Stammzellen der Zähne können zur Regeneration anderer Gewebe beitragen, zum Beispiel von Milchdrüsen. Werden Zahnepithel-Stammzellen von Mäusen ins Milchdrüsengewebe transplantiert, bilden sie dort Milchgänge und sogar milchproduzierende Zellen, wie Forschende der Universität Zürich zeigen. Dies könnte für die Geweberegeneration bei chirurgisch behandelten Brustkrebspatientinnen genutzt werden.
Die Fähigkeit adulter Stammzellen, verschiedene gewebespezifische Zellen zu erzeugen, ist für die medizinische und zahnmedizinische Forschung von großem Interesse. Denn Stammzellen können geschädigte Zellen ersetzen. Damit sind sie eine gute Alternative zu klassischen medizinischen Behandlungen, um Gewebe zu regenerieren und künftig vielleicht ganze Organe neu zu bilden.
Außergewöhnliche Wandelbarkeit
Zahnepithel-Stammzellen können sämtliche Zelltypen des Zahnepithels und des Zahnschmelzes erzeugen. Dass diese Zellen auch zu Zellpopulationen anderer Gewebe differenzieren können, zeigt nun das Forscherteam um Thimios Mitsiadis, Professor am Institut für Orale Biologie der Universität Zürich (UZH), in einer in der Open Access-Zeitschrift „Cells“ veröffentlichten Studie. Stammzellen, die aus den kontinuierlich wachsenden Schneidezähnen junger Mäuse isoliert wurden, können in weiblichen Mäusen Milchdrüsen bilden.
In einer ersten Reihe von Experimenten wurden, nachdem alle Zellen des Milchdrüsengewebes entfernt wurden, Stammzellen des Zahnepithels mit Epithelzellen der Brust direkt ins Gewebe injiziert, in dem sich normalerweise die Milchdrüsen entwickeln. Moderne genetische, molekulare und bildgebende Verfahren ermöglichten es, die transplantierten dentalen Stammzellen im Fettpolster der Milchdrüse präzise zu verfolgen. „Die Ergebnisse zeigen, dass die dentalen Stammzellen zur Regeneration der Milchdrüse beitragen und fähig sind, alle Zelltypen der Brustdrüse und sogar milchproduzierende Zellen hervorzubringen“, sagt Mitsiadis.
Diese Arbeit zeigt die außergewöhnliche Wandelbarkeit von Zahnepithel-Stammzellen, neben Zahngewebe auch andere Körpergewebe erzeugen zu können. „Diese Ergebnisse sind ein wichtiger Beitrag, um die zellulären und molekularen Mechanismen, die an der Regenerationsfähigkeit von dentalen Stammzellen beteiligt sind, zu verstehen. Und sie zeigen das klinische Potenzial spezifischer Stammzellpopulationen auf“, ergänzt Mitsiadis.
Stammzellbasierte Therapien zur Brustregeneration
In einer zweiten Versuchsreihe wurden Zahnepithel-Stammzellen ohne Brustepithel-Zellen injiziert. Selbst in diesem Fall konnten die dentalen Stammzellen kleine, rudimentäre und verzweigte Kanalsysteme bilden. In einigen Fällen entstanden zudem Zysten. „Diese Plastizität könnte für dentale Epithel-Stammzellen einzigartig sein. Alle anderen bisher untersuchten Epithelzellen, die nicht aus der Milchdrüse stammen, zeigten nie die Fähigkeit, im Brustfettgewebe zu wachsen und Milchgänge ohne Unterstützung von Milchdrüsen-Epithelzellen zu erzeugen“, sagt Co-Autor Pierfrancesco Pagella vom Institut für Oralbiologie.
Eine der schwerwiegendsten Erkrankungen ist Brustkrebs, der oft operativ behandelt wird. „Die Entdeckung, dass Zahnepithel-Stammzellen in der Lage sind, Zellen aus der Milchdrüse zu ersetzen, eröffnet neue Wege für die Entwicklung von Stammzellbasierten Therapien, die in Zukunft zur Regeneration von Brustgewebe eingesetzt werden könnten“, so Mitsiadis.
Originalpublikation:
Lucia Jimenez-Rojo, Pierfrancesco Pagella, Hidemitsu Harada, Thimios A. Mitsiadis. Dental Epithelial Stem Cells as a Source for Mammary Gland Regeneration and Milk Producing Cells In Vivo. Cells. 22 October 2019. DOI: 10.3390/cells8101302