paragraf 286 Zivilprozessordnung (ZPO) erbringen: Das Gericht muss überzeugt sein, dass ein Behandlungsfehler vorliegt.

Beweislastumkehr bei grobem Behandlungsfehler

Die erste Beweiserleichterung besteht, wenn der Patient einen sogenannten groben Behandlungsfehler, also einen Fehler, der schlechterdings nicht passieren darf, zur Überzeugung des Gerichts beweisen kann. In solchen Fällen kommt es zu einer Umkehr der Beweislast, das heißt, der (Zahn-)Arzt muss beweisen, dass der Primärschaden nicht durch den Behandlungsfehler verursacht wurde. Ein solcher Gegenbeweis ist natürlich nur sehr schwer zu führen: Wenn ein grober Behandlungsfehler bewiesen wurde, wird im Allgemeinen auch eine Verursachung des Primärschadens angenommen.

Beweis für Sekundärschaden und Kosten beim Patienten

Diese Beweislastumkehr gilt allerdings nicht für den Sekundärschaden und die Kosten der Beseitigung des Mangels, diese muss auch bei einem groben Behandlungsfehler der Patient beweisen. An dieser Stelle besteht aber eine zweite Beweiserleichterung: Für den Sekundärschaden und die Folgenbeseitigung gilt das geringere Beweismaß des Paragraf 287 ZPO, das heißt, das Gericht muss die Kausalität nur für überwiegend wahrscheinlich halten.

Dies hört sich kompliziert an und ist es auch. Deshalb empfiehlt sich das Einschalten eines versierten Rechtsanwaltes, der nicht nur der Behauptung eines Behandlungsfehlers, sondern auch allen oben genannten Kausalitäten entgegentreten muss. Hierbei ist eine enge Abstimmung mit dem (Zahn-)Arzt erforderlich.

Dr. med. dent. Wieland Schinnenburg, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht, Hamburg

Dr. Wieland Schinnenburg studierte Zahnmedizin und Jura und war bis Ende 2017 als Zahnarzt in eigener Praxis in Schleswig-Holstein tätig. Parallel arbeitete er als Rechtsanwalt und Mediator in Hamburg und ist in diesem Bereich weiter aktiv. Schinnenburg ist FDP-Mitglied und war unter anderem Vizepräsident der Hamburgischen Bürgerschaft. Seit der Bundestagswahl 2017 ist er Mitglied des Deutschen Bundestags. Er ist Mitglied des Gesundheits- und des Rechtsausschusses und Drogenpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. Foto: Burgis Wehry/Schinnenburg

Titelbild: Shutterstock.com/Audio und werbung
Quelle: RA Dr. Wieland Schinnenburg Praxisführung Bunte Welt

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